Schlagwort-Archive: Jnana Yoga

Viveka, die Unterscheidung zwischem dem Wirklichen, der Wahrheit, und dem Unwirklichen, der Täuschung

Viveka-Chudamani, Kleinod der Unterscheidung. Unterscheidung zwischen dem Selbst und dem Nicht-Selbst, Atma-AnAtmaViveka. Die Unterscheidung zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen. Die Unterscheidung zwischen wahrem Glück und scheinbarem Glück. Gestern bin ich etwas unfangreicher auf die Atma-AnAtmaViveka eingegangen. Heute Morgen will ich etwas eingehen auf die Satya-Mithya-Viveka, also die Unterscheidung zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen. Und dazu wollen wir eine kleine Analyse machen unserer Erfahrung und uns bewusst werden, worauf beruht unsere Erfahrung eigentlich. Was wissen wir von der Welt? Und ich will zunächst mal – das typische Bild, das die meisten Menschen haben, wenn sie über die Wahrnehmung sprechen. Da gibt es also zunächst mal eine objektive Welt und da gibt es einen Beobachter und der sieht oder er hört und so kommt über Sehen und Hören und durch die anderen Sinne Information aus der Welt in unseren Geist und bildet praktisch die Wirklichkeit ab. Ich glaube, dieses Konzept dürfte jedem klar sein. Da gibt es eine äußere Welt, wir nehmen sie wahr mit unseren fünf Sinnen und wir nehmen diese Wirklichkeit allerdings auch nur auszugsweise wahr, denn unsere Sinne haben gewisse Grenzen und wer sich mit Wahrnehmungspsychologie beschäftigt hat, der weiß, da gibt es ganz große Verwirrungen. Zunächst mal, wir sehen nur ein gewisses Spektrum. Irgendwo soundso viel Hz bis soundso viel Hz sehen wir und soundso viel hören wir und das und das riechen wir. Wir nehmen also die Wirklichkeit nur Ausschnittsweise wahr. So könnte man sagen, wenn wir jetzt das, was wir hier widergespiegelt finden, mit der Welt vergleichen, könnte man das erste Modell machen. Das wäre die ganze Welt und wir sind uns dieses Teiles der Welt bewusst. Also, wir sehen einen Ausschnitt der Welt. Aber immerhin sehen wir einen Ausschnitt der Welt. Aber jetzt geht es noch mal etwas weiter. Nämlich, wir sehen einen Teil der Welt und anschließend interpretieren wir diesen Teil der Welt. Wir vergleichen ihn mit unseren bisherigen Erfahrungen und zwei Menschen mögen das Gleiche sehen und etwas ganz anderes wahrnehmen. Nehmen wir mal an, zwei Menschen sehen einen Menschen, der einen starren Gesichtsausdruck hat. Der eine denkt, „Der mag mich nicht, der ist auf mich sauer, ich habe irgendwas falsch gemacht.“ und der andere denkt, „Der ist gerade in tiefen Gedanken.“, er sagt vielleicht sogar, „Er ist in tiefer Wonne, so weit, dass er in höheren Sphären ist.“ Das ist gar nicht so selten, dass Menschen den gleichen Gesichtsausdruck ganz unterschiedlich interpretieren. Wir nehmen also keine Welt so wahr, wie sie ist, sondern wir nehmen die Welt letztlich über unsere Interpretation wahr. Kommen wir zum nächsten Modell. Wir könnten sagen, Teile von dem, wie wir die Welt wahrnehmen, entsprechen der Welt, wie sie ist, und Teile entsprechen ihr wiederum nicht. Jetzt kommen wir noch weiter. Wenn wir jetzt nämlich z.B. die moderne Physik anschauen, dann wissen wir, es gibt keine Farben, es gibt keine Formen, es gibt keine Klänge, es gibt keine Gerüche, sondern was gibt es nur? Schwingungen, Energiewellen. Und all diese Energiewellen, die werden dann interpretiert. Also, wenn wir auf die moderne Physik kommen, dann können wir gar nicht sagen, es gibt eine äußere Welt mit Menschen und Tieren und Pflanzen und wir sehen einen Teil davon, von dem, was außen ist und wir nehmen einen Teil nicht wahr und zum Teil sehen wir es falsch, nehmen wir es falsch war, aber mindestens teilweise nehmen wir es richtig wahr. Letztlich, dass wir eine Welt sehen von Farben und Formen, ist eine Leistung unseres Geistes. Das wird noch klarer. Z.B. angenommen, jemand ist blind, blind geboren. Wie nimmt er oder sie die Welt wahr? Ganz anders. Gerüche sind wichtiger, Geräusche sind wichtiger, Fühleindrücke, Tastsinn wird wichtiger. Jemand, der blind ist und jemand, der taub ist, die leben in gänzlich verschiedenen Welten. Faszinierend, aber es sind letztlich für die beiden, die Erfahrung ist gänzlich unterschiedlich. Oder noch ein anderes Beispiel. Angenommen, jemand ist einfach nur rot-grün-blind, dann sieht er keinen Unterschied zwischen rot und grün. Da wird es dann keinen Unterschied geben zwischen dem Gewand von Krishna – z.B. hier gibt es rechts und links Blumen, die sind rot-grün. Die würden nicht sehen, dass das Laub eine andere Farbe hat, als die Blüten. Wer hat jetzt Recht? Der dort rot und grün sieht oder der, der das alles als eine Farbe sieht. Beide haben Recht. Man könnte sagen, der, der rot-grün sieht, der hat ein weiteres Wahrnehmungsspektrum. Er hat mehr Informationen. Aber ob mehr Informationen immer wirklicher sind, ist eine andere Frage. Nehmen wir noch ein weiteres Beispiel. Wenn wir die Wahrnehmung von Tieren sehen, z.B. für einen Hund. Ein Hund – ich weiß jetzt gar nicht, wie sieht der? Also, man behauptet, dass der Hund schwarz-weiß sieht. Woher weißt du, dass er schwarz-weiß sieht? Vielleicht sieht er rot-grün, vielleicht sieht er gelb-blau. Vielleicht ist das ein ganz anderes Bild, was er dort sieht. Vielleicht sieht er da gar nicht so wie wir. Die Sinneswahrnehmung seines Auges heißt noch lange nicht, dass er tatsächlich Bilder sieht. Vielleicht interpretiert sein Hirn das, was er sieht, ganz anders als Bilder. Wissen wir nicht. Dafür riecht ein Hund sehr viel genauer. Und er hört auch, ich weiß nicht, wie viel mal besser als ein Mensch und auch sehr viel lauter als ein Mensch. Wie ist jetzt die Wahrnehmung von jemandem, der hauptsächlich riecht. Ein Hund riecht sogar Entfernungen. Wie macht man das? Oder ich habe mich mal intensiver beschäftigt mit der Psychologie eines Pferdes. Ich hatte euch ja schon mal erzählt, dass ich mal gedacht habe, ich will mal die Welt wahrnehmen, wie mein Pferd. Wenn ich mein Pferd verstehen will, sollte ich die Welt wahrnehmen wie ein Pferd und dort habe ich eine Weile zur Übung gemacht, ohne Wortgedanken die Welt wahrzunehmen. Das hat mich in verschiedene transzendente Bewusstseinszustände, veränderte Bewusstseinszustände, Einheitsgefühle geführt als Teenager. Und dann habe ich aber mal ein Buch gekauft über die Psychologie des Pferdes und spätestens da wusste ich, dass der Versuch, die Welt wahrzunehmen wie ein Pferd, gänzlich unsinnig ist. Vielleicht nicht unsinnig, aber er kann nicht von Erfolg gekrönt werden. Dort hieß es nämlich auch, das Pferd sieht nur schwarz-weiß. Ich habe mich schon damals gefragt, woher wissen die, dass das Pferd schwarz-weiß sieht und nicht rot-grün oder in Braunschattierungen. Jedenfalls kann ein Pferd Farben nicht wirklich unterscheiden, sondern nur Helligkeit. Pferd, laut diesem Buch – ich weiß nicht, ob es noch dem heutigen Stand der Wissenschaft entspricht – laut diesem Buch, sieht es auch keine Entfernungen, sondern ein Pferd hört Entfernungen. Pferd funktioniert mit Echolot, weshalb es dann manchmal auch diesen Pfrrr-Laut ausstößt, wenn es nicht mit den Hufen Lärm macht und dann kann das Pferd hören, wie weit es weg ist. Wenn man einem Pferd die Ohren so zu macht, dass es nichts mehr hört, dann wird es auf der Weide gegen Bäume rennen und gegen die Zäune. Wenn man dagegen einem Pferd die Augen verdeckt, wird es weiter grasen und gehen, aber nirgendwo anstoßen. Außerdem riecht ein Pferd wiederum anders. Jetzt, wie ist eine solche Wahrnehmung? Man hört Entfernungen, man sieht aber keine Entfernungen und man sieht auch keine Farbunterschiede. Noch weiter. Jetzt könnte man weiter sagen, wir haben Sinne, die auf unterschiedliche Weise die Welt interpretieren und sichtbar machen. Es ist aber doch irgendwo noch objektiv, aber irgendwo machen wir die Welt sichtbar. Und jetzt geht es aber noch weiter.

Teil 96 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Ego, Ich, Ichbewusstsein, Ahamkara im Licht von Vedanta

„Das Ichbewusstsein, das sollte man wissen, bezieht alles auf sich selbst, erlebt sich als Handelnden und Erfahrenden und erfährt in Verbindung mit den Grundeigenschaften der Natur, Sattwa, Rajas und Tamas und den drei Zuständen, Wachen, Träumen und Tiefschlaf.“ (Sankara im Viveka Chudamani)
Ich lese jetzt aus einem bestimmten Grund die Verse über Ahamkara. Ich habe praktisch das übersprungen, was über Chitta, Buddhi und Manas geht. Ahamkara ist das Ego und das ist ein Teil vom Antarkarana. Das ist jetzt eine interessante Geschichte. Antarkarana ist das innere Instrument und ein Instrument ist ja nichts Schlechtes. Und zu dem inneren Instrument gehört auch Ahamkara, also das Ichgefühl, wo auch das Selbstwertgefühl dabei ist, das Selbstbewusstsein, Identifikation usw. Und das ist Teil des Antarkarana. Wenn es Teil des Antarkarana ist, das Antarkarana, das innere Instrument, und das innere Instrument letztlich was Gutes ist, ist also auch das Ego erstmal nichts Schlechtes. Denn wir müssen ja realistisch sagen, um in dieser Welt handeln zu können, brauchen wir mindestens etwas Ahamkara. Schon wenn ich hier jetzt so sitze – angenommen, ich hätte jetzt gar kein Ahamkara, dann würde der Körper hier sitzen und ich würde mich als das universelle Selbst hinter allen fühlen, könnte man vielleicht kurz mal fühlen, den Körper von Narendra, mal kurz den Körper von Suguna, mal kurz in den Körper von Raphaela, mal kurz in den Körper von Peter und von der Anna, aber dann gäbe es die Frage, „Warum soll ich mit diesem Körper irgendwas machen? Ich bin das Bewusstsein hinter allem. Was soll ich mit diesem Körper hier anstellen?“ Also, ein bisschen Ahamkara ist nötig, damit ich die Aufgaben erfüllen kann. Und so, dieses unendliche Selbst spiegelt sich in Ahamkara wider und so brauche ich so ein bisschen, mindestens eine kleine sattvige Identifikation mit diesem Körper, um dort handeln zu können. Das ist erstmal gut so. Problematisch wird es nur, wenn dieses Ahamkara sehr fest und klebrig wird. Das ist wie, ihr erinnert euch an die Analogie eines Schauspielers. Angenommen, ihr würdet Wallenstein spielen, ein Schauspiel von Schiller. Ihr würdet jetzt Wallenstein spielen in Schillers Schauspiel „Wallenstein“. Da müsst ihr so ein bisschen euch wie Wallenstein fühlen. Ihr müsst euch in ihn hineinversetzen. Und wenn ihr die Rolle spielt, dann müsst ihr wirklich so spüren, wie hat Schiller diesen Wallenstein gemeint. Also, ein bisschen Wallenstein-Ahamkara braucht man dort. Aber angenommen, dass Schauspiel wäre zu Ende und ihr würdet euch weiter verhalten wie Wallenstein, zu Astrologen gehen und machtgierig sein, über Leichen gehen und was der sonst noch alles an Eigenschaften hatte, dann würdet ihr nicht sehr beliebt werden in eurer Familie. Und letztlich wird man euch vielleicht sogar in die geschlossene Anstalt einweisen. Jemand, der denkt, „Ich bin Wallenstein.“, aber nicht Wallenstein ist, ist doch verrückt. So ähnlich auch, wir sind hier, um unseren Part zu spielen, aber wir sind alle irgendwo verrückt geworden. Wir denken, „Ich bin der und der.“ Spirituelle Menschen sagen noch, „Ich habe ein höchstes Selbst. Ich bin eins mit Gott.“ Versteht ihr, wo der Fehler dort liegt? „Ich habe ein höheres Selbst. Ich habe zum einen einen physischen Körper, zweitens habe ich ein höheres Selbst.“ Und wer bin ich? Da gibt es ein Selbst und da gibt es ein Ich und „Ich habe das Selbst.“ Oder, „Ich spüre die Verbindung mit Gott.“ Da gibt es Gott, da gibt es mich und da gibt es eine Verbindung. Wie wäre es korrekt? „Ich bin das unsterbliche Selbst. Und ich habe einen Körper. Und ich habe eine Persönlichkeit. Und ich bin eins mit Gott.“ oder „Ich bin Gott.“ Klingt jetzt dumm. Können wir so nicht sagen, ohne dass es komisch klingt. Sagen wir, „Ich bin Brahman.“, da bewegen wir uns nicht auf Glatteis und emotionaler und religiöser und theologischer Schwierigkeiten. „Ich bin Brahman und dieser Brahman scheint jetzt vorübergehend widergespiegelt zu sein.“ Und dieses Widergespiegeltsein und diese Identifikation damit, ist erstmal nicht ganz so schlecht. Die Schwierigkeit ist, sie wird zu krass. Und diese Identifikation kann noch dazu tamasig sein und sie kann rajasig sein. Wir identifizieren uns mit diesem Körper und mit diesem Geist und sagen, „Ich bin nicht gut genug. Keiner mag mich. Ich bin hässlich, ich bin dick, ich bin faltig, ich bin, was noch. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Außerdem bin ich müde und träge, in einem falschen Film.“ Tamasiges Ego. Der ein oder andere erinnert sich an solche Zeiten, wo es das mal gegeben hat. Und dann gibt es ein rajasiges Ego. „Was bin ich doch für ein toller Hecht. Ich bin viel klüger als andere.“ oder vielleicht nicht klüger, aber, „Ich bin spiritueller als andere. Andere sind noch nicht so weit.“ oder „Ich bin demütiger als andere. Ich identifiziere mich weniger als andere. Ich bin eine bessere Yogalehrerin, ein liebevollerer Mensch, ein verhaftungsloserer Mensch.“ All das ist rajasiges Ego. Vielleicht ein bisschen besser als ein tamasiges Ego. Vielleicht ein bisschen leichter, dort herauszukommen, denn gerade das rajasige Ego kriegt ja ausreichend schnell irgendeine Nadel hineingestochen und dann hat sich die Sache erstmal wieder. Dann tut es weh und dann begibt man sich entweder wieder ins tamasige Ego oder vielleicht gelingt es einem, dass man dann durch den Rückstoß des Ballons vorübergehend ein bisschen in Brahman katapultiert wird. Dann gibt es noch ein sattviges Ego, dann gibt es noch mal verschiedene Grade von sattvigen Ego, aber so ein leichtes, sanftes sattviges Ego, wo man irgendwo sich erinnert, „Ich bin das unsterbliche Selbst. Im Wachbewusstsein spiele ich jetzt den Part. Ich heiße sowieso und mache das und das.“ und mit einem gewissen Abstand, Heiterkeit, kann man dann durch alles durchgehen. Vielleicht wird man sich dann so richtig hineinsteigern, wie ein guter Wallenstein-Schauspieler auch, aber danach weiß man, „Ich bin es nicht wirklich.“ und man ist dann auch gegenüber den anderen Schauspielern nicht böse, denn die spielen auch nur ihren Part im kosmischen Drama. Und danach meditieren wir, verlassen die Identifikation. Wir müssen auch nicht warten bis zur Meditation. Man kann ja zwischendurch mal innehalten oder auch beim Spazieren, ein bisschen amüsiert sehen, „Körper geht, Atem atmet und ich bin das unsterbliche Selbst hinter allem.“ „Hand nimmt die Nahrung, Mund beißt, Magen verdaut. Ich bin das Bewusstsein hinter allem.“ „Körper ist in einer Asana. Atem läuft. Prana schwingt. Ich bin das Bewusstsein hinter allem.“ Und im Alltag wird man manchmal nicht diese Art von Bewusstheit haben, manchmal muss man sich voll hineinbegeben und so tun, als ob man sich identifiziert, danach kommt man wieder raus. Und wann kommen wir spätestens raus aus dieser Identifikation mit dem physischen Körper? Glücklicherweise müssen wir nicht solange warten, bis zum letzten Atemzug. Im Moment, wo wir einschlafen, ist die Identifikation mit dem physischen Körper vorübergehend weg.
Und das führt uns zu einer anderen Analyse, die wir morgen machen werden, nämlich Jagan Mithya, die Welt ist unwirklich. Und um das zu verstehen, ist auch wieder Wach-, Traum-, Tiefschlafzustand, geänderte Bewusstseinszustände hilfreich. Und letztlich auch die moderne Physik und Wahrnehmungspsychologie kann uns auch helfen, zu verstehen, was heißt Jagan Mithya. Es heißt eben nicht, dass es keine Welt gibt, aber es heißt, so, wie wir die Welt wahrnehmen, so ist sie nicht. Und es ist möglich, das wahrzunehmen, was wirklich ist.

 

95. Teil der Niederschrift von Vorträgen und Workshops aus einem Yogalehrer Ausbildungs-Seminar mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses besonderen 9-tägigen Vedanta-Seminars aus dem Jahr 2008 war „Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie, insbesondere Jnana Yoga, auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. Für fortgeschrittenere Aspiranten und Kenner der Materie gibt es hier Einsichten und Weisheiten der besonderen Art.

Der Geist, die Psyche, im Lichte von Vedanta

„Das Gemüt, das in den Augen und anderen Organen wohnt, leuchtet nur als Widerschein des höchsten Lichtes, weil es den Körper fälschlicherweise für das Ich hält.“ (Viveka-Chudamani, Vers 103)
Ich habe jetzt auch wieder einige Verse übersprungen, wo er über Antarkarana spricht, über das innere Instrument, über unseren Geist und dann sagt er, unser Geist ist eine Widerspiegelung des höchsten Lichtes. Also alles, was wir innerlich dort handeln und tun und unsere beschränkte Bewusstheit, ist eine Widerspiegelung des höchsten Lichtes. Und dann identifizieren wir uns noch dazu mit diesem Körper. Und dann geht es ja noch weiter. Und dann identifizieren wir uns mit unserem Besitz. Und wir identifizieren uns auch noch über unsere Mitmenschen. „Mein Mann, mein Kind, meine Mutter, mein Chef, meine Schüler, mein Lehrer, mein usw.“ Auch hier, ich hatte gerade vorher über Liebe gesprochen, wenn wir uns zu sehr identifizieren, gibt es wieder ein Problem, denn wir identifizieren uns ja noch nicht mal mit der Person, so wie sie ist, sondern wir identifizieren uns mit dem Bild der Person. Z.B. in der Zweierbeziehung gibt es am Anfang eine Wahrnehmungsverschiebung. Es gibt irgendwelche Hormone, die werden ausgeschüttet, die sorgen dafür, dass man sich ähnlicher wahrnimmt, als man ist und dann denkt man noch, „Gut, achtzig Prozent sind wir gleich, zehn Prozent faszinierend anders und das ist auch gut so, und die restlichen zehn Prozent, die krieg ich auch noch hin.“ So in der Vorstellung, „Den anderen werde ich schon noch erziehen.“ Und das denken dann beide. Konsequenz ist – muss nicht gleich Trennung sein. Ich muss erstmal eine Langfristperspektive eröffnen. Aber Konsequenz ist, nach einer Weile ist diese Wahrnehmungsverschiebung vorbei, diese verschiedenen Verliebtheitshormone sind weg, die Pranaverbindung nicht mehr ganz so intensiv, die Erinnerung an frühere Gemeinsamkeiten aus früheren Leben, derer man sich nicht bewusst ist, dass es aus früheren Leben ist, verblasst etwas und beide verändern sich etwas. Und plötzlich ist man stärker anders und der andere weigert sich, allen Erziehungsversuchen zu folgen. Und deshalb, wenn die Identifikation sehr stark ist, gibt es dann Probleme. Oder wenn einer sich nur über den anderen definiert. Es heißt, dass es in früheren Zeiten bei Frauen so war, dass sie sich nur über den Mann identifiziert haben. Andererseits, wenn man Romane aus der Zeit von Goethe und Schiller liest, das hat auch schon damals nicht gestimmt. Aber mindestens denken manche so, dass das mal so gewesen ist. Aber wenn man diese Art von enger Identifikation hat, dann ist es eben Liebe, die zu Leid führen muss. Oder genauso auch bei Kindern, genauso auch bei Eltern, die sind eigenständige Persönlichkeiten. Und wenn man noch  dazu auf einer relativen Ebene sagt, „Jeder, den ich sehe, war schon mal meine Mutter.“ Ich weiß nicht, habt ihr schon mal darüber nachgedacht? Ich habe euch das jetzt schon mehrmals erzählt. Habt ihr schon mal rumgeguckt, „Aha, Mami vom früheren Leben. Papi vom früheren Leben. Sohn, Tochter, Bruder, Schwester.“ Bei Millionen von Leben und wo es noch dazu heißt, dass wir durchaus in ähnlichen Clustern uns wieder inkarnieren. Also jeder, mit dem wir jetzt zu tun haben, war schon mal Mutter oder Vater. Wenn ich euch das so oft erzähle, dann versuche ich euch ja tatsächlich zu animieren, mal zu überlegen, „Ah, Mami, Papi.“ So innerlich. Das hilft dann auch. Verbundenheit und es hilft einen auch etwas, sich von Verhaftungen zu lösen. Natürlich, wer jetzt in diesem Leben tatsächlich Kinder ist, hat man eine besondere Verantwortung. Also, viele Identifikationen sind möglich und wir wollen uns davon lösen.

Teil 94 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Swarupa, deine wesenseigene Form

„Swarupa“ heißt „meine wahre Form“. „Aham“ heißt „Ich bin“. „Swarupa“ ist ein vielschichtiger Ausdruck im Sanskrit. Swarupa wird in der Bhagavad Gita sehr häufig genutzt als Persönlichkeit, Talente, Fähigkeiten. Also durchaus dem, man könnte sagen, dem Selbstbegriff der humanistischen Psychologie, wenn die dort von Selbstverwirklichung sprechen. Also Krishna sagt, man soll seiner Swarupa gemäß handeln. Und das heißt, angenommen, jemand ist ein Pitta-Typ, dann soll der ruhig sich mal durchsetzen. Oder angenommen, jemand ist ein Vata-Typ, dann soll er seine Neugier für gute Sachen benutzen. Natürlich, wenn jetzt Vata übersteuert ist, dann würde man ein bisschen reduzieren. Man muss aber aufpassen, manchmal liest man in oberflächlichen Ayurveda-Büchern, ein Vata-Typ wird am besten Buchhalter. Der wird todunglücklich dort, das gelingt ihm nicht. Oder er wird neue kreative Weisen finden, wie man Buchführung macht, was dann nicht immer die Steuerbehörden interessiert oder manchmal interessiert es dann sehr. Aber jedenfalls, Krishna sagt, wir müssen unserer Natur gemäß handeln und wir müssen unsere Pflicht so erfüllen, wie wir es mit unserer Natur machen. Aber das führt dann manchmal zu einer Verliebtheit mit der eigenen Natur. An einer anderen Stelle schreibt auch Krishna, unsere wahre wahre Natur, das ist Satchidananda. Und Sankaracharya hat den Ausdruck „Swarupa“ – es gibt ja diesen einen Nirvanashtakams, „Satchidananda Rupah Shivoham Shivoham.“ Also dort sagt er, „Meine wahre Natur ist Sein, Wissen und Glückseligkeit.“ Auch Sankaracharya musste sich damit auseinandersetzen, dass die Aspiranten seiner Zeit und seine Schüler sich mit ihrer relativen Natur so sehr identifiziert haben und vermutlich ihm immer wieder gesagt haben, „So bin ich halt und das ist meine Natur und deshalb brauche ich dies und deshalb brauche ich jenes. Und meiner Natur gemäß muss ich das machen.“ Und dann sagt er, „Satchidananda Swarupoham. Deine wahre Natur ist Sein, Wissen und Glückseligkeit. Identifiziere dich nicht mit deiner Persönlichkeit, deinem Charakter, deinen Talenten, deinen Fähigkeiten, deinen Wünschen, noch nicht mal deinen Herzenswünschen.“ Auch wenn Krishna irgendwo betont, dass im Alltag das natürlich eine Rolle spielt. Nur, wir dürfen uns nicht damit zu sehr identifizieren.

Teil 93 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Liebe, was ist das?

„Was ist Liebe? Ist es die Illusion einer Emotion oder verbinden wir uns mit dem Bewusstsein?“ Du sprichst jetzt davon, auf der einen Seite gibt es mich, auf der anderen Seite gibt es das Bewusstsein. Jetzt verbinde ich mich mit dem Bewusstsein. Nein, so ist es nicht, sondern, ich bin Bewusstsein. Man kann sagen, auf der einen Seite, Liebe ist eine Widerspiegelung. Und damit könnte man sagen, sie ist illusorisch. Aber auf einer anderen Ebene ist es eben die Widerspiegelung der Verbundenheit auf eine relative Weise. Man kann auch sagen, wenn man Liebe spürt, dann ist das Verbundenheit, dann leuchtet vorübergehend die Einheit auf. Die kann man dann nachher fehl interpretieren und reine physiologische Bedingungen dort setzen und manches beruht ja schlicht darauf, irgendwelche physiologischen Mechanismen ermöglichen es dem Bewusstsein, sich etwas weiter zu fühlen und irgendwo nicht nur mit diesem Körper sondern mit einem oder zwei oder drei Körpern, je nach Größe der Familie, sich zu identifizieren. Aber es ist auch die kleine Liebe, gegen die zwar Sankaracharya relativ vehement wettert, insbesondere in ein paar Versen, die ich euch verheimlicht habe, die müsst ihr dann selbst lesen, könnt euch dann alleine darüber ärgern, die sollen uns Vairagya geben. Aber von einem anderen Standpunkt und das wiederum sagt er ja in anderen Versen – ich widerspreche ja jetzt Sankaracharya nicht, sondern man kann zu Vedanta hingehen über Neti Neti, nicht dies, nicht dies oder über Iti Iti, dies und dies. Wir können also zum einen sagen, Liebe zwischen zwei Menschen ist Verhaftung oder wir können sagen, es ist ein begrenztes Aufblitzen der Verbundenheit der Seele. Beide Ausdrücke wären korrekt. Kannst es dir jetzt aussuchen, was für dich besser passt. Vielleicht bei frisch Verliebten passt besser die eine und bei solchen, bei denen gerade Beziehungsprobleme da sind, passt besser die andere Interpretation. Sind beide korrekt. Solange es uns eben dazu führt, uns nicht darauf zu beschränken und zu glauben, in diesem Kleinen und Begrenzten dort ist jetzt alles da.

Teil 92 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Glück und Wonne ist deine wahre Natur

Die dritte Eigenschaft des Selbst ist Ananda. Ananda heißt Wonne. Es gibt manche Reinvedantins, die sagen, in den ältesten Upanishaden gibt es nur Sat und Chid. Ananda kommt erst später rein. Denn Ananda, Wonne, klingt schon wieder so emotional. Und dann, „Wir sind alle glücklich.“ oder „Froh zu sein bedarf es wenig.“ oder „Alle Menschen wollen glücklich sein.“ Ich glaube, das könnte gleich zum Schlager werden, wie es Tausende von anderen Schlagern gibt. Aber Ananda ist ein tiefes Konzept, welches aber auch besagt, auch unsere relative Fröhlichkeit ist eine Widerspiegelung von Ananda. Ananda, dieses Glück, ergibt sich auch wieder aus letztlich einer Analyse unserer Erfahrung. Angenommen, wir fühlen uns sehr bei uns selbst. Angenommen, wir fühlen uns verbunden mit anderen Wesen. Angenommen, wir spüren, „Ich bin das Bewusstsein hinter allem.“ Frage, ist das jetzt ein neutrales Gefühl? Ist das irgendwo statuenhaft, „Ich fühle mich halt eins mit allem.“? Nein. Wenn man diese Grenzen von Körper und Emotionen mal transzendiert hat, wenn man sich ausgedehnt fühlt, wenn man irgendwo merkt, „Ja, ich bin das Bewusstsein hinter allem.“, welches sich auf einer relativen Ebene als reine, bedingungslose Liebe manifestiert, dann ist das Ananda, Wonne. Wenn man wirklich bei sich ist, ist es Ananda, Wonne. Und die vedantische Analyse auch vom relativen Glück, besagt ja, auch relatives Glück ist nichts anderes als eine Widerspiegelung unserer Seele. So wie Patanjali sagt, „Yogas Chitta Vritti Nirodha. – Yoga ist das zur Ruhe bringen der Gedanken im Geist. Tada Drastuh Svarupe Vasthanam. – Dann ruht der Sehende in seinem Wesen.“ Immer dann, wenn unser Geist vorübergehend konzentriert ist, ist Wonne da. Also angenommen, ihr macht eine Tätigkeit sehr konzentriert, dann macht die typischerweise Spaß, man freut sich. Angenommen, man ist mit einem Menschen zusammen, man mag ihn sehr und fühlt sich bedingungslos angenommen, Geist ist ruhig, Freude manifestiert sich. Angenommen, man hatte einen Wunsch und der Wunsch wird erfüllt, vorübergehend gibt es keinen anderen Wunsch, dann ist man glücklich. Das Glück stammt nicht von dem anderen Menschen, das Glück stammt nicht von dem Objekt der Wunscherfüllung, das Glück stammt nicht von der Tätigkeit, die man macht, sondern das Glück strahlt von innen. Sowie unser Geist ruhig ist, sowie unser Geist konzentriert ist, kann unsere innere Natur sich manifestieren und die ist Glück. Das übrigens hat eine ganz wichtige, sehr praktische Konsequenz. Angenommen, ihr wollt mal etwas glücklicher sein. Kann ja mal sein, dass ihr im Alltag irgendwie wahrnehmt, „Ich bin nicht glücklich genug.“ Was kann man dann einfach machen? Viele Möglichkeiten. Die eine wäre, einen Moment die Augen schließen, sich bewusstmachen, „Satchidananda Swarupoham.“ Zweite Möglichkeit, eine Tätigkeit machen, wo man ganz konzentriert dabei ist. Eventuell sogar, das klingt jetzt sehr weltlich, sich ein Ziel setzen. Sagen, „Ich will jetzt in soundso viel Minuten Tausend Meter laufen.“ Und dann erreicht man das Ziel und dann ist man vorübergehend glücklich. Vielleicht auch vorübergehend platt, aber die Plattigkeit kann man ja gut verbinden mit Glück. Das eine schließt ja das andere nicht aus. Wir können also spielerisch mit uns selbst umgehen. Also, Satchidananda. Aus dieser Bewusstheit heraus wird das Leben letztlich schön, erfüllend und spielerischer.

Teil 91 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Das Selbst ist Satchidananda – Sein Wissen Glückseligkeit

Aber ihr kennt die drei Beschreibungen des Selbst. Wie nennen die sich? Sat, Chid und Ananda. Ich vermute, irgendwo habt ihr das schon Tausend Mal gehört. Sat, reines Sein. Chid, reine Bewusstheit. Ananda, reine Wonne. Also Sat, reines Sein. Nicht irgendein Sein, sondern reines Sein, absolutes Sein. Vom Lateinischen her, absolut heißt losgelöst. Wir identifizieren uns jetzt mit einem beschränkten Körper. Damit ist es ein begrenztes Sein. Und der Körper reflektiert unser unendliches Sein und deshalb haben wir Sehnsucht nach dem unbeschränkten Sein. Mensch ist letztlich nicht zufrieden mit dem, was er hat. Irgendwo weiß er, es muss mehr geben. Und egal, wie viel Euro man hat, und egal, wie viel Macht man hat, und egal, wie viel man weiß, man will immer mehr. Man kann diesen Wunsch nach mehr irgendwie betäuben und sich zufrieden geben, aber im Inneren des Menschen weiß man irgendwo, „Ich bin nicht so beschränkt.“ Und es ist auch in der Meditation möglich und ich vermute, die Mehrheit von euch hat solche Erfahrungen mindestens schon mal gehabt, es ist möglich, sich als reines Sein zu erfahren. Es ist möglich, mal nicht die Beschränkungen des Körpers zu spüren. Viele haben das schon andeutungsweise erfahren in der Ausdehnungsmeditation, manche vielleicht schon beim ersten Aufenthalt hier im Haus Yoga Vidya, wo ja in der ersten Woche ist ja meistens irgendwo auch die Ausdehnungsmeditation dabei oder die Ausdehnungsentspannung. Manche sind dort plötzlich in der Meditation mal hineingefallen in einen Zustand, wo man plötzlich den Körper nicht mehr spürt und irgendwo eine Weite und Verbundenheit fühlt. Und aus dieser Reflektion, „Es gibt ein Sein, aber ich bin nicht der Körper.“, weiß man, „Ich bin.“ Aus der Erfahrung in der Meditation, dass dieses Sein unendlich ist, daher können wir aus der Erfahrung schließen, „Ich bin absolutes Sein.“ Und noch etwas. Aus der Analyse von Subjekt-Objekt, kommt auch klar hervor, wir können gar nichts Beschränktes wirklich sein vom Standpunkt des Bewusstseins aus. Alles, was in Zeit und Raum ist, ist beobachtbar. Angenommen, ihr hättet eine bestimmte Ausdehnung. Ihr sagt, „Gut, ich bin nicht der Körper, aber ich bin der Astralkörper. Ich bin drei Meter breit.“ Jemand mit einer guten Aura hat drei Meter Breite. Deshalb braucht ihr euch jetzt nicht Gedanken zu machen, habt ihr fünf Zentimeter oder zwanzig mehr oder weniger. Astralkörpermäßig ragen wir weit über alle Fettdatus hinaus. Wenn wir uns jetzt wahrnehmen würden als drei Meter Durchmesser, dann könnte ich das wahrnehmen, dann könnte ich sagen, „Bis wohin rage ich?“ und dann auch, „Und wer beobachtet, bis wohin ich rage? Von wo aus merke ich, dass ich bis dahin rage?“ Versteht ihr das? Also alles, was beschränkt ist, da gibt es ein Bewusstsein, dass das beobachtet, wie weit es beschränkt ist und damit bin ich nicht das Beschränkte. Oder auch in Zeit begrenzt. Wenn wir jetzt überlegen, „Wann bin ich in die Existenz gekommen?“ Und dann würde man fragen, „Und wer beobachtet, ab wann man in die Existenz gekommen ist?“ Wenn ich beobachte, dass ich irgendwann in die Existenz gekommen bin, muss es jemanden geben, der beobachten kann, ab wann man in die Existenz gekommen ist. Damit ist Bewusstsein an sich nicht beschränkt. Es ist weder durch Raum beschränkt und es ist nicht durch Zeit beschränkt. Ist das nachvollziehbar? Also angenommen, etwas wäre beschränkt. Dann müsste es jemanden geben, der diese Beschränktheit wahrnehmen würde. Und wenn es jemanden gibt, der die Beschränktheit wahrnimmt, dann bin ich nicht der, der  beschränkt ist, sondern ich bin derjenige, der die Beschränktheit wahrnimmt. Egal, was es sein mag, alles, was beschränkt ist, wird wahrgenommen werden vom Bewusstsein. Ansonsten gäbe es diese Beschränktheit nicht. Die Beschränktheit gibt es nur in dem Maße, wie es ein Bewusstsein gibt, welches diese Beschränktheit wahrnimmt. Und das heißt, mit anderen Worten, Bewusstsein kann nicht beschränkt sein. Es kann weder beschränkt sein zeitlich, wie auch räumlich. Das wäre jetzt die intellektuelle Analyse. Und diese deckt sich mit den Meditationserfahrungen von Menschen in erweiterten Bewusstseinszuständen, in die man manchmal hineinrutscht. Und dann kommen wir noch zu einem weiteren und damit kommen wir fast schon zu dieser Aussage, „Aham Brahmasmi. Ayam Atman Brahman.“ Wenn ich dann tatsächlich unbeschränkt bin, zeitlich unbeschränkt, räumlich unbeschränkt, kann es dann andere geben, die auch zeitlich und räumlich unbeschränkt sind? Vom Logischen her – geht nicht. Es kann nicht zwei geben, die gleichzeitig ewig und unendlich sind. Das ist eine logische Unmöglichkeit. Und damit ist intellektuell auch klar, es kann nicht mehrere Bewusstseine geben. Das ist ja im Deutschen so, das ist im Sanskrit so, das ist im Englischen so, im Lateinischen so. Da gibt es kein Plural von Bewusstsein. Es gibt nicht Bewusstseine. Es gibt letztlich nur ein kosmisches Bewusstsein und dieses kosmische Bewusstsein spiegelt sich in diesem Körper, spiegelt sich in diesem Geist, in dieser Persönlichkeit, in diesen Emotionen, aber „Ich bin es nicht.“ Also, „Ich bin nicht dieser Körper, Geist, Persönlichkeit, sondern ich bin das Bewusstsein. Das wiederum bin ich.“ Und damit gibt es nur eine einzige kosmische Weltenseele, die nennt sich Brahman und das Selbst von jedem einzelnen ist nichts anderes als Brahman. Auch das können wir auf diese Weile intellektuell schließen und auch das deckt sich wieder mit der Erfahrung in Nirvikalpa Samadhi. In Nirvikalpa Samadhi nehmen wir uns selbst wahr, als das Bewusstsein hinter allem. Im Kleinen haben wir alle eine Verbindung. Wir können uns gegenseitig irgendwo erspüren. Natürlich, wie bei allem kann das auch mit Täuschung verbunden sein. Die moderne Neurobiologie postuliert dort das Konzept der Spiegelneuronen. Wir können uns in andere hineinversetzen, aber vom Standpunkt des Yogas muss das nicht unbedingt mit Spiegelneuronen zu tun haben – obgleich das eine Konzept das andere auch nicht ausschließt – sondern es ist das gleiche Bewusstsein in jedem. Und wenn Liebe besonders stark ist, dann strahlt diese Verbundenheit des Bewusstseins einen Moment lang aus. Und die großen Heiligen, Weisen und Propheten, die spüren diese Einheit auch im Alltag. So wie Jesus dann sagt, „Liebe deinen Nächsten wie dich Selbst.“ Und was dort in der griechischen Urfassung der Bibel steht, wobei Jesus natürlich Aramäisch gesprochen hat, aber es gibt keine aramäische Urschrift der Bibel. Das kann man auch übersetzen, „Liebe deinen Nächsten als dein Selbst.“ Oder, „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“, hat ja auch nicht Jesus erfunden, das steht ja auch schon im Alten Testament. Und auch was dort im Hebräischen steht, kann man auch übersetzen als, „Liebe deinen Nächsten als dein Selbst.“ Und damit sind wir schon sehr vedantisch. Also wir sind und wir sind unendlich, wir sind bewusst, wir sind nicht einfach irgendwas. Angenommen, wir wären nur irgendwie und wären uns nicht bewusst, dann würden wir nicht merken, dass es uns gibt. Wäre jetzt auch kein Sinn, hier überhaupt zu sein, Chit.
„Ich bin ein Kristallisationskern von Bewusstsein in Raum und Zeit.“ Man würde eher sagen, „Ich bin das unendliche Bewusstsein, dass sich widerspiegelt in einem Körper-Geist-Kontinuum und deshalb scheinbar in Raum und Zeit existiert.“

Teil 90 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Descartes und Vedanta

Es gab einen Philosophen der Aufklärung, der sich mit dieser Frage beschäftigt hat, der zu Unrecht als Begründer des Materialismus gilt, Descartes. Der hat so gesagt, „Cogito ergo sum. – Ich denke, also bin ich.“ Das wurde dann oft missinterpretiert und interpretiert als ob er sagt, „Ich bin die Gedanken.“ Nur, der Descartes hat so eine ähnliche Analyse in seinem Buch „Meditationes“ gemacht, wie wir es die letzten Tage gemacht haben. Wir können an allem Zweifeln, nur an einem können wir nicht zweifeln, nämlich, dass es jemanden gibt, der zweifelt. Wenn es niemanden gäbe, der zweifelt, dann könnte es auch keine Zweifel geben. Descartes ist da durchaus ähnlich, er sagt, wir wissen nichts über diese Welt, denn alles, was wir hier wissen, kommt durch unsere Sinne, unsere Sinne können fehlerhaft sein, sie können uns auch etwas vorgaukeln, das Ganze kann ein Traum sein, das wissen wir nicht. Es gibt keinen objektiven Beweis, dass es überhaupt eine äußere Welt gibt. Es gibt keinen objektiven Beweis, dass es überhaupt einen Körper gibt und es gibt keinen Beweis, dass es eine Persönlichkeit gibt. All das kann alles Einbildung sein. Nur an einem können wir nicht zweifeln, nämlich daran, dass da jemand ist, der zweifelt. Also, deshalb können wir auf der einen Ebene sagen, „Wir sind.“ Und das zweite ist, „Wir sind bewusst.“ Korrekterweise muss ich jetzt von meinem Standpunkt aus sagen, jetzt philosophisch korrekt, ich habe keine Ahnung – ich sage jetzt immer „ihr“ – ich habe keine Ahnung, ob jemand von euch existiert oder denkt. Ich weiß nur, ich denke. Ob ihr dort jetzt einfach nur Traumgestalten in meinem Traum seid und kein Bewusstsein habt, kann ich nicht sagen. Ich nehme jetzt aber an, dass jeder von euch kurz danach überlegt, „Vielleicht sitzt da vorne irgendeine Puppe, die etwas erzählt. Ich weiß nur, ich existiere.“ Und ob da oben jetzt eine sprechende Puppe ist oder ein denkendes Wesen, das wisst ihr nicht mit hundertprozentiger Gewissheit. Aber man weiß, da ist jemand. Und so hat man schon logisch zwei der Attribute des Selbst erschlossen, auch wenn es streng genommen keine Attribute sind. Attribut ist das, was man ihm zuschreibt vom Lateinischen her.

Teil 89 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Wer bin ich? Vedanta Analyse Fortsetzung

Wir hatten heute Morgen und die letzten Tage viel Zeit verbracht mit Atma– AnAtmaViveka, Unterscheidung zwischen dem Selbst und dem Nicht-Selbst. Vor allem haben wir sehr viel davon gesprochen über AnAtma und „Wer bin ich nicht?“ Dann bleibt ja die Frage, nachdem wir jetzt wissen, wer wir nicht sind, wer sind wir eigentlich wirklich? Und hier kommt man durchaus an die Grenzen der logischen Analyse, denn wirklich wissen, wer wir sind, ist durch den Intellekt nicht möglich. Es ist nur möglich, das Selbst zu erfahren. Dann, wenn wir aufhören, uns mit dem Rest zu identifizieren, dann wissen wir, wer wir selbst sind. Nichtsdestotrotz, ein paar Aspekte unseres Selbst kann man auch durch logische Analyse und auch durch Analyse der Meditationserfahrung erschließen. Das eine, was wir wissen, ist, wir sind Bewusstsein. Einfache, banale Tatsache. Wir sind nicht einfach irgendwie, sondern wir sind Bewusstsein. Und das zweite, was wir wissen, es gibt uns. Woher wissen wir, dass es uns gibt? „Weil Es durch uns atmet.“ Mag auf der einen Ebene stimmen, ist aber jetzt nicht philosophisch korrekt dargelegt.

Teil 88 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Vedanta Tipp: Du bist nicht die Persönlichkeit

„Ich bin auch nicht die Persönlichkeit.“, das wird jetzt vielleicht noch schwieriger. Der westliche Mensch identifiziert sich mit seiner Persönlichkeit. „Ich bin ein Künstler. Ich bin Vata, Pitta. Ich bin ein spiritueller Aspirant. Ich bin eine liebevolle Frau. Ich bin ein No-Nonsense-Mann, der sich nicht von Emotionen…“ Also, Menschen identifizieren sich mit Persönlichkeit. Auch Persönlichkeit kann sich ändern. Angenommen, jemand identifiziert sich über sein unglaublich tolles Gedächtnis. Irgendwann stellt er fest, „Es gibt jemand anderes, der kann besser sich an etwas erinnern als ich.“ Oder angenommen, man identifiziert sich darüber, was für ein wunderbar guter Geigenspieler man ist. Und dann stürzt man und die rechte Hand ist nicht mehr voll funktionsfähig. Also, „All das bin ich nicht.“ All das sind Instrumente, all das sind temporäre Leihgaben und es gilt, wir können es nutzen, wir können es genießen, wir können dankbar dafür sein. Wir haben Aufgaben bekommen und für die Aufgaben haben wir Instrumente bekommen, diese nutzen wir. Nur parallel haben wir eine weitere Aufgabe bekommen, nämlich zu erkennen „Jiva Brahmaiva Naparah. Meine wahre Natur ist Brahman.“ und wir müssen aufhören, uns mit diesem Raumanzug zu identifizieren, mit diesen Instrumenten, den inneren und äußeren, zu identifizieren. Wenn wir das erreicht haben, haben wir eigentlich alles erreicht. Dann geht das Leben immer noch weiter. Wir werden weiter essen und aufs Klo gehen, wir werden weiter mit Menschen zu tun haben, es wird weiter Emotionen geben, aber es sind eben unsere Instrumente, wir können spielerisch damit umgehen und wir werden nicht erschlagen von all dem. Und da möchte ich euch ermutigen, mindestens bis zum 14:00 Uhr Vortrag, euch vielleicht mal ein bisschen bewusst zu werden, vielleicht mindestens ein paar Minuten in der Mittagspause, „Mit was identifiziere ich mich in besonderem Maße?“ Für manche ist es Besitz. Für manche ist es ein Attribut ihres Körpers. Für manche sind es ihre Liebsten. Für manche ist es die Aufgabe, die sie haben, die Pflicht. Für manche ist es ein Charakterzug. Für manche ist es eine bestimmte Art, das Leben zu leben. Könnt ihr schauen, „Womit identifiziere ich mich? Worüber definiere ich mich?“ Und dann werdet ihr euch bewusst, „Ich bin das nicht wirklich. Das ist ein Attribut, das ist ein Instrument, das ist letztlich etwas, was zwar wertvoll ist, aber es kann mir auch jederzeit weggenommen werden und ich bleibe immer noch ich.“ Und wenn ihr das so ein bisschen spürt, gerade gegenüber dem, womit man sich am stärksten identifiziert, dann hat man große Freiheit und aus dieser großen Freiheit kommt dann auch das, was Krishna in der Bhagavad Gita nennt, „Yoga Karmasu Kaushalam. Yoga ist Geschick im Handeln.“ Im Handeln, nicht im, der Welt fliehen. Wer bin ich?

87. Teil der Niederschrift von Vorträgen und Workshops aus einem Yogalehrer Ausbildungs-Seminar mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses besonderen 9-tägigen Vedanta-Seminars aus dem Jahr 2008 war „Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie, insbesondere Jnana Yoga, auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. Für fortgeschrittenere Aspiranten und Kenner der Materie gibt es hier Einsichten und Weisheiten der besonderen Art.

Vedanta Tipp: Du bist nicht der Intellekt

„Ich bin auch nicht der Intellekt.“ Da fehlt uns jetzt die Zeit, das genauer zu analysieren, aber ich glaube, das dürfte auch klar sein. Auch der Intellekt ist ein Instrument, der Intellekt ist etwas, womit man denkt, aber „Ich bin nicht wirklich der Intellekt.“ Und auch wenn der Intellekt mal vorübergehend weniger stark da ich, „Ich bin er nicht.“

Teil 86 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Löse dich von der Identifikation mit Gefühlen und Emotionen

Wer bin ich? Bin ich die Gefühle? Nein. Einfache Antwort, können wir weitergehen, oder? Mit Gefühlen identifizieren sich Menschen typischerweise am meisten und am stärksten. „Ich bin die Gefühle.“ Aber auch bei den Gefühlen gilt, erstens, „Ich kann sie beobachten.“ Es ist auch möglich, mindestens wenn die Gefühle nicht ganz so stark sind, zu beobachten, „Da ist ein Gefühl von drei Zentimetern unterhalb des Brustbeinansatzes bis einem Zentimeter drunter. Wenn ich genau gucke, fühlt sich von hier an bis irgendwo hier. Da ist dieses Gefühl. Und dieses strahlt dann irgendwo aus. Aber ich bin nicht das Gefühl.“ Wir können auch weiter gehen. Es ist ein Instrument. Gefühle haben ja ihre Wichtigkeit. Angenommen, man hätte keine Angst, dann wäre man vielleicht längst schon tot. Irgendwo die Angst hilft einen zur Vorsicht. Es ist etwas, was irgendwo was Gutes ist. Und irgendwo, Gefühle helfen einem auch, mit Menschen umzugehen. Angenommen, ihr hättet jemand, der keine Gefühle hat, so ein wandelnder Roboter, kann man nichts mit anfangen. Also irgendwo, Gefühle sind wichtig, sie haben ihre Funktion und die Evolutionsbiologen erzählen uns ja, wozu Ärgergefühle gut sind, Angstgefühle gut sind und auch Mitgefühl gut ist. All das hat seine Funktion. Irgendwo zu diesem Instrument gehört das dazu und es ist wichtig, dass es sie gibt, aber ich bin nicht diese Gefühle. Sie ändern sich. Und das kann man ab und zu mal eben auch machen. Vor kurzem habe ich noch irgendwo etwas gehört. Verliebtheitsgefühle hängen mit Geruchssinn zusammen. Und Geruchsinn hängt damit zusammen, ob die Gene zueinander passen. Also, manchen Menschen kann man riechen und den anderen kann man nicht riechen und irgendwo, den kann man gut riechen, dessen Gene so sind, dass die Zusammensetzung der Gene nachher irgendwo das Immunsystem verbessern. Und da hat man sich erst Sorgen gemacht, dass jetzt vielleicht Menschen die falschen Partner wählen, weil man Parfüms wählt. Dann hat man aber festgestellt, dass Menschen die Parfüms wählen, die doch zu ihnen passen und dass dann die Gegenpartner angezogen werden, die dann doch dazu passen. Deshalb sollte man Parfüms wählen, die einen selbst gut riechen und nicht ein Parfüm wählen, von dem man denkt, dass andere die gerne haben. Auf diese Weise bleibt die Partnerwahl so, dass die Nachkommenschaft – wer an so was noch interessiert ist, diejenigen, die über fünfzig sind, werden nicht mehr an ihrer eigenen neuen Nachkommenschaft interessiert sein, wenn sie Frauen sind, dann sollte man darauf achten. Also alles irgendwelche evolutionsbiologischen Geschichten und die manifestieren sich über Gefühle und die Gefühle haben ihren Sinn und letztlich helfen sie uns ja auch, unser Karma auszuarbeiten, Dinge zu erfahren und umzugehen, nur, „Ich bin nicht die Gefühle.“ Ab und zu mal diese wertvollen Gefühle, die man hat und die etwas Großartiges sind, beobachten, mal Abstand gewinnen, gut, dann kann man sich auch wieder hineinbegeben, aber „Ich bin das nicht.“

Teil 85 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <