Entwickle Mumukshutva, den Wunsch nach Selbstverwirklichung und Befreiung

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Mumukshutva, den Wunsch nach Befreiung, wachsen zu lassen. Also, es gibt verschiedene Möglichkeiten, Mumukshutva wieder wachsen zu lassen und die klassischen Weisen sind zum einen Satsang und das zweite, Nachdenken über Probleme und zwar spezielle Probleme und das dritte wäre, Nachdenken über Brahman. Also Satsang . Also jetzt im weiteren Sinne Satsang verstehen, heißt, Zusammensein mit anderen spirituellen Aspiranten. Wenn man mit anderen spirituellen Aspiranten zusammen ist und vielleicht sogar mit solchen, die ein bisschen weiter sind als man selbst oder noch besser mit einem spirituellen Lehrer, noch besser mit einen Selbstverwirklichten, dann wird automatisch der Wunsch nach Befreiung auch stärker. Mindestens die Mehrheit von euch wird jetzt dieser Tage vielleicht öfters eine stärkere Sehnsucht nach Befreiung haben als noch vor acht Wochen oder vielleicht als noch vor zwei Jahren. Das zweite ist, Nachdenken über Probleme. Aber nicht, um in Selbstmitleid zu versinken, sondern bewusst sein, „Ja, die Welt ist relativ und auf die Dauer macht mich das nicht glücklich.“ Und dann kann man sogar glücklich sein über jedes Scheitern. „Ja, ist halt so. Was einen Anfang hat, hat ein Ende. Dauerhaftes Glück gibt es in dieser Welt nicht.“ Oder so wie Patanjali es ausdrückt und das klingt jetzt sehr negativ, „Sarvam Dukham Vivekinaha. Für einen Menschen von Unterscheidungskraft ist alles Leiden.“ So wie Buddha anfängt, die erste der vier edlen Wahrheiten ist, „Alles Leben ist Leiden.“ Dennoch, wenn ihr buddhistische Mönche anschaut, die sehen relativ häufig glücklich aus. Obgleich der Buddhismus mehr als jede andere Religion die Leidhaftigkeit des Daseins betont. Der Patanjali erwähnt es irgendwo im 2. Kapitel halbwegs versteckt. Kaum jemand kennt diesen Vers. In den meisten Büchern, Kommentaren wird er kaum erwähnt, also relativ versteckt. Buddhismus fängt gleich an, erste edle Wahrheit, „Alles Leben ist Leiden.“ Patanjali baut das noch ein bisschen aus. Warum? Weil es Konflikte gibt zwischen verschiedenen Wünschen. Ein Grund. Zweiter Grund, weil es Konflikt gibt zwischen Wünschen und Gunas. Also, wir kriegen nicht alles, was wir wollen. Zum zweiten, nicht alles, was wir wollen, ist miteinander vereinbar. Zum dritten, wegen der Unruhe des Geistes. Was wir heute wollen, ist nicht mehr das, was wir morgen wollen. Und wegen dem Wissen, dass Dinge vergänglich sind. Man weiß, „Was ich heute habe, ist morgen vielleicht schon vorbei.“ Und weil der Mensch die Fähigkeit hat, im Voraus zu gucken. Erinnert euch an den Säbelzahntiger. Das hat ihn ja geradezu überleben lassen, dass er, wenn irgendwas gut geht, er immer erwartet, irgendwas Schlimmes wird auch noch passieren und das, was jetzt gut ist, wird irgendwann verschwinden. So kann man noch nicht mal den Moment so wirklich genießen. Jetzt gibt es aber das Paradox. Weil man nicht erwartet, dass äußere Dinge einem dauerhaftes Glück geben… Wer setzt den Satz fort? …können wir ein glückliches Leben führen. Wenn man nicht erwartet, dass, wenn man nur den Richtigen findet, man dann immer und ewig dauerhaft glücklich ist, so wie im Märchen. „Sie lebten glücklich und zufrieden bis an das Ende ihrer Tage.“ Es gibt Märchen, die enden so. Andere enden, „Wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“ Das ist wenigstens ein realistisches Ende. Da wird einem bewusst, sind höchstwahrscheinlich alle gestorben. Wenn schon die Gebrüder Grimm aus dem 19. Jahrhundert davon erzählt haben, sind sie heute sicher alle tot. Aber, sie lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage… Oder irgendwo, ich glaube, von Heinz Erhard, es kann aber auch von Eckhard von Roth gewesen sein, „Darum wir beim Happy End stets abgeblendt.“ Von wem ist das? Heinz Erhard. Also, wenn man das nicht erwartet, dann weiß man, der, mit dem man zusammen ist, hat seine Macken und manchmal ärgert man sich oder nicht, dauerhaftes Glück gibt es nicht. Man ist zufrieden und nimmt den anderen so an, wie er ist und guckt nicht ständig nach jemand Neuem, der einem vielleicht die dauerhafte Befriedigung geben kann. So kann man ein glückliches Eheleben führen oder Partnerleben. Man erwartet nicht, dass das allein einen dauerhaft glücklich macht. Und falls es doch nicht auf Dauer bestimmt ist und zwischendurch zu Ende geht, weiß man, auch das gehört zum Leben dazu. So haben es ja die Yogis gesagt, alles, was einen Anfang hat, hat auch ein Ende. Es kann auch ein Ende haben vor dem physischen Tod, spätestens hat es ein Ende mit dem physischen Tod, letztlich relativ. Und dann können wir letztlich auch den Augenblick genießen solange er da ist, denn wir wissen, irgendwann ist er sowieso vorbei. So wie jetzt kann ich genießen mit euch zu sprechen über das Viveka-Chudamani und danach wartet vielleicht irgendeine Büroarbeit auf mich. Meine Sekretärin nickt gerade. Vielleicht fahre ich aber auch Fahrrad. Das ist mein Vorteil, ich kann die Reihenfolge bestimmen. Aber das eine ist schön, das andere ist auch schön, aber man sollte nicht erwarten, das eine macht einen dauerhaft glücklich. Und das ist eben Nachdenken über die Probleme der Welt, das hilft zu Mumukshutva und dann können wir vorübergehendes Glück genießen und vor allen Dingen können wir alles als Manifestation von Brahman ansehen. Das nächste natürlich, Nachdenken über Brahman. Wir wissen, es gibt doch dauerhaftes Glück und es gibt doch dauerhafte Erfüllung. Der menschliche Geist ist nicht mit einer unerfüllbaren, unrealistischen Sehnsucht gefüllt, sondern es gibt es. Wir können darüber nachdenken über Brahman und wir können auch nachdenken über Menschen, die Brahman verwirklicht haben. Man kann Biographien lesen von Swami Sivananda, Biographien lesen von Anandamayi Ma, von Ramakrishna, von Ramana Maharshi, von YogAnanda, von Theresa von Avila, Biographien von Franziskus von Assisi, Biographien von Rumi, dem Sufi-Weisen und dann stellt man fest, „Sie haben daraus gehandelt, sie haben das erfahren, sie haben diese Liebe und dieses dauerhafte Glück gespürt, sie haben es auch gelebt und deren Leben ist wirklich etwas, dem will ich auch nachfolgen. So möchte ich auch leben.“
Sie sagte, es ist vielleicht sogar dann schwieriger für Menschen, die relativ glücklich sind, dort nach Mumukshutva zu streben oder Mumukshutva zu haben. Sie sind ja glücklich in ihrem Leben. Da kann man sagen, glücklicherweise gibt das Leben einem auch Tritte in den Hintern. Also, ich kannte mal jemanden, der hat mir so erzählt, „Ich bin jetzt schon glücklich, ich brauche das Yoga nicht. Und ich genieße mein Leben und es ist alles toll und wenn ich im Meer tauche, dann ist alles gut und wenn ich spazieren gehe und die Schönheit der Natur genieße, dann ist alles toll.“ Irgendwann hat er ein Augenproblem gehabt, Netzhautproblem, kann nicht mehr tauchen, kann auch die Natur nicht mehr richtig sehen, es verschwimmt alles und seitdem ist er unzufrieden geworden. Also, das ist die eine Sache. Aber es gibt auch eine weitere Sache. Wir müssen nicht unbedingt durch Schicksalsschläge hinkommen. Man kann auch tatsächlich sagen, „Ich bin jetzt schon glücklich, aber ich will noch glücklicher werden. Und das Glück, das ich jetzt erfahre, ist eine Gnade Gottes und ich bin Gott dankbar, dass er mir all diese Schönheit gibt und ich möchte jetzt nicht nur die Schönheit Gottes sehen, sondern Gott selbst.“ Eine Sehnsucht nach Befreiung kann eben auch über Nachdenken über Brahman geschehen. Es ist auch eine Temperamentfrage, was davon einem mehr hilft. Und es gibt auch Menschen, die insgesamt schon glücklicher sind und dennoch nach Gott streben. Auch das ist eine Temperamentfrage. Ein gewisses Glücksniveau, kann man sagen, ist Menschen auch schon irgendwo angeboren. Vielleicht von früheren Leben, andere würden sagen, von den Genen her. Tatsächlich, wenn ihr ein glückliches Baby habt, ist es höchstwahrscheinlich noch glücklich, wenn es zum Pflegefall wird mit 80 oder 90. Wenn ein Baby schon mit einem halben Jahr ständig unzufrieden ist und jetzt nicht ein physiologisches Problem dort hinter steckt – manchmal gibt es ein physiologisches Problem, Blähungen oder sonst was und wenn die abgestellt sind, ändert sich der Charakter des Babys. Aber beim Kleinkind kann man es schon eher sagen. Also, ein unglückliches Kleinkind wird höchstwahrscheinlich im Alter auch ein unglücklicher Pflegefall sein. Ich sagte, höchstwahrscheinlich, das heißt nicht, immer. Zum einen können traumatische Erfahrungen Menschen ändern, zum anderen können außergewöhnliche Glückserfahrungen Menschen ändern und jetzt kommt noch die frohe Nachricht, regelmäßige Meditation macht Menschen insgesamt glücklicher und ändert sogar die Hirnstrukturen. Man hat sogar festgestellt, dass Menschen, die glücklicher sind, haben irgendeine Partie im Hirn stärker aktiv als andere und jemand, der regelmäßig meditiert, hat diese Hirnstruktur etwas stärker und so kann man tatsächlich sagen, die empirische Forschung legt nah, langjährige, regelmäßige Meditation macht Menschen insgesamt glücklicher. Das ist doch schon mal gut. Aber insgesamt heißt, über einen großen Durchschnittswert und es ist auch nicht so vehement. Und wir müssen auch nicht unbedingt so glücklich werden im Relativen. Also, wer von euch eher eine Neigung hat, unglücklich zu sein, so ein melancholisch-deprimiertes Grundgefühl zu haben, dann seid dankbar. Das ist sehr gut für Mumukshutva und Vairagya. Fällt leicht. Wenn ihr aber eher diese Glückskinder seid, freut euch auch und strebt vielleicht nach denjenigen, der hinter allem Glück steckt. Jetzt, wenn ihr so ein melancholisches Temperament habt, beneidet nicht die scheinbaren Kinder des Glücks. Es ist eure Weise, wie ihr der höchsten Wahrheit nahe kommt. Manchmal gibt es das auch, dass Menschen ihr ganzes Leben eher unglücklich waren und dann auf den spirituellen Weg kommen, endlich einen Sinn im Leben sehen und dann eher glücklich waren. Ich gehöre ja eher zu denen, die als Kind und Jugendlicher eher unglücklich waren. Als Kleinkind nicht, aber irgendwie, als ich angefangen habe zu denken, ab da, irgendwo 8, 9 Jahre, ab da war ich irgendwo ein unglückliches Kind, weil ich gemerkt habe, es sagt mir nichts, was die anderen so wollen und tun und was die so machen. Und irgendwo habe ich gedacht, ich bin auf dem falschen Planeten und in die falsche Familien geboren. Ich hatte liebevolle Eltern, tolle Brüder, ich hatte eigentlich alles Gute in der Kindheit gehabt, aber dennoch, ich sage, vom früheren Leben her, hatte ich den Wunsch nach Befreiung und dafür gab es da keine Nahrung und was da ansonsten war, hat mich nicht glücklich gemacht. Und dann, als ich irgendwann auf diese spirituelle Philosophie gestoßen bin, habe ich gedacht, endlich macht Leben wieder einen Sinn. Das hat dann die Sichtweise geändert. Aber ich kann mich noch erinnern, als ich 1981 den Namen bekommen habe, Sukadev, und mir gesagt wurde, das heißt Engel der Wonne, da habe ich gedacht, einen falscheren Namen als das hätte man mir nicht aussuchen können. Jahrelang ganz andere Gedanken als Gedanken der Wonne. Irgendwann habe ich aber gemerkt, passt durchaus doch. Obgleich Weltenschmerz auch immer wieder da ist und die Sehnsucht, irgendwann doch vollständig die Befreiung zu haben. Warum lässt mich Gott nicht gänzlich raus aus diesem Schlamassel hier? Er zeigt es mir immer wieder. So ist es und so könnte es sein und das ist deine wahre Natur, aber erst musst du deine Aufgaben erfüllen, bevor du dort ganz hinkommst. Manchmal hadere ich mit ihm.

35. Teil der Niederschrift von Vorträgen im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Mumukshutwa, die Sehnsucht nach Selbstverwirklichung und Erleuchtung

„Sehnsucht nach Befreiung, Mumukshutva, ist der brennende Wunsch, sich durch Erkenntnis des ureigenen Wesens von den Fesseln, wie Ichbezogenheit und Körperverhaftung, zu befreien, die aus Unwissenheit entstanden sind.“ (Sankara im Viveka Chudamani 27. Vers)
Also Mumukshutva. Moksha heißt Befreiung, Mukshutva hieße, Wunsch nach Befreiung und Mumukshutva ist der intensive Wunsch nach Befreiung. Er sagt, „Ist der brennende Wusch, sich durch Erkenntnis des ureigenen Wesens von den Fesseln, wie Ichbezogenheit und Körperverhaftung, zu befreien, die aus Unwissenheit entstanden sind.“ Und dieses Mumukshutva ist in besonderem Maße wichtig. Swami Sivananda hat mal so humorvoll gesagt, Selbstverwirklichung ist eine Sache von Angebot und Nachfrage. Wenn Nachfrage da ist, dann kommt auch das Angebot, nämlich die Selbstverwirklichung. Das ist vielleicht so wie eine kapitalistische Wirtschaft, wenn es eine Nachfrage gibt, dauert es nicht lange, bis irgendein Unternehmen das anbietet. Das ist jetzt natürlich ein bisschen flapsig formuliert. Aber wenn wir wirklich tief im Inneren die Selbstverwirklichung wollen, dann kommt sie auch. Und es heißt, wenn der Wunsch nach Selbstverwirklichung oder nach Befreiung oder nach Einheit stärker ist, als alle anderen Wünsche zusammen, dann erreichen wir das in diesem Leben. Wenn der Wunsch schwächer ist als andere Wünsche, dann in einem späteren Leben. Antoine De Saint – Exupéry hat mal was Ähnliches ausgedrückt: „Angenommen, du willst jemandem beibringen, wie er Seefahrer wird, dann erzähle ihm nicht über die verschiedenen Schiffsarten, Antriebsarten, Segelarten, sondern schwärme ihm vom Meer vor. Er wird dafür sorgen, dass er all das macht, all das lernt, was notwendig ist, um Seefahrer zu werden.“ Und auf eine gewisse Weise macht Sankara das, auf einer gewissen Weise mache ich das ja auch, ich schwärme euch von der Verwirklichung vor. Und Sankara macht es, die großen Meister machen es, zu erzählen, „Brahman, das ist das, worum es geht. Satchidananda, das ist deine wahre Natur. Alles andere ist relativ und vergänglich und letztlich macht es nicht dauerhaft glücklich.“ Und wenn wir darüber öfters nachdenken, wird der Wunsch nach Befreiung stärker. Patanjali drückt es ja so aus im Yoga Sutra, „Verwirklichung kommt schnell bei dem, der einen starken Wunsch danach hat.“ Also, wenn wir einen starken Wunsch nach Verwirklichung haben, dann kommt sie auch. Aber den Wunsch, den gilt es auch zu pflegen. Wir können wirklich auch etwas tun, damit der Wunsch stärker wird. Denn die anderen Wünsche werden immer wieder stärker, insbesondere im so genannten Kali-Yuga. Kali-Yuga heißt dunkles Zeitalter. Und laut klassischer indischer Chronologie befinden wir uns seit 3227 v. Chr. im Kali-Yuga und es dauert noch 427.000 Jahre knapp, bis wir dort rauskommen. Also nicht, dass ihr denkt, wir könnten dort schon morgen oder übermorgen rauskommen. Aber ich muss zugeben, ich bin jetzt bei diesen klassischen Chronologien nicht so ganz der Meinung, dass man es wörtlich nehmen soll. Denn letztlich heißt es irgendwo, seit Beginn der Zivilisation ist das dunkle Zeitalter und vorher, als wir in Höhlen gelebt haben, war es ein bisschen besser und vorher, als wir noch nicht mal Höhlen kannten, war es ganz besonders gut. Das ist durchaus auch in Frage zu stellen. Natürlich weiß man auch nicht, ob da all das stimmt, was die Anthropologie sagt, vielleicht gab es durchaus Atlantis, als einen großer Kontinent, der untergegangen ist und ist irgendwo tief verschüttet. Und wenn die Wissenschaft irgendwann 1000 Meter unter den Meeresboden geht, findet man vielleicht Atlantis, als eine überlegene Zivilisation und vielleicht findet man irgendwann Lemuria 10.000 Meter unter dem Meeresspiegel. Soviel ist 10.000 Meter nicht oder 100.000 Meter. 100 Kilometer im Verhältnis zu 12.000 Kilometer Erddurchmesser ist nichts. Aber ich muss zugeben, persönlich bin ich doch inzwischen etwas mehr von den Aussagen der Biologie ein bisschen überzeugt, die eben das Erdzeitalter anders einteilen, als man es in manchen indischen Schriften findet. Und deshalb, auch mit diesem dunklen Zeitalter ist auch eine Sache, ob man das jetzt so wörtlich nehmen soll. Ich glaube, für die Praxis des Yogas spielt es jetzt nicht die allergrößte Bedeutung. Nur wenn wir Kali-Yuga jetzt einfach nehmen und sagen, Kali-Yuga ist dadurch charakterisiert, eine Mehrheit der Menschen ist nicht an Spiritualität interessiert. Und eine Mehrheit der Menschen ist mehr daran interessiert, reich und schön zu werden und Geld zu haben und das Leben zu genießen und Macht zu haben. Dann werdet ihr feststellen, das ist eine Mehrheit, oder? Oder habt ihr das Gefühl, die Mehrheit von euren Mitmenschen ist hauptsächlich interessiert an Gottverwirklichung, Selbstverwirklichung, uneigennützigem Dienen, gemeinnütziges Engagement? Jeder hat etwas davon, behaupte ich. Auch derjenige, der sich als Materialist bezeichnen würde und das sind nur wenige, auch der hat irgendwo ein inneres Engagement für etwas Gutes. Auch der überlegt manchmal, „Wer bin ich und was soll das Ganze?“ Aber für die Mehrheit ist es nicht ein Hauptwunsch und deshalb ist es ganz natürlich, dass man immer wieder angesteckt wird von der Mehrheitsmeinung. Und dann, die wenigstens von euch haben hauptsächlich Freunde und Freundinnen aus dem Yogabereich und die werden euch dann ab und zu mal irgendwie sagen, „Ja, lass das ganze Yoga. Du musst auch mal dein Leben genießen.“ Das ist immer paradox. Ich genieße mein Leben sehr. Wenn ich die Luft anhalte und das Prana hochsteigt und das Herzchakra sich öffnet und die Wirbelsäule dann mal wieder warm wird und irgendwo, was für ein Sinnesgenuss… Gut, vielleicht gibt es schöne Sinnesgenüsse auch, aber jedenfalls das genieße ich auch. Oder wenn ich dann vor euch sitze und über Mumukshutva spreche, was sollte dort schöner sein, was sollte ich im Leben verpassen? Da fällt mir jetzt nichts ein. Also, ich genieße jetzt mein Leben, ich kann über Viveka-Chudamani sprechen. Aber angenommen, ich würde jetzt mit meinem Onkel oder mit meinem Vater darüber sprechen oder mit Schulfreunden, dann würden die das anders sehen. Und wenn die Mehrheit der Menschen eben diese anderen Ansichten hat, wird man auch so ein bisschen mit beeinflusst. Außerdem ist es natürlich auch so, die volle Verwirklichung, ganz so schnell kommt sie dann doch nicht. Und dann ist man ein bisschen enttäuscht und denkt, „Ja, jetzt muss ich doch etwas anderes machen.“, dann kommt man auf diese und jene Idee.

Teil 34 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Jnana Yoga und Yoga Psychologie

Was hat Jnana Yoga mit Yoga Psychologie zu tun?

Zunächst mal könnte man sagen: Nicht allzuviel. Denn Jnana Yoga versucht dir ja zu helfen, jenseits des Geistes zu gelangen. Jnana Yoga sagt: Du bist nicht das Denken und nicht das Fühlen. Höre auf, dich damit zu identifizieren. Du bist das Unsterbliche Selbst, der Atman.

Shankaracharya, der große Vedanta Meister um 800 n.Chr., entwickelte aber durchaus eine Jnana YOga Psychologie. Letztlich ist es hilfreich, seinen Geist zu kennen, um von ihm nicht in die Irre geführt zu werden…

 

Wo ist die Grenze zwischen Weltflucht und Mumukshutva?

Frage: „Wo ist die Grenze zwischen Weltflucht und Mumukshutva, dem Wunsch nach Befreiung?“ Damit müsste man erstens die Weltflucht definieren. Wenn Weltflucht heißen würde, wir wollen fliehen aus der Identifikation mit dem Weltlichen, wir wollen daraus fliehen, ein Leben nur im Sinne zu führen, dann ist Weltflucht gleichbedeutend mit Mumukshutva. Wenn wir rauskommen wollen aus der Identifikation und rauskommen wollen aus einem Leben hauptsächlich auf der Muladhara Ebene und das als Weltflucht bezeichnen, dann ist das sicher Mumukshutva. Wenn Weltflucht dagegen heißen würde, aus Faulheit und Trägheit oder aus einer Enttäuschung heraus, seinen Pflichten nicht mehr nachzukommen und das als Ausrede zu nehmen, einfach nur seinen Neigungen oder abstrusen Neigungen nachzugeben, dann wäre das kein Mumukshutva. Also, nur Richtung Befreiung zu gehen, muss ja auch nicht falsch sein. Aber Richtung Befreiung zu gehen kann auch heißen, da seine Beziehung zu leben und seinen Beruf zu haben, seine Pflichten zu leben, damit kann man ja auch zur Befreiung hinkommen. Das ist ja letztlich der Weg der Bhagavad Gita, wo Krishna sagt, es geht nur darum, die Selbstverwirklichung zu erreichen. Aber wie erreicht man sie? Nicht, indem man von allem wegrennt, sondern indem man tätig ist, indem man seinen Aufgaben nachgeht, sein Karma erfüllt, sein Dharma erfüllt, seine Talente lebt, letztlich auch seine Ängste konfrontiert und darüber hinaus geht. Also, Mumukshutva ist dann sicherlich etwas anderes, als eine normal verstandene Weltflucht. Da muss man natürlich auch sehen, es gibt auch den Weg des Mönches. Also, nicht jeder muss eine Beziehung haben. Nicht jeder muss eine funktionierende Partnerschaft haben. Nicht jeder muss Kinder in die Welt setzen. Nicht jeder muss Vorstandsvorsitzender von einem Unternehmen werden. Nicht jeder muss einen geregelten 8-Stunden-Job haben. Also, das muss nicht jeder haben. Es gibt auch das Konzept eines Wandermönchs. Es gibt auch das Konzept von jemand, der in ein Kloster geht. Es gibt auch Menschen, die ein Singledasein führen, auch ohne formell als Mönche geweiht zu werden. Aber da ist immer die Frage, ist es Flucht oder ist es Zuflucht? Flucht würde heißen, man weiß, „Eigentlich ist es meine Aufgabe, aber es ist mir zu anstrengend, haue ich lieber ab von.“ Das andere ist dann, Zuflucht ist etwas anderes. Ich weiß, „Ich habe eine Aufgabe und die kann ich in dem Kontext vielleicht besser erfüllen als da, wo ich vorher war.“ Also angenommen, jemand kommt hierher in den Ashram z.B., ist es Weltflucht oder nicht? Es hängt auch davon ab. Es kann auch Menschen geben, die hierher kommen aus einer Weltflucht heraus und vielleicht haben sie auch einen guten Grund, davor geflohen zu sein. Muss ja auch nicht falsch sein. Angenommen, ihr seid in einem Haus und es brennt. Ist es dann richtig, drin zu bleiben, nur um nicht zu fliehen? Manchmal ist es angemessen, aus dem Haus zu fliehen, wenn es brennt. Und so kann es auch mal sein, dass man auch mal flieht. Nur, wenn man nur flieht, jedes Mal, wenn es anstrengend wird, flieht, dann nutzt es auch nichts. Und angenommen, jemand wird Mitarbeiter hier im Ashram – sind ja einige Mitarbeiter hier – dann wird es nicht so sein, dass man dann vor jeder Verantwortung wieder fliehen kann und sich drücken kann und jedes Mal, wenn es anstrengend wird, dann sagen, „Ja, ist mir jetzt zu anstrengend. Kann ich was anderes machen? Könnte ich das anders machen?“ Also, so sind Ashrams nicht aufgebaut und dieser Ashram hier in besonderem Maße sicherlich nicht. Aber es kann natürlich auch sein, dass jemand feststellt, der in einem Ashram ist, die eine Sache ist vielleicht nicht das Richtige, dann guckt man, dass er vielleicht doch etwas findet, wo es dann doch besser ist. Nicht alles, was schwierig ist, muss man nur deshalb machen, weil es schwierig ist. Aber manchmal muss man auch das machen, was schwierig ist und da durchgehen. Also, nicht dann aufhören, wenn es schwierig wird. Deshalb, es ist immer schwierig zu sagen, was ist überhaupt Weltflucht? Vor allem, wo flieht man dann hin und was macht man dann. Also z.B. für Mitarbeiter im Ashram, da werden sicher ein paar Familienmitglieder sagen, der hat Weltflucht begangen, ist weggelaufen. Aber subjektiv ist er nicht vor der Welt geflohen, sondern strebt nach einem höheren Ziel und ist dabei sehr engagiert und macht dann sehr viel und geht auch alle Schwierigkeiten an und bewirkt eine ganze Menge. Man würde vielleicht sagen, eben der Unterschied wäre, Weltflucht ist nicht nur Flucht von Welt, sondern ist, sich nicht auf etwas einlassen, nicht engagiert sein, eher ein luftiges Leben zu führen. Aber selbst dort, wer will beurteilen, ob das nicht vielleicht doch in seinem Karma war? Es gibt ja manchmal diese Bücher, geschrieben von den Menschen, die dort sagen, man soll nur seinem Herzen folgen. Und in jeder Situation, „Höre dein Herz und mache das.“ Ich habe mal die Biographien – es gibt ja so ein paar bekannte Autoren, von denen ich jetzt keinen nenne – gelesen von diesen Menschen. Und die, die das sehr stark betonen in ihren Romanen, haben mehrere Sachen gemeinsam. Erstens, sie leben von den Tantiemen ihrer Bücher. Zweitens, sie haben keine langfristige Beziehung eingehen können, keine Beziehung hat länger als ein paar Jahre gedauert. Und drittens, sie waren auch nie längere Zeit irgendwo angestellt. Dann kann man das so bedingungslos sagen, man muss immer seinem Herzen folgen. Wenn man halt das Glück hat, irgendwo den Nerv der Zeit getroffen zu haben und ein Buch zu schreiben, was ein Renner wird, hat man ausgesorgt. Man kriegt Tantiemen bis 40 Jahre nach seinem Tod. Oder sind es 60 Jahre. Ich glaube, in Deutschland sind es sogar 60 Jahre. Dann ist man praktisch eher Privatier, dann kann man immer noch ein Buch schreiben. Wenn eins mal ein Bestseller war, wird das zweite höchstwahrscheinlich auch einer sein. Und die leben dann irgendwo so ein Leben und mal hier und mal dort und mal im Kontinent hier und mal dort usw. Aber ist das deshalb ein falsches Leben? Das ist wahrscheinlich ihre Bestimmung und das ist ihr Leben so. Man würde sage, die betreiben Flucht in Höchstform. Wann immer die Beziehung schwierig ist, haben sie „Bye bye Baby“ gesagt und wann immer es ihnen in einem Land nicht mehr gefällt, dann geht man halt ins nächste. Das Herz sagt, woanders hinzugehen. Und in dem Kontext mag es richtig sein. Und in einem anderen Kontext ist das vielleicht nicht das Richtige. Wer will beurteilen? Ich ganz sicher nicht und ich hoffe, niemand von euch will das beurteilen. Für sich selbst muss man Entscheidungen treffen und manchmal, wenn man Kinder hat, muss man dort auch manchmal Entscheidungen treffen. Aber irgendwann werden die Kinder die Entscheidungen selbst treffen und verurteilt eure Kinder dafür nicht, denn vom Allerhöchsten ist sowieso alles Brahman und diese Welt ist Maya oder Lila, je nachdem, wie ihr es sehen wollt. Und so, jeder macht eben das auf einer relativen Ebene, was er macht und in der Mehrheit der Fälle ist es besser, engagiert zu sein und nicht aus einer Beziehung gleich zu fliehen, wenn es mal schwierig wird und nicht gleich den Beruf zu wechseln, wenn es schwierig wird, nicht gleich die Stadt zu wechseln, nur weil man mal ein bisschen Ärger mit seinem Vermieter hat. Aber manchmal, wenn es nicht geht, ist besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Aber auch das gilt nicht immer. Manche Menschen brauchen einen Schrecken ohne Ende, um Vairagya und Mumukshutva weiter zu entwickeln. Also, Hilfe für Entscheidungen ist jetzt vielleicht dieses Viveka-Chudamani-Seminar nicht unbedingt, das ist dann mehr in der Bhagavad Gita. Hier lernt ihr so mehr, auf einer relativen Ebene muss man machen, was man halt macht. Man macht die richtigen Erfahrungen. Auf einer absoluten Ebene sind wir sowieso Brahman und alles andere ist Maya.

33. Teil der Niederschrift von Vorträgen im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Was ist ein Yogi?

Die Frage ist aufgetaucht „Was ist ein Yogi?“ Ein Yogi ist zum einen und das wird in manchen Schriften beschrieben, der ist ein Yogi, der allen Sinnesobjekten entsagt hat und stets in der Einheit und in der Unendlichkeit ruht. Und je nach Übersetzung oder auch in der Bhagavad Gita schreibt auch Krishna, das ist ein Yogi und das ist Yoga. Aber der Ausdruck „Yoga“ und auch der Ausdruck „Yogi“ hat zwei verschiedene Bedeutungen. Zum einen heißt er, derjenige, der die Einheit erreicht hat, aber auch derjenige, der die Einheit erreichen will. Yoga ist zum einen der Zustand der höchsten Einheit, Yoga ist aber auch alle Techniken, die einem helfen, dort hin zu kommen. Also, das wird tatsächlich auch im Sanskrit auf diese beiden Weisen bezeichnet. Aber angenommen, jemand führt den Namen Yogi in seinem Namen, also Yogi Hari oder Yogishamsunderam, dann nimmt man an, dass der irgendwo schon ein bisschen weiter im Yoga ist. Dennoch kann man sagen, ihr seid alle Yogis und Yoginis. Spätestens dann, wenn ihr euch in der Internet Community, mein.yoga-vidya.de, angemeldet habt, dann braucht ihr bloß auf „Yogini“ draufzudrücken und dann seht ihr euch selbst. Aber es ist tatsächlich, in Indien wird es in beiden Kontexten bezeichnet. Jemand, der Yoga praktiziert, ist ein Yogi, aber jemand, der es erreicht hat, ist in besonderem Maße ein Yogi.

32. Teil der Niederschrift von Vorträgen im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Gelassenheit als Vedanta Tugend – und wie man sie entwickelt

„Samadhana – oft als Gelassenheit übersetzt, hier in dieser Übersetzung wird es übersetzt als meditative Versenkung – ist dauernde gedankliche Konzentration auf die ewige, reine, absolute Wirklichkeit, nicht aber der freie Lauf der Gedanken.“ (Sankara im Viveka Chudamani 26. Vers).
Und auch das ist durchaus etwas, was man im Alltag immer wieder umsetzen kann. Wir können uns immer wieder bewusst machen, hinter allem ist der eine, der unendliche, der ewige Brahman. Und das möchte ich euch als kleine Aufgabe geben, vielleicht bis zur Yogastunde oder nach der Yogastunde, vielleicht auch zwischendurch während der Yogastunde, diese Form von Samadhana zu praktizieren, euch bewusst zu werden, hinter allem ist letztlich Brahman. Hinter euren Gedanken, Gefühlen, Emotionen, dahinter ist Brahman. Die Welt, die ihr seht, ist letztlich eine Manifestation von Brahman. Man kann sagen, die Welt ist eine Manifestation von Elektronen, Neutronen und Protonen, ist eine Manifestation von Schwingungen. Wir können aber eben auch sagen, die Welt ist eine Manifestation von Brahman. Und das kann man dann eben auch spüren. Wir können merken, „Bewusstheit ist in mir, Bewusstheit in im Äußeren, mit meiner inneren Bewusstheit kann ich die äußere Bewusstheit bewusstmachen.“ und letztlich könnt ihr dann immer wieder zu dieser Erfahrung kommen von umfassender Bewusstheit, von Verbundenheit oder auf einer emotionellen Ebene kann man sagen, ist diese Reflexion, diese Erfahrung von Verbundenheit und weiter Bewusstheit dann eben Liebe.

Teil 31 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Vertrauen ist auch im Jnana Yoga wichtig

„Shraddha ist das Festhalten an der Überzeugung von der Wahrheit der heiligen Schrift und der Worte des Meisters. Dadurch erkennt man die Wahrheit.“ (Viveka Chudamani 25. Vers)
Also, Shraddha ist ein Vertrauen. Hier bringt er dieses Shraddha in einem konkreten Kontext, nämlich Vertrauen in die Schriften. Shraddha wird auch als Glaube bezeichnet. Und Shraddha hat eben tatsächlich diese vielen Bedeutungen. Ich hatte euch ja vorher eine andere Bedeutung beschrieben. Im Bhakti Yoga ist Shraddha auch der Glaube an Gott, der ja z.B. im Christentum eine ganz besondere Rolle spielt, da ist der Glaube mit das Wichtigste, mindestens im evangelischen Christentum. Da wird immer wieder gesprochen von, der christliche Glaube oder der Glaube und wo es dann auch heißt, „Sola fide, allein durch den Glauben werden wir uns der Gnade Gottes bewusst und so kommen wir dann zur Erlösung.“ Also dieser Glaube spielt dort über alle Maßen eine Rolle. Gut, hier ist er einer der sechs Shatsampats und vielleicht für einen westlichen Aspiranten ist dieser bedingungslose Glauben an die Schriften nicht ganz so einfach nachzuvollziehen. Wir sind ja noch dazu ein bisschen historisch vorgebildet und manche von euch sogar indologisch vorgebildet und ähnlich auch, wie es vielleicht manchen von euch mit dem Christentum gegangen ist, mir ist das so gegangen, irgendwo als Teenager, sowohl im Religionsunterricht, als auch im Konfirmandenunterricht haben wir die Bibel von historischen Gesichtspunkten uns angeschaut: Wann ist welcher Teil in die Bibel hineingekommen? Wo widerspricht sich was? Und dann gab es sogar so ein Buch, das hat in vier verschiedene Zeilen die widersprüchlichen Aussagen der Evangelien über die gleiche Gegebenheit nebeneinander gesetzt. Also, wer bis dahin an die Bibel geglaubt hat, hat spätestens dann nicht mehr daran geglaubt. Mindestens mir ist der christliche Glaube in meinem Religions- und Konfirmandenunterricht gründlich ausgetrieben worden. Denn es hat dann noch etwas gefehlt und ich meine, man kann das gut miteinander verbinden. Eben zum einen, natürlich, in Indien gibt es die Ausdrücke Shruti und Smriti. Im engeren Sinne sind Shrutis die Veden und die Smritis sind die Gesetzestexte. Im weiteren Sinne ist Shruti die ewige Wahrheit und Smriti sind die sozioökonomisch kulturellen Umstände. Auch wenn wir die Bhagavad Gita lesen, es gibt ein paar Verse da drin, da kann man nur sagen, wie kann irgendjemand so was schreiben? Die überlesen wir typischerweise in der 4-Wochen-Ausbildung, aber in der 9-tägigen-Bhagavad-Gita-Weiterbildung verheimliche ich die nicht. Also, es gibt da einiges, das ist aus dem damaligen kulturellen Gesichtspunkten verständlich und die Bibel ist dort auch voll davon. Irgendjemand hat ja mal beantragt, die Bibel auf den Index der jugendgefährdenden Schriften und der Volksverhetzenden Schriften zu setzen und hat dort eine ganze Menge von Beispielen gebracht. Und realistisch müsste man sagen, angenommen, es würde eine heutige Religionsgemeinschaft gegründet werden und würde diese Verse der Bibel in ihre neue Schrift dort reinsetzen, die würden ganz sicher vom Verfassungsschutz beobachtet und ziemlich sicher verboten werden. An irgendeiner Stelle sagt Jesus auch, „Ich bin nicht gekommen, um Frieden in die Welt zu bringen, sondern ich will Streit bringen zwischen Ehemann und Ehefrau, zwischen Vater und Mutter, zwischen Freund und Freundin.“ Steht drin. Habt ihr wahrscheinlich nicht gehört. Oder manches, was im Alten Testament dort drin steht, ist himmelschreiend brutal und sexistisch und wie auch immer man da sonst noch sagen will. Aber die Mahabharata ist nicht besser, vermutlich ist sie noch schlimmer. Weshalb es besser ist, man liest es in der modernen Zusammenfassung, da lassen die spirituellen Autoren diese Dinge aus. Ich kann mich mal erinnern, der Chandra hat in früheren Zeiten, hatte beim ersten Mal, wo er bei uns ein Weiterbildungsseminar gegeben hat… Er hat ja früher an einer Uni unterrichtet. Und natürlich, die Studenten hält man gut bei der Stange, indem man bestimmte, fast pornographische und sonstige Sachen aus der Mahabharata irgendwo zitiert. Aber ich habe ihn dann gebeten, das nicht zu machen. Also, Shraddha kann man trotzdem haben, obgleich ich euch jetzt vielleicht schockiere, ich habe trotzdem großes Shraddha in die Wahrheit der Schriften. Aber ich weiß eben, nicht alles ist wörtlich zu nehmen. Und in Indien ist keiner auf die Idee gekommen, alles wörtlich zu nehmen. Selbst Sankara, in manchen Kommentaren zur Bhagavad Gita, interpretiert er es letztlich irgendwie weg. Also man weiß, die Essenz ist da, höchste Wahrheit ist da und die Schriften können uns anleiten, zu der höchsten Wahrheit zu kommen. Und in der Bhagavad Gita und in den Upanishaden und im Brahma Sutra steht die Wahrheit drin, sind die Empfehlungen, wie kommen wir hin. Nur es gibt auch Verse darin, die aus der Zeit erklärbar sind und die heute anders interpretiert werden müssen. Und mein heutiges Verständnis von der Bibel ist, irgendwie gerade jetzt im Neuen Testament, das ist göttlich inspiriert. Es war letztlich eine Vorbeugung gegen eine wörtliche Auslegung der Bibel. Ich kann nicht verstehen, wie es Menschen gibt, die sagen, man muss ein wörtliches Verständnis für die Bibel haben. Denn, mit welchem Teil der Bibel? Es fängt mit der Schöpfungsgeschichte an. Das finde ich, ist genial. In der Genesis stehen zwei verschiedene Schöpfungsgeschichten direkt hintereinander. In der einen heißt es, Gott hat erst die Erde geschaffen und dann die Pflanzen und dann die Tiere und dann den Mensch. Ein oder zwei Kapitel weiter steht, erst den Menschen und dann die Pflanzen und die Tiere und alles andere. Also da gab es erstmal den Menschen im luftleeren Raum und dann hat Gott alles andere geschaffen. Kann man nicht genialer ausdrücken, um zu sagen, „Versucht nicht, das wörtlich zu nehmen.“ Also, wer es wörtlich nimmt, ich weiß gar nicht, wie geht das überhaupt? Man kann nur Dreiviertel der Bibel weglassen, aber das ist ja nicht, die Bibel wörtlich zu nehmen. Daher, Glauben in die Schriften heißt nicht, ein wortgetreuer Glaube. Und bei indischen Schriften ist das sowieso klar. Die Bibel hat ja nur wie viel Seiten? 1000, 2000? Also, ich weiß so dick ist die, die ich bei mir habe. Wir haben hier auch irgendwo das Neue Testament. Je nach Schriftgrößer wird es zwischen 1000 und 1500 Seiten haben. Die Mahabharata allein ist länger als die Bibel und dann die Ramayana ist genauso lang. Die Veden sind zehnmal so groß. Und dann noch die Smritis und die Puranas, das ist ein riesen Bücherregal. Dennoch, es gilt, aus diesen Schriften heraus, dort finden wir die Wahrheit, denn die Wahrheit ist nichts Neues, die höchste Wahrheit wurde immer wieder beschrieben. In unterschiedlichen Zeiten, in unterschiedlichen Gegenden, von unterschiedlichen Lehrern, auf unterschiedliche Weise interpretiert, der Wege sind viele, aber Wahrheit ist eins. Namen sind viele, aber Wahrheit ist eins.
Ebenso sagt er hier, „Vertrauen in die Worte des Meisters.“ Natürlich, zu allererst muss man prüfen, ist der Meister überhaupt ein sattviger Meister. Es gibt genügend Scheinheilige, die durch die Welt gehen. Da werde ich jetzt nicht viel darüber erzählen. In der Yogalehrerausbildung hat ihr etwas darüber gehört oder wenn ihr die Raja-Yoga-Weiterbildung macht, dort wird typischerweise etwas mehr darauf eingegangen. Was sind die Charakteristika eines sattvigen Meisters? Wie kann man ihn von rajasigen und tamasigen unterscheiden? Dann, wenn man mal einen Meister angenommen hat, dann gilt es auch, ihm mit Vertrauen zu dienen und in seine Worte Vertrauen zu haben und letztlich das zu tun, was er einem sagt.

Teil 30 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Shatsampat, die sechs edlen Tugenden im Vedanta

Sankara wird euch jetzt auf einem höheren Niveau erklären, wie man diese sechs Eigenschaften interpretieren kann:
„Sama, Ruhe des Geistes heißt, dauerndes Verharren im wahren, eigenen Ziel, indem man sich von den zahllosen Gegenständen der Sinneswahrnehmung loslöst und sich deren Mangel immer wieder vor Augen führt.“ (Viveka Chudamani)
Sama heißt Ruhe des Geistes. Eine andere Möglichkeit ist und das ist eigentlich eine Variation von Vairagya, man macht sich bewusst, alles in dieser Welt hat seine Probleme, nichts macht einen dauerhaft glücklich, alles, was einen Anfang hat, hat auch ein Ende. Der Mensch, der einen heute anlächelt, später stellt er einem das Bein und freut sich, wenn man im Dreck liegt. Ich lasse es jetzt dabei.
23. Vers
„Dama, Selbstbeherrschung heißt, das Festhalten der Sinne und Sinnesorgane in den betreffenden Zentren, indem man sich von den zahllosen Gegenständen der Sinneswahrnehmung abwendet.“
Also, wenn man merkt, da ist ein Cafe und da gibt es den tollen Kirschkuchen und dann schaut man woanders hin und geht weiter. Oder angenommen, ihr macht einen Spaziergang durch den Kurpark von Bad Meinberg, dann kommt ihr erst eben hier durch das Silvaticum, schöne Bäume, geht unter der Brücke durch, wunderschöner See, ihr geht weiter und dann seht ihr einen schönen Brunnentempel, ihr geht noch weiter, links ein Eiscafe. Genau, wenn ihr dort standhaltet, kommt direkt danach rechts eine Konditorei, dort haltet ihr vielleicht auch noch stand. Ihr geht etwas weiter, links kommt eine andere Konditorei, vor der hält man übrigens besser stand. Wenn man rechts geht, rentiert es sich wenigstens. Dama hieße, man geht einfach weiter und lässt sich von nichts beeinflussen und beeindrucken. Und das ist auch durchaus eine gute Übung. Manchmal macht man einfach etwas deshalb nicht, einfach weil man einen Wunsch danach hat. Also nicht nur, weil es einen anderen Grund gibt. Also z.B. gegen Kuchen gibt es ja einige gute Gründe. Bauch oder Zucker oder Eier oder ich weiß nicht, was deutsche Konditoren noch in den Kuchen reinsetzen. Es sind nicht nur biologisch-ökologisch natürliche Zutaten. Und der Naturkostladen hat typischerweise immer geschlossen, wenn ihr frei habt. Es sei denn, ihr verzichtet aufs Frühstück oder kürzt es ab. Aber nicht nur aus anderen Gründen, sogar selbst am Naturkostladen, wenn da Hundertprozent gesunde Sachen sind, und seit es Yoga Vidya gibt, haben die den Anteil an Süßigkeiten etwa verdoppelt, ist mir aufgefallen. Vor sechs Jahren waren da wenige Regale mit Süßigkeiten, jetzt sind dort relativ viele gesunde Süßigkeiten drin. Und irgendwie scheinen die sogar zu wissen, was wir hier anbieten, denn die bieten anderes dort an. Und ich komme auch nie dorthin, ohne einen Mitarbeiter dort zu treffen oder einen Gast. Aber selbst wenn es Hundertprozent gesund ist, auch mal sagen, „Ich esse es trotzdem nicht.“ Oder ihr habt einen Wunsch nach irgendetwas und dann macht es einfach deshalb nicht, um nicht Sklave eures Geistes zu sein, um zu sagen, „Ich bin Herr oder Frau im Haus.“
„Vollkommene Ruhe, Uparati, bedeutet, dass das Denken nicht auf äußere Sinneseindrücke reagiert.“
Also, Uparati hat so verschiedene Bedeutungen. Hier sagt er, vollkommene Ruhe, es heißt aber eben auch Abwenden, es heißt auch Überdruss, es ist ein vielschichtiges Wort dort. Also hier, Denkorgan reagiert nicht auf äußere Sinneseindrücke.
Titiksha – wird hier übersetzt von diesem Übersetzer als Langmut – nennt man das Ertragen aller Art von Leiden, ohne den Gedanken an Rache, ohne Angst und Kummer und ohne Klagen. Titiksha ist auch eine gute Übung und im Grunde genommen, wenn wir uns Titiksha als eine der wichtigen Eigenschaften anschauen, dann können wir irgendwo Leiden auch was Positives abgewinnen. Also angenommen, es kommt eine Krankheit. Da kann man sagen, „Aha, schön, dass der Körper jetzt eine Krankheit hat. Eine gute Gelegenheit, Titiksha zu üben.“ Ist vielleicht sogar mit Schmerzen verbunden. Eine gute Gelegenheit, Titiksha zu üben. Wobei ich euch jetzt nicht raten würde, auf Schmerzmittel zu verzichten. Die heutige Medizin sagt ja, wenn man Schmerzen hat und die Ursache dann irgendwo kennt und auch was an der Ursache macht, dann sollte man sogar relativ früh Schmerzmittel nehmen, dass kein Schmerzgedächtnis entsteht. Und das machen manchmal naturverbundene Menschen falsch, sie nehmen dann lange Zeit keine Schmerzmittel und nachher muss man Hämmer nehmen. Und wenn man einmal ein Aspirin genommen hätte, hätte vielleicht eine Tablette ausgereicht, dass irgendwo ein kleiner Unfall nicht zur chronischen Problematik wird. Noch besser ist natürlich, man schafft es mit einer Affirmation, den Schmerz zu beseitigen und mit einer Entspannung und damit verbundenen Affirmation. Aber jetzt jenseits dieser, mindestens heutigen medizinischen Empfehlung, die vielleicht in einem Jahr wieder überholt ist, wenn äußeres Leiden kommt, dann kann man das annehmen und sagen, es ist eine gute Übung, um stark zu werden. So irgendwo, mindestens als Junge hat man so gehört, „Was dich nicht umbringt, macht dich stark.“ Ich weiß nicht, Mädchen, haben die das auch gehört? Ja, auch. „Nur die harten kommen in den Garten.“, den Ausdruck habe ich nicht gehört, der war vielleicht in einer anderen Gegend Deutschlands populär. Stimmt natürlich nicht immer. Aber irgendwo, Stärke des Geistes heißt auch eben, mit widrigen Umständen umgehen zu können. Und auch heißt es, Gold wird im Feuer rein. Oder, der Schmied macht die Kunstgegenstände, indem er das Eisen erst heiß macht und dann feste draufschlägt. Und irgendwo macht das auch unser Karma. Ab und zu mal wirft es uns in den Ofen und anschließend werden wir links und rechts und oben und unten draufgehauen. Das ist jetzt keine sehr romantische oder freundliche Ausdrucksweise. Ich weiß auch nicht, warum die mir jetzt gerade einfällt, denn so häufig gebrauche ich ja so etwas nicht. Vielleicht um meine bisherige freundliche Ausdrucksweise etwas auszugleichen. Aber so passiert es ja öfters. Das Leben ist ja so. Es ist nicht so, dass unser Schicksal uns immer mit Samthandschuhen anfasst, sondern manchmal geschehen schlimme Dinge und manchmal hat man das Gefühl, dass man in einen Feuerofen reingeworfen ist, den man nicht aushält. Und manchmal hat man das Gefühl, dass man links und rechts verprügelt wird. Es gibt vielleicht sogar Menschen, die physisch verprügelt wurden. Und das sind alles Dinge, die prägen uns. Aber letztlich, was danach folgt ist, Shraddha sagt, wir wissen nicht, warum und wieso und ich halte die Frage, „Warum passiert mir das?“ nicht für eine sehr hilfreiche Frage. Wenn man davon ausgeht, auf irgendeine Art und Weise wachse ich daran, das ist das, was Titiksha ermöglicht. Also hier, man lernt, Leiden anzunehmen. Auch Swami Sivananda hat ja in seinem berühmten Lied, fängt an mit „Serve, love, give, purify, meditate, realize. Be good, do good, be kind, be compassionate. Adapt, adjust, accommodate. Bear insult, bar injury, highest Yoga. Trage Kränkungen, trage Beleidigungen und Schmähungen, das ist höchstes Yoga.“ Das ist ein Zeichen, wir sind ein bisschen vorangekommen. Das ist letztlich eine einfache Weise für Titiksha. Eigentlich gibt es ja Schlimmeres als Leute, die einen irgendwo beleidigen. Aber viele Menschen und ich merke es gerade auf dem spirituellen Weg, vielleicht andere genauso, aber spirituelle Menschen sind manchmal nicht nur gekränkt, wenn man ihnen ein kränkendes Wort sagt, sondern sogar, wenn man sie nicht lobt, sind sie schon gekränkt. Oder Menschen erwarten Anerkennung für alles Mögliche. Titiksha, wir halten all das aus. Und ihr könnt sehen, wie weit seid ihr gekommen und wenn euch heute etwas nicht mehr so ärgert wie vor zehn Jahren, dann seid ihr einen guten Weg vorangekommen.

Teil 29 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Ayurveda Typen und Samadhana, Gelassenheit

So wie man ja im Ayurveda, so in der ayurvedischen Unternehmensberatung sagt man z.B., in einem Team sollten Vata-, Pitta- und Kapha-Menschen dabei sein. Der Vata-Mensch, das ist der, der hat ständig die neuen Ideen. Und heutzutage, in unserer heutigen Welt braucht es immer wieder neue, kreative Ideen. Der Pitta-Mensch, der setzt sie durch. Und der Kapha-Mensch, der sorgt dafür, dass alle was zu Essen haben. Außerdem sorgt er dafür, dass die Veränderungen nicht zu schnell und zu intensiv sind und dass alle vernünftig miteinander sprechen und dass irgendwo es ein bisschen menschlich und liebevoll zugeht. Wenn man das so erkennt, dann weiß man, man ergänzt sich gut. Ansonsten würde der Vata-Mensch sich darüber ärgern, dass der Pitta-Mensch immer mit dem Kopf durch die Wand geht und jede seiner Ideen erstmal ernst nimmt, obgleich das nur einfach mal so spinnert in den Raum geworfen wurde und ärgert sich über den Kapha-Mensch, dieser konservative Typ, egal, was man sagt, der hat immer Einwände gegen fast alles, bremst diesen kreativen Höhenflug und diese Gedankenspiele und all das, was man noch machen könnte. Und der Pitta-Mensch, der ärgert sich über den Vata-Mensch, „Jetzt haben wir doch gerade das beschlossen. Jetzt sind wir dabei, durchzugehen, jetzt will er plötzlich das Gegenteil machen. Könnte der nicht mal bei einer Sache bleiben? Und jetzt haben wir das beschlossen, jetzt könnte er das doch wirklich mal machen. Außerdem, muss der immer zu spät kommen, zu früh kommen und an Orten auftauchen, wo er nichts zu suchen hat? Könnte der nicht einfach seine Arbeit machen?“ Und über den Kapha-Mensch ärgert sich vielleicht der Pitta-Mensch, „Muss der denn so träge sein? Kann der nicht mal seinen Hintern hochkriegen und in die Gänge kommen? Ich muss den Wagen immer aus dem Dreck zerren und muss diesen Menschen auch noch mit mir hinterher schleifen.“ Und der Kapha-Mensch würde vielleicht dann sagen über den Vata-Mensch, „Kann der nicht mal Ruhe geben? Leben könnte so gemütlich sein. Muss denn immer diese Unruhe sein?“ Und über diesen Pitta-Menschen, „Was muss der immer mit dem Kopf durch die Wand und was schiebt der mich immer, was soll das denn? Entspannen, lass doch mal los. Fahr doch mal in Urlaub oder mach mal Pause oder geh mal nach Hause oder sonst etwas.“ Also, man kann sich entweder über andere ärgern und über sich natürlich auch. Manchmal denkt man ja als Vata-Mensch, „Ach, wäre ich doch ein Kapha-Mensch.“ und manchmal denkt man als Kapha-Mensch, „Ach, wäre ich doch ein Pitta-Mensch.“ Oder ein Pitta-Mensch, „Ach, wäre ich doch ein Vata-Mensch, dann könnte ich alles leichter sehen. Die tänzeln dort irgendwo dort rum und ich armer Mensch muss alle Arbeit machen.“ Jeder ist so, wie er ist und Krishna sagt ja, man soll seiner Natur folgen, seiner Prakriti folgen und das können wir für uns selbst machen und wir können es auch bei anderen akzeptieren. Und all das gehört irgendwo auch zu Titiksha dazu. Es klingt ein bisschen negativ formuliert, es aushalten zu können, aber letztlich heißt es, Dinge, die einem zunächst mal nicht passen, auch annehmen zu können. Das ist eine andere Bedeutung, Titiksha. Daran können wir auch arbeiten. Und wir können das dann sehen, also auch in Partnerschaften. Z.B. angenommen, beide sind Pitta, dann müssen natürlich beide aufpassen, dass sie sich nicht gegenseitig verbrennen. Wenn beide Vata sind, müssen sie aufpassen, dass sie sich nicht irgendwo verlieren. Vata können noch dazu in unterschiedliche Gegenden fliegen. Oder beide Kapha, da kann es sein, dass morgens keiner aus dem Bett kommt und der Urlaub nur liegen am Strand dort ist. Man kann zwar sagen, ist wenigstens Hitze, da kriegen sie das Pitta-Prinzip von oben draufgeführt. Aber am Strand liegen und zwischendurch den Magen vollgeben, ist auch nicht die Lösung. Aber oft, gleich und gleich verträgt sich relativ gut. Aber andererseits, angenommen, da ist ein Vata- und ein Pitta-Mensch zusammen, dann kann der eine sagen, „Ah, der gibt mir immer die Ideen.“ und der andere sagt, „Toll, mein Partner setzt dann auch einiges davon durch.“ Dann freut man sich. Oder der eine ist Pitta und der andere ist Kapha, dann dankt der Kapha-Mensch dafür, dass er neue Impulse öfters kriegt und aus dem Trott herauskommt. Er wird zwar immer schimpfen, wenn er schneller gehen muss bei den Spaziergängen, aber irgendwo weiß er, es ist auch gut für seine Gesundheit. Und der Pitta-Mensch wird öfters dazu gebracht, dass er mal Ruhe gibt, ein bisschen Freizeit nimmt, ein bisschen sich entspannt, auch wenn er sich immer wieder auch zwischendurch ärgert, dass er immer wieder gebremst wird. Aber in einer guten Beziehung weiß der Pitta-Mensch das zu schätzen, denn er weiß, „Das ist gut. So brauche ich nicht krank zu werden, sondern mein Partner oder meine Partnerin hilft mir dort.“ So gilt es, das anzuerkennen und das gilt genauso, wenn ihr in irgendeinem Team seid oder wenn ihr in einer Wohngemeinschaft seid oder in einem Ashram wohnt oder in einem Yogazentrum und verschiedene Yogalehrer habt. Dann habt ihr auch vielleicht einen Vata-Lehrer, der will ständig seine Unterrichtszeiten verändern und er will ständig woanders unterrichten. Da gibt es den Pitta. Das ist der, der irgendwo ein Ego auch hat und sich ärgert, wenn er nicht das kriegt, was er will. Und dann gibt es einen Kapha-Mensch. Den dazu zu bringen, irgendeine andere Stunde zu geben, als die, die er seit fünf Jahren gibt, ist nahezu unmöglich. Und in einem guten Yogazentrum hat man diese beständigen Yogalehrer, die immer das Gleiche machen. Man hat diese Pitta-Yogalehrer, die öfters irgendwie was durchsetzen. Da muss man aber aufpassen, dass man als Zentrumsleiter nicht zur Seite geschoben wird. Die würden gerne das Zentrum übernehmen. Wenn nicht, wenigstens die Schüler übernehmen in ihr eigenes Zentrum, das sie dann gründen werden. Und dann gibt es die Vata. Die sagen ständig ihre Stunden ab und wollen ständig was Neues machen und dann unterrichten sie nicht in der Kleidung, die eigentlich im Zentrum vorgeschrieben ist. Die fangen nicht mit dem Mantra an, mit dem man anfangen soll. Sie gehen zu immer anderen Schulen. Gut, sie bringen neue Ideen rein und man muss ihr Vata ein bisschen dämpfen, aber dafür bringen sie Ideen, die ein Zentrum sehr gut voranbringen können, solange man selbst eben der oder die Leiterin dann bleibt, wenn ihr ein Zentrum leitet. Genauso auch in eurem eigenen Geist. Natürlich ist der Mensch nicht nur Vata, nicht nur Pitta, nicht nur Kapha. Ich würde stark vermuten, die Mehrheit von euch ist sowohl Vata, als auch Pitta, als auch Kapha und in unterschiedlichen Situationen ist man mal das eine, mal das andere. Dennoch, viele haben vielleicht eines, was vorherrschend ist. Shraddha, irgendwo vertrauen, dass die eigenen Eigenschaften auch irgendwo ihren Sinn haben. Auch das Vertrauen, dass man durchaus weiter an sich arbeiten kann. Das Vertrauen, dass die Menschen, mit denen man zusammenarbeitet, genau die richtigen sind oder einem die richtigen Lektionen geben. Das Vertrauen, dass die Umstände, auch wenn man sie momentan nicht versteht, doch irgendwo die richtigen sind, dass wir daran wachsen. Und daraus dann dieses Samadhana, was dann eine tiefe Gelassenheit ist, die daraus entsteht, „Letztlich ist das alles ein relatives Spiel, in meiner wahren Natur bin ich Sat, Chid und Ananda.“ Das war jetzt eine einfache, ich meine, sehr praktikable Interpretation und wenn ihr probiert, das umzusetzen, das hoffe ich, dass euch wirklich das zu Samadhana verhilft.

Teil 28 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Nächstenliebe und Vedanta Jnana Yoga

Liebe deinen nächsten wie dich selbst.“ So heißt es in der Bibel. So ist die Lehre fast aller Religionen. Das heißt, man sollte auch sich selbst lieben. Nicht selbstverliebt sein.. Aber auch der eigene Charakter ist irgendwo liebenswert und verstehbar. Da hat ja die moderne psychologische Forschung und die Evolutionsbiologie und die Paläontopsychologie uns auch einiges geholfen. Wisst ihr, was Paläontopsychologie ist? Paläonto ist die Steinzeit, Paläontopsychologie wird jetzt momentan in der Populärpsychologie relativ populär. Da wird so alles erklärt aus der Steinzeit heraus. Also z.B. angenommen, man hat sich in der Steinzeit irgendwo gefreut und es ist alles toll und man hat das Leben genossen und hat die Schönheit der Natur gesehen und den Himmel und es war alles so meditativ, voller Vertrauen dort und dann kam ein Säbelzahntiger und man fand den auch ganz toll und dann wurde man gefressen und konnte seine Gene nicht weitergeben. Dagegen jemand, der hat was Schönes gesehen und er hat gedacht, „Das mag jetzt schön sein, aber wo ist der Säbelzahntiger?“, der hat überlebt. Und deshalb hat heute die Mehrheit der Menschen, wenn irgendwas schön ist, können wir es kurz genießen und dann schauen wir, wo ist der Haken dort hinter. Und wenn irgendwo alles gut ist, irgendwie werden wir in Sicherheit gewiegt, da muss irgendwas Schlimmes noch kommen. Oder angenommen, man hat ein kleines Geräusch gehört. Der eine, der sich gedacht hat, „Geräusche hin oder her, ist nicht weiter tragisch. Ich bleibe jetzt ruhig und genieße weiter meinen Atem oder die Schönheit der Rose vor mir.“ Gut, normale Rosen gab es damals nicht, aber es gab auch schöne Blumen. Und dann kam der Bär und hat einen gefressen. Währenddessen der andere, der hat irgendwas gesehen, ist zusammengezuckt, „Was ist da los irgendwo im Wald?“ und der hat überlebt. Deshalb, diejenige, die sich wegen Kleinigkeiten aufregen, hatten in früheren Zeiten einen Überlebensvorteil. Wenn ihr also merkt, dass ihr euch öfters über Kleinigkeiten aufregt, jetzt wisst ihr, warum. Und noch dazu, in einer Horde von Menschen ist es eigentlich durchaus gut, wenn es ein paar gibt, die so ein bisschen gleichmütiger sind, aber es muss ein paar geben, die sich wegen jeder Kleinigkeit sofort aufregen und erschrecken. Wenn dort nämlich eine Horde von zehn bis dreißig Menschen ist – was man annimmt, so groß waren so die Horden, mit denen die Menschen durch die Gegend gelaufen sind – und da reicht es ja aus, wenn da eins, zwei oder drei so hochschrecken. Dann können sie die anderen warnen. Und deshalb, wenn ihr also feststellt, ihr gehört zu denen – früher hat man, glaube ich, HB-Männchen oder so ähnlich gesagt – die wegen jeder Kleinigkeit an die Decke springen, dann wisst ihr, „Ja, in früheren Zeiten war mein Temperament überlebensnotwendig für meinen Stamm.“ Ist vielleicht heute nicht mehr ganz angemessen, aber durchaus menschlich verständlich. Oder auch, zu jeder Horde braucht es ein paar Unkonventionelle, die immer alles von einem anderen Blickwinkel aus gesehen haben und mit denen die anderen nichts anfangen konnten. Aber die haben dann die verrückten Erfindungen gemacht. Deshalb sind wir heute nicht mehr in der Steinzeit, weil irgendjemand mal auf die verrückte Idee gekommen ist, statt vor dem Feuer wegzurennen, sich das mal anzugucken und zu schauen, könnte das vielleicht für irgendwas nützlich sein. Vollkommen verrückte Idee. Wenn ihr also Menschen seid, die öfters verrückte Ideen haben und deshalb bei anderen immer wieder anecken, dann wisst ihr, ist irgendwo überlebensnotwendig gewesen. Und das wisst ihr nicht nur für euch selbst, sondern ihr könnt auch sagen, das gilt auch für eure Mitmenschen. Da gibt es dort jemanden vielleicht in eurem Team oder in eurer Familie, der sich wegen jeder Kleinigkeit immer furchtbar aufregt , da wisst ihr, „Aha, Frühwarnsystem.“ Ab und zu mal kann da ja auch was dran sein. Oder jemand reagiert immer über oder irgendjemand hat diese verrückten Ideen und kann bei nichts bleiben, dann wisst ihr, hat auch irgendwo seine Funktion. Und nicht nur, es hatte seine Funktion, es hat auch häufig heute seine Funktion.

Teil 27 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Die edlen Tugenden des Vedanta als Grundlage des Jnana Yoga

Wir sind im Viveka-Chudamani, Kleinod der Unterscheidung, Vers 22. Sankara spricht jetzt über die Shatsampat, die sechs edlen Tugenden. Er spricht gerade über Sadhana Chatushtaya, die vier Hauptgrundlagen oder die vier Eigenschaften, die ein Aspirant braucht, um die höchste Wahrheit erfassen zu können. Wenn wir das so genau anschauen, wie er das so alles definiert, ist das eigentlich schon so hoch definiert, dass man sagen kann, da wird man sein ganzes Leben daran arbeiten. Und so ist es letztlich auch. Und es heißt ja auch, je weiter wir auf dem spirituellen Weg sind, umso weiter schreiten wir fort in diesen Sadhana Chatushtayas. Und das ist auch das, was man sich regelmäßig fragen kann, „Bin ich in diesen Sadhana Chatushtayas, schreite ich dort voran oder eben nicht?“ Und wenn man dort feststellt, dass man nicht dort voranschreitet, dann gilt es wieder, die Perspektive im Leben richtig zu setzen. Es ist letztlich auch, die Sadhana Chatushtaya läuft letztlich auf Grundwerte hinaus. Was ist wirklich wichtig im Leben? Und um dahin zu kommen, braucht es eine Viveka, eine Unterscheidungskraft, dort gibt es die Vairagya und es gibt Mumukshutwa, der intensive Wunsch nach Befreiung, den er ja eigentlich ganz am Anfang erwähnt hat, als er von den drei großen Schätzen spricht, die es im Universum gibt. Und er schreibt das nochmals als Teil der Sadhana Chatushtaya, der Vierheit. Die sechs edlen Tugenden, also Shatsampat, Shat heißt sechs, Sampati ist eigentlich auch wieder Reichtümer. Das ist auch das, was wieder besonders wertvoll ist. Das sind auch wieder die sechs Kostbarkeiten, kann man auch sagen. Aber es wird eben auch gesagt, die sechs Eigenschaften, die kostbaren Eigenschaften, die man entwickeln kann. Sie werden auch gerne genannt, die sechs Eigenschaften der Gelassenheit oder die sechs Eigenschaften der Gleichmut. Das ist Sama, Dama, Uparati, Titiksha, Shraddha und Samadhana. Und wir finden in verschiedenen Schriften und verschiedenen Kommentaren diese sechs Eigenschaften auf unterschiedliche Weise definiert. Wir werden gleich hören, was Sankara dazu sagt. Zunächst mal, eine einfache, praktische Weise wäre die folgende Interpretation, die Swami Krishnananda gerne gebraucht hat und die dann auch Shri Kartikeyan, wenn er hier gesprochen hat über die sechs Eigenschaften, so gerne verwendet hat. Das ist dann relativ praktikabel. Sankara gebraucht es auf einem sehr hohen Niveau, er gibt uns immer sehr hohe Ideale, die oft so hoch sind, dass man denkt, das ist ein bisschen weit weg. Wenn man aber weiß, er kommt aus Südindien und die Südinder haben eine gewisse Neigung zur Übertreibung und dann wisst, man darf das nicht gleich wörtlich nehmen, sonst ist man eher entmutigt. Man muss natürlich sagen, der Selbstverwirklichte hat das so vollständig, wie es der Sankara dort schreibt. Aber es sind ja eigentlich die Eigenschaften für einen Neuaspiranten, der zum Lehrer gehen will, um etwas zu lernen. Und jetzt von einem einfacheren Standpunkt aus heißt Sama, Gleichmut bewahren. Dama heißt, die Sinne zu beherrschen. Uparati heißt, den Ort zu meiden. Titiksha heißt, etwas aushalten können. Shraddha heißt Vertrauen und Samadhana ist die tiefe Gelassenheit. So, jetzt hat keiner das mitschreiben können. Alle haben einen gewissen Gesichtsausdruck. Aber es macht nichts, ich kann es ja noch mal langsam sagen. Also Sama heißt, Ruhe bewahren. Das ist jetzt einfach formuliert. Dama heißt, Sinne kontrollieren. Uparati heißt meiden. Das klingt komisch, aber in dieser einfachen Erläuterung. Titiksha heißt, etwas aushalten können. Shraddha heißt Vertrauen und Samadhana, kann man sagen, ist Gelassenheit. Und das ist erstmal auch so wie eine vereinfachende Leiter. Also angenommen, irgendetwas passiert, was nicht so angenehm ist. Am besten wäre es, man ist Sama, man bleibt geistig ruhig. Also angenommen z.B., ihr freut euch auf einen wunderschönen Spaziergang in der Mittagspause und dann regnet es und nicht nur ein bisschen. Und dann kann man eben sagen, Sama, „Macht nichts. Dann werde ich halt nass. Oder dann gehe ich halt irgendwo durch die Hallen hier, ist auch genug Platz.“ Oder nehmen wir noch ein anderes Beispiel. Irgendjemand macht etwas, was man nicht gerne hat. Sama ist, man bleibt ruhig. Aber wenn man das nicht kann, angenommen, man bleibt nicht ruhig, man hat jetzt den intensiven Impuls, den anderen anzubrüllen oder noch schlimmer, ihm eine zu boxen, dann tritt mindestens Dama in Kraft und Dama heißt Sinnesbeherrschung, wobei dort vor allem die Karma Indriyas gemeint sind, also die Handlungssinne, Handlungsorgane. Also, wenigstens brüllt man nicht los und wenigstens schlägt man den anderen nicht in Ohnmacht. Also Dama, man beherrscht seine Sinne. Wenn man weiß, das wird einem nicht zu lange gelingen, denn der andere erzählt weiter Unsinn, dann gilt Uparati. Dann findet man eine halbwegs freundliche Entschuldigung, den Ort des Geschehens zu verlassen, ehe man sich und andere in Probleme bringt. Und Titiksha heißt dann hier, mit dieser Niederlage, weil man ja als spiritueller Aspirant das Gefühl hat, „Jetzt habe ich schon wieder…“ oder vielleicht hat man sogar trotzdem losgebrüllt. Titiksha, man muss auch das aushalten können, dass man nicht so perfekt ist, wie man eigentlich gehofft hat, dass man ist und dass es einem schon wieder nicht gelungen ist, seine Vorsätze in die Tat umzusetzen. Da muss man auch mit leben können, muss man auch aushalten können, Titiksha. Und dann kommt aber auch Shraddha und Shraddha heißt, das Vertrauen, „Irgendwann wird es mir schon gelingen.“ Es ist eine Frage der Übung und es gilt immer wieder, daran zu bleiben, wieder von vorne zu beginnen und nicht gleich alles in Zweifel stellen, „Oh, jetzt habe ich gerade eine Stunde Pranayama gemacht und trotzdem, als mein Chef irgendwo mir was gesagt hat, dann habe ich es anschließend an meinem Mitarbeiter ausgelassen und habe ihn dafür leiden lassen, dass mein Chef mir vorher irgendwas Dummes gesagt hat.“ Also, da gilt es, man muss das aushalten können, hat aber Vertrauen, irgendwann wird es besser sein. Und hinter allem steckt irgendwo jetzt Samadhana. Jetzt, wenn wir Anfangsstadien nehmen. Samadhana, die Gleichmut, die daraus kommt, letztlich aus der Viveka, „Letztlich, auch wenn ich meinen Gleichmut verloren habe, tief im Inneren bleibe ich immer Brahman. Ich werde nicht deshalb zu einem sündigen, verdammten Menschen, weil es mir jetzt nicht gelingt, so zu sein, wie Krishna das in der Bhagavad Gita beschreibt oder wie Sankara das in den nächsten Versen noch mit höherem Anspruch beschreibt.“ In dieser Interpretation ist Samadhana wie die Gleichmut 2. Grades. Ihr erinnert euch an gestern, ich habe vom 1. Grad gesprochen, wo wir gar nicht unruhig werden und wo unser Geist irgendwo in dieser ewigen Unendlichkeit ruht und deshalb Vairagya höheren Grades auch hat und Viveka. Oder wir wissen, „Auch inmitten von all meiner Unruhe und den Emotionen und was sonst noch alles da ist, ich bleibe Satchidananda. Auch, wenn ich verärgert bin. Auch, wenn ich wieder eine Dummheit gemacht habe.“, tief im Hintergrund, „Nicht ich habe die gemacht“, sondern wer hat die gemacht? Dieser Körper in Verbindung mit diesen Emotionen und Samskaras und VAsanas und dieses Chitta, wer diese Ausdrücke kennt. Manchmal hilft es nämlich, Ausdrücke in einer Sprache zu nehmen, mit der man sich nicht so identifiziert. Wenn man sagt, „Oh, ich war wieder so ärgerlich.“, ist eine Sache. Zu sagen, „Mein Chitta war wieder so rajasig und da ist ein Krodha in seiner tamasigen Form zum Vorschein gekommen, mit einer relativ großen Shakti verbunden. Das ist nicht so tragisch wie, „Ich habe mich wieder so total geärgert und bin so ein schlimmer Mensch.“ Versteht ihr das? Also, Samadhana. Und das ist wie eine schöne Jnana-Yoga-Weise wie man mit seinem Geist umgehen kann. Natürlich, am besten ist, uns ärgert es nicht, wenn jemand uns beschimpft. Oder was ich oft merke, was in Yogakreisen Menschen noch mehr ärgert, ist, wenn sie hören, dass jemand anderes gesagt hätte, er hätte gehört, dass jemand viertes gesprochen hätte, dass man sich falsch verhalten hätte. Oder irgendwo, gestern habe ich eine Email gehabt von jemanden, der hat gesagt, er hätte gehört, dass in manchen Kreisen man schlecht über mich sprechen würde. Ist schlimm, oder? Was auch immer das heißen mag. Er hat gehört, dass jemand anderes gesagt hätte, dass usw. Also, irgendwo scheint das spirituelle Menschen fast noch mehr zu berühren. „Wenn er mir das wenigstens gesagt hätte.“ Aber Menschen sind so, wie sie sind. Also angenommen, jemand spricht zu einem direkt positiv und dann hört man, hinterrücks hätte er nicht so positiv gesprochen. Ist das wirklich ein Heuchler? Nicht wirklich. Menschen sind komplex genug und manchmal brauchen sie jemanden, mit dem sie irgendwie mal etwas besprechen müssen. Nichtsdestotrotz, ihr selbst solltet das natürlich nicht machen, über andere hinterrücks negativ sprechen, während ihr nach vorne positiv sprecht. Aber zunächst mal Ruhe bewahren und irgendwo erkennen, jeder Mensch lebt in seiner eigenen Maya und seinem eigenen Universum und in seiner eigenen Illusion und irgendwo wird jeder auch seine Gründe haben, so zu handeln und zu denken, wie er es tut. Und ich handle eben so, wie es notwendig ist, aus dieser Sama, dieser inneren Gelassenheit. Wenn das nicht möglich ist, dann vermeidet man wenigstens, „Dem werde ich es zeigen.“ und dann hinterrücks, vielleicht noch dazu anonym, irgendwelche Tipps dort geben, was das für ein schlimmer Mensch ist, sondern das vermeidet man. Im Alten Testament wird es relativ brutal ausgedrückt, „Mein ist die Rache, spricht der Herr.“ Das soll im Wesentlichen heißen, Karma erledigt die Aufgaben selbst. Es liegt nicht an uns, anderen die Lektionen zu erteilen. Versteht ihr das? Es gibt vielleicht die Ausnahme. Angenommen, ihr habt eine Verantwortung für einen Menschen, z.B. für eure Kinder. Oder z.B. ihr habt Mitarbeiter. Gut, dann gilt es schon, auch Feedback zu geben und man muss schon dann das tun, was nötig ist. Aber nicht jetzt einfach, um eine Lektion zu geben, „Dem werde ich es zeigen.“, Rachegedanken und aus einem falsch verstandenen Gerechtigkeitssinn. Und notfalls muss man eben Dama beherrschen oder notfalls den Ort des Geschehens verlassen, Uparati, eine Weile Abstand gewinnen, eine Nacht darüber schlafen, ein paar Gläser kaltes Wasser trinken.
Hier widerspreche ich jetzt, aber auch vom Ayurveda her, wer ein Pitta-Temperament hat, ist kaltes Wasser durchaus gut, mindestens hier in unseren Breiten. In Indien war kaltes Wasser früher nie gut. Warum? Keimbelastung, Infektionsgefahr. Einer der Gründe für die Warmwasserempfehlung im Ayurveda, das ist eine wichtige Gesundheitsempfehlung. Wasser muss abgekocht sein in Indien. Und auch, im Zweifelsfall gegen Amöben hilft noch nicht mal kurzes Abkochen, sondern es muss ein bisschen länger abgekocht werden. Es gibt manche Keime, die überleben ein kurzes Abkochen. Also, längeres Abkochen. Hier im Westen muss man das nicht ganz so sehen, obgleich auch im Westen Kapha- und Vata-Temperament vermutlich von warmen Wasser irgendwo profitieren, aber ein Pitta-Mensch kann im Westen kaltes Wasser trinken. Und in den meisten Fällen, der banalste Ratschlag zum Umgang mit Ärger ist, eine Nacht darüber schlafen, bevor man reagiert, wenn man etwas hört, was einem nicht passt. Man kann auch sagen, zehn Atemzüge atmen, ist auch schon gut bei kleinerem Ärger, aber manchmal ist ein Tag darüber schlafen gut, Uparati. Und wenn es einem mal nicht gelungen ist, so zu reagieren, dann ist das jetzt auch kein Drama. Wir müssen uns nicht ein dauerhaft schlechtes Gewissen machen. Letztlich, Titiksha, man muss auch damit leben können, dass wir nicht ganz so unseren hohen Idealen dort folgen können. Das muss man auch aushalten können und letztlich heißt es ja auch

Teil 26 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Erkenne die Höchste Wahrheit durch Jnana Yoga, nicht durch Karma

„Werke dienen der Läuterung des Herzens, führen aber nicht zur Erkenntnis der Weisheit. Wahrheit erschließt sich durch kritisch unterscheidendes Nachdenken und Abwägen, Vichara, und nicht im Geringsten durch Millionen von Werken.“ So schreibt es Sankara im Werk „Viveka Chudamani“ im 11. Vers. Also, was wir machen an Karma, das sind jetzt Werke, und das sind sowohl wohltätige Werke, das sind Rituale, es sind aber auch Praktiken wie Asanas, Pranayama, Mantrarezitation, das allein führt nicht zur Verwirklichung, aber es führt zur Läuterung des Herzens. Was Ähnliches übrigens sagt auch Patanjali im Yoga Sutra. Im Yoga Sutra spricht Patanjali im 2. Kapitel davon, wie man Avidya, Unwissenheit, überwinden kann, nämlich mit Viveka Khyati. Viveka Khyati, beständige Unterscheidung. Und dann schreibt er danach, „Und um den Geist zu Viveka Khyati zu führen, praktizieren die Yogis sieben Stufen.“ Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana, diese sieben praktizieren wir und das hilft, dass der Geist bereit ist zu Viveka Khyati und dann kommen wir zu Samadhi. Und das finden wir letztlich in allen Yogawegen. Natürlich, der Sankaracharya spricht jetzt von Jnana Yoga und legt großen Wert auf die Viveka, die Unterscheidungskraft. Er sagt, alles andere bereitet einen vor, dass wir Viveka üben, die Unterscheidungskraft. Bhakti Yoga würde es jetzt nicht ganz so sehen. Also, es gibt ja das Bhakti Sutra von Narada und dort wehrt sich sogar der Narada gegen – man könnte sagen – die Vereinnahmung durch die Jnana Yogis. Da heißt es nämlich, manche sagen, dass Bhakti ein Hilfsmittel ist für Jnana. Andere sagen, dass Jnana ein Hilfsmittel ist für Bhakti. Und Narada sagt dann, Bhakti allein ist sich selbst genug und durch Bhakti und Bhakti allein erreicht der Weise die Selbstverwirklichung. Also, er setzt dort etwas anderes hin und sagt, über Bhakti Yoga können wir die Verwirklichung erreichen. Aber Narada würde nicht sagen, wenn wir ausreichend viele Stunden Puja geübt haben, dann haben wir die Selbstverwirklichung erreicht. Und er würde auch nicht sagen, „Wenn du ausreichend Japa geübt hast, erreichst du die Selbstverwirklichung.“ Und auch nicht, „Wenn du soundso viele Stunden Mantras gesungen hast, erreicht zu die Selbstverwirklichung.“ Auch nicht, „Wenn du soviel Quadratmeter deiner Wand mit Götterbildern voll hängst, erreichst du die Selbstverwirklichung.“ Sondern, die Verwirklichung kommt durch Liebe, im Bhakti-Sinn. Alles andere ist Hilfsmittel. Alles andere hilft natürlich. Natürlich, Mantrasingen hilft, Liebe im Herzen zu erzeugen. Wer Pujas macht, kann diese Liebe spüren. In der Homa können wir Liebe spüren. Aber es ist die Liebe letztlich, die im Bhakti zur Verwirklichung führt. Die Liebe, und wenn sie dann zur Verwirklichung führt, wird es als Gnade erfahren. Und dort würden wir nicht sagen, „Ah, ich habe Gott ausreichend verehrt, deshalb habe ich ihn verwirklicht.“ Ich kenne keine Biographie eines Meisters, wo der Meister sagt, „Ja, ich habe Gott stark verehrt und wegen meiner starken Verehrung habe ich ihn verwirklicht.“ Es gibt Meister, die sagen, „Ja, ich habe ihn verwirklicht und du kannst ihn auch verwirklichen. Aber letztlich ist es durch Gnade gekommen.“ Insgesamt wird man sagen können, im Höchsten kommt die Verwirklichung entweder durch Bhakti oder durch Jnana. Ihr lernt hier zwar sechs Yogawege. Was gibt es außer Bhakti und Jnana noch? Raja Yoga, Karma Yoga, Hatha Yoga und Kundalini Yoga. Man kann es auch noch anders einteilen. VivekAnanda hat es nur in vier eingeteilt und Patanjali sagt an einer anderen Stelle, „Yogas Chitta Vritti Nirodha. Yoga ist das Zur-Ruhekommen der Gedanken im Geist. Tada Drashtuh Swarupe Vasthanam. Dann ruht der Sehende in seinem wahren Wesen.“ Ich muss allerdings sagen, mir ist jetzt kein Yogameister der letzten paar hundert Jahre bekannt, der die Selbstverwirklichung dadurch erreicht hatte, dass er seinen Geist hundertprozentig zur Ruhe gebracht hat über systematische Beherrschung des Geistes. Oder im Kundalini Yoga würde man sagen, Kundalini erwecken, ins höchste Chakra. Ist Kundalini im Sahasrara Chakra, ist Shiva und Shakti eins und dann – Selbstverwirklichung. Wiederum kann ich dort sagen, mir ist jetzt keiner bekannt, der die höchste Verwirklichung erreicht hat durch intensive Kudalinipraktiken. Letztlich sind das alles Vorbereitungen und Hilfen. Letztlich, alle großen Meister, wie VivekAnanda, Rama Krishna, wie Sivananda, Ramana Maharshi, Shir Oru Bindu oder auch Papa Ramdas und viele andere, Mutter Krishnabai, Anandamayama, letztlich ist es entweder über Jnana Yoga oder Bhakti Yoga und meistens beides. Der Mensch ist so kompliziert und so komplex, im Raja Yoga müsste man sagen, man muss alle seine Marotten überwinden und dann hat man die Selbstverwirklichung. Den Geist vollständig beherrschen. Jetzt aus euerer Erfahrung, diejenigen, die länger als zehn Jahre praktizieren. Was denkt ihr, zu wie viel Prozent habt ihr euren Geist unter Kontrolle? Wie viel Prozent Fortschritt habt ihr gemacht die letzten zehn Jahre? Also, keiner traut sich jetzt. Nachdem ich so angefangen habe, selbst diejenigen, die jetzt sagen würden, zwanzig Prozent… Ich kann euch aber hier einen Trost geben. Der Trost ist, ihr müsst eueren Geist gar nicht mal so vollständig beherrschen. Oder diejenigen von euch, die intensiv Pranayama üben. Was denkt ihr, wie viel Prozent der notwendigen Kundalinierweckung habt ihr inzwischen erreicht? Wie viel Prozent des Weges ist noch vor euch? „Kann morgen kommen. Vielleicht sind es schon 99 Prozent.“ Und außerdem, wenn wir die ganzen 8.400.000 Inkarnationen dort einsetzen, wenn es noch zehn Inkarnationen sind, habt ihr nur noch ein Millionstel vielleicht noch zu machen. Aber ich will damit eben auch nur sagen, es ist gut, an seinem Geist zu arbeiten, es ist gut, sein Prana zu erhöhen, es ist gut auch, uneigennützigen Dienst zu machen, aber all das sind letztlich Vorbereitungen. Und dann geht es darum, entweder Gott sich ganz hinzugeben und alles, was man macht, Gott darzubringen, einschließlich von all diesen großen Eigenschaften, die man in sich kultiviert hat, einschließlich allem Prana und Kundalinierweckung, einschließlich aller Fehler und Probleme und Neurosen und sonstigen Geschichten, all das bringen wir Gott dar. Und dann kommt die Gottnähe und sie kann klein da sein, sie kann groß da sein. Wir müssen noch nicht mal die volle Verwirklichung haben, um Gott ganz zu spüren. Wir müssen noch nicht mal halbwegs vollkommen sein, um Gottes Gegenwart zu spüren – das ist jetzt Bhakti Yoga – wir können es auch so schon spüren. Und Swami Vishnu-devananda hat uns das gerne auch immer wieder so gesagt. Er hat gesagt, „Auf der einen Ebene, arbeitet an euch selbst und dient anderen. Auf der anderen Ebene letztlich, Gott mag euch, so wie ihr seid. Daher könnt ihr euch auch so darbringen, wie ihr seid, mit allem, was ihr habt.“ Und genauso auch mit Jnana Yoga. Auf der einen Seite ist auch wieder gut, an sich zu arbeiten, aber dann gilt es, sich zu lösen vom Vergänglichen. Wir werden nicht mehr oder weniger, dadurch, dass wir an uns arbeiten. Das hilft, uns zu reinigen, das hilft, uns zu lösen, das hilft uns, Viveka Khyati zu entwickeln, aber letztlich geht es darum, unsere wahre Natur zu erfahren. Und das wiederum kann vielleicht noch heute passieren oder vielleicht nächsten Sonntag, also Sonntag in acht Tagen. Aber vielleicht auch schon jetzt. Und im Kleineren, nehme ich an, habt ihr das alle schon mal erahnt, sonst hättet ihr euch nicht ausgerechnet zu diesem Viveka… Ich weiß ja nicht. Vielleicht seid ihr nur deshalb gekommen, weil Narayani Asanas unterrichtet und jetzt nehmt ihr das auf euch. Oder um das 2-Jahres-Zertifikat zu kriegen, dass die Krankenkassen vielleicht euch eure Kurse bezahlen und dann lasst ihr jetzt diese eigenartige Wortschwelle über euch ergehen. Menschen machen ja vieles, aber ich nehme eigentlich an, ihr seid interessiert an diesem höchsten Wissen und deshalb seid ihr auch hier und ihr habt es auch schon irgendwann mal erahnt. Und diese Aussagen, „Aham Brahmasmi“, haben euch irgendwann schon mal berührt und vielleicht einige von euch so tief berührt, dass sie wissen, „Was auch immer sonst geschieht, so erheblich ist es nicht.“ So wie Swami Sivananda gerne gesungen hat, „Hara Hala Me Almasta Satchidananda Hum. Was auch immer geschieht, ich bleibe immer Sein, Wissen und Glückseligkeit.“ Dieses Bewusstsein ist letztlich die höchste Entspannung. Ähnlich auch wie Bhakti Yoga, wissen, „Gott allein ist und Gott liebt mich so, wie ich bin. Egal, was ich tue, Gott liebt mich trotzdem.“ Auch höchste Entspannung und das, was Bhakti und Jnana letztlich einem gibt. Es gibt einen – obgleich sie beide darauf bestehen auf Mumukshutva – dennoch ein tiefes Gefühl von Entspannung und nimmt uns jegliche Form von Leistungsdruck. Das sollte uns nicht zu trägen Menschen machen, wir sollten weiter Asana, Pranayama, Meditation, Mantrasingen praktizieren, aber wissend, das wirkt auf unsere Koshas. Das, worum es geht, das ist unabhängig davon. „Hara Hala Me Almasta Satchidananda Hum. Was auch immer geschieht, meine wahre Natur ist Sein, Wissen und Glückseligkeit.“

25. Teil der Niederschrift von Vorträgen im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.