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Entwickle Gleichmut gegenüber den Sinneserfahrungen

Sankaracharya schreibt von der Gleichgültigkeit, „gegenüber allen Dingen der Sinneserfahrungen, die vergänglich sind und gesehen, gehört oder sonst wie wahrgenommen werden, vom Körper bis zum Schöpfergott.“ Also, es geht sehr weit. Betrifft nicht nur Dinge der physischen Welt. Auf der einen Ebene gibt es natürlich Dinge, und da nehme ich an, da seid ihr inzwischen etwas losgelöst. Obgleich ich feststelle, so ganz stimmt das auch nicht. Manche Menschen erwarten, dass sie in irgendeiner Form eine Belohnung kriegen oder viele wollen eine Anerkennung haben und hängen daran. Manche hängen an irgendwelchen eben, dass es irgendwo Vergnügen ist und auf eine gewisse Weise, Asanas sind auch ein Vergnügen. Wir können an so vielem hängen. Alles, was Erwartungen sind. Deshalb finde ich das so schön, diese erste Definition, die er dort hatte, nicht an den Früchten der Handlungen hängen. Im Grunde genommen sagt das ja der Krishna an allen möglichen Stellen immer wieder. Und hier eben auch, „Vom Körper bis zum Schöpfergott.“ Da müsst ihr wissen, so im indischen Glauben denkt man, irgendwann, wenn man ausreichend gutes Karma angehäuft hat, muss man sich nicht wieder in diesem physischen Körper inkarnieren, mit all seinen Leiden und Gebrechen. Dann können wir uns inkarnieren als Engelswesen, dann werden wir vielleicht ein Engel. Man braucht nicht krank zu werden. Ein Engel kriegt keine Schlangenbisse. Er kriegt keine Erkältung, keine Grippe, bricht sich nicht die Beine, hat keine Rückenprobleme, keine Ischiasbeschwerden, keine Borreliose, keine Schweinegrippe, kein Rheuma, Arthritis usw., keinen Krebs. Also, es hat schon seine Vorteile, so einen Engelskörper zu haben. Und dann gibt es niedere Engel und es gibt höhere Engel. Und so in der indischen Mythologie heißt es dann, wenn man den großen Wunsch hat, ein Leben zu haben, ohne körperliche Gebrechen und gute Handlungen gemacht hat – also viele uneigennützige Dinge getan hat – aber gleichzeitig den großen Wunsch, ein Leben ohne Krankheit und körperliche Gebrechen zu haben, dann inkarniert man sich als Engelswesen. Wenn man dabei wenig Prana hat, dann ist man ein niederes Engelswesen und wenn man aber viel Pranayama geübt hat, dann inkarniert man sich als höheres Engelswesen. Es gibt sogar Schriften, die beschreiben, wie viel Pranayama man machen muss, um Indra zu werden. Und wie viel Tapas. Oder um ein Manu von einem Zeitalter zu werden usw. Oder sogar, wir können dann in einem neuen Zeitalter Brahma werden, ein Schöpfergott. Vom vedantischen Standpunkt aus ist das alles unerheblich. Wir sollten nicht die spirituellen Praktiken machen, um im nächsten Leben zum Engelswesen zu werden. Um so besser, da vermutlich die Mehrheit von euch nicht an so was glaubt. Oder vielleicht der ein oder andere von euch nicht an so etwas glaubt. Also, spielt keine Rolle, ob ihr daran glaubt oder nicht, es ist nicht Ziel der Yogapraktiken, ein Engel zu werden. Auch nicht, in den Himmel zu kommen, im Sinne von, es gibt ja auch im Christentum dann irgendwo, man kommt in den Himmel und dann spielt man Harfe und lobpreist… Ich weiß, an welchen Film ihr jetzt alle denkt. Ich glaubt, Karl Valentin oder irgendjemand der „Luja sag i“ oder so ähnlich. Ein Bayer im Himmel. Ein Münchner im Himmel. Ich weiß, schon als Kind habe ich mir überlegt, als ich dort irgendwie gelesen habe, wie so der Himmel sein soll oder in der Kirche, der Pfarrer hat durchaus ausgemalt, wie der Himmel ist. Der erste Pfarrer, das war noch einer von der alten Schule, der hat über die Hölle gewettert und den Himmel ausgemalt und wie man dann zu Füßen Gottes sitzt. Da habe ich so überlegt, „Wie viele können dort zu Füßen von Gott gleichzeitig sitzen? Irgendwie muss es doch übervölkert sein inzwischen.“ Oder diese Himmelsausmalungen. Oder selbst auch in Indien, die sind ja nicht besser mit ihren Ausmalungen von den Himmeln, wo dann irgendwo der weiße Elefant ist und dann, als besonders wichtig gilt so ein Sonnenschirm dort. Unser Regenschirm, den wir ja haben, ist ja erfunden worden von den Indern. Aber nicht als Regenschirm, sondern als Sonnenschirm. Dann hat man nur festgestellt, im Monsun sind die auch ganz hilfreich und die Engländer haben dann natürlich festgestellt, in England sind solche Schirme ganz besonders hilfreich und dann sind sie auch nach Deutschland gekommen. Ein solches Leben, wenn man überlegt, wäre letztlich langweilig. Und wie dann die Himmel beschrieben werden, das kann nicht das Ziel der Existenz sein und in Indien heißt es dann ja auch, damit ist es nicht geschafft. Dann heißt es sogar, man muss dann, wenn man Engelswesen war, sich noch mal inkarnieren in einem menschlichen Körper, um dann zum Höchsten zu kommen. Aber ganz so eindeutig sind da die Schriften nicht, es gibt auch solche, die sagen, man kann auch als Engelswesen dann die Verhaftung an den Engelskörper lösen, um dann von dort direkt zu Brahman zu kommen. Aber manche sagen, vom Engelskörper muss man zurück zum menschlichen Körper, um noch mal alles Vergängliche richtig zu spüren und dann zu sagen, „Wieder Engel zu werden und dann wieder zurückzukehren, ist es nicht wert, ich will nur zum Höchsten kommen.“ Daher, volles Vairagya ist der Gleichmut gegenüber alldem.

77. Teil der Niederschrift von Vorträgen und Workshops aus einem Yogalehrer Ausbildungs-Seminar mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses besonderen 9-tägigen Vedanta-Seminars aus dem Jahr 2008 war „Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie, insbesondere Jnana Yoga, auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. Für fortgeschrittenere Aspiranten und Kenner der Materie gibt es hier Einsichten und Weisheiten der besonderen Art.

Das Physische Universum existiert im Wachbewusstsein

„Der Zustand, in dem die grobstofflichen Dinge erlebt werden, ist das Wachbewusstsein der Seele.“ (Sankaracharya im Kronjuwel der Unterscheidung, Viveka Chudamani). Also, im Wachbewusstsein können wir diesen Körper hier erfahren. Wenn wir träumen, dann erfahren wir nicht diesen Körper. Da wird er noch darauf eingehen.
„Die einzelne Seele genießt durch diesen Körper mit den äußeren Sinnesorganen grobstoffliche Objekte in vielerlei Gestalt, wie Blumenkränze, Sandelholz, Frauen, Männer, deshalb wird dieser Körper im Wachzustand verherrlicht.“ Gut, vielleicht mag das jetzt für euch, Blumenkränze und Sandelholz, Parfüm, nicht unbedingt das sein, was euch in besonderem Maße genießen lässt, aber ich glaube, ihr könntet dort andere Dinge ergänzen.
„Wisse, dass dieser grobstoffliche Körper, von dem der Umgang mit der ganzen Außenwelt abhängt, für den Menschen wie das Haus für den Hausherrn ist.“ Also, hier mäßigt er die Ausdrucksweise etwas, denn Haus ist auch etwas Gutes, wir wohnen in diesem Haus. Man kann auch sagen, es ist wie ein Schneckenhaus. Schnecken haben auch ein Haus, das sie herumtragen und das sie irgendwie brauchen.

58. Teil der Niederschrift von Vorträgen und Workshops aus einem Yogalehrer Ausbildungs-Seminar mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses besonderen 9-tägigen Vedanta-Seminars aus dem Jahr 2008 war „Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie, insbesondere Jnana Yoga, auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. Für fortgeschrittenere Aspiranten und Kenner der Materie gibt es hier Einsichten und Weisheiten der besonderen Art.

Identifiziere dich nicht mit dem Körper – erfahre Atman

Jetzt lese ich euch einen Vers, den ich zwar nicht mag, ich lese ihn euch trotzdem vor.

„Dieser grobstoffliche Körper, eine Anhäufung von Haut, Fleisch, Blut, Muskeln, Fett, Mark und Knochen und voll von Urin und Kot, ist widerlich.“ (Sankaracharya im Viveka Chudamani, dem Kleinod der Unterscheidung)
Also hier:
„Dieser Körper, der aus Haut, Fleisch, Blut, Arterien, Fett, Mark, Knochen, besteht, durchdrungen von verunreinigten Substanzen, ist nicht angenehm.“
Vielleicht sollte ich dort fortsetzen. Der Raphael, der das übersetzt hat, hat vermutlich schon für westliche Aspiranten das Ganze etwas gemäßigt, wo er ja auch viel unterrichtet. Währenddessen, wer das übersetzt hat, war, glaube ich, weniger am Unterrichten.
Gut, ich hatte vorher gesagt, so mag ich den auch nicht, „ist widerlich“, ist sicherlich jetzt nicht angemessen. Der menschliche Körper ist das größte Wunder, was man sich dort vorstellen kann, die komplexeste Struktur im Universum ist das menschliche Gehirn und jede Zelle ist ein Wunder. Nur, vielleicht wenn man sagt, „unangenehm“, ich glaube, das können manche von euch nachvollziehen. Mit steigendem Alter kann das ein immer höherer Prozentsatz der Menschen nachvollziehen. Es gibt auch junge. Also, bei mir war es eher so, als Teenager war mir mein Körper unangenehm, er hat ständig Kopfweh produziert und Magen-Darm-Probleme und Heuschnupfen und Hautprobleme und Rückenprobleme und Knieprobleme. Das hatte ich als Teenager. Dann bin ich Vegetarier geworden. Eigentlich nur aus Mitgefühl mit Tieren, weil ich gesagt habe, für mich soll kein Tier mehr umkommen. Dass es auch gesund sein könnte, die Idee hatte ich dort damals nicht. Aber dann, das Kopfweh und Magenprobleme weg und Heuschnupfen auch und dann habe ich mit Yoga angefangen und dann sind die Knie- und die Rückenprobleme verschwunden. Aber wenn ich mit Menschen spreche, es gibt solche, die trotz Yoga die ein oder andere körperliche Beschwerde haben und mit steigendem Alter gibt es davon auch mehr von der Sorte. Und manche haben das große Glück, schon in jüngerem Alter das zu erfahren, dann fällt es leichter, sich von dem Körper zu lösen. Ich kann mich erinnern, es gab mal eine enge Schülerin vom Swami Vishnu-devananda, die ist irgendwann erblindet und das hat sie dem Swami Vishnu-devananda so ein bisschen mit Trauer erzählt und hat gesagt, irgendwas Medizinisches gab es da und es war nicht zu ändern und die Yogaaugenübungen haben auch nicht mehr geholfen und da hat der Swami Vishnu gelacht und hat gesagt, „One sense less to tanscendent. Ein Sinn weniger zu transzendieren.“ Das klingt jetzt erstmal herzlos, aber es war ja auch eine enge Schülerin, das war jetzt nicht irgendjemand und eine, die so was vertragen konnte und sie hat mir nachher erzählt, das, was der Swami Vishnu-devananda ihr scheinbar so herzlos gesagt hat, sofort hatte sie Trost gehabt, sofort war ihr klar, dass das was Gutes ist. Wenn ihr also irgendwo Schmerzen habt, auf der einen Seite könnt ihr euch freuen, ihr erkennt früher als andere, dass dieser Körper unangenehme Erfahrungen mit sich bringt. Und wenn ihr das nicht wisst, dann sprecht mit euren Eltern, sofern sie noch leben, oder erinnert euch an die letzten Tage und Jahre eurer Eltern, wenn sie nicht mehr leben, oder Großeltern oder Tanten oder Onkeln, der Körper ist nicht so angenehm, wie manche sich das als 20-, 30-jährige vorstellen. Aber er ist unser Raumanzug. Und deshalb, man muss sich darum kümmern und es ist was Großartiges, also können wir Erfahrungen machen.

56. Teil der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Verhaftungen führen zum Leiden

„Sinnesobjekte sind in ihrer Wirkung noch verheerender als das Gift einer schwarzen Kobra. Gift tötet den, der es einnimmt, wogegen die Sinnesobjekte sogar den töten, der mit den Augen schaut.“ (Sankara im Viveka Chudamani)
Er gebraucht jetzt natürlich eine recht krasse Sprache. Sankara stammt aus Südindien, ich glaube sogar Kerala, und neigt deshalb zu einer etwas blumigen und manchmal etwas übertreibenden Sprache, denn man sollte sich jetzt nicht an diesen massiven Worten aufhängen, sondern er will uns ja damit mit Unterscheidungskraft ausstatten. Und eben auch erkennen, wenn wir an den Sinnen hängen und wenn wir ohne Unterscheidungskraft einfach folgen, was sie uns sagen, dann führen sie uns ins Verderben. Und ich glaube, die meisten können tatsächlich daran denken, wann sie in solche Verderben gekommen sind. Natürlich auch einfach das Hängen an sich, denn die Sinne bleiben ja nicht so. Wir sind vielleicht in der glücklichen Lage, dass wir heute Sinne kompensieren können. Also z.B. als 10-jähriger konnte ich gut sehen und irgendwann zwischen 15 und 17 ist mein Sehsinn schlecht geworden, also brauche ich eine Brille. Angenommen, ich hätte keine Brille, dann könnte ich herzlich wenig von euren Gesichtsausdrücken sehen. Also habe ich eine Brille und kann es kompensieren. Inzwischen muss ich die Brille abnehmen, wenn ich lesen will. Gestern hat Narayani gesagt, ich sollte mich damit abfinden, dass es so ist und sollte das lernen, das jetzt mit Würde zu machen. Das habe ich gestern im Restaurant ein bisschen geübt. Oder angenommen, man hört nicht mehr gut, dann kann man sich Hörgeräte anschaffen. Aber irgendwann riecht man nicht mehr gut. Das ist übrigens sehr viel verbreiteter, als Menschen wissen. Wenn man nicht mehr gut riecht, dann schmeckt auch das Essen nicht mehr gut. Man nimmt an, dass das einer der Gründe ist, weshalb ganz alte Menschen weniger essen. Das Essen schmeckt ihnen einfach nicht mehr, weil sie nicht mehr richtig riechen. Also, irgendwo ab 80 nehmen Menschen ab und irgendwo, ich glaube, fast die Hälfte der Männer und ein Viertel der Frauen über 80 riecht kaum mehr etwas und damit schmeckt auch das Essen nicht mehr so. Also, verschiedene Sinne nehmen ab, können verschwinden. Wir können sie heute – mindestens einige davon – kompensieren, andere nicht. Wenn wir daran hängen, sind wir in Probleme.

„Nur wer sich von den schweren Fesseln der Begierde nach Sinnesobjekten befreit, die nicht ohne große Mühe zu sprengen sind, erfüllt die Voraussetzung zur Erlösung. Kein anderer, selbst wenn er alle sechs Schulen der Philosophie kennt. Die Erlösung Suchenden, die ans andere Ufer des Ozeans der Wiedergeburten gelangen möchten, deren Entsagung aber nicht echt ist, packt der Haifisch in Gestalt der Begieren am Hals, reißt sie mit Gewalt zurück und ertränkt sie mitten im Ozean.“
Den letzten lese ich jetzt besser nicht, der ist nicht sehr freundlich formuliert. Aber heute Nachmittag.

Teil 54 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Selbstverwirklichung, Yoga, Erleuchtung und Demenz

Frage: „Was passiert mit einem selbstverwirklichten Weisen, der dement wird?“
Das ist eine interessante Frage. Dazu muss ich euch sagen, ich habe noch keinen großen Yogi gesehen, der dement geworden ist. Das halte ich übrigens für ein interessantes Phänomen, denn ich kenne sehr wohl Weise, die 80, 90 oder sogar über 90 waren und auch solche, die dauerhaft bettlägerig und weitestgehend zum Pflegefall geworden sind. Ein dementer Yogi ist mir aber nicht bekannt. Aber vom Standpunkt des Vedanta würde selbst das keine Rolle spielen. Bei Swami Vishnu zum Beispiel: er war zwar in keiner Weise dement, aber er hatte einen Schlaganfall gehabt und hatte dann durchaus Phasen, wo er Halluzinationen hatte. Trotzdem hat er weiter dieses Prana gehabt und diese Energie gehabt. Letztlich ist ja die ganze Welt eh eine Halluzination. Ich hoffe, ihr seid euch dessen inzwischen ein bisschen bewusst. Und ob man jetzt diese Halluzination hat oder eine andere Halluzination hat – von so erheblicher Bedeutung ist das jetzt nicht. Ihr braucht jetzt keine Angst zu haben, dass ihr, wenn ihr Yoga macht, halluziniert. Das ist jetzt nicht durch Yogapraxis gekommen, sondern es war in seinem Karma, dass er irgendwann um die sechzig oder etwas über fünfzig einen Autounfall hatte, innere Blutungen, die Bauchspeicheldrüse war kaputt und dann in der Folge hatte er eine unfallbedingte Diabetes entwickelt und die ist dann nur notdürftig mit Insulin unter Kontrolle gebracht worden. Jeder der sich mit Diabetes beschäftigt hat, so genau ist das nicht dosierbar. Dann hat er irgendwann einen diabetesbedingten Schlaganfall gehabt. Das war letztlich sein Karma und das hat verschiedene Auswirkungen gehabt. Eine Weile konnte er kaum sprechen und nach dem Schlaganfall gab es nur noch ein halbes Dutzend Menschen, die ihn wirklich verstanden haben, wenn er gesprochen hat. Und manchmal war ich mir nicht sicher, ob sie ihn wirklich verstehen oder uns nur irgendetwas erzählen. Aber er war voll da, das konnte man wirklich merken und manchmal, wenn jemand etwas gesagt hat, was er nicht gemeint hat, hat er den Kopf gedreht. Aber er was sich des Selbst weiter bewusst und er hatte weiter Hingabe an Gott und er hat weiter gedient, auch damit. Also selbst wenn es einen dementen Selbstverwirklichten gäbe, selbst wenn er sich an nichts mehr erinnern könnte und selbst wenn er viele Fähigkeiten verlieren würde: sein Bewusstsein würde immer noch in Brahman ruhen. Aber wie gesagt, mir ist kein großer Yogi bekannt, der dement geworden ist und Swami Vishnu-devananda hatte nach dem Schlaganfall nach einer Weile auch wieder mehr geistige Fähigkeiten zurück bekommen und er war sehr klar bis zum Ende.

Teil 44 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Ist Selbverwirklichung egoistisch?

Frage: „Ist es nicht egoistisch, aus dem Kreislauf von Geburt und Tod austreten zu wollen und die anderen im Leid schmoren zu lassen?“
Nicht wirklich. Denn sie könnten sich wieder inkarnieren, wenn sie das wollten zum Wohl anderer. Das ist so eine Frage. Mal angenommen, du bist aus deinem Traum aufgewacht. Könntest du dich jetzt wieder in den Traum inkarnieren, um den anderen im Traum zu helfen? Du könntest dich natürlich hinein versetzen, dich hinlegen und genau die Traumbilder von der Nacht vorher dir vergegenwärtigen. Dann würdest du vielleicht in den gleichen Traum hineinschlafen, triffst vielleicht die gleichen Leute und könntest ihnen helfen. Aber wäre das sinnvoll? Wenn du weißt, alle Menschen im Traum sind nur Traumgestalten des einen Bewusstseins und wenn ich aufgewacht bin, dann sind die anderen damit eigentlich auch aufgewacht.

Frage… Ich weiß nicht, ob ihr es bis hinten gehört habt. Wir hier freuen uns ja, wenn hier selbstverwirklichte Weise kommen und uns lehren. Genauso freuen die sich vielleicht auch, wenn da im Traum jemand ist, der ihnen hilft im Traum. Das sind jetzt alles Argumente aus dieser relativen Welt. Es gibt zwar im Buddhismus das Konzept von Bodhisattwa, es gibt auch das Konzept von den Siddhas, denjenigen, die auf einer subtileren Ebene weiter existieren und immer weiter da sind und Menschen erscheinen, wann immer sie Hilfe brauchen. Aber es ist letztlich im Relativen und es heißt auch, die großen Meister hinterlassen Gedankenformen, durch die Ishvara hindurch wirkt, um uns führen zu können. Es ist auch immer die große Frage: Einerseits heißt es, Swami Sivananda war selbstverwirklicht, er hat also nach dem physischen Tod jede Persönlichkeit aufgegeben und ist deshalb eins mit dem Unendlichen. Dennoch haben viele Menschen regelmäßig Visionen von Swami Sivananda. Ich spüre also seine Gegenwart. Es gibt kaum eine Stunde, in der ich nicht spüre, dass er irgendwo da ist. Und er ist irgendwo hinter allem und führt mich. Wenn es Schwierigkeiten gibt, ist er da und wenn es besonders schön ist, ist er auch besonders da. Er ist dann einfach da und manchmal merke ich, er sagt das und das und dann sollte ich das auch tun. Das ist zu machen. Wie ist das jetzt aber unter einen Hut zu bringen? Die ehrlichste Antwort ist: Das kann man nicht erklären. Dieses Universum ist letztlich multidimensional. Aber die logische Erklärung, die die Meister geben ist, wenn ein Meister stirbt, dann hinterlässt er eine Gedankenform und durch diese Gedankenform wirkt dann Ishwara. Und da jeder Mensch letztlich auch nur eine Manifestation von Brahman ist, existiert der Meister auf eine subtile Weise weiter und erscheint den Menschen. Aber er existiert nicht als jemand, der dem Karma unterworfen ist, der dem Leiden unterworfen ist und der Wünschen unterworfen ist. Er wird in seiner Form zur Manifestation Gottes und Gott führt einen in der Gestalt des Meisters weiter. Dazu ist es nicht nötig, dass sich ein konkreter Meister immer wieder inkarniert.

Teil 43 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Frage zum Karma

„Hat die Art, wie man etwas erledigt, einen Einfluss auf das Karma? Wenn man sich durch etwas durchquält, ist das besser oder schlechter, als wenn es einem irgendwo leicht fällt?“
Die Art, wie wir etwas erledigen, hat natürlich einen Einfluss auf unser Karma. Denn mal angenommen, wir haben eine bestimmte Aufgabe und wir erledigen sie halbherzig, dann haben wir unsere Aufgabe nicht erfüllt. Dann kommt sie nachher noch mal wieder und zwar mit Zinseszins. Deshalb sollte man nichts halbherzig machen. Was man macht, sollte man so gut machen, wie man es kann und natürlich, wie es in der Situation angemessen ist. Was wir nicht erledigen, das kommt dann später.

Gut, manches Mal kann man auch sagen: ich hudele es jetzt halt hin und ich weiß, es kommt später noch mal. Aber das ist eben, was ich jetzt machen kann und dann mache ich es das nächste Mal richtig. Das ist ja auch OK. Nur insgesamt gilt es, es richtig zu machen. Zum zweiten, das was wir machen aber auch unter Beachtung der Menschen zu tun, mit denen wir es zu tun haben und der Erde. Wenn wir jetzt etwas erledigen und andere dabei kränken, schaffen wir auch neues Karma. Wenn wir es mit einem dicken Ego erledigen: Ah, ich bin der große Hecht, der das besser macht als alle anderen, dann hat das auch wieder einen Einfluss auf das Karma. Man sagt ja auch: Hochmut kommt vor dem Fall. Glücklicherweise hilft uns das Karma, wenn unser Ego zu dick wird, indem es irgendwann eine Nadel da rein pickst und dann geht die Luft raus.

Ansonsten aber kann man jetzt nicht sagen, mal angenommen, man hat eine unangenehme Arbeit zu tun. Dann macht man sie halt. Das ist dann halt unangenehm. Und ein anderes Mal hat man eine Arbeit zu tun, eine Aufgabe und die macht man sehr gerne. Wenn man beides macht, so gut wie man es kann als seine Pflicht und seine Aufgabe, die man Gott darbringt, wenn es einem irgendwo vielleicht nicht ganz so erheblich ist, ob man es mag oder nicht mag, dann ist beides eine gute Einstellung. Zumindest vom Jnana-Yoga Standpunkt aus. Da ist es ja egal. Man macht Erfahrungen, aber ob da jetzt schöne oder negative Erfahrungen dabei sind, ist jetzt nicht weiter erheblich. Manchmal kann man sogar sagen, es gehört zum Karma dazu, dass man mal positive und mal negative Erfahrungen macht. Und dann ist es ja gut, wenn man jetzt die negativen Erfahrungen hinter sich hat. Also schön, dass sie jetzt da sind. Außerdem lernt man dabei Tapas, Askese-Übungen. Das macht auch den Geist stark. Auf einer anderen Ebene, und das ist dann mehr vom Raja-Yoga her, ist es durchaus auch gut, das zu mögen, was man zu machen hat. Wenn man also eine Aufgabe hat, dann ist es gut, wenn man lernt, es zu mögen. Und es ist jetzt nicht so, dass bestimmte Aufgaben, die man hat, die mag man und die anderen kann man nicht mögen. Sondern man kann sich auch fragen: Wie kann ich die Aufgabe so machen, dass ich sie mag. Wenn man also jemand ist, der gerne freudig im Leben ist, dann kann man überlegen: wie kann ich die Aufgabe machen, dass ich sie mag? Aber nicht jeder Mensch will freudig im Leben sein. Ich habe euch gestern erzählt von dem melancholischen Menschen. Da gehört es irgendwo zum Vairagya dazu, dass man immer wieder erkennt: alles Leben ist Leiden und das durchaus etwas wörtlicher nimmt. Man arbeitet also eben sein Karma ab: das ist zu erledigen und ich mache es so gut, wie ich kann, und das ist zu erledigen und auch das mache ich so gut wie ich es kann. Freude habe ich in der Meditation. Freude habe ich, wenn ich hinter die Dinge schaue. Freude ist auch ein Ansatz und er ist legitim. Für die Mehrheit der Menschen ist es durchaus gut zu lernen, das zu mögen, was man macht, ohne verhaftet zu sein.

 

41. Teil der Niederschrift von Vorträgen im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Vairagya, innere Entsagung, ist besonders wichtig für Vedanta

„Wo Losgelöstheit und die Sehnsucht nach Befreiung schwach sind, dort sind die sechs Tugenden, wie Stille der Gedanken, Zügelung der Sinne, nichts anderes als eine Sinnestäuschung, wie Wasser in der Wüste.“ (Sankara im Viveka Chudamani)
Wobei Wasser in der Wüste ja auch nicht schlecht wäre. Aber es ist eben die Fata Morgana in der Wüste. Es gibt nicht wirklich Wasser. Und dann, gelingt es, Gleichmut zu haben und so eine unerträgliche Welt zu ertragen und nicht nach Befreiung zu streben, das ist nicht Ziel der spirituellen Praxis.

Teil 38 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Gelassenheit als Vedanta Tugend – und wie man sie entwickelt

„Samadhana – oft als Gelassenheit übersetzt, hier in dieser Übersetzung wird es übersetzt als meditative Versenkung – ist dauernde gedankliche Konzentration auf die ewige, reine, absolute Wirklichkeit, nicht aber der freie Lauf der Gedanken.“ (Sankara im Viveka Chudamani 26. Vers).
Und auch das ist durchaus etwas, was man im Alltag immer wieder umsetzen kann. Wir können uns immer wieder bewusst machen, hinter allem ist der eine, der unendliche, der ewige Brahman. Und das möchte ich euch als kleine Aufgabe geben, vielleicht bis zur Yogastunde oder nach der Yogastunde, vielleicht auch zwischendurch während der Yogastunde, diese Form von Samadhana zu praktizieren, euch bewusst zu werden, hinter allem ist letztlich Brahman. Hinter euren Gedanken, Gefühlen, Emotionen, dahinter ist Brahman. Die Welt, die ihr seht, ist letztlich eine Manifestation von Brahman. Man kann sagen, die Welt ist eine Manifestation von Elektronen, Neutronen und Protonen, ist eine Manifestation von Schwingungen. Wir können aber eben auch sagen, die Welt ist eine Manifestation von Brahman. Und das kann man dann eben auch spüren. Wir können merken, „Bewusstheit ist in mir, Bewusstheit in im Äußeren, mit meiner inneren Bewusstheit kann ich die äußere Bewusstheit bewusstmachen.“ und letztlich könnt ihr dann immer wieder zu dieser Erfahrung kommen von umfassender Bewusstheit, von Verbundenheit oder auf einer emotionellen Ebene kann man sagen, ist diese Reflexion, diese Erfahrung von Verbundenheit und weiter Bewusstheit dann eben Liebe.

Teil 31 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Vertrauen ist auch im Jnana Yoga wichtig

„Shraddha ist das Festhalten an der Überzeugung von der Wahrheit der heiligen Schrift und der Worte des Meisters. Dadurch erkennt man die Wahrheit.“ (Viveka Chudamani 25. Vers)
Also, Shraddha ist ein Vertrauen. Hier bringt er dieses Shraddha in einem konkreten Kontext, nämlich Vertrauen in die Schriften. Shraddha wird auch als Glaube bezeichnet. Und Shraddha hat eben tatsächlich diese vielen Bedeutungen. Ich hatte euch ja vorher eine andere Bedeutung beschrieben. Im Bhakti Yoga ist Shraddha auch der Glaube an Gott, der ja z.B. im Christentum eine ganz besondere Rolle spielt, da ist der Glaube mit das Wichtigste, mindestens im evangelischen Christentum. Da wird immer wieder gesprochen von, der christliche Glaube oder der Glaube und wo es dann auch heißt, „Sola fide, allein durch den Glauben werden wir uns der Gnade Gottes bewusst und so kommen wir dann zur Erlösung.“ Also dieser Glaube spielt dort über alle Maßen eine Rolle. Gut, hier ist er einer der sechs Shatsampats und vielleicht für einen westlichen Aspiranten ist dieser bedingungslose Glauben an die Schriften nicht ganz so einfach nachzuvollziehen. Wir sind ja noch dazu ein bisschen historisch vorgebildet und manche von euch sogar indologisch vorgebildet und ähnlich auch, wie es vielleicht manchen von euch mit dem Christentum gegangen ist, mir ist das so gegangen, irgendwo als Teenager, sowohl im Religionsunterricht, als auch im Konfirmandenunterricht haben wir die Bibel von historischen Gesichtspunkten uns angeschaut: Wann ist welcher Teil in die Bibel hineingekommen? Wo widerspricht sich was? Und dann gab es sogar so ein Buch, das hat in vier verschiedene Zeilen die widersprüchlichen Aussagen der Evangelien über die gleiche Gegebenheit nebeneinander gesetzt. Also, wer bis dahin an die Bibel geglaubt hat, hat spätestens dann nicht mehr daran geglaubt. Mindestens mir ist der christliche Glaube in meinem Religions- und Konfirmandenunterricht gründlich ausgetrieben worden. Denn es hat dann noch etwas gefehlt und ich meine, man kann das gut miteinander verbinden. Eben zum einen, natürlich, in Indien gibt es die Ausdrücke Shruti und Smriti. Im engeren Sinne sind Shrutis die Veden und die Smritis sind die Gesetzestexte. Im weiteren Sinne ist Shruti die ewige Wahrheit und Smriti sind die sozioökonomisch kulturellen Umstände. Auch wenn wir die Bhagavad Gita lesen, es gibt ein paar Verse da drin, da kann man nur sagen, wie kann irgendjemand so was schreiben? Die überlesen wir typischerweise in der 4-Wochen-Ausbildung, aber in der 9-tägigen-Bhagavad-Gita-Weiterbildung verheimliche ich die nicht. Also, es gibt da einiges, das ist aus dem damaligen kulturellen Gesichtspunkten verständlich und die Bibel ist dort auch voll davon. Irgendjemand hat ja mal beantragt, die Bibel auf den Index der jugendgefährdenden Schriften und der Volksverhetzenden Schriften zu setzen und hat dort eine ganze Menge von Beispielen gebracht. Und realistisch müsste man sagen, angenommen, es würde eine heutige Religionsgemeinschaft gegründet werden und würde diese Verse der Bibel in ihre neue Schrift dort reinsetzen, die würden ganz sicher vom Verfassungsschutz beobachtet und ziemlich sicher verboten werden. An irgendeiner Stelle sagt Jesus auch, „Ich bin nicht gekommen, um Frieden in die Welt zu bringen, sondern ich will Streit bringen zwischen Ehemann und Ehefrau, zwischen Vater und Mutter, zwischen Freund und Freundin.“ Steht drin. Habt ihr wahrscheinlich nicht gehört. Oder manches, was im Alten Testament dort drin steht, ist himmelschreiend brutal und sexistisch und wie auch immer man da sonst noch sagen will. Aber die Mahabharata ist nicht besser, vermutlich ist sie noch schlimmer. Weshalb es besser ist, man liest es in der modernen Zusammenfassung, da lassen die spirituellen Autoren diese Dinge aus. Ich kann mich mal erinnern, der Chandra hat in früheren Zeiten, hatte beim ersten Mal, wo er bei uns ein Weiterbildungsseminar gegeben hat… Er hat ja früher an einer Uni unterrichtet. Und natürlich, die Studenten hält man gut bei der Stange, indem man bestimmte, fast pornographische und sonstige Sachen aus der Mahabharata irgendwo zitiert. Aber ich habe ihn dann gebeten, das nicht zu machen. Also, Shraddha kann man trotzdem haben, obgleich ich euch jetzt vielleicht schockiere, ich habe trotzdem großes Shraddha in die Wahrheit der Schriften. Aber ich weiß eben, nicht alles ist wörtlich zu nehmen. Und in Indien ist keiner auf die Idee gekommen, alles wörtlich zu nehmen. Selbst Sankara, in manchen Kommentaren zur Bhagavad Gita, interpretiert er es letztlich irgendwie weg. Also man weiß, die Essenz ist da, höchste Wahrheit ist da und die Schriften können uns anleiten, zu der höchsten Wahrheit zu kommen. Und in der Bhagavad Gita und in den Upanishaden und im Brahma Sutra steht die Wahrheit drin, sind die Empfehlungen, wie kommen wir hin. Nur es gibt auch Verse darin, die aus der Zeit erklärbar sind und die heute anders interpretiert werden müssen. Und mein heutiges Verständnis von der Bibel ist, irgendwie gerade jetzt im Neuen Testament, das ist göttlich inspiriert. Es war letztlich eine Vorbeugung gegen eine wörtliche Auslegung der Bibel. Ich kann nicht verstehen, wie es Menschen gibt, die sagen, man muss ein wörtliches Verständnis für die Bibel haben. Denn, mit welchem Teil der Bibel? Es fängt mit der Schöpfungsgeschichte an. Das finde ich, ist genial. In der Genesis stehen zwei verschiedene Schöpfungsgeschichten direkt hintereinander. In der einen heißt es, Gott hat erst die Erde geschaffen und dann die Pflanzen und dann die Tiere und dann den Mensch. Ein oder zwei Kapitel weiter steht, erst den Menschen und dann die Pflanzen und die Tiere und alles andere. Also da gab es erstmal den Menschen im luftleeren Raum und dann hat Gott alles andere geschaffen. Kann man nicht genialer ausdrücken, um zu sagen, „Versucht nicht, das wörtlich zu nehmen.“ Also, wer es wörtlich nimmt, ich weiß gar nicht, wie geht das überhaupt? Man kann nur Dreiviertel der Bibel weglassen, aber das ist ja nicht, die Bibel wörtlich zu nehmen. Daher, Glauben in die Schriften heißt nicht, ein wortgetreuer Glaube. Und bei indischen Schriften ist das sowieso klar. Die Bibel hat ja nur wie viel Seiten? 1000, 2000? Also, ich weiß so dick ist die, die ich bei mir habe. Wir haben hier auch irgendwo das Neue Testament. Je nach Schriftgrößer wird es zwischen 1000 und 1500 Seiten haben. Die Mahabharata allein ist länger als die Bibel und dann die Ramayana ist genauso lang. Die Veden sind zehnmal so groß. Und dann noch die Smritis und die Puranas, das ist ein riesen Bücherregal. Dennoch, es gilt, aus diesen Schriften heraus, dort finden wir die Wahrheit, denn die Wahrheit ist nichts Neues, die höchste Wahrheit wurde immer wieder beschrieben. In unterschiedlichen Zeiten, in unterschiedlichen Gegenden, von unterschiedlichen Lehrern, auf unterschiedliche Weise interpretiert, der Wege sind viele, aber Wahrheit ist eins. Namen sind viele, aber Wahrheit ist eins.
Ebenso sagt er hier, „Vertrauen in die Worte des Meisters.“ Natürlich, zu allererst muss man prüfen, ist der Meister überhaupt ein sattviger Meister. Es gibt genügend Scheinheilige, die durch die Welt gehen. Da werde ich jetzt nicht viel darüber erzählen. In der Yogalehrerausbildung hat ihr etwas darüber gehört oder wenn ihr die Raja-Yoga-Weiterbildung macht, dort wird typischerweise etwas mehr darauf eingegangen. Was sind die Charakteristika eines sattvigen Meisters? Wie kann man ihn von rajasigen und tamasigen unterscheiden? Dann, wenn man mal einen Meister angenommen hat, dann gilt es auch, ihm mit Vertrauen zu dienen und in seine Worte Vertrauen zu haben und letztlich das zu tun, was er einem sagt.

Teil 30 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Die edlen Tugenden des Vedanta als Grundlage des Jnana Yoga

Wir sind im Viveka-Chudamani, Kleinod der Unterscheidung, Vers 22. Sankara spricht jetzt über die Shatsampat, die sechs edlen Tugenden. Er spricht gerade über Sadhana Chatushtaya, die vier Hauptgrundlagen oder die vier Eigenschaften, die ein Aspirant braucht, um die höchste Wahrheit erfassen zu können. Wenn wir das so genau anschauen, wie er das so alles definiert, ist das eigentlich schon so hoch definiert, dass man sagen kann, da wird man sein ganzes Leben daran arbeiten. Und so ist es letztlich auch. Und es heißt ja auch, je weiter wir auf dem spirituellen Weg sind, umso weiter schreiten wir fort in diesen Sadhana Chatushtayas. Und das ist auch das, was man sich regelmäßig fragen kann, „Bin ich in diesen Sadhana Chatushtayas, schreite ich dort voran oder eben nicht?“ Und wenn man dort feststellt, dass man nicht dort voranschreitet, dann gilt es wieder, die Perspektive im Leben richtig zu setzen. Es ist letztlich auch, die Sadhana Chatushtaya läuft letztlich auf Grundwerte hinaus. Was ist wirklich wichtig im Leben? Und um dahin zu kommen, braucht es eine Viveka, eine Unterscheidungskraft, dort gibt es die Vairagya und es gibt Mumukshutwa, der intensive Wunsch nach Befreiung, den er ja eigentlich ganz am Anfang erwähnt hat, als er von den drei großen Schätzen spricht, die es im Universum gibt. Und er schreibt das nochmals als Teil der Sadhana Chatushtaya, der Vierheit. Die sechs edlen Tugenden, also Shatsampat, Shat heißt sechs, Sampati ist eigentlich auch wieder Reichtümer. Das ist auch das, was wieder besonders wertvoll ist. Das sind auch wieder die sechs Kostbarkeiten, kann man auch sagen. Aber es wird eben auch gesagt, die sechs Eigenschaften, die kostbaren Eigenschaften, die man entwickeln kann. Sie werden auch gerne genannt, die sechs Eigenschaften der Gelassenheit oder die sechs Eigenschaften der Gleichmut. Das ist Sama, Dama, Uparati, Titiksha, Shraddha und Samadhana. Und wir finden in verschiedenen Schriften und verschiedenen Kommentaren diese sechs Eigenschaften auf unterschiedliche Weise definiert. Wir werden gleich hören, was Sankara dazu sagt. Zunächst mal, eine einfache, praktische Weise wäre die folgende Interpretation, die Swami Krishnananda gerne gebraucht hat und die dann auch Shri Kartikeyan, wenn er hier gesprochen hat über die sechs Eigenschaften, so gerne verwendet hat. Das ist dann relativ praktikabel. Sankara gebraucht es auf einem sehr hohen Niveau, er gibt uns immer sehr hohe Ideale, die oft so hoch sind, dass man denkt, das ist ein bisschen weit weg. Wenn man aber weiß, er kommt aus Südindien und die Südinder haben eine gewisse Neigung zur Übertreibung und dann wisst, man darf das nicht gleich wörtlich nehmen, sonst ist man eher entmutigt. Man muss natürlich sagen, der Selbstverwirklichte hat das so vollständig, wie es der Sankara dort schreibt. Aber es sind ja eigentlich die Eigenschaften für einen Neuaspiranten, der zum Lehrer gehen will, um etwas zu lernen. Und jetzt von einem einfacheren Standpunkt aus heißt Sama, Gleichmut bewahren. Dama heißt, die Sinne zu beherrschen. Uparati heißt, den Ort zu meiden. Titiksha heißt, etwas aushalten können. Shraddha heißt Vertrauen und Samadhana ist die tiefe Gelassenheit. So, jetzt hat keiner das mitschreiben können. Alle haben einen gewissen Gesichtsausdruck. Aber es macht nichts, ich kann es ja noch mal langsam sagen. Also Sama heißt, Ruhe bewahren. Das ist jetzt einfach formuliert. Dama heißt, Sinne kontrollieren. Uparati heißt meiden. Das klingt komisch, aber in dieser einfachen Erläuterung. Titiksha heißt, etwas aushalten können. Shraddha heißt Vertrauen und Samadhana, kann man sagen, ist Gelassenheit. Und das ist erstmal auch so wie eine vereinfachende Leiter. Also angenommen, irgendetwas passiert, was nicht so angenehm ist. Am besten wäre es, man ist Sama, man bleibt geistig ruhig. Also angenommen z.B., ihr freut euch auf einen wunderschönen Spaziergang in der Mittagspause und dann regnet es und nicht nur ein bisschen. Und dann kann man eben sagen, Sama, „Macht nichts. Dann werde ich halt nass. Oder dann gehe ich halt irgendwo durch die Hallen hier, ist auch genug Platz.“ Oder nehmen wir noch ein anderes Beispiel. Irgendjemand macht etwas, was man nicht gerne hat. Sama ist, man bleibt ruhig. Aber wenn man das nicht kann, angenommen, man bleibt nicht ruhig, man hat jetzt den intensiven Impuls, den anderen anzubrüllen oder noch schlimmer, ihm eine zu boxen, dann tritt mindestens Dama in Kraft und Dama heißt Sinnesbeherrschung, wobei dort vor allem die Karma Indriyas gemeint sind, also die Handlungssinne, Handlungsorgane. Also, wenigstens brüllt man nicht los und wenigstens schlägt man den anderen nicht in Ohnmacht. Also Dama, man beherrscht seine Sinne. Wenn man weiß, das wird einem nicht zu lange gelingen, denn der andere erzählt weiter Unsinn, dann gilt Uparati. Dann findet man eine halbwegs freundliche Entschuldigung, den Ort des Geschehens zu verlassen, ehe man sich und andere in Probleme bringt. Und Titiksha heißt dann hier, mit dieser Niederlage, weil man ja als spiritueller Aspirant das Gefühl hat, „Jetzt habe ich schon wieder…“ oder vielleicht hat man sogar trotzdem losgebrüllt. Titiksha, man muss auch das aushalten können, dass man nicht so perfekt ist, wie man eigentlich gehofft hat, dass man ist und dass es einem schon wieder nicht gelungen ist, seine Vorsätze in die Tat umzusetzen. Da muss man auch mit leben können, muss man auch aushalten können, Titiksha. Und dann kommt aber auch Shraddha und Shraddha heißt, das Vertrauen, „Irgendwann wird es mir schon gelingen.“ Es ist eine Frage der Übung und es gilt immer wieder, daran zu bleiben, wieder von vorne zu beginnen und nicht gleich alles in Zweifel stellen, „Oh, jetzt habe ich gerade eine Stunde Pranayama gemacht und trotzdem, als mein Chef irgendwo mir was gesagt hat, dann habe ich es anschließend an meinem Mitarbeiter ausgelassen und habe ihn dafür leiden lassen, dass mein Chef mir vorher irgendwas Dummes gesagt hat.“ Also, da gilt es, man muss das aushalten können, hat aber Vertrauen, irgendwann wird es besser sein. Und hinter allem steckt irgendwo jetzt Samadhana. Jetzt, wenn wir Anfangsstadien nehmen. Samadhana, die Gleichmut, die daraus kommt, letztlich aus der Viveka, „Letztlich, auch wenn ich meinen Gleichmut verloren habe, tief im Inneren bleibe ich immer Brahman. Ich werde nicht deshalb zu einem sündigen, verdammten Menschen, weil es mir jetzt nicht gelingt, so zu sein, wie Krishna das in der Bhagavad Gita beschreibt oder wie Sankara das in den nächsten Versen noch mit höherem Anspruch beschreibt.“ In dieser Interpretation ist Samadhana wie die Gleichmut 2. Grades. Ihr erinnert euch an gestern, ich habe vom 1. Grad gesprochen, wo wir gar nicht unruhig werden und wo unser Geist irgendwo in dieser ewigen Unendlichkeit ruht und deshalb Vairagya höheren Grades auch hat und Viveka. Oder wir wissen, „Auch inmitten von all meiner Unruhe und den Emotionen und was sonst noch alles da ist, ich bleibe Satchidananda. Auch, wenn ich verärgert bin. Auch, wenn ich wieder eine Dummheit gemacht habe.“, tief im Hintergrund, „Nicht ich habe die gemacht“, sondern wer hat die gemacht? Dieser Körper in Verbindung mit diesen Emotionen und Samskaras und VAsanas und dieses Chitta, wer diese Ausdrücke kennt. Manchmal hilft es nämlich, Ausdrücke in einer Sprache zu nehmen, mit der man sich nicht so identifiziert. Wenn man sagt, „Oh, ich war wieder so ärgerlich.“, ist eine Sache. Zu sagen, „Mein Chitta war wieder so rajasig und da ist ein Krodha in seiner tamasigen Form zum Vorschein gekommen, mit einer relativ großen Shakti verbunden. Das ist nicht so tragisch wie, „Ich habe mich wieder so total geärgert und bin so ein schlimmer Mensch.“ Versteht ihr das? Also, Samadhana. Und das ist wie eine schöne Jnana-Yoga-Weise wie man mit seinem Geist umgehen kann. Natürlich, am besten ist, uns ärgert es nicht, wenn jemand uns beschimpft. Oder was ich oft merke, was in Yogakreisen Menschen noch mehr ärgert, ist, wenn sie hören, dass jemand anderes gesagt hätte, er hätte gehört, dass jemand viertes gesprochen hätte, dass man sich falsch verhalten hätte. Oder irgendwo, gestern habe ich eine Email gehabt von jemanden, der hat gesagt, er hätte gehört, dass in manchen Kreisen man schlecht über mich sprechen würde. Ist schlimm, oder? Was auch immer das heißen mag. Er hat gehört, dass jemand anderes gesagt hätte, dass usw. Also, irgendwo scheint das spirituelle Menschen fast noch mehr zu berühren. „Wenn er mir das wenigstens gesagt hätte.“ Aber Menschen sind so, wie sie sind. Also angenommen, jemand spricht zu einem direkt positiv und dann hört man, hinterrücks hätte er nicht so positiv gesprochen. Ist das wirklich ein Heuchler? Nicht wirklich. Menschen sind komplex genug und manchmal brauchen sie jemanden, mit dem sie irgendwie mal etwas besprechen müssen. Nichtsdestotrotz, ihr selbst solltet das natürlich nicht machen, über andere hinterrücks negativ sprechen, während ihr nach vorne positiv sprecht. Aber zunächst mal Ruhe bewahren und irgendwo erkennen, jeder Mensch lebt in seiner eigenen Maya und seinem eigenen Universum und in seiner eigenen Illusion und irgendwo wird jeder auch seine Gründe haben, so zu handeln und zu denken, wie er es tut. Und ich handle eben so, wie es notwendig ist, aus dieser Sama, dieser inneren Gelassenheit. Wenn das nicht möglich ist, dann vermeidet man wenigstens, „Dem werde ich es zeigen.“ und dann hinterrücks, vielleicht noch dazu anonym, irgendwelche Tipps dort geben, was das für ein schlimmer Mensch ist, sondern das vermeidet man. Im Alten Testament wird es relativ brutal ausgedrückt, „Mein ist die Rache, spricht der Herr.“ Das soll im Wesentlichen heißen, Karma erledigt die Aufgaben selbst. Es liegt nicht an uns, anderen die Lektionen zu erteilen. Versteht ihr das? Es gibt vielleicht die Ausnahme. Angenommen, ihr habt eine Verantwortung für einen Menschen, z.B. für eure Kinder. Oder z.B. ihr habt Mitarbeiter. Gut, dann gilt es schon, auch Feedback zu geben und man muss schon dann das tun, was nötig ist. Aber nicht jetzt einfach, um eine Lektion zu geben, „Dem werde ich es zeigen.“, Rachegedanken und aus einem falsch verstandenen Gerechtigkeitssinn. Und notfalls muss man eben Dama beherrschen oder notfalls den Ort des Geschehens verlassen, Uparati, eine Weile Abstand gewinnen, eine Nacht darüber schlafen, ein paar Gläser kaltes Wasser trinken.
Hier widerspreche ich jetzt, aber auch vom Ayurveda her, wer ein Pitta-Temperament hat, ist kaltes Wasser durchaus gut, mindestens hier in unseren Breiten. In Indien war kaltes Wasser früher nie gut. Warum? Keimbelastung, Infektionsgefahr. Einer der Gründe für die Warmwasserempfehlung im Ayurveda, das ist eine wichtige Gesundheitsempfehlung. Wasser muss abgekocht sein in Indien. Und auch, im Zweifelsfall gegen Amöben hilft noch nicht mal kurzes Abkochen, sondern es muss ein bisschen länger abgekocht werden. Es gibt manche Keime, die überleben ein kurzes Abkochen. Also, längeres Abkochen. Hier im Westen muss man das nicht ganz so sehen, obgleich auch im Westen Kapha- und Vata-Temperament vermutlich von warmen Wasser irgendwo profitieren, aber ein Pitta-Mensch kann im Westen kaltes Wasser trinken. Und in den meisten Fällen, der banalste Ratschlag zum Umgang mit Ärger ist, eine Nacht darüber schlafen, bevor man reagiert, wenn man etwas hört, was einem nicht passt. Man kann auch sagen, zehn Atemzüge atmen, ist auch schon gut bei kleinerem Ärger, aber manchmal ist ein Tag darüber schlafen gut, Uparati. Und wenn es einem mal nicht gelungen ist, so zu reagieren, dann ist das jetzt auch kein Drama. Wir müssen uns nicht ein dauerhaft schlechtes Gewissen machen. Letztlich, Titiksha, man muss auch damit leben können, dass wir nicht ganz so unseren hohen Idealen dort folgen können. Das muss man auch aushalten können und letztlich heißt es ja auch

Teil 26 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Erkenntnis führt zur Befreiung – die Essenz des Jnana Yoga

„Man sollte die heiligen Schriften rezitieren, den Göttern opfern, Rituale feiern, den Gottheiten huldigen. Doch ohne Erkenntnis der Einheit von Seele und absoluter Wirklichkeit, gibt es auch in Hunderten von Zeitaltern keine Erlösung.“
Hier sagt er also, das sind jetzt so die im alten Indien üblichen Dinge für jemanden, der irgendwo ein spiritueller Mensch war. Also, man rezitiert die heiligen Schriften. Man macht Opferrituale. Hier gibt es am Ende die Verse auf Sanskrit. Leider am Ende, so kann ich nicht immer ständig direkt gucken, was da eigentlich steht. Also Yajnas, also Feuerzeremonien kann man machen. Dann Kurvani Karmani und Bhajantudevata. Kurvani Karmani hat zwei verschiedene Bedeutungen. Man kann sagen, es ist Rituale feiern, aber es heißt auch Karmani, das kann man auch interpretieren, anderen zu helfen, Karma Yoga machen. Und dann schließlich auch noch Pujas ausführen, sich vor Gott verneigen. Also man kann auch sagen, rituelle Handlungen machen, religiöse Handlungen machen, anderen helfen und dienen, das ist alles gut, sagt er hier. Nur wir sollten uns nicht darauf allein beschränken, denn ohne Erkenntnis der Wahrheit kommt keine Erlösung.
Dann gibt es einen weiteren Vers:
„Es gibt keine Hoffnung auf Unsterblichkeit mit Hilfe von Macht und Ruhm, verkündet die heilige Schrift.“
Es gibt dort auch einen Vers aus einer Upanishade, die manche von euch im Kontext der Geschichte von Chudula und Shikidwaja gehört haben, die oft am Ende von Pujas rezitiert wird. „Om na karmana na prajaya dhanena tyagenaike amritatwa manusuh.“ Das heißt, „Nicht durch irgendwelche Werke, nicht durch irgendwelche Praktiken, nicht durch irgendwelche Rituale und auch nicht durch das Rezitieren von Schriften wird die Verwirklichung erreicht.“ Das wird klassischerweise rezitiert am Ende von einer Puja, am Ende der Rezitation von Schriften, die in der Puja drin sind. Dort erinnert man sich, nicht das Ritual selbst gibt die Erlösung. Noch nicht mal die Kraft der Mantras an sich gibt die Erlösung. All das ist etwas, was natürlich reinigend ist, all das ist etwas, was das Herz öffnet, aber letztlich geht es darum, die höchste Wahrheit zu erfahren. Natürlich noch weniger erreicht man Unsterblichkeit mit Hilfe von Macht und Reichtum. Das klingt für euch alle ganz selbstverständlich. Aber warum wollen Menschen erstmal Hunderttausende von Euros, dann Millionen von Euros, wenn man Millionen hat, dann wollen die Leute Dutzende und dann Hunderte und dann wollen sie eine Milliarde, dann Milliarden. Und wie heißt eigentlich jetzt der reichste Mann der Welt? Ist es noch oder wieder Bill Gates? Zwischendurch war es jemand anderes. Also irgendwo die letzten Jahre wurde Bill Gates mehrmals überholt. Einmal vom Besitzer von IKEA und einmal von diesem Mexikaner. In Mexiko gibt es dort irgendeinen, ich glaube, Immobilienhai, würde man ihn hier nennen und Firmenheuschrecke. Also, der nicht selbst Firmen aufgebaut hat, sondern irgendwo Firmen übernimmt und irgendwelche Manager einsetzt und dann steigern die den Wert und dann verkauft er sie wieder. Gut, also vorübergehend mal der eine und mal der andere. Warum machen Menschen das? Es gibt viele Gründe und ich weiß jetzt nicht warum. Der Bill Gates ist ja jetzt auch derjenige, der die größten Spenden macht und viel Gutes auch bewirkt und da wird vielleicht auch eine gemischte Motivation drin sein, aber auch gemischte Motivationen sind gut, wenn damit Gutes bewirkt wird. Sicherlich, er will auch was Gutes tun und zum anderen will er nicht, dass seine Kinder alle dekadent werden. Irgendwie, mehr als 10 Millionen soll keiner kriegen. Ich glaube, damit kann man auch dekadent werden. Und vielleicht auch, er will damit unsterblich werden. Die Bill und Melinda Gates Foundation. Und da hofft er, dass die noch lange übersteht. Oder der Nobel hat ja den Nobelpreis gegründet und hofft auch auf Unsterblichkeit. Der Name, aber er selbst ist nicht mehr da. Mindestens nicht im physischen Körper. Letztlich, auch mit Ruhm und mit Reichtum erreichen wir nicht die Unsterblichkeit. Auch wenn der Name ein bisschen länger ist, die Seele hat davon gar nichts. Also, wir bekommen nicht über Macht und Reichtum die Unsterblichkeit. Und Werke können auch nicht die Ursache der Erlösung sein. Das ist auch interessant. Das ist ja so eine ähnliche Diskussion, wie sie zwischen Luther war und damals vorherrschender katholischer Doktrin. Da gab es nämlich die so genannte Werkgerechtigkeit. Vielleicht habt ihr schon mal gehört, es gab den Streit der Rechtfertigungslehre. Habt ihr davon schon mal gehört? Die meisten wissen es nicht. Es ist nämlich was anderes, als wenn wir uns rechtfertigen. Die Gerechtigkeit Gottes, wenn dort in der Bibel so übersetzt wird, ist damit auch nicht gemeint die Justizia, wo es gerecht ist, sondern die Gerechtigkeit, wenn Jesus sagt, „Strebe zuerst nach der Gerechtigkeit Gottes, dann wird euch alles andere selbst zufallen.“ dann ist Gerechtigkeit die Selbstverwirklichung. Die Rechtfertigungslehre heißt, wie kann der Mensch Erlösung erreichen? Und da gab es früher eben diesen großen Unterschied. Die Katholiken haben gemeint, wenn man ausreichend gute Werke tut, dann kommt man in den Himmel. Und Luther hat gesagt, so geht es nicht. Man kommt in den Himmel sola gratia, allein durch die Gnade. Und wie kommen wir dorthin? Sola fide, allein durch den Glauben. Und wie kriegen wir den Glauben? Sola scriptura, allein durch die Schrift. Aber nichts, was wir tun, wird uns an sich die Erlösung bringen, sondern die Erlösung kommt durch einen Gnadenakt Gottes. Und für Jahrhunderte haben die Katholiken und die Protestanten sich unter anderem deswegen die Köpfe eingeschlagen. Steht allerdings auch nirgendwo in der Bibel, dass man durch das Töten von Andersgläubigen in den Himmel kommt. Aber das wurde durchaus den Soldaten in Aussicht gestellt. Wenn der Gustaf Adolf in die Schlacht gezogen ist, hat er gesagt, „Ihr kommt alle in den Himmel, wenn ihr in der Schlacht getötet werdet.“ und umgekehrt, die Soldaten von Wallenstein, die hatten dann auch ihre Priester, die ihren Soldaten das Gleiche erzählt haben. Aber eben diese grundlegende Sache, wie kommen wir hin? Wenn wir genügend Asanas üben, erreichen wir dann die Selbstverwirklichung? Genügend Pranayama? Genügend lange die Luft anhalten? Ich bin jetzt durchaus jemand, der gerne praktiziert und ich bin auch einer, der durchaus sehr intensiv praktiziert hatte und wenn ich sage intensiv, dann meine ich auch intensiv und das ist nicht eine Stunde Pranayama oder zwei oder drei. Also, diese Praktiken an sich können einen nicht zur Verwirklichung führen. Auch nicht, wenn man sein ganzes Geld als Spenden gibt. Auch nicht, wenn man 18 Stunden Karma Yoga am Tag übt. All das hilft, wie auch der Sankaracharya vorher davon erzählt hat. All das hilft. Es hilft, unser Herz zu öffnen. Es hilft, das Prana zu erhöhen. Es hilft, uns zu reinigen. Es hilft, unseren Geist vorzubereiten. Aber die Werke an sich sind nicht Ursache der Erlösung, das wäre einfach. Angenommen, ich könnte euch sagen, ihr braucht nur jeden Tag 12 Stunden Pranayama zu machen und das über 6 Monate und dann werdet ihr die Selbstverwirklichung erreichen, da würde man das doch machen, oder? Ich könnt dann vielleicht auch sagen, „Ich habe das schon zehnmal gemacht mit Menschen, jeweils eine Gruppe von zwanzig, die haben alle die Selbstverwirklichung erreicht und das seht ihr auch daran, sie sind immer glücklich und zufrieden, sie sind voller Energie und – schaut sie euch an – voller Ausstrahlung.“ Dann sagt man, o.k., wenn das für die klappt, dann macht man das und wenn man durch die Hölle durchgehen muss, auch o.k. Wenn man in einem halben Jahr die Selbstverwirklichung erreichen kann oder in zwei Jahren, wäre man doch bereit, alles dafür zu tun. Menschen sind ja auch bereit, jeden Tag 12 Stunden zu lernen, nur um die Medizinprüfung zu bestehen. Nur um euch das in Perspektive zu setzen. Manchmal gibt es nämlich Leute, die sagen, „Warum soll man so intensiv praktizieren? Ist das nicht verrückt, jeden Tag viel zu praktizieren?“ Das sind die gleichen Menschen, die keine Hemmungen haben, nur um einen Job zu kriegen, wahnsinnig viel zu lernen. Weder das eine noch das andere ist schlecht. Es ist sicherlich gut, viel Pranayama zu üben. Nur darf man nicht denken, dass das Üben von Pranayama allein einen zur Verwirklichung bringt. Es hilft, aber es sind nicht die Werke an sich und deshalb kann man auch nicht sagen, wie viele Stunden Pranayama muss man machen, um die Verwirklichung zu erreichen? Wie viele Stunden muss man meditieren, um die Verwirklichung zu erreichen? Also, es ist etwas komplizierter.
Da ist praktisch die Einleitung erstmal vorbei und jetzt beschreibt er, was sollte man tun? Vorher hat er uns praktisch gesagt, „Was ist wertvoll auf dieser Welt?“, um uns in die richtige Perspektive zu bringen. Dann hat er gesagt, „Was ist ungeeignet dorthin zu kommen?“

21. Teil der Niederschrift von Vorträgen im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.