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Meditiere über das Höchste Selbst, den Atman, die Seele

Ich möchte heute Morgen einige Verse aus dem Viveka-Chudamani lesen und ihr könnt diese Verse in ihrer starken Kraft auf euch wirken lassen. Es sind Verse, geschrieben von einem Meister, der in diesem Bewusstsein der Unendlichkeit tatsächlich gelebt hat. Für den das nicht eine Philosophie war, sondern lebendige Erfahrung. Das ist immer wichtig, dass wir uns das auch vergegenwärtigen. Wenn wir über den unendlichen Brahman sprechen, das ist nicht irgendein Konzept der Philosophie, sondern es ist lebendige Erfahrung. Wenn wir über Atman sprechen und das höchste Selbst und die wahre Natur, ist das nicht irgendetwas, was sich mal jemand ausgedacht hat und was in der Tradition überliefert wird und wir überlegen, „Was sagt uns das heute?“, sondern es ist etwas, das große Meister jederzeit, also auch in unserem Zeitalter, erfahren haben und uns sagen, das zu erfahren und dort hinzukommen, das ist das Erstrebenswerteste, was es gibt. Im Grunde genommen, alle Bestrebungen des Menschen sind nur Wege dorthin oder es sind Pervertierungen dieses höchsten Ziels oder es sind Umwege, um zu diesem höchsten Ziel zu kommen. Bewusst oder unbewusst strebt jeder Mensch danach. Und deshalb auch, wenn man diese hohen Aussagen auf sich wirken lässt, auf der einen Seite könnte man sagen, sie sprechen aus einem Bewusstseinszustand heraus, den wir noch nie erfahren haben. Das ist so auch eine gewisse Schwierigkeit. Angenommen, man spricht zu einem Acht- oder Neunjährigem über Verliebtheitsgefühl, der kann damit nichts anfangen, er hat so was noch nicht gehabt. Deshalb kann man auch sagen, angenommen, ein Meister spricht zu uns über die höchste Verwirklichung, dann können wir auch sagen, sagt uns auch nichts, wir haben so etwas noch nicht gehabt. Aber das ist nur eine Seite. Denn auf der anderen Seite haben wir es doch gehabt und auf der anderen Seite ist das das Bewusstsein, was in uns angelegt ist. Es ist das, was tatsächlich wichtig ist.
Und ich lese jetzt einige dieser Verse.
Vers 129, auch wenn es zunächst noch mal eine Wiederholung von gestern ist.
„Durch dessen bloße Gegenwart der grobstoffliche Körper, die Sinne, das Denken und die Intuition in ihren Bereichen wie gelenkt arbeiten. Der ewig Erleuchtete, durch den alle Dinge, vom Ichgefühl bis zum grobstofflichen Körper, die Sinnesobjekte und die Gefühle, wie Wohlbefinden, wie ein Gegenstand, z.B. ein Krug, klar wahrgenommen werden.“
Vers 131
„Das ist das innerste Selbst, die höchste Seele, der uranfängliche Geist, der immerwährende, ungeteilte Freude genießt, der Ewige, Unveränderliche, das reine Bewusstsein, wodurch die Sprache und die Lebenskräfte belebt werden und tätig sind.“

115. Teil der Niederschrift von Vorträgen und Workshops aus einem Yogalehrer Ausbildungs-Seminar mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses besonderen 9-tägigen Vedanta-Seminars aus dem Jahr 2008 war „Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie, insbesondere Jnana Yoga, auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. Für fortgeschrittenere Aspiranten und Kenner der Materie gibt es hier Einsichten und Weisheiten der besonderen Art.

Vom Selbst, dem Atman, der Höchsten Seele

„Vom dem das Universum durchdrungen wird, den aber nichts durchdringt. Der Leuchtende, dessen Wesen Licht ist, den das Universum widerspiegelt, das ist Dieser. Durch dessen bloße Gegenwart der grobstoffliche Körper, die Sinne, das Denken und die Intuition in ihren Bereichen wie gelenkt arbeiten. Der ewig Erleuchtete, durch den alle Dinge, vom Ichgefühl bis zum grobstofflichen Körper, die Sinnesobjekte und die Gefühle, wie Wohlbefinden, wie ein Gegenstand, z.B. ein Krug, klar wahrgenommen werden. Das ist das innerste Selbst, die höchste Seele, der Uranfängliche, der immerwährende, ungeteilte Freude genießt, der Ewige, der Unveränderliche, das reine Bewusstsein, wodurch die Sprache und die Lebenskräfte belebt werden und tätig sind.“ (Viveka Chudamani von Sankara)

Hatha Yoga und Vedanta – laut Gheranda Samhita und Hatha Yoga Pradipika

MeditationWaldManchmal schauen Vedanta Übende etwas herab auf die Hatha Yoga Übenden und denken, dass Hatha Yoga nur für die Gesundheit des Körpers sein. Und natürlich gilt: Der Körper ist sterblich und vergänglich. Selbst wenn es gelingt, den Körper etwas länger gesund zu halten, ist das eben nur „etwas länger“. Wichtiger als alt zu werden, ist die Unsterblichkeit zu erreichen. Darum ist aber Vedanta nicht besser als Hatha Yoga. Denn auch im Hatha Yoga geht es darum, die Unsterblichkeit zu erreichen. Und wie erreicht man im Hatha Yoga die Unsterblichkeit? Darüber sprechen die klassischen Yoga Texte Gheranda Samhita und Hatha Yoga Pradipika. Durch das Reinigen des Körpers, des Pranas, der Psyche und des Geistes. Hatha Yoga wirkt auf den Körper. Über den Körper wird das Prana, die Lebensenergie aktiviert, verfeinert und in die höheren Chakras gebracht. Ist das Prana in den höheren Chakras, wird der Geist ruhig. Ist der Geist ruhig, kann der Yogi seine wahre Natur erfahren – und diese ist unsterblich.

Das Selbst, der Atman, ist der Wissende

„Der alles weiß, was im Wach-, Taum- und Tiefschlaf-Zustand geschieht. Der das Gemüt sowie dessen vorhandene oder fehlende Regungen und das Ego kennt. Das ist Dieser. Der selber alles sieht, den aber niemand sieht. Der das Gemüt erleuchtet, den das Gemüt aber nicht erleuchtet. Das ist Dieser.“ (Viveka Chudamani von Sankaracharya).
Das sind jetzt so Verse, die immer einen Refrain haben. Ich will gerade noch mal gucken, wie der auf Sanskrit heißt. „Iti Ayam. Das ist Dieser.“ „Iti – das“ Jedenfalls, dieses „Iti Ayam.“ muss da sein, „Das ist Dieser.“ So wie „Ayam Atman Brahman. – Dieses Selbst ist Brahman.“ Also der, der all das beobachtet, sich dessen bewusst ist, das ist Dieser. Der alles sieht, den aber niemand sieht. Der das Gemüt erleuchtet, den das Gemüt aber nicht erleuchtet, das ist Dieser. Also, wir nehmen hier alles wahr und wer das wahrnimmt, das ist Dieser, dieses Selbst. Aber das Selbst kann nicht gesehen werden. Wir können das Selbst nicht sehen, wir können es nicht hören, wir können es nicht riechen, wir können es nicht schmecken, wir können es noch nicht mal fühlen, noch nicht mal in unserem Herzen. Wir können die Reflexion fühlen, dann sind wir in Anandamaya Kosha. Aber wir können das Selbst nur sein. In dem Moment, wo wir uns nichts anderem bewusst sind, sondern nur sind, in dem Moment ist das Selbst. Aber wir können nicht sagen, dass das Selbst sich selbst wahrnimmt. So ähnlich, wie wir jetzt unseren Hinterkopf nicht sehen können. Können wir mal probieren. Schaut mal euren Hinterkopf an. Geht nicht. Oder schaut mal eure Augen an. Die von eurem Nachbarn, das geht, aber schaut mal eure eigenen Augen an. Geht nicht. Ihr könnt einen Spiegel nehmen, dann sehen wir die Reflexion der Augen im Spiegel. Oder manche schauen gerade in ihre Brille rein, also ich kann da meine Augen nicht sehen, ich weiß nicht, ob du das siehst? Auch nicht. Aber wir können ins Fenster gucken und da kann man die Augen sehen. Wir sehen die Augen in der Reflexion und vielleicht an diesem Fenster könnt ihr sie sehen, aber nicht sehr deutlich. Man kann sagen, wenn das Upadhi reiner ist, dann kann man die Reflexion klarer sehen. Ist das Upadhi unreiner, dann kann man die Reflexion weniger sehen. So wie, eine der Fensterscheiben ist etwas getrübt, dann sieht man es noch weniger. „Das, was das Gemüt erleuchtet, den das Gemüt aber nicht erleuchtet, das ist Dieser.“ Also Gemüt, im Sinne von Manas und auch im Sinne unseres Geistes. Also, ohne Bewusstsein macht unser Gemüt gar nichts. Angenommen, euer Bewusstsein ist weg, wie sind eure Emotionen in dem Moment? Nehmen wir an, ihr seid in Ohnmacht gefallen, Bewusstsein ist weg, welche emotionalen Zustände habt ihr dort, wie viele Gedanken sind in dem Moment da? Oder ist euch schon mal passiert, euer Bewusstsein war woanders und als ihr zurückgekommen seid mit eurem Bewusstsein, habt ihr erlebt, was für ein unglaubliches emotionales Chaos dort ist, während ihr mit eurem Bewusstsein wo anders wart? Ist euch das schon mal passiert? Nein. In dem Moment, wo das Bewusstsein weg ist, in dem Moment gibt es auch kein emotionales Chaos. Darauf beruht ja auch das Prinzip der Ablenkung. Wenn wir unser Bewusstsein mit etwas anderem beschäftigen, dann ist erstmal Ruhe. Natürlich, mag sein, dass da im Unterbewusstsein noch irgendetwas arbeitet und schmort und wenn man sich nicht damit beschäftigt, dann kommt es nachher doppelt und dreifach. Manchmal, aber auch nicht immer. Tatsächlich hat sich für viele Situationen die Ablenkung als ein gutes Manöver dort gezeigt. Angenommen, man hat eine schlechte Angewohnheit, man hat irgendwo vielleicht verstanden, warum man sie sich angewöhnt hat, man ist darauf irgendwie eingegangen, man hat sie mit etwas Klügerem ersetzt. Man hat sich etwas vorgenommen, dann kommt wieder der Wunsch, was macht man dann? Ablenkungsmanöver. Nicht darüber nachdenken, nicht schon wieder sagen, nicht eine Begründung geben, sich nicht über sich selbst ärgern, warum das wieder da ist, nicht wieder Für und Wider abwägen, sondern sagen, „Ich habe mich entschieden. Danke, liebes Unterbewusstsein, dass du mir treu bist und den gleichen Wunsch und die gleiche Handlungstendenz wieder vorschlägst. Ich danke dir, ich habe mich anders entschieden und jetzt beschäftige ich mich mit etwas anderem.“ Also, die ganzen Emotionen, alles ist da, solange Bewusstsein da ist. Deshalb, Bewusstsein erleuchtet das Gemüt, aber das Gemüt kann nicht das Bewusstsein erleuchten. Es ist nicht möglich, wirklich das Bewusstsein irgendwo zu erspüren und zu erfühlen. „Ich erfühle jetzt das Bewusstsein.“ Mit wem identifizieren wir uns jetzt? Mit den Gefühlen. So wie manche sagen, „Ich habe eine Seele.“ und „Ich habe ein Bewusstsein.“, genauso, „Ich habe ein gelbes Hemd an.“ Erstens habe ich ein Bewusstsein, zweitens habe ich eine Seele und drittens habe ich ein Hemd an. Ich habe also drei Attribute. Und viertens habe ich noch eine Brille. Das könnte ich noch endlos fortsetzen. Aber die ersten beiden Aussagen sind unsinnig. Nicht, „Ich habe eine Seele.“, nicht, „Ich habe ein Bewusstsein.“, sondern Bewusstsein manifestiert sich als ich. Und dann, wenn dieses Ich, Ahamkara, dann da ist, dann identifiziert es sich mit allem Möglichen anderen und denkt, es hat alles Mögliche. Aber ich habe kein Bewusstsein, ich bin Bewusstsein. Nicht ich habe eine Seele, sondern das wahre Ich ist die Seele. Und diese Seele kann nicht wahrgenommen, nicht gesehen, nicht erspürt, ertastet und sonst was werden. Nur dann, wenn die Seele sich mit nichts anderem beschäftigt, in dem Moment ist sie selbst strahlend und in dem Moment ist sie da. Aber sie kann reflektiert werden und deshalb kann man doch sagen, wir können Gott erspüren und wir können uns selbst erfahren und erfühlen im Herzen. Aber in Wahrheit fühlen wir nicht uns, sondern die Reflexion und das ist dann Anandamaya Kosha.

Teil 114 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Was ist die Höchste Seele? Was ist Atman?

„Das Selbst, die höchste Seele.“ Hier werden es sehr schöne Verse, von denen man sich ergreifen lassen kann. „Nun verkünde ich dir das Wesen der höchsten Seele. Wenn der Mensch Das erkennt, wird er frei von Bindungen und erlangt den höchsten Zustand der Erlösung.“ (Viveka Chudamani Vers 124, von Sankara, dem großen Jnana Yoga Meister des Vedanta)
Hier sagt er nochmals, darum geht es letztlich. Das suchen wir bewusst oder unbewusst. Erst dann werden wir dauerhaft glücklich sein.
„Es existiert jemand, etwas, das unabhängig und ewig ist. Die Grundlage des Ichbewusstseins, Beobachter der drei Bewusstseinszustände, Wachen, Träumen, Schlafen, verschieden von den fünf Hüllen der Seele.“
Also, es existiert jemand. Aber jemand, wird man vielleicht sagen, ist das jetzt männlich oder weiblich? Es ist weder männlich noch weiblich, es ist Bewusstsein. Deshalb schiebt er noch hinterher, etwas. Und das ist unabhängig von allem, was passiert. Unabhängig von Wachen, Träumen, Schlafen. Unabhängig von schön und nicht schön. Unabhängig von, ob wir jetzt träumen, schlafen oder wachen. Im Wachzustand leben wir in einer Welt. Im Traumzustand leben wir in einer anderen Welt. Im Tiefschlafzustand gibt es keine Welt, derer wir uns bewusst sind. Aber jemand bleibt gleich. Wenn im Tiefschlaf nicht jemand da wäre, dann würden wir uns am nächsten Tag nicht erinnern, dass wir geschlafen haben. Verschieden von den fünf Hüllen der Seele. Erinnert euch, die Annamaya Kosha, die Nahrungshülle, Pranamaya Kosha, die Energiehülle, Manomaya Kosha, die geistig-emotionale Hülle, Vijnanamaya Kosha, die wird als intellektuelle Hülle bezeichnet, wo Ego und Buddhi, also Vernunft ist, Anandamaya Kosha, die Wonnehülle, wo wir uns identifizieren mit der ersten Avidya, die noch wonnevoll ist. Mal identifizieren wir uns mehr mit diesem Körper und spüren die Knie und den Rücken oder genießen die Schönheit der Nase. Mal identifizieren wir uns mehr mit der Pranamaya Kosha und spüren so, wie die Wirbelsäule warm wird, das Herz irgendwo vibriert, das dritte Auge leuchtet und die ganze Welt in ein Strahlen gehüllt ist. Oder umgekehrt, wenn wir uns ohne Energie fühlen und bedauern, dass es nicht so ist, wie vor zwei Wochen. Mal identifizieren wir uns mit unserer Manomaya Kosha. „Keiner mag mich.“ oder „Ich brauche das unbedingt.“ oder „Dem zeige ich es.“, Manomaya Kosha. Da habe ich jetzt rajasige und tamasige Emotionen genommen. Es gibt auch sattvige. Mal identifizieren wir uns mit unserer Vijnanamaya Kosha, unseren intellektuellen Fähigkeiten, unserer klaren Vernunft. „Die anderen sind alle so emotional. Ich dagegen, ich bin über all das hinaus.“ Identifikation Vijnanamaya Kosha. Mal identifizieren wir uns mit der Anandamaya Kosha. „Ich gehe in tiefe Meditation. Ich habe immer wieder diese überbewussten, ausgedehnten Bewusstseinszustände. Gott ist mir erschienen. Er ist aber mir erschienen, nicht jemand anderes. Ich identifiziere mich mit dieser Anandamaya Kosha, mit diesen außergewöhnlichen Körper- und Geist erstmal transzendierenden Bewusstseinszuständen, die so wonnevoll sind.“, wo wir doch so viel besser dann sind als andere. Aber Hochmut kommt vor dem Fall. Auf dieses so genannte spirituelle Ego folgt irgendwann der spirituelle Absturz. So identifizieren wir uns vielleicht mal mehr mit dem einen und mehr mit dem anderen und die meisten von euch identifizieren sich nicht nur mit einem davon, sondern eben mit allen Koshas. Und wer bleibt jetzt gleich, wenn man sich mal mit der einen, mal mit der anderen Kosha identifiziert? „Jemand bleibt gleich.“, sagt er hier. „Verschieden von den fünf Hüllen der Seele.“ Alle der fünf Hüllen der Seele sind Instrumente, Karanas, inneres Antarkarana, äußeres Bahirkarana, sind eigentlich unsere Instrumente. Wir nutzen diese Instrumente. Sie werden auch Fahrzeuge genannt. Wir sind derjenige, der das Fahrzeug fährt und nicht das Auto.

Teil 113 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Maya, was ist das?

„Von Maya kann man weder sagen, sie sei existent, noch, sie sei nicht existent, noch sei sie beides zugleich. Sie ist weder vielheitlich, noch einheitlich, noch beides zugleich. Sie besteht weder aus Teilen, noch ist sie ein ungeteiltes Ganzes, noch beides zugleich. Sie ist höchst wunderbar, ihr Wesen ist unbeschreiblich.“ (109. Vers des Viveka Chudamani von Sankaracharya)

Teil 111 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Sat Chid und Ananda – Atman, das Selbst im Vedanta

„Wie komme ich von Chid und Sat auf Ananda?“ Chid ist erstmal klar, ist Bewusstsein, Traum muss Bewusstsein sein. Sat ist auch klar, es muss etwas geben, sonst gäbe es nichts, was man darüberprojizieren kann. Und irgendwas muss da sein, sonst könnte auch Bewusstsein nicht sein. Auch im Bewusstsein ist ja irgendwo Sein drin. Deshalb, Sat und Chid hängen zusammen. Ananda ist jetzt das Ganze, man kann es letztlich auch wieder von seiner eigenen Bewusstheit aus nehmen. Es ist nicht einfach irgendein neutrales Universum, das einfach nur ist und bewusst ist. Es ist nicht so ein lebloses Universum. Es ist jetzt kein reines Sein mit einer Bewusstheit dabei, sondern da steckt etwas dahinter und das ist Ananda. Man kann auch verschiedene Analogien bringen. Letztlich ist es die Erfahrung eines Selbstverwirklichten. Und nicht nur eines Selbstverwirklichten. Wer von euch in der Meditation schon mal dieses Gefühl hatte von Verbundenheit, von Ausdehnung. Wer die Erfahrung gemacht hat, jenseits des physischen Körpers und jenseits der Persönlichkeit. Ist die Erfahrung einfach eine neutrale, auf einer Glückskala 0, weder minus 5, noch plus 5, sondern einfach 0? Wer schon einmal so einen Meditationszustand andeutungsweise erfahren hat, Glückszustand ist höher als alles, was man in einem physischen Universum beschreiben kann. In dem Moment, wo man sich der Verbundenheit mit allem bewusst ist, ist Ananda da. In dem Moment, wo wir uns getrennt fühlen von anderen, ist das Gegenteil da. Und wenn wir uns ganz einsam fühlen, ist es am allerschlimmsten. Wenn man sich fühlt, „Ich bin anders als alle, keiner mag mich und ich bin ganz getrennt von allem.“
Also, auf den relativen Ebenen kann man es so erklären. Natürlich, auf der absoluten Ebene gibt es kein Gefühl. Nein, die Welt ist nicht vom Herzen, die Welt ist Sein, Wissen und Glückseligkeit. Herz ist letztlich in der Täuschung.
Dann lese ich noch mal ein paar Verse. Zunächst nochmals drei Verse, die über Maya gehen.

 

110. Teil der Niederschrift von Vorträgen und Workshops aus einem Yogalehrer Ausbildungs-Seminar mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses besonderen 9-tägigen Vedanta-Seminars aus dem Jahr 2008 war „Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie, insbesondere Jnana Yoga, auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. Für fortgeschrittenere Aspiranten und Kenner der Materie gibt es hier Einsichten und Weisheiten der besonderen Art.

Quantenphysik und Vedanta

Das ist übrigens auch eine der vielen philosophischen Interpretationen der Quantenphysik. Auch dort gibt es solche, die sagen, alles im Universum kann man noch in weitere Teilchen aufteilen. Nichts ist aber dauerhaft wirklich. Letztlich, wenn man in die ganz kleinen Dinge kommt, gibt es nur noch Wahrscheinlichkeitswolken und die Wahrscheinlichkeitswolken werden beeinflusst von dem, der sich dieser Sachen bewusst ist. Das ist ja die Heisenbergsche Unschärferelation, mindestens den Namen habt ihr alle schon mal gehört, manche haben sich sogar damit beschäftigt. Ich habe mich auch mal damit beschäftigt, muss aber zugeben,  inzwischen weiß ich es nicht mehr so genau und vermutlich habe ich es nie so ganz kapiert, denn es ist mehr oder weniger nur von so ein paar Büchern, aber nicht vom Physik-Universitätsunterricht. Im Wesentlichen sagt es, man kann von einem Teilchen entweder den Ort oder die Richtung und Geschwindigkeit feststellen. Nicht beides. Wenn man die Geschwindigkeit feststellt, weiß man nicht, wo der Ort ist und wenn man den Ort feststellt, weiß man nicht, wo die Geschwindigkeit ist. Und in dem Moment, wo man den Ort misst, dann beeinflusst man das Teilchen. Es gibt nicht so was wie eine objektive Wirklichkeit, welches der Beobachter neutral wahrnimmt, sondern der Beobachter an sich legt mit der Art der Beobachtung fest, wie sich die Wirklichkeit tatsächlich darstellt. Das, was letztlich das Universum schafft, erhält, zerstört, auflöst und beeinflusst und letztlich bestimmt, ist Bewusstsein. Da gibt es sogar moderne Philosophen, die sich auf die Erkenntnisse der Quantenphysik berufen. Es ist jetzt nicht die momentan vorherrschende Theorie, vor dreißig Jahren war die noch mal etwas mehr vorherrschend und dann gibt es andere, aber sie wird weiterhin ernsthaft diskutiert. So ähnlich wie die andere Theorie, die ich euch ja mal vorgestellt hatte, dass jemand sagt, die Welt verhält sich wie eine Computeranimation. So ein künstliches Leben, wo irgendjemand das geschaffen hat, denn, es gibt so viele Zufälle, damit es Leben auf dieser Erde gibt und dass das Leben weiter existiert, trotz aller möglichen kosmischen Katastrophen, da muss irgendjemand dort eingreifen, dass das so funktioniert. Ob wir den jetzt als Computerprogrammierer bezeichnen, ob wir den als Brahma, den Schöpfer, bezeichnen, ob wir ihn als Schöpfergott oder Göttin bezeichnen oder Ishwara oder universelle Intelligenz, ist letztlich egal. Also besteht diese Welt aus Bewusstsein und damit haben wir wieder Chid. Die Welt besteht aber nicht nur aus Bewusstsein, sondern da existiert auch etwas. Und deshalb kommen wir auch wieder nicht nur auf Chid, sondern es existiert etwas und das nennt sich dann Sat, auf gut Sanskrit. Also, etwas existiert, damit diese Projektion der Welt entstehen kann, irgendetwas muss da sein, was projiziert. Angenommen, ihr wolltet jetzt einen Kinofilm schaffen, irgendwas muss da sein. Da muss eine Leinwand da sein, da muss Licht da sein, da muss dieser Film da sein. Gut, heute digital produzierte Filme und projizierte Filme brauchen jetzt nicht mehr so einen Film, der abläuft, aber irgendwas muss da sein. Illusion entsteht, aber damit eine Illusion entstehen kann, muss etwas da sein. Deshalb, diese Welt ist Bewusstsein. Und jetzt kommt auch noch etwas dazu. Jetzt kommt logischerweise das dritte und das ist Ananda. Ananda ist letztlich auch wieder Wonne und Freude ist hinter dem Ganzen. Und in Ananda steckt irgendwo auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Und deshalb, auch in der projizierten Schöpfung gibt es auch etwas, was sich dann eben manifestiert, es manifestieren sich kleine Freuden, es manifestiert sich aber auch Liebe. Und auch dort habe ich mal so eine interessante auch wieder philosophische Interpretation von Astrophysik gelesen. Und da wurde so beschrieben, das Universum verhält sich so, als ob die Sterne sich lieben und man könnte eigentlich das Verhalten der Schwerkraft verstehen als Kraft der Liebe und das würde sich irgendwie anziehen. Das ist jetzt nicht Vedanta, aber es würde sich damit durchaus auch vertragen. Also, ganzes Universum, es gibt ein kosmisches Sein, es besteht aus Bewusstheit und letztlich ist es Freude und Liebe und alle Einzelgestalten werden irgendwo geträumt und jetzt sind wir irgendwo in diesem kosmischen Traum drin und damit sind wir im ganzen Schlamassel. Man kann natürlich sagen, „Ich bin nicht im Schlamassel, mir geht es gut.“ Das können wir so gut sagen. Aber wenn ich z.B. dieses „Om Tryambakam“ wieder sehe und irgendwie, es vergeht keine Woche, ohne dass wir für irgendjemanden „Om Tryambakam“ singen, der Krebs hat. Also, Leiden ist da und dort zu verstehen, „Ich bin nicht der Körper, ich bin nicht die Gedanken, nicht die Emotionen, all das ist ein Traum, der abläuft. Innerhalb des Traumes spiele ich meine Rolle, aber ich kann auch mir bewusst werden, ich bin Bewusstsein und ich kann mir bewusst werden, alles, war mir widerfährt, ist eigentlich auch nur Bewusstsein.“

Teil 108 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Wer bin ich – die Grundfrage im Vedanta

Wer bin ich? das ist die große Frage. Darum geht es im Vedanta. Darum geht es im Jnana Yoga. Die Frage ist weniger: Welche Persönlichkeit habe ich? Welches Dosha ist vorherrschend? Wie alt bin ich? Was mag ich? Was kann ich? Die Frage ist vielmehr: Wer bin ich? Es gibt einen schönen Artikel im Yoga Wiki, welcher dieser Frage nachgeht: Wer bin ich?

Moderne Physik und Vedanta Jnana Yoga

Es ist noch wichtiger, zu sehen, ein objektives Universum gibt es auch nicht in soweit, dass wir es nur interpretieren und vielleicht auch zum Teil schöpferisch verändern und schöpferisch gestalten, sondern man kann noch weiter gehen. Wenn wir jetzt nämlich z.B. die Physik noch weiter treiben, da gibt es keine Materie, es gibt keine Atome im Sinne von unteilbaren Partikel – Atomos heißt ja unteilbar – sondern alle Atome bestehen aus Elektronen, Neutronen und Protonen. Und die Elektronen, Neutronen, Protonen wiederum entstehen aus anderen subatomaren Partikeln. Und das sind aber letztlich keine Partikel, sondern in der Interpretation der Quantenphysik sind letztlich diese subatomaren Teilchen Wahrscheinlichkeitswolken, dass da eine Energie ist oder auch nicht ist. Also manchmal ist da etwas und manchmal ist auch nichts da. Das ist das Faszinierende. Es gibt ja dieses Buch „Der Tao der Physik“ oder „Die tanzenden Wu-Li-Meister“, inzwischen sind die ja in der zigsten Auflage und auch noch mit neueren physikalischen Erkenntnissen noch mal aktualisiert, aber letztlich, es gibt nicht wirklich eine Materie, es gibt auch nicht wirklich eine feste Schwingung und eine feste Energie, es gibt nur Wahrscheinlichkeitswolken. Also es könnte sein, dass plötzlich Narendra dort nicht sitzt. Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr gering, denn irgendwann sind die Partikel da und wieder nicht da und über so viele subatomare Energieladungen ist es dann doch unwahrscheinlich, dass plötzlich alle mal verschwinden. Aber vom Mathematischen her ist es nicht undenkbar. Es ist daher durchaus auch denkbar, dass Menschen mal ganz unsichtbar werden. Es ist auch denkbar, dass man durch Wände durchgehen kann. Überhaupt, dass sind alles nur subatomare Ladungen im Nichts, also eigentlich, hier ist nichts Festes, sondern da sind irgendwelche subatomare Ladungen. Des Weiteren, wir nehmen die Welt wahr in Zeit, Raum und Kausalität. Wir interpretieren immer, dass irgendetwas eine Ursache von etwas anderem ist. Z.B., ihr könnte jetzt gerade mal gucken. Was ist die Ursache, warum eine Hand in die andere Richtung geht? Es sieht aus, ab ob die eine Hand die andere schubst, oder? Aber das Schubsen allein bewirkt gar nichts. Es ist einfach, man schreibt diese Kausalität zu. Also, unser Geist stellt immer wieder Ursache-Wirkungsverhältnisse fest, die es so nicht gibt.

Teil 100 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Liebe, was ist das?

„Was ist Liebe? Ist es die Illusion einer Emotion oder verbinden wir uns mit dem Bewusstsein?“ Du sprichst jetzt davon, auf der einen Seite gibt es mich, auf der anderen Seite gibt es das Bewusstsein. Jetzt verbinde ich mich mit dem Bewusstsein. Nein, so ist es nicht, sondern, ich bin Bewusstsein. Man kann sagen, auf der einen Seite, Liebe ist eine Widerspiegelung. Und damit könnte man sagen, sie ist illusorisch. Aber auf einer anderen Ebene ist es eben die Widerspiegelung der Verbundenheit auf eine relative Weise. Man kann auch sagen, wenn man Liebe spürt, dann ist das Verbundenheit, dann leuchtet vorübergehend die Einheit auf. Die kann man dann nachher fehl interpretieren und reine physiologische Bedingungen dort setzen und manches beruht ja schlicht darauf, irgendwelche physiologischen Mechanismen ermöglichen es dem Bewusstsein, sich etwas weiter zu fühlen und irgendwo nicht nur mit diesem Körper sondern mit einem oder zwei oder drei Körpern, je nach Größe der Familie, sich zu identifizieren. Aber es ist auch die kleine Liebe, gegen die zwar Sankaracharya relativ vehement wettert, insbesondere in ein paar Versen, die ich euch verheimlicht habe, die müsst ihr dann selbst lesen, könnt euch dann alleine darüber ärgern, die sollen uns Vairagya geben. Aber von einem anderen Standpunkt und das wiederum sagt er ja in anderen Versen – ich widerspreche ja jetzt Sankaracharya nicht, sondern man kann zu Vedanta hingehen über Neti Neti, nicht dies, nicht dies oder über Iti Iti, dies und dies. Wir können also zum einen sagen, Liebe zwischen zwei Menschen ist Verhaftung oder wir können sagen, es ist ein begrenztes Aufblitzen der Verbundenheit der Seele. Beide Ausdrücke wären korrekt. Kannst es dir jetzt aussuchen, was für dich besser passt. Vielleicht bei frisch Verliebten passt besser die eine und bei solchen, bei denen gerade Beziehungsprobleme da sind, passt besser die andere Interpretation. Sind beide korrekt. Solange es uns eben dazu führt, uns nicht darauf zu beschränken und zu glauben, in diesem Kleinen und Begrenzten dort ist jetzt alles da.

Teil 92 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Vairagya als Quelle der Gelassenheit im Vedanta

Ein nächstes, was er dann aber sagt, ist, „Losgelöstheit, Vairagya ist der innere Abstand gegenüber den Dingen der Sinneserfahrung.“ Also, wir sind irgendwo gelöst. Man kann sagen, es gibt zwei Grade von Vairagya und das ist jetzt eine Temperamentfrage. Die eine Vairagya ist so weit, dass man so weit losgelöst ist, dass man nicht durch die ganzen Emotionen durchgeht. Und ich kannte auch jemanden, das war ein direkter Schüler von Swami Sivananda, das war so ein reiner Vedantin, ein Swami BrahmAnanda, und der war diese Art von Vedantin. Die Grundemotion von ihm war eine Heiterkeit bis zu einer Amüsiertheit. Ich weiß nicht, ob ihr das nachvollziehen könnt. Er war so ein Verstehender, der konnte alles verstehen und annehmen und er hat nie einen beurteilt oder erst recht nicht verurteilt, aber er war auch von nichts dort berührt. Ich habe ihn gekannt als er irgendwo, ich glaubt, Mitte 80 war er gewesen, aber er hat Vedantavorträge gegeben, er hat über Bhagavad Gita und das Nareshwari und noch eine andere Schrift dort gesprochen. Er hat jeden Morgen und Abend hat er mit uns dort dieses Nirwana Sharakam rezitiert, also die sechs Strophen zur Befreiung, die wir ja gestern auch rezitiert haben. Und er hatte auch schon diverse körperliche Gebrechen und hatte auch irgendwo körperliche Schmerzen gehabt, aber das hat ihm nichts ausgemacht. Manchmal tat es ihm dann irgendwie so weh, dass er irgendwo Assistenten brauchte, auf die er sich stützen musste und das hat ihn irgendwo amüsiert und er hat gesagt, „This body here can‘t walk anymore. Dieser Körper kann nicht mehr richtig laufen.“ und dann fing er an zu lachen und sagte, „This knee hurts.“, dann fing er an zu lachen, „Die Knie hier“ oder „This knee produces pain. Dieses Knie produziert Schmerzen.“ Aber er hat dort keine Schmerzen im Gesicht gehabt, sondern er fing dann an zu lachen. Oder wenn jemand ihm Liebeskummer erzählt hatte, auch das hat man ihm dann erzählt und da hat er dann gefragt, „Frag dich, wer hat Liebeskummer?“, wie ich es euch vorher erzählt hatte. Aber es war nicht so, dass er gesagt hätte, „Wie kommst du dazu, Liebeskummer zu haben, wo du doch ein Vedanta-Schüler bist und schon so viele Vorträge gehört hast?“ Er fand das irgendwo erheiternd. Nicht arrogant erheiternd. Er war auf seine Weise sehr bescheiden, aber dennoch stand er über den Dingen. Also das ist ein Grad von Vedanta. Aber es gibt diesen zweiten Grad von Vedanta und der ist einfacher. Man geht durch die Emotionen, man geht durch Höhen und Tiefen, man empfindet das und parallel, während man da durchgeht, hat man ein Vairagya und eine Viveka dahinter, wo man weiß, „Spielt auch keine allzu große Rolle. Ich bin es nicht wirklich.“ Und es ist jetzt auch nicht erheblich, „Ich muss nicht ständig gleichmütig sein.“, auch daran kann man hängen, an der Emotion des Gleichmuts. Selbst daran müssen wir nicht hängen. Wir müssen auch nicht an der Belohnung hängen, dass jedes Mal, wenn wir die Yogastunde machen, dass wir genauso toll uns fühlen. Und jede Meditation ist so großartig. Natürlich, noch weniger muss man an dem Thema der Yogastunde hängen. Da haben einige gestern Morgen irgendwo eine unfreiwillige Lektion bekommen. Ich hoffe, dass ihr nicht die gleiche Lektion wiederholt habt. Anscheinend hat gestern Morgen die fortgeschrittene Gruppe nicht die Mahavakyas gehabt. Und es ist ja dann auch gut, dass ihr es mir dann sagt. Aber wenn man so darauf ist und dann nachher noch Tage danach wettert, das wäre nicht gut. Ein bisschen enttäuscht zu sein, ist auch gut. Darüber zu lächeln, dass man sieht, „Mein Geist ist enttäuscht.“, ist auch gut. Es dann zu sagen, damit künftig die Sachen besser organisiert werden, ist auch gut. Denn angenommen, man würde nichts sagen, dann hätten vielleicht heute auch wieder mindestens eine Gruppe, eine ganz andere Yogastunde gehabt. Ich hoffe, ihr versteht, wie das Ganze gemeint ist mit diesem Vairagya.

Teil 76 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <