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Was ist die Höchste Seele? Was ist Atman?

„Das Selbst, die höchste Seele.“ Hier werden es sehr schöne Verse, von denen man sich ergreifen lassen kann. „Nun verkünde ich dir das Wesen der höchsten Seele. Wenn der Mensch Das erkennt, wird er frei von Bindungen und erlangt den höchsten Zustand der Erlösung.“ (Viveka Chudamani Vers 124, von Sankara, dem großen Jnana Yoga Meister des Vedanta)
Hier sagt er nochmals, darum geht es letztlich. Das suchen wir bewusst oder unbewusst. Erst dann werden wir dauerhaft glücklich sein.
„Es existiert jemand, etwas, das unabhängig und ewig ist. Die Grundlage des Ichbewusstseins, Beobachter der drei Bewusstseinszustände, Wachen, Träumen, Schlafen, verschieden von den fünf Hüllen der Seele.“
Also, es existiert jemand. Aber jemand, wird man vielleicht sagen, ist das jetzt männlich oder weiblich? Es ist weder männlich noch weiblich, es ist Bewusstsein. Deshalb schiebt er noch hinterher, etwas. Und das ist unabhängig von allem, was passiert. Unabhängig von Wachen, Träumen, Schlafen. Unabhängig von schön und nicht schön. Unabhängig von, ob wir jetzt träumen, schlafen oder wachen. Im Wachzustand leben wir in einer Welt. Im Traumzustand leben wir in einer anderen Welt. Im Tiefschlafzustand gibt es keine Welt, derer wir uns bewusst sind. Aber jemand bleibt gleich. Wenn im Tiefschlaf nicht jemand da wäre, dann würden wir uns am nächsten Tag nicht erinnern, dass wir geschlafen haben. Verschieden von den fünf Hüllen der Seele. Erinnert euch, die Annamaya Kosha, die Nahrungshülle, Pranamaya Kosha, die Energiehülle, Manomaya Kosha, die geistig-emotionale Hülle, Vijnanamaya Kosha, die wird als intellektuelle Hülle bezeichnet, wo Ego und Buddhi, also Vernunft ist, Anandamaya Kosha, die Wonnehülle, wo wir uns identifizieren mit der ersten Avidya, die noch wonnevoll ist. Mal identifizieren wir uns mehr mit diesem Körper und spüren die Knie und den Rücken oder genießen die Schönheit der Nase. Mal identifizieren wir uns mehr mit der Pranamaya Kosha und spüren so, wie die Wirbelsäule warm wird, das Herz irgendwo vibriert, das dritte Auge leuchtet und die ganze Welt in ein Strahlen gehüllt ist. Oder umgekehrt, wenn wir uns ohne Energie fühlen und bedauern, dass es nicht so ist, wie vor zwei Wochen. Mal identifizieren wir uns mit unserer Manomaya Kosha. „Keiner mag mich.“ oder „Ich brauche das unbedingt.“ oder „Dem zeige ich es.“, Manomaya Kosha. Da habe ich jetzt rajasige und tamasige Emotionen genommen. Es gibt auch sattvige. Mal identifizieren wir uns mit unserer Vijnanamaya Kosha, unseren intellektuellen Fähigkeiten, unserer klaren Vernunft. „Die anderen sind alle so emotional. Ich dagegen, ich bin über all das hinaus.“ Identifikation Vijnanamaya Kosha. Mal identifizieren wir uns mit der Anandamaya Kosha. „Ich gehe in tiefe Meditation. Ich habe immer wieder diese überbewussten, ausgedehnten Bewusstseinszustände. Gott ist mir erschienen. Er ist aber mir erschienen, nicht jemand anderes. Ich identifiziere mich mit dieser Anandamaya Kosha, mit diesen außergewöhnlichen Körper- und Geist erstmal transzendierenden Bewusstseinszuständen, die so wonnevoll sind.“, wo wir doch so viel besser dann sind als andere. Aber Hochmut kommt vor dem Fall. Auf dieses so genannte spirituelle Ego folgt irgendwann der spirituelle Absturz. So identifizieren wir uns vielleicht mal mehr mit dem einen und mehr mit dem anderen und die meisten von euch identifizieren sich nicht nur mit einem davon, sondern eben mit allen Koshas. Und wer bleibt jetzt gleich, wenn man sich mal mit der einen, mal mit der anderen Kosha identifiziert? „Jemand bleibt gleich.“, sagt er hier. „Verschieden von den fünf Hüllen der Seele.“ Alle der fünf Hüllen der Seele sind Instrumente, Karanas, inneres Antarkarana, äußeres Bahirkarana, sind eigentlich unsere Instrumente. Wir nutzen diese Instrumente. Sie werden auch Fahrzeuge genannt. Wir sind derjenige, der das Fahrzeug fährt und nicht das Auto.

Teil 113 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Wie kann Maya überwunden werden? Wie ist die Welt entstanden?

„Maya kann durch Erkenntnis der reinen nichtdualen, absoluten Wirklichkeit überwunden werden. So wie der Irrtum, es handle sich um eine Schlange, durch das Erkennen des Seils aufgehoben wird. Die bekannten Grundeigenschaften von Maya sind Rajas, Tamas und Sattwa mit ihren entsprechenden Wirkungen.“
Es ist ja oft die Frage, „Wie ist diese Welt entstanden?“ Wenn ihr das jetzt hört, was Sankara sagt über Maya und wie ist die Welt entstanden, letztlich, wir wissen es nicht. Er sagt ja, Maya ist weder existent, noch nicht existent. Sie besteht weder aus Teilen, noch ist sie ungeteilt. Sie ist jenseits von Zeit und Raum, schafft aber letztlich Zeit und Raum. Und den Weisen ist sie an ihren Wirkungen erkennbar. Wir können also erkennen, was dort draus geworden ist. Es ist letztlich, man kann auch sagen, wenn der Träumende anfängt zu träumen, dann, in dem Moment, wird die Welt geschaffen. Wenn man jetzt aber beobachten will, „Was veranlasst den Träumenden in diesem Moment zu träumen?“
Plötzlich ist die Frage, „Was ist dieses unsterbliche Selbst?“ Alle sind von dieser Frage sehr intensiv ergriffen und wollen sich nicht mit Maya beschäftigen.
So ähnlich die Frage, ich glaube, Narayani hat irgendwann mal euch die Aufgabe gegeben, „Überlegt, ob ihr beim Einatmen oder beim Ausatmen einschlaft.“ Wer ist beim Einatmen eingeschlafen? Wer ist beim Ausatmen eingeschlafen? Wie ist dieser Prozess des Einschlafens? Habt ihr den schon mal genau beobachtet?
Es ist jetzt nicht so, dass du erst eingeschlafen bist und dann überlegst, „Habe ich gerade ein- oder ausgeatmet?“ Oder so ähnlich auch wie die Frage, „Schläft man auf der linken Seite oder auf der rechten Seite ein?“ Gut, wer die ganze Zeit auf einer Seite liegt, der weiß es, aber die meisten Menschen liegen nicht auf einer Seite und dann weiß man nicht, auf welcher Seite liegend man eingeschlafen ist. Genauso die Frage, „Wie ist diese Maya passiert?“, ist nicht in Worte fassbar. Brahma hat plötzlich geträumt. Deshalb, die Maya bleibt stets und beständig unergründbar. Gehen wir zum Vers 124. (nächstes Mal)

Teil 112 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Maya, was ist das?

„Von Maya kann man weder sagen, sie sei existent, noch, sie sei nicht existent, noch sei sie beides zugleich. Sie ist weder vielheitlich, noch einheitlich, noch beides zugleich. Sie besteht weder aus Teilen, noch ist sie ein ungeteiltes Ganzes, noch beides zugleich. Sie ist höchst wunderbar, ihr Wesen ist unbeschreiblich.“ (109. Vers des Viveka Chudamani von Sankaracharya)

Teil 111 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Was ist Maya?

Das ist ein besonders wichtiger Vers.
„Maya, die Welt des Scheins und deren Ursache ist die Macht der höchsten Gottheit mit dem Namen „die Unoffenbarte“ (Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, vom großen Jnana Yoga und Vedanta Meister Sankaracharya geschrieben um ca. 810 n.Chr, 108. Vers.).
Die Maya ist anfanglose Unwissenheit, besteht aus den drei Grundeigenschaften der Natur, Sattwa, Rajas und Tamas, ist jenseits von Raum und Zeit und nur von Weisen an ihren Wirkungen erkennbar. Durch sie wird das ganze Universum erschaffen.

Teil 1 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Sat Chid und Ananda – Atman, das Selbst im Vedanta

„Wie komme ich von Chid und Sat auf Ananda?“ Chid ist erstmal klar, ist Bewusstsein, Traum muss Bewusstsein sein. Sat ist auch klar, es muss etwas geben, sonst gäbe es nichts, was man darüberprojizieren kann. Und irgendwas muss da sein, sonst könnte auch Bewusstsein nicht sein. Auch im Bewusstsein ist ja irgendwo Sein drin. Deshalb, Sat und Chid hängen zusammen. Ananda ist jetzt das Ganze, man kann es letztlich auch wieder von seiner eigenen Bewusstheit aus nehmen. Es ist nicht einfach irgendein neutrales Universum, das einfach nur ist und bewusst ist. Es ist nicht so ein lebloses Universum. Es ist jetzt kein reines Sein mit einer Bewusstheit dabei, sondern da steckt etwas dahinter und das ist Ananda. Man kann auch verschiedene Analogien bringen. Letztlich ist es die Erfahrung eines Selbstverwirklichten. Und nicht nur eines Selbstverwirklichten. Wer von euch in der Meditation schon mal dieses Gefühl hatte von Verbundenheit, von Ausdehnung. Wer die Erfahrung gemacht hat, jenseits des physischen Körpers und jenseits der Persönlichkeit. Ist die Erfahrung einfach eine neutrale, auf einer Glückskala 0, weder minus 5, noch plus 5, sondern einfach 0? Wer schon einmal so einen Meditationszustand andeutungsweise erfahren hat, Glückszustand ist höher als alles, was man in einem physischen Universum beschreiben kann. In dem Moment, wo man sich der Verbundenheit mit allem bewusst ist, ist Ananda da. In dem Moment, wo wir uns getrennt fühlen von anderen, ist das Gegenteil da. Und wenn wir uns ganz einsam fühlen, ist es am allerschlimmsten. Wenn man sich fühlt, „Ich bin anders als alle, keiner mag mich und ich bin ganz getrennt von allem.“
Also, auf den relativen Ebenen kann man es so erklären. Natürlich, auf der absoluten Ebene gibt es kein Gefühl. Nein, die Welt ist nicht vom Herzen, die Welt ist Sein, Wissen und Glückseligkeit. Herz ist letztlich in der Täuschung.
Dann lese ich noch mal ein paar Verse. Zunächst nochmals drei Verse, die über Maya gehen.

 

110. Teil der Niederschrift von Vorträgen und Workshops aus einem Yogalehrer Ausbildungs-Seminar mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses besonderen 9-tägigen Vedanta-Seminars aus dem Jahr 2008 war „Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie, insbesondere Jnana Yoga, auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. Für fortgeschrittenere Aspiranten und Kenner der Materie gibt es hier Einsichten und Weisheiten der besonderen Art.

Liebe, Vedanta und Jnana Yoga

Frage: „Wenn Liebe die Grundemotion ist, wie können die anderen Gefühle dort entstehen?“
Wenn sich das universelle Bewusstsein spiegelt in Einzelupadhis, dann wird das, was kosmisch ist, nachher im Kleineren gespiegelt. Also, wenn wir das universelle Sein sind und das Sein spiegelt sich in diesem Körper, dann denke ich, „Ich bin der Körper und der Körper ist beschränkt. Wenn ich das universelle Ananda bin und dann spiegelt sich dieses Ananda in diesem Körper-Geist und dann habe ich kleine Freuden.“ Angenommen, ich bin das kosmische Bewusstsein, welches allwissend ist, eben, es weiß alles, es wird sich widerspiegeln in diesem Upadhi, dann habe ich ein beschränktes Wissen. Und angenommen, diese kosmische, universelle Liebe spiegelt sich wider in diesem kleinen Individuum, dann wird das zur kleinen Liebe. Und auf jeder dieser Ebenen wissen wir, das ist nicht ausreichend. Irgendwo ist man sich bewusst, „Diese Beschränkung, die mein Körper hat und mein Geist hat, das ist nicht o.k.“ Eigentlich müsste ich mehr haben. Deshalb ist der Mensch nie mit irgendwas zufrieden. Er will immer mehr haben. Er kann diesen Drang irgendwo abtöten, er kann ihn ertränken, er kann mit Vernunft sagen, „Verhalte dich doch vernünftig und strebe nicht nach immer mehr.“ und es kann sich dann irgendwo auf bestimmten Ebenen manifestieren, dann will man immer mehr Geld oder immer mehr Anerkennung oder immer mehr Spielzeuglokomotiven. Menschen haben verschiedenste Weisen irgendwo diesem Gefühl, „Es reicht nicht aus.“ zu entgehen, weil sie wissen, „Eigentlich bin ich universell kosmisch.“ Genauso auch, wir haben ein bisschen Wissen. Was wir wissen, reicht nie aus. Deshalb ist der Mensch immer wieder neugierig, will etwas Neues wissen. Aber egal, wie viel Äußeres wir wissen, es wird uns nicht ausreichen. Genauso auch, wir haben so kleine Freuden, gutes Kharoupdessert. Vielleicht habt ihr einen schönen Nachmittag gehabt. Vielleicht diese und jene kleine Vergnügen – es reicht nicht aus, wir wollen mehr haben. Genauso auch, kleine Liebe. Wir mögen diesen Menschen und wir mögen jenen Menschen – es reicht nicht aus. Wir wollen kosmische, universelle Liebe haben und dann ist da ein Mensch. Und ein Mensch ist auch nur beschränkte Liebe. Kein Mensch kann uns die Liebe geben und wiedergeben, die wir eigentlich wollen. Folglich ärgern wir uns, denn wir wollen immer mehr haben. Das ist eine Interpretation. Natürlich kann man das auch noch ergänzen mit der Evolutionsbiologie und der Traum ist ja auch so aufgebaut, dass er irgendwo sich selbst erhält und fortpflanzt. Es wäre ja schlimm, wenn Brahma jede Einzelheit sich ausdenken müsste. In unserem Traum muss man ja auch nicht jede Sache bewusst ausdenken, da gibt es Gesetzmäßigkeiten und die laufen und da haben dann natürlich auf einer beschränkten Ebene auch Ärger und Angst und all das andere auch ihren evolutionsmäßigen Sinn. Aber von einem höheren Philosophischen ist das einfach ein Ausdruck dessen, dass wir wissen, diese Beschränktheit ist nicht ausreichend und ist nicht o.k. Jetzt können wir uns mit allen Menschen streiten, die unserem Anspruch von kosmischer, bedingungsloser Liebe nicht entsprechen oder wir können aufhören, im Beschränkten nach so etwas zu suchen und geben uns im Beschränkten mit beschränkten Manifestationen der Liebe zufrieden und erkennen letztlich, dass auch scheinbar grausame Handlungen oft aus einem Bedürfnis nach Liebe entspringen. Narayani hat irgendwann mal so gesagt, man sollte mal davon ausgehen, von der Arbeitshypothese, dass alle Handlungen, die ein Mensch macht, entweder aus dem Wunsch, Liebe zu geben oder Liebe zu erfahren oder zu erhalten, gemacht werden. Diese beiden Grundmotivationen. Wenn man da so ein bisschen guckt, wird man das tatsächlich sehen können. Da machen die Leute die verquersten Sachen, aber wenn man ehrlich ist, man macht ja manchmal auch verquere Sachen. Oder habt ihr noch nie eine verquere Sache gemacht? Andere machen verquere Sachen, man selbst macht verquere Sachen, so hält sich die Maya aufrecht.

Teil 109 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Die Welt ist unwirklich – Adhyaropa im Vedanta

Das klassische Beispiel, das ich noch mal erwähnen will für die Unwirklichkeit der Welt, ist welches? Schlange und Seil. Also angenommen, wir treten über ein Seil und denken, es ist eine Schlange, dann haben wir Angst. Ist das Seil jemals zur Schlange geworden? Nein. Ist aber für denjenigen, der die Schlange gesehen hat, war die Schlange für ihn wirklich? Ja. Dennoch ist das Seil niemals zur Schlange geworden und die Schlange nicht zum Seil. Da gibt es einen bekannten Ausdruck dafür, das nennt sich Adhyaropa, super imposition, wird es auf Englisch übersetzt. In deutscher Terminologie wird es manchmal als Projektion bezeichnet oder auch als Darüberstülpung, man stülpt eine Bedeutung über etwas, was es nicht hat. Oder die zweite Analogie ist Stein und Hund. Angenommen, ein Mensch geht spät abends… Das Beispiel gibt es in verschiedener Form. Angenommen, es gibt einen Landstreicher. Der geht so an der Mauer von einem großen Anwesen vorbei und er sieht dort wunderschöne Mangobäume. Und da sind reife Mangos und sie duften. Dann denkt er, „Ach, da könnte ich mir doch ein paar nehmen.“ Und gerade als er dabei ist, sich über die Mauer drüber zu schwingen, dort sieht er einen Hund. Einen großen Hund, zähnefletschend, eine Pfoten gehoben und sofort springt er wieder runter. Dann geht er ein bisschen weiter und ein bisschen weiter ist keine Mauer, sondern ein Gitter und da sieht er immer noch diesen Hund. Zähnefletschend, schreckerregend, Pfote oben, bereit zu springen. Dachte er, „Das ist jetzt aber komisch, der sitzt da jetzt schon eine ganze Weile.“ Er schaut noch ein bisschen näher und dann stellt er fest, das ist kein Hund, sondern eine Statue. Und als er das sieht, dass da eine Statue ist, dann verliert er alle Angst, er klettert drüber und genießt diese wunderbare Mango. Ähnliche Analogie in diesem Leben. Wir haben vor allem Möglichen Ängste, weil wir alles Mögliche auf diese Welt drauf projizieren. Wenn wir aber erkennen, dass diese ganze Welt Brahman ist, dann brauchen wir keine Ängste zu haben. Eine nächste Analogie ist eine modernere Analogie, die aber von diversen Jnana-Yogameistern verwendet wird. Es ist die Analogie vom Kinofilm. Angenommen, wir gehen in einen Kinofilm. Und dann setzen wir uns hin und dann sehen wir ein ganzes Drama ablaufen. Was ist in dem ganzen Kinofilm wahr geblieben? Was bleibt da die ganze Zeit? Die Leinwand bleibt. Alles andere ist nicht real. Tut sich irgendwas auf der Leinwand? Gibt es dort irgendeinen großen Helden, der dort kämpft mit den bösen Verbrechern, der den Mörder findet? Nichts davon. Es bleibt immer Leinwand. Aber wenn Menschen in diesen Film reinkommen, dann weinen sie, sie lachen, sie erschrecken, sie freuen sich und – mindestens wenn es ein Hollywood-Film ist – gibt es irgendwie zum Schluss ein Happy End und alle gehen dann freudig beschwingt aus dem Kino. Aber was ist die ganze Zeit auf der Leinwand passiert? Nichts. So ähnlich, die Leinwand ist wie Brahman, auch das Licht ist wie Brahman. Maya ist dann wie dieser Film. Maya scheint dieses Licht teilweise wegzunehmen und dann manifestieren sich all diese Formen. Und letztlich der Filmdirektor, der das Ganze entwickelt hat, ist wie Ishwara und wir, die wir dort gefangen sind in diesem Film und dazu geht man ja in den Film, dass man alles andere vergisst und nach Möglichkeit sich auch identifiziert, wir werden kleine Jiva. Typischerweise identifiziert man sich mit einer Person in dem Film. Mit wem typischerweise? Mit der Hauptperson. Und zwar letztlich egal, ob die Hauptperson wirklich ein Held ist oder ein Verbrecher. Manche von euch haben sich vielleicht beschäftigt mit der Theatertheorie von Berthold Brecht. Er wollte das ja gerade umgekehrt machen. Er wollte vermeiden, dass die Zuschauer sich mit einem Menschen identifizieren und den toll finden. Wenn ihr „Mutter Courage“ z.B. gesehen habt. Er hat alle möglichen Elemente eingebaut, denn eigentlich „Mutter Courage“ ist ja mehr gedacht, so soll man nicht sich verhalten wie Mutter Courage. Das ist genauso, wie ein Mensch sich nicht verhalten soll. Das wollte er sehr genau damit zeigen. Aber was macht man als Zuschauer, wenn man Mutter Courage anschaut? Man fühlt mit dieser Frau, man versteht sie und irgendwo bangt man mit ihr. Letztlich, Mensch hat eine Neigung, sich zu identifizieren. Wenn wir in ein Schauspiel gehen, mit irgendjemand müssen wir uns identifizieren, ansonsten würde es langweilig. Und genauso, wir sind jetzt in diesem Schauspiel der Welt, muss man sich halt mit irgendjemandem identifizieren, am nahe liegendsten ist, mit diesem Körper und diesem Geist. Man könnte sich auch mit einem anderen Körper und einem anderen Geist identifizieren. Machen wir auch, wir machen es nämlich, indem der nebenan ist, aber gleichzeitig mit dem. Die beste Analogie ist meiner Ansicht nach allerdings immer noch Traum. Wir sind in einem Traum. Aus dieser Traumanalogie können wir auch noch mal schließen, was ist die Welt wirklich? In einem Traum, gibt es dort – jetzt vom Wachzustand aus gesehen – Materie? Hat es im Traum Materie gegeben? Nein. Hat es dort Bausteine gegeben? Ziegelsteine oder Beton, aus den die Gebäude bestehen? Nein. Haarfärbemittel? Auch nicht. Woraus besteht all das? Letztlich besteht alles aus der Einbildung des Träumenden. Das einzige, was wirklich ist und aus dem ist alles gemacht, das ist die Einbildung des Träumenden. Und letztlich kann man sagen und wie lange existiert der Traum und die Traumwelt? Solange sich da jemand des Traumes bewusst ist. In dem Moment, wo man sich des Traumes nicht mehr bewusst wird, was passiert mit all der Materie des Traumes, mit all den Millionen von Bäumen und Planeten und Sternen? Mit einem Schlag alle weg. Man kann sich natürlich noch fragen, was passiert dort tatsächlich? Vielleicht leben die weiter. Ist auch so die Frage, angenommen, ihr habt irgendwo ein Computerspiel gespielt und ihr schaltet den Computer ab. Was passiert mit den anderen Figuren? Angenommen, es gibt ja diese virtuelle Realität namens Sekond Life. Angenommen, die Firma, die das betreibt, eines Tages stellt sie alles ab. Was passiert mit diesen Zigmillionen von Avataren, wie sie heißen, also künstlich geschaffenen Individuen. Was passiert mit denen? Mit einem Schlag alle weg. Also, im Traum ist eigentlich nur das Bewusstsein da. Und so können wir als Analogie hier

auch nehmen, diese Welt, die ganze Materie der Welt besteht aus was? Aus Bewusstsein. Man kann auch sagen, sie besteht aus der Vorstellungskraft von Brahman. Und so wird manchmal auch gesagt, aus Brahman entsteht Brahma, der Schöpfer und der Schöpfer träumt dieses Universum und wir sind Traumgestalten des Schöpfers. Und hier würde man eben auch sagen, nicht wir als Individuum träumen die Welt, sondern Brahma, der Schöpfer träumt die Welt. Aber jetzt müssen wir wieder aufpassen. Wer ist Brahma und wer sind wir? Ein und derselbe. Wenn Brahma uns träumt, dann gibt es jetzt nicht mehrere Bewusstseine. Da gibt es nicht zum einen Brahma, der träumt, und wir sind Traumgestalten von Brahma und da gibt es Brahma und da gibt es uns und dann träumt Brahma und wir sind auch da. Nein, unser Bewusstsein ist Teil dann vom Bewusstsein Brahmans. Und da ein Bewusstsein nicht Teil eines anderen Bewusstseins sein kann – man kann ja nicht sagen, wie viel Prozent – ist unser Bewusstsein das Bewusstsein von Brahman und die ganze Welt besteht letztlich aus Bewusstsein.

Teil 107 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Was ist Wahrheit? Was ist das Selbst?

Ich hatte heute Morgen über die Unwirklichkeit der Welt gesprochen, von verschiedenen Gesichtspunkten her. Und es gibt eine Menge von Vergleichen, die uns zeigen, dass diese Welt unwirklich ist. Ich will da noch ein paar klassische Analogien gebrauchen und danach ein paar Worte sagen, „Was ist überhaupt die Welt?“ Und dann gehen wir noch durch einige weitere Verse des Viveka-Chudamani, wo Sankara ganz besonders klar uns macht, „Was ist Wahrheit? Was ist Selbst?“ und auch immer wieder natürlich, was das Selbst nicht ist. Wobei ich jetzt so ein paar Verse herausgeschrieben habe und ich will ein bisschen mehr auf die Verse eingehen, die beschreiben, wer man wirklich ist und was wirklich Wahrheit ist, denn über das, was wir nicht sind und das, was die Welt nicht ist, da habe ich relativ ausführlich gesprochen, vielleicht in etwas modernerer Ausdrucksweise als Sankara. Allerdings, wenn er über das Selbst spricht, da gibt es weder modern noch alt, denn das Selbst ist immer gleich geblieben. Unsere Erfahrung der Welt ist auf der einen Seite gleich, aber auf der anderen Seite auch unterschiedlich. Die Hungersnöte, die zu Sankaras Zeit allgegenwärtig waren, die Schlangenbisse, die allgegenwärtig waren, die Skorpionbisse und die Seuchen und Trockenheiten und Überschwemmungen und auch letztlich Kriege, die zu seiner Zeit in Indien in den Regionen, wo Sankara gelebt hat, immer wieder waren, die es auch heute auf der Erde gibt, aber das ist für uns hier, in unserer Insel der Seligen, nicht so ganz gegenwärtig. Deshalb gebraucht Sankara oft diese Beispiele, die seine Mitmenschen drastisch vor Augen gehabt haben. Auch, wie unsicher diese Welt ist und wie leidvoll die Welt sein kann.

106. Teil der Niederschrift von Vorträgen und Workshops aus einem Yogalehrer Ausbildungs-Seminar mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses besonderen 9-tägigen Vedanta-Seminars aus dem Jahr 2008 war „Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie, insbesondere Jnana Yoga, auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. Für fortgeschrittenere Aspiranten und Kenner der Materie gibt es hier Einsichten und Weisheiten der besonderen Art.

Vedanta im Alltag

Wir kommen zum letzten Teil dieses Seminars, dieser Weiterbildung, der Beschäftigung mit dem Viveka-Chudamani und da ist es noch mal besonders wichtig, dass ihr euch vergegenwärtigt, dass das Studium dieser Schrift und die Behandlung mit diesen großartigen Weisheiten etwas Wichtiges ist. Es mag zwischendurch etwas theoretisch klingen und man mag überlegen manchmal, „Was hat das mit meinem praktischen Leben zu tun?“, aber es hat sehr viel mit dem praktischen Leben zu tun, es hat sehr viel mit dem Alltag zu tun, es hilft uns nämlich, das zu erkennen, was tatsächlich wichtig ist. Auf gewisse Weise ist Jnana Yoga nicht der Aufregendste alle Wege. Es gibt keine Farben der Chakras, es gibt nicht ständig irgendwas Neues und angenommen, ich hätte euch jetzt während dieser Woche mit Sanskrit-Worten bombardiert und euch alles über Jahad Lakshana, Jahad-Ajahad Lakshana und Bhagatyaga Lakshana und die 22 Nyayas und noch mal alle Wiederholungen aller 5 Koshas, wäre sehr theoretisch gewesen. Obgleich ich das vielleicht auch irgendwann mal mache. Aber nicht umsonst habe ich am Anfang relativ viel interpretiert über dieses Mumukshutwa und das gilt es sich wieder bewusst zu machen. Mumukshutwa, der intensive Wunsch nach Befreiung. Manchmal kommen dann natürlich auch verschiedene Prüfungen auf dem Weg. Am Anfang sagt man, „Ja, ich will die Befreiung erreichen.“, aber wehe, es gab nicht genügend Kartoffeln. „Ich bin eins mit dem Unendlichen. Ich bin nicht dieser Körper, nicht diese Gedanken.“ aber wehe, jemand hat mich schräg angeschaut. Man kann ruhig sich ärgern, man kann ruhig schlechter Laune sein, alles o.k. Vom Jnana-Yoga-Standpunkt aus ist das letztlich unerheblich. Auch – erinnert euch – es gibt die Shatsampat 1. Grades und 2. Grades. 1. Grades wäre diese Gleichmut, man wird gar nicht mehr berührt davon. Shatsampat höheren Grades oder einfacheren Grades, könnte man auch sagen, ist, man hat ruhig auch Emotionen, aber man identifiziert sich nicht damit. Denn letztlich sind auch die Emotionen nicht unsere eigenen Emotionen, die laufen irgendwo ab. Geärgert haben sich schon so viele andere Menschen. Glaubt ihr das? Oder glaubt ihr, dass euer persönlicher Ärger der einzige ist in diesem Universum? Mindestens ist er der schlimmste oder der besonderste, oder? Oder, dass euer Wunsch nach irgend etwas so besonders ist? Letztlich laufen kosmische Geschehen in jedem einzelnen ab. Das ist so ähnlich, angenommen, ihr fahrt mit dem Zug von hier nach Kassel-Wilhelmshöhe und dann schaut man dort raus und man sieht, wie wunderschön die Landschaft ist und aus jedem Fenster guckt jemand anderes raus und sieht die gleiche Landschaft. Ist das jetzt meine persönliche Erfahrung? Wie viel Millionen Fahrgäste haben schon die schöne Landschaft dort gesehen. Letztlich läuft Erfahrung ab, aber wir sind nicht diese Erfahrung. Und wenn ihr jetzt die Intensität von Mumukshutwa und die Intensität des Wunsches, die Wahrheit zu erfahren, weiter steigert, dann kann es noch die nächsten Tage besonders tief werden und kann besonders viel bedeuten.

105. Teil der Niederschrift von Vorträgen und Workshops aus einem Yogalehrer Ausbildungs-Seminar mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses besonderen 9-tägigen Vedanta-Seminars aus dem Jahr 2008 war „Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie, insbesondere Jnana Yoga, auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. Für fortgeschrittenere Aspiranten und Kenner der Materie gibt es hier Einsichten und Weisheiten der besonderen Art.

Der Jivanmukta, der Erleuchtete, der Heilige

Und so ist die Erfahrung eines Jivanmuktas, der Jivanmukti erreicht hat. Nirvikalpa Samadhi führt zu Jivanmukti, also lebendige Befreiung. Der lebendig Befreite ist weiter im luziden Traumbewusstsein. Er weiß, dass die Welt, wie er sie wahrnimmt, eine Traumwelt ist, er weiß aber auch, „Ich bin das unsterbliche Selbst. Alle anderen sind auch das unsterbliche Selbst und hinter allen steckt nur Brahman.“ Er kann dort jederzeit rausgehen und in Nirvikalpa Samadhi verharren, er kann aber auch jederzeit wieder in diese Traumwelt hineingehen als Jivanmukta. Dann ist manchmal die Frage, sollte man allen im Traum nicht helfen, aufzuwachen? Könnt ihr mal selbst überlegen. Wenn ihr das nächste Mal träumt und aufgewacht seid, könnt ihr überlegen, „Will ich jetzt aufgewacht bleiben oder noch mal probieren, in meinen Traum heute Nacht hineinzukommen, um dann jedem im Traum zu erzählen, wach doch auf. Und erst, wenn alle in meinem Traum, alle zehn Milliarden Menschen, von denen ich im Traum geträumt hatte, aufgewacht sind, dann komme ich ins normale Leben zurück.“ Dann wärt ihr eine Weile beschäftigt. Glücklicherweise in unserem Traum ist so was gar nicht möglich, das Wachbewusstsein wird uns aus dem Traum irgendwann herausholen. Und so gibt es jenseits der Traumwelt, der Wachtraumwelt, gibt es Brahman, das Unendliche und das Ewige. Und es gilt, dass wir, solange wir im Traum sind, uns dessen bewusst sind, dass wir im Traum sind, dass alles eine Manifestation von Brahman ist, dass jeder, mit dem wir zu tun haben, nichts anderes ist als eine andere Traumgestalt, dass wir aber im Tiefsten eins sind mit dem anderen. So wie ein Traum für den Wachen, für den Menschen aus dem Wachzustand, irgendeine Bedeutung hat, die aber der Traummensch nicht verstehen kann. Die moderne Psychologie gibt ja viele Gründe, weshalb es gut ist, dass man träumt und weshalb es wichtig ist, dass man träumt. Aber die Traumgestalt weiß nicht, warum der, der träumt, träumt, aber er erfüllt seinen Part. So ähnlich, in dieser Wachwelt wissen wir auch nicht Hundertprozent, warum diese Welt so ist und was unsere Aufgaben sind. Wir leben unser Leben in dieser Traumwelt, führen es so gut, wie wir können, aber lassen ganz – letztlich auch irgendwie – los und können das Ganze etwas entspannter angehen. Aber es gilt, unseren Part zu spielen, es gilt, ihn richtig zu spielen, es gilt, uns der Einheit von allen bewusst zu werden, bewusst zu werden, dass wir eins sind mit jedem, mit dem wir es zu tun haben, dem angenehmsten Zeitgenossen und dem unangenehmsten und es gilt auch letztlich, aufzuwachen. Das unterscheidet vielleicht den Wachzustand vom Traumzustand. Aus dem Traumzustand wacht man von selbst auf, aus diesem Wachzustand nicht ganz so. Wir können zwar auch im Traumzustand etwas dafür tun, um aufzuwachen. Wenn man irgendwie eine Ahnung hat, dass man träumt, dann kann es einem im Traum gelingen, aus dem Traum auch herauszukommen. Auch die Erfahrung hatte ich so ab und zu mal gemacht, wo irgendwo ein unangenehmer Traum ist, aber irgendwo weiß ich, „Das kann nicht richtig sein, das ist ein Traum und jetzt wache ich auf.“, dann gelingt es tatsächlich auch, aufzuwachen. Aber meistens wacht man ja einfach so auf. Und so ist es hier. Wenn wir uns bewusst werden, „Ich träume, ich will aufwachen.“ dann können wir uns bemühen, aufzuwachen und wenn die Zeit reif ist, wachen wir auch tatsächlich auf.

104. Teil der Niederschrift von Vorträgen und Workshops aus einem Yogalehrer Ausbildungs-Seminar mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses besonderen 9-tägigen Vedanta-Seminars aus dem Jahr 2008 war „Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie, insbesondere Jnana Yoga, auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. Für fortgeschrittenere Aspiranten und Kenner der Materie gibt es hier Einsichten und Weisheiten der besonderen Art.

Die Welt als Traum Gottes

Aber was ist das einzig Wirkliche hinter dem ganzen Universum des Traumes? Das einzig Wirkliche ist Brahman. Hinter der ganzen Traumwelt ist aber auch irgendwo eine Intelligenz, so eigenartig sie sich verhält, dennoch, irgendwo hängt es doch zusammen. Und so gibt es im Traum, kann man sagen, Ishwara, Gott, die Schöpferkraft des Traumes. Denn, wenn wir subjektiv im Traum drin sind, dann können wir ja die Welt nicht beeinflussen, sie läuft aber trotzdem ab. Man kann sagen, unser Wachbewusstsein manifestiert sich als Schöpfer-, Erhalter- und Zerstörungskraft im Traum, ist so etwas wie Ishwara dort. Dadurch entsteht eine Welt, die irgendwo auch nach Gesetzmäßigkeiten abläuft. Ich bin die gleiche Person, wie in allen Einzelseelen. Aber wann wissen wir überhaupt, dass wir geträumt haben? Wir wissen es dann, wenn wir aufwachen. Wenn wir aufgewacht sind, dann wissen wir, „Ich habe nur geträumt.“ Und so ähnlich, Hundertprozent sind wir, dass wir geträumt haben, dass wir jetzt, in diesem Moment, Wachbewusstsein träumen, wann sind wir dort Hundertprozent sicher? Wenn wir aus diesem Wachbewusstsein aufwachen. Und wie nennt sich dieses Aufwachen aus dem Wachbewusstsein? Nirwikalpa Samadhi oder wahres Jnana, wahres Wissen. Bis dahin können wir in dieser Analogie denken. Wir können uns bewusst machen, die ganze Welt, so wie sie ist, besteht letztlich aus Bewusstsein. Dieses Bewusstsein manifestiert sich scheinbar in Elektronen, Neutronen und Protonen, Energien, physische Energien und astrale Energien und dann gibt es einen subjektiven Geist und der schafft aus diesem noch mal ein eigenes kleines Universum und andere schaffen ihr Universum und dann kann man auch miteinander kommunizieren, aber alle Universen zusammen unterliegen irgendwo auch einer bestimmten Gesetzmäßigkeit und hinter dem ganzen manifesten, physischen Universums des Wachbewusstseins gibt es auch eine göttliche Kraft, die kann man Ishwara, Gott, nennen oder wie auch immer wir sie nennen wollen. Aber all das ist nur eine Manifestation von Brahman. Jetzt gibt es noch etwas, was man in der modernen Traumkunde weiß, das nennt sich luzides Traumbewusstsein. Luzides Traumbewusstsein heißt, man weiß, dass man träumt und träumt trotzdem weiter. So kann einem das Träumen interessante Erfahrungen schenken und wenn man weiß, dass man träumt, dann kann man auch den Traum ein bisschen verändern. Manche von euch kennen das vielleicht, dass man vielleicht morgens aufwacht und es ist doch sehr früh und denkt, „Anstatt dass ich die Zeit jetzt gleich nutze, die zusätzliche Stunde für eine zusätzliche Stunde Pranayama, will ich jetzt einfach noch mal so ein bisschen vor mich hindösen, auch, wenn ich ganz wach bin. Und dann in diesem Hindöszustand kann es einem passieren, dass man dann in so einen leichten Traumzustand abgleitet, aber man weiß, dass man träumt und dann kann man diesen Traumzustand auch so beeinflussen, wie man ihn gerne hätte. Oder wenn man aus einem unangenehmen Traum so halb aufgewacht ist, kann man den unangenehmen Traum noch schön zu Ende führen. Also, wenn man weiß, dass man träumt, dann kann man ein bisschen amüsierter den Traum anschauen. Man kann auf den Traum ein bisschen Einfluss nehmen. Man kann noch mal schauen, ob man die Traumwelt ein bisschen verändern kann. Oder man kann aus dem Traum rausgehen.

Teil 103 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Vedanta Frage: Ist die Welt mehr als ein Traum?

Und wir können noch einen Schritt weitergehen und das ist Traum, eine der im Jnana Yoga meistbenutzten Analogien. Angenommen, wir würden jetzt träumen. Wir würden jetzt träumen, wir sind im Haus Yoga Vidya bei einem Seminar, „Viveka-Chudamani“. Jetzt Preisfrage, woher wüssten wir, dass wir träumen und dass es nicht wirklich ist? Also, im Traum weiß ich nicht, dass ich träume. Wenn wir träumen, denken wir, dass es eine Wirklichkeit ist. Ich spreche jetzt von dem „echten“ Traum. Es gibt natürlich auch Träume, dann weiß man, dass man träumt. Die ganze Sache erscheint einem so ein bisschen verdächtig und so weiß man, das ist irgendwo nicht so richtig. Aber im „echten“ Traum, dort wissen wir nicht, dass wir träumen und es erscheint alles als Wirklichkeit. Ich bin einer der jetzt in dem so genannten Wachzustand so öfters mal auch überlegt, „Wache oder träume ich? Ist die Welt wirklich oder ist sie unwirklich?“ Und mir erscheint öfters das Ganze so wie ein ablaufender Traum und dann löse ich mich mal so ein bisschen davon und richte meinen Geist auf das, was hinter diesem ablaufenden Traum ist. Und es passiert mir dann auch öfters im Traum, dass ich überlege, „Ist das jetzt wirklich oder unwirklich?“ und manchmal frage ich mich im Traum, „Träume ich oder bin ich wach?“ Und paradoxerweise komme ich dann im Traum fast immer zum Schluss, „Ich bin wach.“ Und manchmal im Traum geschehen Dinge, die irgendwie komisch sind. Manchmal im Traum, wenn ich dann Asanas übe, bin ich dann flexibler als Narayani und manchmal wundere ich mich dort, warum ich jetzt heute wieder so viel flexibler bin. Da ist zum Teil noch die Erinnerung an den Wachzustand, aber dann ist Traum und dann überprüfe ich und gucke, „Kann das überhaupt sein?“ und stelle dann fest, „Ja, ist tatsächlich so.“ Oder manchmal in der Meditation, wo ich dann sitze, plötzlich habe ich das Gefühl, ich hebe ein bisschen ab und dann überlege ich, „Kann das überhaupt sein oder ist es im Traum?“, aber irgendwo ansonsten erscheint alles ganz normal. Oder auch im Traum habe ich manchmal schöne Meditationserfahrungen und manchmal auch keine schönen Meditationserfahrungen, manchmal sind Dinge schön, manchmal nicht so schön. Manchmal unterrichte ich auch Yogastunden im Traum. Und immer dann, wenn ich zum Schluss komme, „Träume ich jetzt oder kann das so sein?“ und dann zu dem Schluss komme, „Ja, es ist anscheinend doch wirklich.“, dann wache ich kurz danach auf. So ein bisschen wie, das Schicksal sagt mir, „Siehste, so kannst du dich täuschen.“ Jetzt angenommen, wir würden jetzt träumen und wir würden uns mit anderen Menschen unterhalten. Würden die jetzt individuelles Bewusstsein haben oder nicht haben? Also, wenn ihr mit anderen Menschen im Traum sprecht, wie verhalten die sich? „Normal“ Was ist normal? Also, sie verhalten sich wie im Wachzustand. Also, alle Personen in eurem Traum, was sind die eigentlich? Manifestationen eures Geistes. Unterbewusstsein schafft die Kreaturen des Traumes. Und das Interessante ist, euer Unterbewusstsein schafft diese Traumwelt, schafft die ganzen Einzelseelen der Traumwelt, schafft die ganzen Naturgesetze, schafft die Welt. Wie alt ist übrigens die Welt des Traumes? Ich muss immer lachen, wenn Menschen sagen, „Ich habe in 10 Minuten mehrere Tage geträumt.“ Ist das richtig? Angenommen, ihr träumt, dann träumt ihr ein Universum und wie alt ist dieses Universum? Milliarden und Abermillarden Jahre, vielleicht sogar ewig. Im Moment, wo ihr im Traum seid, ist es ja nicht so, dass ihr euch erinnert, „Vor drei Tagen gab es nichts, vor drei Tagen ist das Universum plötzlich gekommen und da waren wir so und so.“, sondern sowie man im Traum ist, kann man sich ja auch an die Vergangenheit erinnern, aber nicht nur an die Vergangenheit erinnern. Angenommen, ihr wärt ein Physiker im Traum, ist sogar möglich, dass die Traumwelt anderen physikalischen Gesetzmäßigkeiten folgt wie die Wachwelt und ihr könnt sogar dann vielleicht im Traum als Geophysiker oder Astrophysiker ein Alter der Welt bestimmen. Also, wir schaffen die gesamte Welt, Jagad. Wir schaffen die Einzelseelen, die sich wie Einzelseelen verhalten, mit psychischen Störungen und allem. All das können wir schaffen. Und dann schaffen wir noch dazu einen, mit dem wir uns typischerweise identifizieren. Manchmal gibt es vielleicht auch Träume, wo man irgendwo so eine Art Landschaftsbilder, wo man die Beobachterperspektive hat, aber meistens im Traum identifiziert man sich mit einer Traumgestalt und sagt, „Ich bin diese Person.“ Relativ häufig mag sie sogar ähnlich aussehen, wie im Wachbewusstsein, aber nicht immer. Wer von euch hat schon mal geträumt und da war er jemand, der doch ein gutes Stück anders ausgesehen hat als im Wachzustand? Gar nicht mal so viel. Die meisten scheinen sich im Traumzustand ähnlich zu sehen, wie im Wachzustand oder können sich nicht mehr so ganz daran erinnern. Aber es gibt die Möglichkeit, dass man im Traumzustand jemand ganz anderes ist. Jetzt sagen die Yogis, die Wachwelt ist letztlich nur ein Traum. Und hier können wir auch die ganzen Jnana-Yoga-Ausdrücke finden. Eine einzige Wirklichkeit hinter der ganzen Welt, Brahman, das Bewusstsein an sich. Atman ist dann die Seele, die sich manifestiert als Jiva. Man fühlt sich im Traum als Individuum. Man hat verschiedene Upadhis, ein Aussehen usw., mit dem man sich identifiziert. Es gibt im Traum ein Jagad, ein Universum. Und in diesem Universum gibt es dann verschiedene Dichtigkeitsstufen, physisches, astrales, kausales Universum. Es gibt verschiedene Einzelseelen, mit denen wir kommunizieren.

Teil 102 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <