„Swarupa“ heißt „meine wahre Form“. „Aham“ heißt „Ich bin“. „Swarupa“ ist ein vielschichtiger Ausdruck im Sanskrit. Swarupa wird in der Bhagavad Gita sehr häufig genutzt als Persönlichkeit, Talente, Fähigkeiten. Also durchaus dem, man könnte sagen, dem Selbstbegriff der humanistischen Psychologie, wenn die dort von Selbstverwirklichung sprechen. Also Krishna sagt, man soll seiner Swarupa gemäß handeln. Und das heißt, angenommen, jemand ist ein Pitta-Typ, dann soll der ruhig sich mal durchsetzen. Oder angenommen, jemand ist ein Vata-Typ, dann soll er seine Neugier für gute Sachen benutzen. Natürlich, wenn jetzt Vata übersteuert ist, dann würde man ein bisschen reduzieren. Man muss aber aufpassen, manchmal liest man in oberflächlichen Ayurveda-Büchern, ein Vata-Typ wird am besten Buchhalter. Der wird todunglücklich dort, das gelingt ihm nicht. Oder er wird neue kreative Weisen finden, wie man Buchführung macht, was dann nicht immer die Steuerbehörden interessiert oder manchmal interessiert es dann sehr. Aber jedenfalls, Krishna sagt, wir müssen unserer Natur gemäß handeln und wir müssen unsere Pflicht so erfüllen, wie wir es mit unserer Natur machen. Aber das führt dann manchmal zu einer Verliebtheit mit der eigenen Natur. An einer anderen Stelle schreibt auch Krishna, unsere wahre wahre Natur, das ist Satchidananda. Und Sankaracharya hat den Ausdruck „Swarupa“ – es gibt ja diesen einen Nirvanashtakams, „Satchidananda Rupah Shivoham Shivoham.“ Also dort sagt er, „Meine wahre Natur ist Sein, Wissen und Glückseligkeit.“ Auch Sankaracharya musste sich damit auseinandersetzen, dass die Aspiranten seiner Zeit und seine Schüler sich mit ihrer relativen Natur so sehr identifiziert haben und vermutlich ihm immer wieder gesagt haben, „So bin ich halt und das ist meine Natur und deshalb brauche ich dies und deshalb brauche ich jenes. Und meiner Natur gemäß muss ich das machen.“ Und dann sagt er, „Satchidananda Swarupoham. Deine wahre Natur ist Sein, Wissen und Glückseligkeit. Identifiziere dich nicht mit deiner Persönlichkeit, deinem Charakter, deinen Talenten, deinen Fähigkeiten, deinen Wünschen, noch nicht mal deinen Herzenswünschen.“ Auch wenn Krishna irgendwo betont, dass im Alltag das natürlich eine Rolle spielt. Nur, wir dürfen uns nicht damit zu sehr identifizieren.
Teil 93 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <