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Quantenphysik und Vedanta

Das ist übrigens auch eine der vielen philosophischen Interpretationen der Quantenphysik. Auch dort gibt es solche, die sagen, alles im Universum kann man noch in weitere Teilchen aufteilen. Nichts ist aber dauerhaft wirklich. Letztlich, wenn man in die ganz kleinen Dinge kommt, gibt es nur noch Wahrscheinlichkeitswolken und die Wahrscheinlichkeitswolken werden beeinflusst von dem, der sich dieser Sachen bewusst ist. Das ist ja die Heisenbergsche Unschärferelation, mindestens den Namen habt ihr alle schon mal gehört, manche haben sich sogar damit beschäftigt. Ich habe mich auch mal damit beschäftigt, muss aber zugeben,  inzwischen weiß ich es nicht mehr so genau und vermutlich habe ich es nie so ganz kapiert, denn es ist mehr oder weniger nur von so ein paar Büchern, aber nicht vom Physik-Universitätsunterricht. Im Wesentlichen sagt es, man kann von einem Teilchen entweder den Ort oder die Richtung und Geschwindigkeit feststellen. Nicht beides. Wenn man die Geschwindigkeit feststellt, weiß man nicht, wo der Ort ist und wenn man den Ort feststellt, weiß man nicht, wo die Geschwindigkeit ist. Und in dem Moment, wo man den Ort misst, dann beeinflusst man das Teilchen. Es gibt nicht so was wie eine objektive Wirklichkeit, welches der Beobachter neutral wahrnimmt, sondern der Beobachter an sich legt mit der Art der Beobachtung fest, wie sich die Wirklichkeit tatsächlich darstellt. Das, was letztlich das Universum schafft, erhält, zerstört, auflöst und beeinflusst und letztlich bestimmt, ist Bewusstsein. Da gibt es sogar moderne Philosophen, die sich auf die Erkenntnisse der Quantenphysik berufen. Es ist jetzt nicht die momentan vorherrschende Theorie, vor dreißig Jahren war die noch mal etwas mehr vorherrschend und dann gibt es andere, aber sie wird weiterhin ernsthaft diskutiert. So ähnlich wie die andere Theorie, die ich euch ja mal vorgestellt hatte, dass jemand sagt, die Welt verhält sich wie eine Computeranimation. So ein künstliches Leben, wo irgendjemand das geschaffen hat, denn, es gibt so viele Zufälle, damit es Leben auf dieser Erde gibt und dass das Leben weiter existiert, trotz aller möglichen kosmischen Katastrophen, da muss irgendjemand dort eingreifen, dass das so funktioniert. Ob wir den jetzt als Computerprogrammierer bezeichnen, ob wir den als Brahma, den Schöpfer, bezeichnen, ob wir ihn als Schöpfergott oder Göttin bezeichnen oder Ishwara oder universelle Intelligenz, ist letztlich egal. Also besteht diese Welt aus Bewusstsein und damit haben wir wieder Chid. Die Welt besteht aber nicht nur aus Bewusstsein, sondern da existiert auch etwas. Und deshalb kommen wir auch wieder nicht nur auf Chid, sondern es existiert etwas und das nennt sich dann Sat, auf gut Sanskrit. Also, etwas existiert, damit diese Projektion der Welt entstehen kann, irgendetwas muss da sein, was projiziert. Angenommen, ihr wolltet jetzt einen Kinofilm schaffen, irgendwas muss da sein. Da muss eine Leinwand da sein, da muss Licht da sein, da muss dieser Film da sein. Gut, heute digital produzierte Filme und projizierte Filme brauchen jetzt nicht mehr so einen Film, der abläuft, aber irgendwas muss da sein. Illusion entsteht, aber damit eine Illusion entstehen kann, muss etwas da sein. Deshalb, diese Welt ist Bewusstsein. Und jetzt kommt auch noch etwas dazu. Jetzt kommt logischerweise das dritte und das ist Ananda. Ananda ist letztlich auch wieder Wonne und Freude ist hinter dem Ganzen. Und in Ananda steckt irgendwo auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Und deshalb, auch in der projizierten Schöpfung gibt es auch etwas, was sich dann eben manifestiert, es manifestieren sich kleine Freuden, es manifestiert sich aber auch Liebe. Und auch dort habe ich mal so eine interessante auch wieder philosophische Interpretation von Astrophysik gelesen. Und da wurde so beschrieben, das Universum verhält sich so, als ob die Sterne sich lieben und man könnte eigentlich das Verhalten der Schwerkraft verstehen als Kraft der Liebe und das würde sich irgendwie anziehen. Das ist jetzt nicht Vedanta, aber es würde sich damit durchaus auch vertragen. Also, ganzes Universum, es gibt ein kosmisches Sein, es besteht aus Bewusstheit und letztlich ist es Freude und Liebe und alle Einzelgestalten werden irgendwo geträumt und jetzt sind wir irgendwo in diesem kosmischen Traum drin und damit sind wir im ganzen Schlamassel. Man kann natürlich sagen, „Ich bin nicht im Schlamassel, mir geht es gut.“ Das können wir so gut sagen. Aber wenn ich z.B. dieses „Om Tryambakam“ wieder sehe und irgendwie, es vergeht keine Woche, ohne dass wir für irgendjemanden „Om Tryambakam“ singen, der Krebs hat. Also, Leiden ist da und dort zu verstehen, „Ich bin nicht der Körper, ich bin nicht die Gedanken, nicht die Emotionen, all das ist ein Traum, der abläuft. Innerhalb des Traumes spiele ich meine Rolle, aber ich kann auch mir bewusst werden, ich bin Bewusstsein und ich kann mir bewusst werden, alles, war mir widerfährt, ist eigentlich auch nur Bewusstsein.“

