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Befreiung, Erlösung und Selbstverwirklichung

Frage: Der Wunsch nach Befreiung und der Wunsch nach Selbstverwirklichung, ist das das gleich oder etwas Unterschiedliches?
Vom vedantischen Standpunkt ist der Wunsch nach Selbstverwirklichung und Befreiung das Gleiche. Letztlich, der Wege sind viele, der Wahrheit ist eins. Worte sind viele, aber Wahrheit ist eins. Selbstverwirklichung, Erlösung, Moksha, Nirvikalpa Samadhi, höchste Erkenntnis, Unio Mystica, Nirwana – all das bedeutet das Gleiche. Also, Wunsch nach Befreiung, Wunsch nach Gottverwirklichung, Wunsch nach Selbstverwirklichung, Wunsch nach Nirvikalpa Samadhi – im Grunde ist alles das Selbe, es ist nur Frage der Worte. Manche Menschen wollen nicht den Ausdruck Befreiung, aber Selbstverwirklichung finden sie gut. Manche finden den Ausdruck Selbstverwirklichung nicht so gut, weil er ja auch zwei Hauptbedeutungen hat: Im Kontext der humanistischen Psychologie heißt Selbstverwirklichung irgendwo sich selbst kennenlernen, sich selbst anzunehmen, seine Talente zum Vorschein zu bringen und dem zu folgen, was irgendwo tief im Inneren angelegt ist, ein authentisches, selbstbestimmtes Leben zu führen. Das ist der humanistische Begriff der Selbstverwirklichung. Im Yoga meint man ja damit etwas anderes. Wir wollen unser wahres Selbst verwirklichen und das ist jenseits von allen Talenten und Möglichkeiten und so weiter. In diesem höheren Sinn, im spirituellen Sinn das Wort „Selbstverwirklichung“ verstanden, ist es gleichbedeutend mit dem anderen. Dann ist es eine Frage, wie man es nimmt.

Teil 41 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Frage zum Karma

„Hat die Art, wie man etwas erledigt, einen Einfluss auf das Karma? Wenn man sich durch etwas durchquält, ist das besser oder schlechter, als wenn es einem irgendwo leicht fällt?“
Die Art, wie wir etwas erledigen, hat natürlich einen Einfluss auf unser Karma. Denn mal angenommen, wir haben eine bestimmte Aufgabe und wir erledigen sie halbherzig, dann haben wir unsere Aufgabe nicht erfüllt. Dann kommt sie nachher noch mal wieder und zwar mit Zinseszins. Deshalb sollte man nichts halbherzig machen. Was man macht, sollte man so gut machen, wie man es kann und natürlich, wie es in der Situation angemessen ist. Was wir nicht erledigen, das kommt dann später.

Gut, manches Mal kann man auch sagen: ich hudele es jetzt halt hin und ich weiß, es kommt später noch mal. Aber das ist eben, was ich jetzt machen kann und dann mache ich es das nächste Mal richtig. Das ist ja auch OK. Nur insgesamt gilt es, es richtig zu machen. Zum zweiten, das was wir machen aber auch unter Beachtung der Menschen zu tun, mit denen wir es zu tun haben und der Erde. Wenn wir jetzt etwas erledigen und andere dabei kränken, schaffen wir auch neues Karma. Wenn wir es mit einem dicken Ego erledigen: Ah, ich bin der große Hecht, der das besser macht als alle anderen, dann hat das auch wieder einen Einfluss auf das Karma. Man sagt ja auch: Hochmut kommt vor dem Fall. Glücklicherweise hilft uns das Karma, wenn unser Ego zu dick wird, indem es irgendwann eine Nadel da rein pickst und dann geht die Luft raus.

Ansonsten aber kann man jetzt nicht sagen, mal angenommen, man hat eine unangenehme Arbeit zu tun. Dann macht man sie halt. Das ist dann halt unangenehm. Und ein anderes Mal hat man eine Arbeit zu tun, eine Aufgabe und die macht man sehr gerne. Wenn man beides macht, so gut wie man es kann als seine Pflicht und seine Aufgabe, die man Gott darbringt, wenn es einem irgendwo vielleicht nicht ganz so erheblich ist, ob man es mag oder nicht mag, dann ist beides eine gute Einstellung. Zumindest vom Jnana-Yoga Standpunkt aus. Da ist es ja egal. Man macht Erfahrungen, aber ob da jetzt schöne oder negative Erfahrungen dabei sind, ist jetzt nicht weiter erheblich. Manchmal kann man sogar sagen, es gehört zum Karma dazu, dass man mal positive und mal negative Erfahrungen macht. Und dann ist es ja gut, wenn man jetzt die negativen Erfahrungen hinter sich hat. Also schön, dass sie jetzt da sind. Außerdem lernt man dabei Tapas, Askese-Übungen. Das macht auch den Geist stark. Auf einer anderen Ebene, und das ist dann mehr vom Raja-Yoga her, ist es durchaus auch gut, das zu mögen, was man zu machen hat. Wenn man also eine Aufgabe hat, dann ist es gut, wenn man lernt, es zu mögen. Und es ist jetzt nicht so, dass bestimmte Aufgaben, die man hat, die mag man und die anderen kann man nicht mögen. Sondern man kann sich auch fragen: Wie kann ich die Aufgabe so machen, dass ich sie mag. Wenn man also jemand ist, der gerne freudig im Leben ist, dann kann man überlegen: wie kann ich die Aufgabe machen, dass ich sie mag? Aber nicht jeder Mensch will freudig im Leben sein. Ich habe euch gestern erzählt von dem melancholischen Menschen. Da gehört es irgendwo zum Vairagya dazu, dass man immer wieder erkennt: alles Leben ist Leiden und das durchaus etwas wörtlicher nimmt. Man arbeitet also eben sein Karma ab: das ist zu erledigen und ich mache es so gut, wie ich kann, und das ist zu erledigen und auch das mache ich so gut wie ich es kann. Freude habe ich in der Meditation. Freude habe ich, wenn ich hinter die Dinge schaue. Freude ist auch ein Ansatz und er ist legitim. Für die Mehrheit der Menschen ist es durchaus gut zu lernen, das zu mögen, was man macht, ohne verhaftet zu sein.

 

41. Teil der Niederschrift von Vorträgen im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Wünsche, Leben nach dem Tod, nächstes Leben und Reinkarnation

Frage: „Wenn man sich wünscht, im nächsten Leben einen Porsche zu haben?“
Wenn das ein sehr großer Wunsch ist, würde ich ihn nicht aufs nächste Leben vertagen, sondern ihn in diesem Leben vielleicht mal zwei Stunden mieten oder so ähnlich, dann habt ihr vielleicht den Wunsch hinter euch gelassen, zumindest als spiritueller Aspirant. Außerdem weiß man ja gar nicht, ob es dann noch Porsches gibt. Die Wahrscheinlichkeit ist mit einem guten Lebensstil, dass man noch 40 bis 50 Jahre lebt, dann braucht man noch ein paar Jahre, bis man wiedergeboren ist. Dann noch mal 20 Jahre, bis man den Führerschein hat, oder 18. Und dann vielleicht noch mal 20 Jahre, bis man es sich leisten könnte. Ob es aber in hundert Jahren noch Porsches gibt… Deshalb muss man gut aufpassen auf seine Wünsche.

Wir bekommen das, was wir brauchen. Wir bekommen nicht unbedingt genau das in dem Moment, in dem wir es gerne haben. Wenn dem so wäre, würde sich ja jetzt niemand wünschen, in Afghanistan oder im östlichen Kongo geboren zu werden. Trotzdem werden dort mehr Menschen geboren als hier. Es ist also nicht so wie ein Internet-Webshop, wo man sich das dann aussucht. Sondern wir werden da geboren, wo wir zum einen unsere Wünsche erfüllen können und zum anderen, wo unser Karma kommt, wo wir unsere Lernlektion bekommen, die wir brauchen, um zu wachsen. Auf der einen Ebene haben wir es uns also ausgesucht, aber nicht wie in einem Internetshop und auch nicht wie im Quelle-Katalog.

Teil 40 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Spirituelle Praxis ohne Wunsch nach Befreiung?

Frage: „Was ist, wenn man gerne zurückkommt, also nicht vom Kreislauf von Geburt und Tod befreit sein will“?
Zunächst mal ein Trost: es gibt keine Befreiung wider Willen. Solange man weiter auf die Erde zurückkommen will, solange braucht man keine Angst haben, dass man vorzeitig die Verwirklichung erreicht. Das also zum Trost.

Sankara gibt darauf auch in einer Hymne eine Antwort, die ich euch auch schon mal genannt habe: Wieder wirst du geboren, wieder wirst du aufwachsen, wieder wirst du alt, wieder wirst du sterben, wieder wirst du Kinder in die Welt setzen, wieder wirst du sie verlassen. Jeder, den du siehst, war schon mal dein Vater. Jeder, den du siehst, war schon mal deine Mutter. Jeder, den du siehst, war schon mal dein Kind, dein Bruder, deine Schwester. Wann hast du genug davon?

Wenn man wieder auf die Welt kommt, gibt es erstens keine Garantie, dass man seine Enkel erlebt. Man kann ja auch irgendwo in Afrika geboren werden oder in Australien. Und es gibt keine Garantie, dass die Enkel dann leben. Wenn man dann wiedergeboren wird, wird man nicht unbedingt als deren Großmutter geboren, vielleicht wird man dann als deren Angestellter geboren und wird dann von denen tyrannisiert. All das ist möglich. Das wäre jetzt so eine Antwort.

Man sagt manchmal, wir suchen es uns aus, wo wir wiedergeboren werden. Auf der einen Seite stimmt das, auf der anderen Seite stimmt das nicht. Es stimmt in der Hinsicht: wir suchen es uns aus von einem höheren Standpunkt, so dass wir die Erfahrungen machen können, die wir brauchen, um spirituell zu wachsen. Es heißt auch, dass alle Wünsche, die wir haben, werden irgendwann erfüllt werden. Wenn man also noch mal Enkel haben will, wird man noch mal geboren oder man kann ja so lange leben, bis die Enkel da sind. Man muss ja nicht noch mal wiedergeboren werden für die Enkel, denn wenn man dann wiedergeboren wird, ist man vielleicht jünger als die Enkel. Dann hat man auch keine Freude an den Enkeln. Wenn man mal überlegen würde, ich weiß nicht, ob jemand von euch Enkel hat, stellt euch vor, eure Enkel wären eure Tanten. Ob das dann so toll wäre? Das wäre sicher wieder eine andere Sache. Oder es wäre euer Vermieter oder euer Betriebsratsvorsitzender oder euer Bürgerinitiativengegner. Wir können uns also bemühen, etwas länger zu leben.

Es heißt also tatsächlich, dass wir alle Wünsche, die wir haben, irgendwann auch erfüllt bekommen. Es heißt aber glücklicherweise, nicht alle muss man im physischen Körper erleben. Von manchen Wünschen träumen wir irgendwie und das reicht schon aus. Aber es kann sein, dass wir wegen intensiver Wünsche noch einmal wiedergeboren werden. Umso wichtiger ist es, keine intensiven Wünsche zu haben. Natürlich gibt es Menschen, die sagen, das Leben ist so toll und ich will immer wieder geboren werden. Aber man kann gucken, ob man das so auch noch in 20, 30, 40 oder 50 Jahren denkt.

Teil 39 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Vairagya führt zur Erleuchtung

„Denn nur wo Losgelöstheit, Vairagya, und die Sehnsucht nach Befreiung, Mumukshutva, in hohem Maß vorhanden sind, erfüllen die sechs Tugenden, Shatsampat, ihren Sinn und tragen Früchte.“ (Sankara im Viveka Chudamani 29. Vers)
Das ist auch noch mal etwas Wichtiges. Es ist manchmal ja auch die Frage, „Reicht es nicht aus…“ – ich erweitere jetzt diese sechs Tugenden auf andere – „Reicht es nicht aus, ein ethisches Leben zu führen?“ Und Sankaras Antwort wäre, nein. Ein ethisches Leben ist gut, selbstverständlich und jetzt widerspreche ich dem Papst. Der Papst sagt, „Ein ethisches Leben ohne Gott ist kaum möglich.“ Vor ein oder zwei Jahren hat er so gesagt, „Ein Grund, weshalb Religiosität wichtig ist, damit Menschen ethisch sind. Denn es braucht einen religiösen Glauben, um ethisch zu sein.“ Meine Behauptung ist, stimmt nicht. Es gibt Menschen, die sind vollkommen atheistisch und führen ein sehr ethisches Leben. Vermutlich kennt ihr auch den ein oder anderen. Und es gibt Menschen, die sind sehr religiös und haben einen großen Glauben und führen ein sehr unethisches Leben. Sogar in vielen Fällen werden Menschen egoistisch, wenn sie anfangen, spirituell zu werden. Vielleicht auch das, was du unter Weltflucht dort verstanden hast. Oder vorgestern war der 11. September. Ihr erinnert euch noch, wozu Menschen in der Lage sind aus einem religiösen Fanatismus. Und ich hatte irgendwann mal diesen Brief, den letzten Brief gesehen, den dieser Mohammed Atta an seine Co-Attentäter geschickt hat. Habt ihr den mal gelesen? Spirituell hoch ergreifend. Wunderschön geschrieben. Sehnsucht nach Gott. Es gab ein paar furchtbare Sätze auch drin, aber der größte Teil hat mich fast inspiriert. Gegen meinen Willen. Nicht dass ihr denkt, ich werde jetzt zum Terroristen dadurch. Aber ich konnte das nachvollziehen, was der Geist ist, aus dem sie dort hingehen. Oder irgendwann mal habe ich eines dieser Videos gesehen von Osama bin Laden. Der wirkt überzeugend. Der ist nicht einfach nur ein Schreihals wie Hitler gewesen. Und selbst der hat auf Leute überzeugend gewirkt und hat religiöse Gefühle in ihnen angesprochen. Also, wir müssen dort aufpassen, bevor wir dort sagen, Religion macht Menschen ethisch und Atheisten sind alle unethisch. Das stimmt einfach nicht. Aber um zur Befreiung zu kommen, reicht jetzt ethisches Verhalten allein nicht aus. Um zur Befreiung zu kommen, ist ethisches Verhalten wichtig und das dann gekoppelt mit Wunsch nach Befreiung und das gekoppelt mit Vairagya. Jetzt habe ich diese Shatsampat noch ergänzt eben durch die eigentliche Ethik. Aber man kann auch noch sagen, Shatsampat ist ja jetzt auch nicht Ethik an sich. Shatsampat können auch Menschen machen, die gar nichts, noch nicht mal mit ethischem Leben zu tun haben. Ruhe, Gleichmut bewahren. Es gibt ja diesen Stoizismus als Philosophie der Antike. Die Shatsampat, könnte man sagen, die Stoiker haben ein solches Leben geführt. Wobei die Stoiker jetzt durchaus auch eine Philosophie dort hatten, aber es war jetzt keine religiöse Philosophie. Es war im Altertum zum Teil auch als Schimpfwort gebraucht. Jemand, der sich nur äußerlich beherrscht und nirgendwo engagiert ist. Das sind die Shatsampat in der ersten Interpretation, von nichts berührt zu sein. In der zweiten Interpretation heißt es, man kann Emotionen und alles haben, aber weiß, „Das bin ich nicht.“ und ist in der Lage, auch mal jenseits dessen zu gehen. Also, Shatsampat allein ist noch keine Spiritualität. An Shatsampat zu arbeiten, das zu koppeln mit Vairagya, Viveka und Mumukshutva, dann können wir zur Befreiung hingehen.

Teil 37 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Mumukshutwa, die Sehnsucht nach Selbstverwirklichung und Erleuchtung

„Sehnsucht nach Befreiung, Mumukshutva, ist der brennende Wunsch, sich durch Erkenntnis des ureigenen Wesens von den Fesseln, wie Ichbezogenheit und Körperverhaftung, zu befreien, die aus Unwissenheit entstanden sind.“ (Sankara im Viveka Chudamani 27. Vers)
Also Mumukshutva. Moksha heißt Befreiung, Mukshutva hieße, Wunsch nach Befreiung und Mumukshutva ist der intensive Wunsch nach Befreiung. Er sagt, „Ist der brennende Wusch, sich durch Erkenntnis des ureigenen Wesens von den Fesseln, wie Ichbezogenheit und Körperverhaftung, zu befreien, die aus Unwissenheit entstanden sind.“ Und dieses Mumukshutva ist in besonderem Maße wichtig. Swami Sivananda hat mal so humorvoll gesagt, Selbstverwirklichung ist eine Sache von Angebot und Nachfrage. Wenn Nachfrage da ist, dann kommt auch das Angebot, nämlich die Selbstverwirklichung. Das ist vielleicht so wie eine kapitalistische Wirtschaft, wenn es eine Nachfrage gibt, dauert es nicht lange, bis irgendein Unternehmen das anbietet. Das ist jetzt natürlich ein bisschen flapsig formuliert. Aber wenn wir wirklich tief im Inneren die Selbstverwirklichung wollen, dann kommt sie auch. Und es heißt, wenn der Wunsch nach Selbstverwirklichung oder nach Befreiung oder nach Einheit stärker ist, als alle anderen Wünsche zusammen, dann erreichen wir das in diesem Leben. Wenn der Wunsch schwächer ist als andere Wünsche, dann in einem späteren Leben. Antoine De Saint – Exupéry hat mal was Ähnliches ausgedrückt: „Angenommen, du willst jemandem beibringen, wie er Seefahrer wird, dann erzähle ihm nicht über die verschiedenen Schiffsarten, Antriebsarten, Segelarten, sondern schwärme ihm vom Meer vor. Er wird dafür sorgen, dass er all das macht, all das lernt, was notwendig ist, um Seefahrer zu werden.“ Und auf eine gewisse Weise macht Sankara das, auf einer gewissen Weise mache ich das ja auch, ich schwärme euch von der Verwirklichung vor. Und Sankara macht es, die großen Meister machen es, zu erzählen, „Brahman, das ist das, worum es geht. Satchidananda, das ist deine wahre Natur. Alles andere ist relativ und vergänglich und letztlich macht es nicht dauerhaft glücklich.“ Und wenn wir darüber öfters nachdenken, wird der Wunsch nach Befreiung stärker. Patanjali drückt es ja so aus im Yoga Sutra, „Verwirklichung kommt schnell bei dem, der einen starken Wunsch danach hat.“ Also, wenn wir einen starken Wunsch nach Verwirklichung haben, dann kommt sie auch. Aber den Wunsch, den gilt es auch zu pflegen. Wir können wirklich auch etwas tun, damit der Wunsch stärker wird. Denn die anderen Wünsche werden immer wieder stärker, insbesondere im so genannten Kali-Yuga. Kali-Yuga heißt dunkles Zeitalter. Und laut klassischer indischer Chronologie befinden wir uns seit 3227 v. Chr. im Kali-Yuga und es dauert noch 427.000 Jahre knapp, bis wir dort rauskommen. Also nicht, dass ihr denkt, wir könnten dort schon morgen oder übermorgen rauskommen. Aber ich muss zugeben, ich bin jetzt bei diesen klassischen Chronologien nicht so ganz der Meinung, dass man es wörtlich nehmen soll. Denn letztlich heißt es irgendwo, seit Beginn der Zivilisation ist das dunkle Zeitalter und vorher, als wir in Höhlen gelebt haben, war es ein bisschen besser und vorher, als wir noch nicht mal Höhlen kannten, war es ganz besonders gut. Das ist durchaus auch in Frage zu stellen. Natürlich weiß man auch nicht, ob da all das stimmt, was die Anthropologie sagt, vielleicht gab es durchaus Atlantis, als einen großer Kontinent, der untergegangen ist und ist irgendwo tief verschüttet. Und wenn die Wissenschaft irgendwann 1000 Meter unter den Meeresboden geht, findet man vielleicht Atlantis, als eine überlegene Zivilisation und vielleicht findet man irgendwann Lemuria 10.000 Meter unter dem Meeresspiegel. Soviel ist 10.000 Meter nicht oder 100.000 Meter. 100 Kilometer im Verhältnis zu 12.000 Kilometer Erddurchmesser ist nichts. Aber ich muss zugeben, persönlich bin ich doch inzwischen etwas mehr von den Aussagen der Biologie ein bisschen überzeugt, die eben das Erdzeitalter anders einteilen, als man es in manchen indischen Schriften findet. Und deshalb, auch mit diesem dunklen Zeitalter ist auch eine Sache, ob man das jetzt so wörtlich nehmen soll. Ich glaube, für die Praxis des Yogas spielt es jetzt nicht die allergrößte Bedeutung. Nur wenn wir Kali-Yuga jetzt einfach nehmen und sagen, Kali-Yuga ist dadurch charakterisiert, eine Mehrheit der Menschen ist nicht an Spiritualität interessiert. Und eine Mehrheit der Menschen ist mehr daran interessiert, reich und schön zu werden und Geld zu haben und das Leben zu genießen und Macht zu haben. Dann werdet ihr feststellen, das ist eine Mehrheit, oder? Oder habt ihr das Gefühl, die Mehrheit von euren Mitmenschen ist hauptsächlich interessiert an Gottverwirklichung, Selbstverwirklichung, uneigennützigem Dienen, gemeinnütziges Engagement? Jeder hat etwas davon, behaupte ich. Auch derjenige, der sich als Materialist bezeichnen würde und das sind nur wenige, auch der hat irgendwo ein inneres Engagement für etwas Gutes. Auch der überlegt manchmal, „Wer bin ich und was soll das Ganze?“ Aber für die Mehrheit ist es nicht ein Hauptwunsch und deshalb ist es ganz natürlich, dass man immer wieder angesteckt wird von der Mehrheitsmeinung. Und dann, die wenigstens von euch haben hauptsächlich Freunde und Freundinnen aus dem Yogabereich und die werden euch dann ab und zu mal irgendwie sagen, „Ja, lass das ganze Yoga. Du musst auch mal dein Leben genießen.“ Das ist immer paradox. Ich genieße mein Leben sehr. Wenn ich die Luft anhalte und das Prana hochsteigt und das Herzchakra sich öffnet und die Wirbelsäule dann mal wieder warm wird und irgendwo, was für ein Sinnesgenuss… Gut, vielleicht gibt es schöne Sinnesgenüsse auch, aber jedenfalls das genieße ich auch. Oder wenn ich dann vor euch sitze und über Mumukshutva spreche, was sollte dort schöner sein, was sollte ich im Leben verpassen? Da fällt mir jetzt nichts ein. Also, ich genieße jetzt mein Leben, ich kann über Viveka-Chudamani sprechen. Aber angenommen, ich würde jetzt mit meinem Onkel oder mit meinem Vater darüber sprechen oder mit Schulfreunden, dann würden die das anders sehen. Und wenn die Mehrheit der Menschen eben diese anderen Ansichten hat, wird man auch so ein bisschen mit beeinflusst. Außerdem ist es natürlich auch so, die volle Verwirklichung, ganz so schnell kommt sie dann doch nicht. Und dann ist man ein bisschen enttäuscht und denkt, „Ja, jetzt muss ich doch etwas anderes machen.“, dann kommt man auf diese und jene Idee.

Teil 34 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Wo ist die Grenze zwischen Weltflucht und Mumukshutva?

Frage: „Wo ist die Grenze zwischen Weltflucht und Mumukshutva, dem Wunsch nach Befreiung?“ Damit müsste man erstens die Weltflucht definieren. Wenn Weltflucht heißen würde, wir wollen fliehen aus der Identifikation mit dem Weltlichen, wir wollen daraus fliehen, ein Leben nur im Sinne zu führen, dann ist Weltflucht gleichbedeutend mit Mumukshutva. Wenn wir rauskommen wollen aus der Identifikation und rauskommen wollen aus einem Leben hauptsächlich auf der Muladhara Ebene und das als Weltflucht bezeichnen, dann ist das sicher Mumukshutva. Wenn Weltflucht dagegen heißen würde, aus Faulheit und Trägheit oder aus einer Enttäuschung heraus, seinen Pflichten nicht mehr nachzukommen und das als Ausrede zu nehmen, einfach nur seinen Neigungen oder abstrusen Neigungen nachzugeben, dann wäre das kein Mumukshutva. Also, nur Richtung Befreiung zu gehen, muss ja auch nicht falsch sein. Aber Richtung Befreiung zu gehen kann auch heißen, da seine Beziehung zu leben und seinen Beruf zu haben, seine Pflichten zu leben, damit kann man ja auch zur Befreiung hinkommen. Das ist ja letztlich der Weg der Bhagavad Gita, wo Krishna sagt, es geht nur darum, die Selbstverwirklichung zu erreichen. Aber wie erreicht man sie? Nicht, indem man von allem wegrennt, sondern indem man tätig ist, indem man seinen Aufgaben nachgeht, sein Karma erfüllt, sein Dharma erfüllt, seine Talente lebt, letztlich auch seine Ängste konfrontiert und darüber hinaus geht. Also, Mumukshutva ist dann sicherlich etwas anderes, als eine normal verstandene Weltflucht. Da muss man natürlich auch sehen, es gibt auch den Weg des Mönches. Also, nicht jeder muss eine Beziehung haben. Nicht jeder muss eine funktionierende Partnerschaft haben. Nicht jeder muss Kinder in die Welt setzen. Nicht jeder muss Vorstandsvorsitzender von einem Unternehmen werden. Nicht jeder muss einen geregelten 8-Stunden-Job haben. Also, das muss nicht jeder haben. Es gibt auch das Konzept eines Wandermönchs. Es gibt auch das Konzept von jemand, der in ein Kloster geht. Es gibt auch Menschen, die ein Singledasein führen, auch ohne formell als Mönche geweiht zu werden. Aber da ist immer die Frage, ist es Flucht oder ist es Zuflucht? Flucht würde heißen, man weiß, „Eigentlich ist es meine Aufgabe, aber es ist mir zu anstrengend, haue ich lieber ab von.“ Das andere ist dann, Zuflucht ist etwas anderes. Ich weiß, „Ich habe eine Aufgabe und die kann ich in dem Kontext vielleicht besser erfüllen als da, wo ich vorher war.“ Also angenommen, jemand kommt hierher in den Ashram z.B., ist es Weltflucht oder nicht? Es hängt auch davon ab. Es kann auch Menschen geben, die hierher kommen aus einer Weltflucht heraus und vielleicht haben sie auch einen guten Grund, davor geflohen zu sein. Muss ja auch nicht falsch sein. Angenommen, ihr seid in einem Haus und es brennt. Ist es dann richtig, drin zu bleiben, nur um nicht zu fliehen? Manchmal ist es angemessen, aus dem Haus zu fliehen, wenn es brennt. Und so kann es auch mal sein, dass man auch mal flieht. Nur, wenn man nur flieht, jedes Mal, wenn es anstrengend wird, flieht, dann nutzt es auch nichts. Und angenommen, jemand wird Mitarbeiter hier im Ashram – sind ja einige Mitarbeiter hier – dann wird es nicht so sein, dass man dann vor jeder Verantwortung wieder fliehen kann und sich drücken kann und jedes Mal, wenn es anstrengend wird, dann sagen, „Ja, ist mir jetzt zu anstrengend. Kann ich was anderes machen? Könnte ich das anders machen?“ Also, so sind Ashrams nicht aufgebaut und dieser Ashram hier in besonderem Maße sicherlich nicht. Aber es kann natürlich auch sein, dass jemand feststellt, der in einem Ashram ist, die eine Sache ist vielleicht nicht das Richtige, dann guckt man, dass er vielleicht doch etwas findet, wo es dann doch besser ist. Nicht alles, was schwierig ist, muss man nur deshalb machen, weil es schwierig ist. Aber manchmal muss man auch das machen, was schwierig ist und da durchgehen. Also, nicht dann aufhören, wenn es schwierig wird. Deshalb, es ist immer schwierig zu sagen, was ist überhaupt Weltflucht? Vor allem, wo flieht man dann hin und was macht man dann. Also z.B. für Mitarbeiter im Ashram, da werden sicher ein paar Familienmitglieder sagen, der hat Weltflucht begangen, ist weggelaufen. Aber subjektiv ist er nicht vor der Welt geflohen, sondern strebt nach einem höheren Ziel und ist dabei sehr engagiert und macht dann sehr viel und geht auch alle Schwierigkeiten an und bewirkt eine ganze Menge. Man würde vielleicht sagen, eben der Unterschied wäre, Weltflucht ist nicht nur Flucht von Welt, sondern ist, sich nicht auf etwas einlassen, nicht engagiert sein, eher ein luftiges Leben zu führen. Aber selbst dort, wer will beurteilen, ob das nicht vielleicht doch in seinem Karma war? Es gibt ja manchmal diese Bücher, geschrieben von den Menschen, die dort sagen, man soll nur seinem Herzen folgen. Und in jeder Situation, „Höre dein Herz und mache das.“ Ich habe mal die Biographien – es gibt ja so ein paar bekannte Autoren, von denen ich jetzt keinen nenne – gelesen von diesen Menschen. Und die, die das sehr stark betonen in ihren Romanen, haben mehrere Sachen gemeinsam. Erstens, sie leben von den Tantiemen ihrer Bücher. Zweitens, sie haben keine langfristige Beziehung eingehen können, keine Beziehung hat länger als ein paar Jahre gedauert. Und drittens, sie waren auch nie längere Zeit irgendwo angestellt. Dann kann man das so bedingungslos sagen, man muss immer seinem Herzen folgen. Wenn man halt das Glück hat, irgendwo den Nerv der Zeit getroffen zu haben und ein Buch zu schreiben, was ein Renner wird, hat man ausgesorgt. Man kriegt Tantiemen bis 40 Jahre nach seinem Tod. Oder sind es 60 Jahre. Ich glaube, in Deutschland sind es sogar 60 Jahre. Dann ist man praktisch eher Privatier, dann kann man immer noch ein Buch schreiben. Wenn eins mal ein Bestseller war, wird das zweite höchstwahrscheinlich auch einer sein. Und die leben dann irgendwo so ein Leben und mal hier und mal dort und mal im Kontinent hier und mal dort usw. Aber ist das deshalb ein falsches Leben? Das ist wahrscheinlich ihre Bestimmung und das ist ihr Leben so. Man würde sage, die betreiben Flucht in Höchstform. Wann immer die Beziehung schwierig ist, haben sie „Bye bye Baby“ gesagt und wann immer es ihnen in einem Land nicht mehr gefällt, dann geht man halt ins nächste. Das Herz sagt, woanders hinzugehen. Und in dem Kontext mag es richtig sein. Und in einem anderen Kontext ist das vielleicht nicht das Richtige. Wer will beurteilen? Ich ganz sicher nicht und ich hoffe, niemand von euch will das beurteilen. Für sich selbst muss man Entscheidungen treffen und manchmal, wenn man Kinder hat, muss man dort auch manchmal Entscheidungen treffen. Aber irgendwann werden die Kinder die Entscheidungen selbst treffen und verurteilt eure Kinder dafür nicht, denn vom Allerhöchsten ist sowieso alles Brahman und diese Welt ist Maya oder Lila, je nachdem, wie ihr es sehen wollt. Und so, jeder macht eben das auf einer relativen Ebene, was er macht und in der Mehrheit der Fälle ist es besser, engagiert zu sein und nicht aus einer Beziehung gleich zu fliehen, wenn es mal schwierig wird und nicht gleich den Beruf zu wechseln, wenn es schwierig wird, nicht gleich die Stadt zu wechseln, nur weil man mal ein bisschen Ärger mit seinem Vermieter hat. Aber manchmal, wenn es nicht geht, ist besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Aber auch das gilt nicht immer. Manche Menschen brauchen einen Schrecken ohne Ende, um Vairagya und Mumukshutva weiter zu entwickeln. Also, Hilfe für Entscheidungen ist jetzt vielleicht dieses Viveka-Chudamani-Seminar nicht unbedingt, das ist dann mehr in der Bhagavad Gita. Hier lernt ihr so mehr, auf einer relativen Ebene muss man machen, was man halt macht. Man macht die richtigen Erfahrungen. Auf einer absoluten Ebene sind wir sowieso Brahman und alles andere ist Maya.

33. Teil der Niederschrift von Vorträgen im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Nächstenliebe und Vedanta Jnana Yoga

Liebe deinen nächsten wie dich selbst.“ So heißt es in der Bibel. So ist die Lehre fast aller Religionen. Das heißt, man sollte auch sich selbst lieben. Nicht selbstverliebt sein.. Aber auch der eigene Charakter ist irgendwo liebenswert und verstehbar. Da hat ja die moderne psychologische Forschung und die Evolutionsbiologie und die Paläontopsychologie uns auch einiges geholfen. Wisst ihr, was Paläontopsychologie ist? Paläonto ist die Steinzeit, Paläontopsychologie wird jetzt momentan in der Populärpsychologie relativ populär. Da wird so alles erklärt aus der Steinzeit heraus. Also z.B. angenommen, man hat sich in der Steinzeit irgendwo gefreut und es ist alles toll und man hat das Leben genossen und hat die Schönheit der Natur gesehen und den Himmel und es war alles so meditativ, voller Vertrauen dort und dann kam ein Säbelzahntiger und man fand den auch ganz toll und dann wurde man gefressen und konnte seine Gene nicht weitergeben. Dagegen jemand, der hat was Schönes gesehen und er hat gedacht, „Das mag jetzt schön sein, aber wo ist der Säbelzahntiger?“, der hat überlebt. Und deshalb hat heute die Mehrheit der Menschen, wenn irgendwas schön ist, können wir es kurz genießen und dann schauen wir, wo ist der Haken dort hinter. Und wenn irgendwo alles gut ist, irgendwie werden wir in Sicherheit gewiegt, da muss irgendwas Schlimmes noch kommen. Oder angenommen, man hat ein kleines Geräusch gehört. Der eine, der sich gedacht hat, „Geräusche hin oder her, ist nicht weiter tragisch. Ich bleibe jetzt ruhig und genieße weiter meinen Atem oder die Schönheit der Rose vor mir.“ Gut, normale Rosen gab es damals nicht, aber es gab auch schöne Blumen. Und dann kam der Bär und hat einen gefressen. Währenddessen der andere, der hat irgendwas gesehen, ist zusammengezuckt, „Was ist da los irgendwo im Wald?“ und der hat überlebt. Deshalb, diejenige, die sich wegen Kleinigkeiten aufregen, hatten in früheren Zeiten einen Überlebensvorteil. Wenn ihr also merkt, dass ihr euch öfters über Kleinigkeiten aufregt, jetzt wisst ihr, warum. Und noch dazu, in einer Horde von Menschen ist es eigentlich durchaus gut, wenn es ein paar gibt, die so ein bisschen gleichmütiger sind, aber es muss ein paar geben, die sich wegen jeder Kleinigkeit sofort aufregen und erschrecken. Wenn dort nämlich eine Horde von zehn bis dreißig Menschen ist – was man annimmt, so groß waren so die Horden, mit denen die Menschen durch die Gegend gelaufen sind – und da reicht es ja aus, wenn da eins, zwei oder drei so hochschrecken. Dann können sie die anderen warnen. Und deshalb, wenn ihr also feststellt, ihr gehört zu denen – früher hat man, glaube ich, HB-Männchen oder so ähnlich gesagt – die wegen jeder Kleinigkeit an die Decke springen, dann wisst ihr, „Ja, in früheren Zeiten war mein Temperament überlebensnotwendig für meinen Stamm.“ Ist vielleicht heute nicht mehr ganz angemessen, aber durchaus menschlich verständlich. Oder auch, zu jeder Horde braucht es ein paar Unkonventionelle, die immer alles von einem anderen Blickwinkel aus gesehen haben und mit denen die anderen nichts anfangen konnten. Aber die haben dann die verrückten Erfindungen gemacht. Deshalb sind wir heute nicht mehr in der Steinzeit, weil irgendjemand mal auf die verrückte Idee gekommen ist, statt vor dem Feuer wegzurennen, sich das mal anzugucken und zu schauen, könnte das vielleicht für irgendwas nützlich sein. Vollkommen verrückte Idee. Wenn ihr also Menschen seid, die öfters verrückte Ideen haben und deshalb bei anderen immer wieder anecken, dann wisst ihr, ist irgendwo überlebensnotwendig gewesen. Und das wisst ihr nicht nur für euch selbst, sondern ihr könnt auch sagen, das gilt auch für eure Mitmenschen. Da gibt es dort jemanden vielleicht in eurem Team oder in eurer Familie, der sich wegen jeder Kleinigkeit immer furchtbar aufregt , da wisst ihr, „Aha, Frühwarnsystem.“ Ab und zu mal kann da ja auch was dran sein. Oder jemand reagiert immer über oder irgendjemand hat diese verrückten Ideen und kann bei nichts bleiben, dann wisst ihr, hat auch irgendwo seine Funktion. Und nicht nur, es hatte seine Funktion, es hat auch häufig heute seine Funktion.

Teil 27 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Mumukshutwam – Ein Juwel für den Yoga Aspiranten

So weit sind wir noch gar nicht. Ich bin immer noch bei Manushyatam und eigentlich bin ich schon über Manushyatam zu Mumukshutvam. Mumukshutvam, der intensive Wunsch nach Befreiung. Den zu haben, gilt auch wieder als etwas sehr Wertvolles. Also, intensiver Wunsch nach Befreiung. Die Mehrheit der Menschen hat das nämlich nicht. Wenn ihr beispielsweise mal mit eurer Familie sprecht oder Großvater oder Väter, Mütter, Tanten, Onkel, Cousins und Cousinen, „Wie wichtig wäre es dir, Gott zu erfahren? Wie wichtig wäre es, dein wahres Selbst zu erfahren? Wie wichtig wäre es dir, dein reines Bewusstsein jenseits von Körper und Persönlichkeit zu erfahren?“ Was erntet ihr dann? Im besten Falle ein müdes Lächeln, im anderen Fall werdet ihr angeschaut wie jemand von einem anderen Planeten und im nächsten Fall in eine bestimmte Ecke gesteckt. Mumukshutvam gilt aber als etwas Wertvolles. Und weil Mumukshutvam etwas Wertvolles ist, kann man auch überlegen, „Wie bin ich zu Mumukshutva gekommen?“ Das hilft einem manchmal, mit seinem Leben irgendwo besser ins Reine zu kommen. Denn manche Menschen kommen über Krankheit zu Mumukshutva. Manche kommen über einen Unfall zu Mumukshutva. Manche Menschen haben als Kind ganz schlimme Sachen erlebt. Man hatte eine Kindheit, die man nicht als Manushyatam bezeichnen kann. Also, es gibt Missbrauch und vieles andere, wo dieses Manushyatam in keinster Weise erfüllt ist. Und manche Menschen hat es dazu gebracht, dass sie nicht ein normales Leben geführt haben und sich immer wieder gefragt haben und alles Mögliche in Frage gestellt haben und auf diese Weise ist Mumukshutva erwacht. Und da Mumukshutva als etwas sehr Wertvolles gilt, kann man manchmal auch sagen, „Ja, ich bin dankbar für all die, die so bösartig zu mir waren. Sie haben mich dazu gebracht, dass ich eine der wertvollsten Dinge, eine der drei Schätze habe, nämlich Mumukshutvam, den Wunsch nach Befreiung.“ Man kann auch etwas tun. Man kann etwas tun für Manushyatam und man kann etwas tun für Mumukshutvam. Für Manushyatam kann man grundsätzlich etwas tun. Zum einen, man kann auch so ein bisschen für die Zukunft vorsorgen. Aber zum anderen können wir auch etwas tun für positives Karma, indem wir uns um andere kümmern, anderen Gutes tun. Wenn man gesegnet ist mit bestimmten Mitteln, ob das finanzielle oder andere sind, teilt man die mit anderen oder man bringt einen Teil seiner Arbeitszeit seine Talente und Fähigkeiten zum Wohl anderer und dann heißt es, das hilft auch, dass wir längere Zeit selbst in Manushyatam sind. Ich sage das so ein bisschen mit halbem Herzen, denn eigentlich sollte man anderen Gutes tun, nicht deshalb, damit man nachher auch künftig, vielleicht im nächsten Leben, ein schönes Leben hat, sondern eigentlich sollte man anderen helfen, um anderen zu helfen, ohne irgendwas dafür haben zu wollen, einfach aus Nächstenliebe. Vom Jnana-Yoga-Standpunkt sowieso. Wir sind alle eins, wir sind alle das gleiche Selbst und eine der effektivsten Weisen, diese Einheit zu spüren, ist, für andere etwas Gutes zu tun. Und letztlich, es sollte auch kommen einfach von selbst, von Liebe aus. Aber auf einer anderen Ebene, ganz so erheblich ist es auch nicht, aus welchem Grund man etwas Gutes tut, es ist wichtig, dass etwas Gutes getan wird. Manchmal hören Menschen auf, etwas Gutes zu tun, weil sie denken, ich bilde mir was darauf ein, dass ich was Gutes tue, deshalb mache ich lieber gar nichts Gutes. Und dann, um ihr eigenes Ego nicht zu füttern, lassen sie andere Menschen kaputtgehen. Auch eine Logik, aber keine sehr mitfühlende Logik. Aber noch wichtiger, für Mumukshutva können wir etwas tun und um Mumukshutva zu entwickeln, kann man eben zum einen nachdenken, „Wie wäre es, verwirklicht zu sein?“ Wir können die Biographien großer Meister lesen. Heutzutage brauchen wir auch nicht nur zu lesen, wir können uns auch Filme anschauen. Es gibt auf DVDs verschiedenste Videos über die großen Meister. Es geht sogar noch kostenlos. Im Internet gucken, inzwischen gibt es so viele Videoportale, wo man inspirierende Videos haben kann. Schriften lesen, die von dem Höchsten sprechen. Ein Aspekt. Ein zweiter Aspekt ist, auch zu schauen, was in dieser Welt nicht so positiv ist. Da wird Sharkaracharya noch mal an einer anderen Stelle darüber sprechen, denn er spricht jetzt hier über Mumukshutvam als Teil dieser drei Schätze. An einer anderen Stelle spricht er über Mumukshutva als Teil von Sadhana Chatustaya.

18. Teil der Niederschrift von Vorträgen im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Sankara geht auf Wanderschaft um Jnana Yoga und Vedanta zu verbreiten

Das tat Sankara. Er verließ Varanasi. Er reiste durch die verschiedenen Gegenden Indiens – ich hatte euch ja gestern schon einiges erzählt über das, was Sankara alles bewirkt hat als großer Reformator. Er machte alles das in acht Jahren. Mit 32 Jahren verließ er auch seinen physischen Körper. Also ein sehr kurzes Leben, ein sehr intensives Leben und eines mit sehr großem Einfluss.

Teil 13 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Sankara trifft seinen Guru Govinda, erreicht Nirvikalpa Samadhi und schreibt Vedanta Werke

So ging Sankara zu Govindacharya und der nahm ihn als seinen Schüler auf und Sankara lernte von ihm. Er lernte von ihm die wahre Bedeutung der Schriften. Er lernte von ihm, seinen Intellekt zu nutzen. Er lernte von ihm auch die Kunst der vedantischen Analyse und Debatte. Er lernte von ihm Meditationstechniken. Er lernte, sich ganz auf seinen Meister einzustimmen und erfuhr so Nirvikalpa Samadhi etwa im Alter von 20 Jahren. Dann sagte Govindashaya, jetzt gehe nach Varanasi, die großartige Stadt des Lernens und dort schreibe die Kommentare zu Brahmasutra, zu Upanishaden und Bhagavad Gita. Wenn du diese vollendet hast, dann schreibe noch ein paar weitere Werke über Vedanta und mache dann Vedanta bekannt. Aber zunächst geh zu dieser Stadt der Gelehrten, diskutiere auch mit anderen Meistern und dann schreibe deine Kommentare. So verbrachte Sankara die nächsten Jahre damit, seine großartigen Kommentare zu schreiben und einige Grundwerke über Vedanta zu verfassen. Eine Woche, bevor er sein 24. Lebensjahr abgeschlossen war, kam ein alter Mann mit einem langen weißen Bart und langen weißen Haaren nach Varanasi und er hatte eine solche Ausstrahlung, es war, als würde er gar nicht die Erde berühren, während er ging, und es war so, als ob um ihn herum Licht ausstrahlte. Eine erhabene Ausstrahlung. Und so wie er die Straßen entlang ging, hörte aller Lärm auf und alle hörten auf zu tun, was sie gerade taten. Davon ging eine solche Erhabenheit aus. Er ging schnurstracks dorthin, wo Sankaracharya lebte und Sankaracharya sah diesen Mann, verneigte sich vor ihm und dieser Mann sagte ohne weitere Einleitung: Ich habe erfahren, du hast einen Kommentar geschrieben über das Brahmasutra. Ich fordere dich heraus zu zeigen, dass dein Kommentar der richtige ist. Man kann sagen, dass es in Indien üblich war, dass jeder Meister, der etwas auf sich hielt, einen Kommentar über die Upanishaden schrieb, über die Bhagavad Gita und über das Brahmasutra. Das ist bis heute eine Tradition, auch Swami Sivananda hat einen Kommentar über die Upanishaden, über die Bhagavad Gita und auch über das Brahmasutra geschrieben. Auch über mehr Schriften, aber diese gelten im Vedanta als die drei Hauptschriften und die müssen auch in jedem Zeitalter wieder neu interpretiert werden. Deshalb soll auch immer wieder ein Kommentar dazu geschrieben werden. Man kann durchaus sagen, dass die Kommentare von Swami Sivananda ähnlich sind wie die von Sankaracharya. Einfacher zu verstehen für Menschen von heute. Aber sehr nah am Sankara-Kommentar.

Dieser alte Mann forderte Sankara jedenfalls heraus und jetzt fingen sie an, jeden einzelnen Vers zu diskutieren und Sankara musste jeden Kommentar zu jedem Vers kommentieren und letztlich rechtfertigen. Das war eine solch großartige Debatte auf einem solch hohen intellektuellen Niveau, gleichzeitig verständlich und mit einer hohen spirituellen Ausstrahlung, dass immer mehr Menschen dort hin strömten und dem zuhörten. Langsam kam das Leben in der Stadt zum Erliegen. Alle wollten zuhören. Eine solche Debatte hatten sie noch nie gehört. Sie ging von morgens bis abends. Das Eigenartige war – es war ja eine Zeit, bevor es solche Mikros gab – auch die Menschen, die weiter entfernt waren, haben das irgendwie verstanden und gehört. Nach einer Woche hatte ein Schüler von Sankara plötzlich eine Vision. Er hieß Padmapada. Er hatte plötzlich die Vision, dass dieser alte Mann Vyasa selbst war, der das Brahmasutra selbst geschrieben hat. Er verneigte sich vor Sankara und Vyasa und sagte: Oh ihr großen Meister, ihr diskutiert hier über das Brahmasutra – der eine ist der Autor und eine Inkarnation von Vishnu und der andere kommentiert darüber und ist eine Inkarnation von Shiva. Wenn ihr weiter so diskutiert, wird das ganze Leben im Land zum Stillstand kommen. Sankara verneigte sich vor Vyasa, Vyasa verneigte sich vor Sankara. Vyasa sagte: Ich bin zufrieden mit deinem Kommentar, du hast recht kommentiert und du weißt auch, deinen Kommentar gut zu begründen. Ich schenke dir noch weitere acht Jahre. In diesen acht Jahren mache Vedanta zur vorherrschenden Philosophie Indiens. Reformiere die Spiritualität im ganzen Land. Reise durch alle Städte und durch alle Landstriche. Du hast jetzt diese hohen intellektuellen Kommentare geschrieben, schreibe auch leichtere Einführungen über Vedanta, damit Menschen das auch noch in der Zukunft verstehen und die höchste Wahrheit erfahren können. Systematisiere auch Puja und Bhakti und gründe einen Mönchsorden, der die höchsten Ideale von Vedanta aufrecht halten kann.

Teil 12 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Sankara trifft den Vedanta Meister Gaudapada

Es gibt ein schönes Gedicht von ihm, in dem er sagt: So oft bist du schon geboren worden, so oft bist du schon gestorben. Jeder, den du triffst, war schon mal deine Mutter, jeder, den du triffst, war schon mal dein Vater, jeder, den du triffst, war schon mal dein Bruder und deine Schwester. Genug, genug, wann hast du endlich genug, die gleichen Menschen in unterschiedlichen Konstellationen immer wieder zu treffen? Triff ihre wahre Natur, ihr wahres Selbst. Erfahre dich als das Selbst von allem.

Gut, das war ein Aspekt war. … Bei einem anderen Aspekt kam Sankara dann tatsächlich später, als seine Mutter auf dem Sterbebett lag und er unterrichtete sie nochmals in Vedanta, er führte sie in tiefe Meditation und auch sie erreichte Nirvikalpa Samadhi, bevor sie starb. Sankara ging jetzt erst Mal auf Wanderschaft, er suchte einen Lehrer. Als erstes kam er zu einem Lehrer namens Gaudapada. Gaudapada fragte ihn: Wer bist du? Woher kommst du? Wohin gehst du? Was willst du? Sankara antwortete mit einer Hymne, die später auch berühmt wurde. Er sagte: Oh großer Meister, du fragst mich, woher komme ich. Oh großer Meister, um das zu erfahren, bin ich zu dir gekommen. Dieser Körper kommt aus dem und dem Dorf an dem und dem See. Aber woher ich wirklich komme, oh großer Meister, das weiß ich nicht. Ich bin zu dir gekommen, um herauszufinden, woher ich eigentlich wirklich komme. Du fragst mich, wer ich bin. Oh Meister, ich will diese Frage erfahren. Ich will herausfinden, wer ich bin. Auf der physischen Ebene hat dieser Körper den Namen Sankara bekommen. Auf der physischen Ebene hatte ich Eltern und die heißen sowieso. Auf einer physischen Ebene stamme ich aus dieser oder jener sozialen Schicht und Familie. Aber ich weiß, ich bin nicht dieser Körper, ich bin nicht diese soziale Schicht. Ich bin weder Mann noch Frau. Ich habe die Schriften studiert und ich weiß, was ich nicht bin. Ich weiß sogar intellektuell, was die Schriften sagen, wer ich bin. Aber um ehrlich zu sein: ich weiß es nicht. Ich bin hierher gekommen, um herauszufinden: Wer bin ich? Du fragst mich, wohin ich gehe. Oh Meister, ich weiß nicht, wohin ich gehe. Sogar auf der physischen Ebene will ich einfach zu meinem Meister. Aber auf einer höheren Ebene? Wohin gehe ich wirklich? Das herauszufinden, dazu bin ich zu dir gekommen. Du fragst mich, was ich will. Oh Meister, ich kann es nicht formulieren, was ich will. Ich weiß nur, was ich nicht will. Ich weiß, dass ich nicht Vergnügen suche. Ich weiß, ich suche keine Anerkennung oder Geld. Ich habe so viel gesehen, obgleich ich so jung bin. Aber ich habe in meinem Dorf, wo ich war, erkannt, dass dort so viele Menschen sind, so viele unterschiedliche Lebensumstände und niemand ist wirklich zufrieden. Die Armen beneiden die Reichen, die Reichen beneiden die noch Reicheren, während die ganz Reichen die Adligen beneiden oder die Kshatriyas. Die wiederum beneiden den König des Landes und ich habe mir sagen lassen, der König ist todunglücklich. Ich habe Menschen gesehen, die kinderlos sind und sie beneiden die, die Kinder haben. Die, die wenige Kinder haben, beneiden die, die mittelviele Kinder haben. Die, die mittelviele Kinder haben, beneiden die, die sehr viele Kinder haben und die, die sehr viele Kinder haben, sind todunglücklich. So erzählte er noch ein bisschen weiter und sagte dann: Daher weiß ich, ich will etwas Höheres. Es heißt, Glück ist zu erfahren, wenn man seine wahre Natur erfährt. Glück ist zu erfahren, wenn man das erfährt, was wirklich ist. Oh Meister, aber ich weiß nicht, was wirklich ist. Ich weiß nicht, wer ich wirklich bin. Bitte lehre mich, das zu erfahren, dessen Erfahrung wirklich dauerhafte Zufriedenheit bringt.

Als Gaudapada das hörte, wusste er, dass das nicht einfach Worte waren. Worte können wir alle formulieren. In früheren Zeiten war ich oft, wenn Gäste angereist sind, vorne an der Rezeption. Im Westerwald habe ich sie auch oft empfangen, ein paar Worte gewechselt. Manchmal habe ich auch gefragt: Woher kommst du? Was willst du hier? Was denkst du, wohin dich das führt? Da war es zwar selten, dass jemand mir solche Antworten gegeben hat. Es gab aber auch mal irgendjemanden, der das mal so gesagt hat. Einfach nur Worte formulieren, ist einfach. Gaudapada erkannte, dass das nicht nur Worte waren. Das war tiefste Sehnsucht. Dann sagte er: Weißt du Sankara, ich bin schon alt. Ich habe einen Schüler, der heißt Govinda, Govindashaya. Geh zu ihm, er wird dich lehren können.

Teil 11 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.