Der Geist, die Psyche, im Lichte von Vedanta

„Das Gemüt, das in den Augen und anderen Organen wohnt, leuchtet nur als Widerschein des höchsten Lichtes, weil es den Körper fälschlicherweise für das Ich hält.“ (Viveka-Chudamani, Vers 103)
Ich habe jetzt auch wieder einige Verse übersprungen, wo er über Antarkarana spricht, über das innere Instrument, über unseren Geist und dann sagt er, unser Geist ist eine Widerspiegelung des höchsten Lichtes. Also alles, was wir innerlich dort handeln und tun und unsere beschränkte Bewusstheit, ist eine Widerspiegelung des höchsten Lichtes. Und dann identifizieren wir uns noch dazu mit diesem Körper. Und dann geht es ja noch weiter. Und dann identifizieren wir uns mit unserem Besitz. Und wir identifizieren uns auch noch über unsere Mitmenschen. „Mein Mann, mein Kind, meine Mutter, mein Chef, meine Schüler, mein Lehrer, mein usw.“ Auch hier, ich hatte gerade vorher über Liebe gesprochen, wenn wir uns zu sehr identifizieren, gibt es wieder ein Problem, denn wir identifizieren uns ja noch nicht mal mit der Person, so wie sie ist, sondern wir identifizieren uns mit dem Bild der Person. Z.B. in der Zweierbeziehung gibt es am Anfang eine Wahrnehmungsverschiebung. Es gibt irgendwelche Hormone, die werden ausgeschüttet, die sorgen dafür, dass man sich ähnlicher wahrnimmt, als man ist und dann denkt man noch, „Gut, achtzig Prozent sind wir gleich, zehn Prozent faszinierend anders und das ist auch gut so, und die restlichen zehn Prozent, die krieg ich auch noch hin.“ So in der Vorstellung, „Den anderen werde ich schon noch erziehen.“ Und das denken dann beide. Konsequenz ist – muss nicht gleich Trennung sein. Ich muss erstmal eine Langfristperspektive eröffnen. Aber Konsequenz ist, nach einer Weile ist diese Wahrnehmungsverschiebung vorbei, diese verschiedenen Verliebtheitshormone sind weg, die Pranaverbindung nicht mehr ganz so intensiv, die Erinnerung an frühere Gemeinsamkeiten aus früheren Leben, derer man sich nicht bewusst ist, dass es aus früheren Leben ist, verblasst etwas und beide verändern sich etwas. Und plötzlich ist man stärker anders und der andere weigert sich, allen Erziehungsversuchen zu folgen. Und deshalb, wenn die Identifikation sehr stark ist, gibt es dann Probleme. Oder wenn einer sich nur über den anderen definiert. Es heißt, dass es in früheren Zeiten bei Frauen so war, dass sie sich nur über den Mann identifiziert haben. Andererseits, wenn man Romane aus der Zeit von Goethe und Schiller liest, das hat auch schon damals nicht gestimmt. Aber mindestens denken manche so, dass das mal so gewesen ist. Aber wenn man diese Art von enger Identifikation hat, dann ist es eben Liebe, die zu Leid führen muss. Oder genauso auch bei Kindern, genauso auch bei Eltern, die sind eigenständige Persönlichkeiten. Und wenn man noch  dazu auf einer relativen Ebene sagt, „Jeder, den ich sehe, war schon mal meine Mutter.“ Ich weiß nicht, habt ihr schon mal darüber nachgedacht? Ich habe euch das jetzt schon mehrmals erzählt. Habt ihr schon mal rumgeguckt, „Aha, Mami vom früheren Leben. Papi vom früheren Leben. Sohn, Tochter, Bruder, Schwester.“ Bei Millionen von Leben und wo es noch dazu heißt, dass wir durchaus in ähnlichen Clustern uns wieder inkarnieren. Also jeder, mit dem wir jetzt zu tun haben, war schon mal Mutter oder Vater. Wenn ich euch das so oft erzähle, dann versuche ich euch ja tatsächlich zu animieren, mal zu überlegen, „Ah, Mami, Papi.“ So innerlich. Das hilft dann auch. Verbundenheit und es hilft einen auch etwas, sich von Verhaftungen zu lösen. Natürlich, wer jetzt in diesem Leben tatsächlich Kinder ist, hat man eine besondere Verantwortung. Also, viele Identifikationen sind möglich und wir wollen uns davon lösen.

Teil 94 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

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