Teil 108 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Sankara nimmt Sannyas und wird ein Entsagter, ein Yoga Mönch

So ähnlich war es auch bei Sankara. Während er dann in diesem See schwamm, kam plötzlich ein Krokodil. Das Krokodil biss ihn und hatte das ganze Bein in seinem Maul. Krokodile sind langsame Tiere, sie können sehr schnell sein, aber wenn sie ihre Beute haben, dann kann es eine Weile dauern, bis es weitergeht. So war also das Bein von Sankara im Maul des Krokodils und Sankara schrie so laut er konnte „Mutter, Mutter!!“ Aber nicht „Hilfe“, wie andere es vielleicht rufen würden. Er rief „Mutter, Mutter! Erlaube mir jetzt zu entsagen!“ Denn es heißt, bevor man den physischen Körper verlässt, sollte man allem entsagt haben. Oder wie Swami Vishnu-devananda es manchmal gesagt hat: Better quit before you are fired. Kündige, bevor dir gekündigt wird. Das ist im Amerikanischen, im Deutschen ist es ja umgekehrt. In Amerika macht es sich im Lebenslauf ausgesprochen schlecht, wenn man gekündigt wird und es macht sich ausgesprochen gut, wenn man selbst gekündigt hat. Egal, was in den Zeugnissen drin steht – wenn dort steht, dass der Arbeitgeber jemandem gekündigt hat, macht sich das nicht gut. Deshalb wird typischerweise ein freundlicher Arbeitgeber sagen: Wir sind nicht zufrieden mit ihrer Arbeitsleistung, wir würden ihnen kündigen – aber sie haben noch die Chance, selbst zu kündigen. Dort gibt es ja auch kein Kündigungsrecht oder so was. Bei uns ist allerdings eher umgekehrt: Wenn man überlegt, dass man gerne den Job wechseln möchte, bittet man den Arbeitgeber um die Kündigung, dann kriegt man wenigstens Arbeitslosengeld. Das ist eine andere Mentalität.

In den Schriften heißt es: Wenn man vermeiden will wiedergeboren zu werden, dann ist es gut, man entsagt selbst. Darum bat Sankara seine Mutter: Bitte erlaube mir jetzt, bevor ich sterbe, allem zu entsagen. Die Mutter, aufgelöst vor Schmerzen und voller Trauer und Verzweiflung bei dem letzten Wunsch ihres Sohnes, sagte natürlich: Ja, natürlich kannst du jetzt entsagen. So gab Sankara sich selbst die Einweihung als Swami, als Mönch. Es steht auch in den Schriften, wie das alles geht und es ist auch ganz legitim. Normalerweise braucht man jemanden, der einen einweiht. Aber in Notsituationen kann man sich auch selbst einweihen. Dazu gehören bestimmte Mantras und bestimmte Gelübde. Das fing so an: Om Bhur Sanyaste Maya. Ich entsage allen Vergnügungen aus der physischen Welt. Om Bhurva Sanyaste Maya. Ich entsage allen Vergnügungen aus der Astralwelt. Om Swar Sanyaste Maya. Ich entsage allen Vergnügungen aus der Kausalwelt. Om Bhur Bhurvaswar Sanyaste Maya. Ich entsage allen Vergnügungen und Verhaftungen in allen drei Welten. Damit das auch ganz konkret klar wird, sagt er noch: Ich entsage dem Wunsch nach Nachkommen. Ich entsage dem Wunsch nach Partnerschaft. Ich entsage dem Wunsch nach Geld und Ruhm. Ich entsage allem. Dann anschließend – das war jetzt der eine Aspekt von Sannyas, man entsagt allem – folgt der zweite Aspekt: er wiederholte die Sannyas Mantras.

Om soham hamsa paramam hamsa parAtma shinmayoham satchidAnanda swarupo ham soham brahma om

Soham, ich bin DAS
Hamsa, vollkommen frei wie ein Vogel
Paramam hamsa, höchste Freiheit
Paramatma, höchstes Selbst
Shinmayoham, ich bin reines Bewusstsein
Satchidananda swarupo ham, meine wahre Natur ist Sein, Wissen und Glückseligkeit
Soham, ich bin DAS
Brahma Om, dieses reine Brahman

Soham hamsa paramam hamsa parmaatma shinmayoham satchidAnanda swarupo ham soham brahma om

Dann das Paramam hamsa Gayatri

Dann folgen die vier Mahavakyas:
Tat twam asi, DAS bist du
Aham Brahmasmi, ich bin dieses Brahman

Normalerweise sagt hier der Lehrer neun Mal Tat twam asi und der Schüler wiederholt Aham Brahmasmi. Tat twam asi, du bist DAS. Du bist nicht der physische Körper, du bist nicht die Emotion, du bist nicht die Persönlichkeit, sondern Tat, DAS Unendliche. Tat twam asi, aham brahmasmi. Und so wiederholte Sankara das für sich selbst, neun Mal. Wir können das auch mal machen. Ich wiederhole Tat twam asi und ihr wiederholt Aham brahmasmi.

Darin ist eigentlich alles enthalten, aber es gibt noch zwei weitere Mahavakyas:

Ayam Atma brahman, dieses Selbst ist Brahman
Pratyanam brahman, Bewusstsein ist Brahman, Brahman ist Bewusstsein

Zwei Sachen habe ich noch vergessen. Zu Anfang geht man in einen Fluss oder See – da  war Sankara schon drin – als Symbol, dass alles weggewaschen wird, dann wird ein Haarbüschel ausgerissen oder abgeschnitten, am besten werden alle Haare abrasiert und da Sankaracharya schon das Leben eines Brahmachari geführt hatte, hatte er nur einen Zopf hinten, den er sich einfach ausriss. Damit war er auch kahlköpfig. Als er dann das letzte Mantra wiederholt hat „Pratyanam brahman“ hatte er alle Mantras abgeschlossen und damit war er Swami. Im nächsten Moment hat sich dieses Krokodil, denn bis dahin war ja sein Bein im Maul des Krokodils, das Krokodil hat sich aufgelöst und man sah einen riesigen Shiva oberhalb des Sees. Shiva saß, wie ihr ihn hier gemalt seht und hob eine Hand und sagte: Du hast entsagt und wenn man entsagt, wird einem ein neues Leben geschenkt. Ich gebe dir acht weitere Jahre.

Sankara schwamm an das Ufer. Seine Mutter war zum einen überglücklich und zum anderen todtraurig – zum einen hatte ja ihr Sohn wieder überlebt, die alte Prophezeiung hatte sie natürlich auch wieder vergessen gehabt. Zum anderen aber wusste sie, dass Sankara sie jetzt verlassen würde. So verabschiedete Sankara sich von seiner Mutter. Er versprach ihr aber etwas, was für einen Swami unüblich ist. Er versprach ihr: Wenn du stirbst, werde ich wieder zu dir kommen und wenn ich bis dahin Nirvikalpa Samadhi erreicht habe, werde ich dir helfen, auch Nirvikalpa Samadhi vor deinem Tod zu erreichen. Es ist deshalb unüblich, weil ein Swami normalerweise seine Eltern vor dem Sterbebett nicht wieder trifft, sondern er will eher alle Verhaftungen loswerden.

Teil 10 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.