Jetzt lese ich euch einen Vers, den ich zwar nicht mag, ich lese ihn euch trotzdem vor.
„Dieser grobstoffliche Körper, eine Anhäufung von Haut, Fleisch, Blut, Muskeln, Fett, Mark und Knochen und voll von Urin und Kot, ist widerlich.“ (Sankaracharya im Viveka Chudamani, dem Kleinod der Unterscheidung)
Also hier:
„Dieser Körper, der aus Haut, Fleisch, Blut, Arterien, Fett, Mark, Knochen, besteht, durchdrungen von verunreinigten Substanzen, ist nicht angenehm.“
Vielleicht sollte ich dort fortsetzen. Der Raphael, der das übersetzt hat, hat vermutlich schon für westliche Aspiranten das Ganze etwas gemäßigt, wo er ja auch viel unterrichtet. Währenddessen, wer das übersetzt hat, war, glaube ich, weniger am Unterrichten.
Gut, ich hatte vorher gesagt, so mag ich den auch nicht, „ist widerlich“, ist sicherlich jetzt nicht angemessen. Der menschliche Körper ist das größte Wunder, was man sich dort vorstellen kann, die komplexeste Struktur im Universum ist das menschliche Gehirn und jede Zelle ist ein Wunder. Nur, vielleicht wenn man sagt, „unangenehm“, ich glaube, das können manche von euch nachvollziehen. Mit steigendem Alter kann das ein immer höherer Prozentsatz der Menschen nachvollziehen. Es gibt auch junge. Also, bei mir war es eher so, als Teenager war mir mein Körper unangenehm, er hat ständig Kopfweh produziert und Magen-Darm-Probleme und Heuschnupfen und Hautprobleme und Rückenprobleme und Knieprobleme. Das hatte ich als Teenager. Dann bin ich Vegetarier geworden. Eigentlich nur aus Mitgefühl mit Tieren, weil ich gesagt habe, für mich soll kein Tier mehr umkommen. Dass es auch gesund sein könnte, die Idee hatte ich dort damals nicht. Aber dann, das Kopfweh und Magenprobleme weg und Heuschnupfen auch und dann habe ich mit Yoga angefangen und dann sind die Knie- und die Rückenprobleme verschwunden. Aber wenn ich mit Menschen spreche, es gibt solche, die trotz Yoga die ein oder andere körperliche Beschwerde haben und mit steigendem Alter gibt es davon auch mehr von der Sorte. Und manche haben das große Glück, schon in jüngerem Alter das zu erfahren, dann fällt es leichter, sich von dem Körper zu lösen. Ich kann mich erinnern, es gab mal eine enge Schülerin vom Swami Vishnu-devananda, die ist irgendwann erblindet und das hat sie dem Swami Vishnu-devananda so ein bisschen mit Trauer erzählt und hat gesagt, irgendwas Medizinisches gab es da und es war nicht zu ändern und die Yogaaugenübungen haben auch nicht mehr geholfen und da hat der Swami Vishnu gelacht und hat gesagt, „One sense less to tanscendent. Ein Sinn weniger zu transzendieren.“ Das klingt jetzt erstmal herzlos, aber es war ja auch eine enge Schülerin, das war jetzt nicht irgendjemand und eine, die so was vertragen konnte und sie hat mir nachher erzählt, das, was der Swami Vishnu-devananda ihr scheinbar so herzlos gesagt hat, sofort hatte sie Trost gehabt, sofort war ihr klar, dass das was Gutes ist. Wenn ihr also irgendwo Schmerzen habt, auf der einen Seite könnt ihr euch freuen, ihr erkennt früher als andere, dass dieser Körper unangenehme Erfahrungen mit sich bringt. Und wenn ihr das nicht wisst, dann sprecht mit euren Eltern, sofern sie noch leben, oder erinnert euch an die letzten Tage und Jahre eurer Eltern, wenn sie nicht mehr leben, oder Großeltern oder Tanten oder Onkeln, der Körper ist nicht so angenehm, wie manche sich das als 20-, 30-jährige vorstellen. Aber er ist unser Raumanzug. Und deshalb, man muss sich darum kümmern und es ist was Großartiges, also können wir Erfahrungen machen.
56. Teil der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.