Archiv der Kategorie: Viveka Chudamani

Kindheit des Vedanta Meisters Sankara

Sankara wurde wahrscheinlich um 788 n. Chr. geboren. Es gibt eine schöne Geschichte, wie das so gekommen ist. Die Eltern von Sankara waren lange Zeit kinderlos geblieben und im früheren Indien galt das als etwas sehr Schlechtes, wenn man keine Kinder hatte, denn die Kinder waren auch die Altersabsicherung. Außerdem gehört zu einem erfüllten Leben nach der Tradition auch, dass Kinder dabei sind. So haben diese beiden sich entschieden: wir gehen auf eine Pilgerreise, üben dabei Tapas, meditieren viel und bitten dann Gott darum, uns doch noch ein Kind zu schenken. Sie zogen also von einem Tempel zum anderen und meditierten viel. Sie fasteten viel. Sie machten verschiedene Formen von Tapas und eines Nachts, als sie in einem besonderen Shiva-Tempel gewesen sind, hatten beide vom Gleichen geträumt, nämlich dass Shiva ihnen erschienen ist und ihnen gesagt hat: Ihr könnt entweder einen Sohn haben, der herausragend sein wird, aber sehr früh im Alter von acht Jahren schon sterben wird. Aber er wird Unglaubliches leisten. Oder ihr könnt einige Kinder haben, die werden alle sehr alt werden, aber alle mittelmäßig. Was hättet ihr gewählt? Ich glaube, ein relativ hoher Anteil von Menschen hätte das Mittelmaß gewählt, das glaube ich nicht nur, in der Mehrheit der Fälle wählen Menschen das Mittelmaß. Jetzt nicht für eure Kinder natürlich, aber das ist ja symbolisch. Aber die Eltern von Sankara hatten sich am nächsten Tag den Traum erzählt und fanden es interessant, dass sie beide den gleichen Traum hatten. Sie entschieden sich: Dann wollen wir es ermöglichen, dass diese ganz besondere Seele in diese Welt hinein geboren wird. Und selbst wenn er nur kurz leben wird, jemand der ganz herausragend und besonders ist, wird vielleicht in diesen acht Jahren mehr Gutes bewirken können, als jemand, der lange lebt und mittelmäßig ist. Sankara wurde dann neun oder zehn Monate später geboren und er entwickelte sich tatsächlich als jemand ganz Besonderes. Sehr früh schon lernte er Lesen und Schreiben, sehr früh schon studierte er die Schriften. Im Alter von sechs Jahren heißt es, meisterte er schon die Veden. Im Alter von sieben Jahren meisterte er schon die Smritis, die Ithihasas und die Puranas. Im Alter von acht Jahren die verschiedenen Darshanas und die Schriften diesbezüglich. Als dann diese ersten acht Jahre vorbei waren, war es schon so, dass es keinen Lehrer mehr im Dorf oder um das Städtchen herum gab, der ihm noch etwas beibringen konnte. Er war ein ganz besonderes Genie. Als diese acht Jahre vorbei waren, gab es am Abend seines Geburtstages drei alte Männer, die zu Besuch kamen. Im alten Indien galt Gastfreundschaft als etwas sehr Wichtiges. Die Männer kamen dort hin und wurden eingeladen. Hier würde wohl niemand auf die Idee kommen – man sieht drei alte Männer, die klingeln und werden dann gleich zum Abendessen eingeladen. Im alten Indien war das recht üblich. Während des Essens stellten sie Sankara alle möglichen Fragen. Über die Veden, über die Bedeutung der Smritis, über die Bhagavad Gita und über anderes. Sankara konnte alles wunderbar beantworten. Kurz vor Mitternacht gingen die Männer dann und beim Abschiedsagen drehten sie sich um und sagten: Wir sind mit eurem Sohn hoch zufrieden. Wir gewähren ihm noch weitere acht Jahre. Erst in diesem Moment wurden sich die Eltern wieder des Traumes bewusst. Den hatten sie längst vergessen. Der Schock ging ihnen durch die Glieder und gleichzeitig die Erleichterung. Bevor sie sich aber fassen konnten und diesen alten Manifestationen von Rishis danken konnten, waren sie schon verschwunden. Jetzt war es so: Sankaras Vater dachte jetzt noch: Ja, ich will ja auch zur höchsten Verwirklichung kommen, jetzt ist uns diese große Gnade geschenkt worden, dass Sankara weiter lebt. Und dann dachte er, aus Dankbarkeit dafür wird er jetzt entsagen und in die Einsamkeit gehen. So verließ er seine Familie, wurde Swami, Sannyas, Mönch und widmete seine verbliebenen Jahre der Suche nach der Wahrheit.

8. Teil der Niederschrift von Vorträgen im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Viveka Chudamani – wichtigstes Vedanta Werk von Sankara

Wir wollen das Viveka Chudamani studieren, um so die Unterscheidungskraft, Viveka, zu stärken, die Unterscheidungskraft zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen, zwischen dem Vergänglichen und dem Ewigen, zwischen dem, was wahres Glück ist und dem, was vorübergehendes Glück ist. Damit wir das tun können, ist von besonderer Wichtigkeit, dass wir in einer bestimmten Grundstimmung sind, einer gewissen Öffnung, eine gewisse innere Verbundenheit, letztlich auch eine Stimmung von Bhakti. D. h. dass wir, um höhere Wahrheiten zu verstehen, dies erlangen durch Gnade. Es ist nicht nur eine Sache der eigenen Anstrengung und des eigenen Bemühens, obgleich gerade der Jnana Yoga sehr viel auf dieses Mumukshutwa Wert legt. In Indien … Wunsch nach Befreiung, Viveka, die Klarheit des Geistes, kann man auch sagen. Aber es ist eben auch Bhakti wichtig. So ist es auch üblich, dass man vor einem Jnana Yogastudium Mantras rezitiert und bevor man eine Schrift von Sankaracharya studiert, sich sein Leben bewusst macht, auch vor dem Hintergrund, dass man sich einstimmt, einschwingt und dass man diese Hingabe hat, dass man auf subtilere Weise diese Weisheit mitbekommt. So will ich euch jetzt in Kurzform die Lebensgeschichte von Sankara erzählen. Sankara Vidshaya, wie sie auch genannt wird. Da sind natürlich Mythen und Legenden dabei. Es gab niemanden, der während seines Lebens ständig dabei war und mitgeschrieben hat oder mit einer Videokamera alles aufgenommen hat und Menschen in seinem Umfeld interviewt hat. Aber es sind Legenden entstanden und diese Legenden haben eine große Kraft, wenn man sie sich erzählt und zuhört und darauf einstimmt, dann entsteht etwas wie ein Kanal, über den dann die Weisheit fließen kann.

7. Teil der Niederschrift von Vorträgen im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Wichtigste Vedanta Werke von Sankara

Das waren einige Aspekte von Sankara. Besonders bekannt ist Sankara für die Kommentare zu den sogenannten drei wichtigsten Schriften des Jnana Yoga. Wie heißen die? Ihr kennt die vier wichtigsten klassischen Schriften, ihr kennt außerdem die vier wichtigsten Yogaschriften. Aber was sind jetzt die drei wichtigsten Schriften des Vedanta, des Jnana Yoga? Erstens, die müsst ihr kennen: Upanishaden. Zweitens Brahmasutra. Drittens, die kennt ihr auch – eins und drei kennt ihr: Bhagavad Gita. Das habt ihr irgendwann mal gehört… Also: Upanishaden, Bhagavad Gita und Brahmasutra. Manche Indologen behaupten sogar, nur diese Kommentare sind ganz sicher von Sankaracharya. Alles andere kann auch von jemand anders sein. Nur weil zum Teil der Stil ein anderer ist und zum Teil auch der Inhalt der Philosophie ein bisschen gemäßigt ist. Das kann man auch sagen. Aber aus meiner eigenen Erfahrung als Lehrender weiß ich: Wenn man unterrichtet, ändert sich im Lauf der Jahre etwas – wie man etwas erklärt und was man dort erzählt und wie man vielleicht mehr auf die Eigenarten von Menschen eingeht. Angenommen ich hätte mein erstes Buch mit 19 geschrieben, da hatte ich das vorgehabt. Ich habe es dann doch nicht vollendet und habe das, was ich geschrieben habe, irgendwann weggeworfen beziehungsweise habe ich es nicht wirklich weggeworfen – es ist in irgendeinem Zentrum verloren gegangen. Damals gab es noch keine Computer, das ging mit Schreibmaschine. Wenn ich heute ein Buch schreibe, ist das nicht mehr identisch mit damals. Der Stil wäre sogar anders, der Inhalt auch. Und so waren diese drei seine Erstwerke, Kommentare zu den drei Schriften. Und danach kommen drei Hauptschriften von ihm. Das ist Viveka Chudamani, das zweite ist Atma Bodha und das dritte ist Tattwa Bodha. Viveka Chudamani gilt dabei als sein letztes großes Werk. Man kann sagen, es ist wie die Essenz seiner Lehren und so geschrieben, dass ein Mensch es einfach verstehen kann und auch den ganzen ganzheitlichen Yoga mit einbeziehen kann. Von der Lebensgeschichte her, die kann ich euch ja vielleicht morgen Abend erzählen. Dann haben wir jetzt genügend Zeit, mehr vom Sankara Vidchaya, vom Bhakti, von den Legenden und Wundertaten, was dort alles gewesen ist. Damit werden wir uns dann beschäftigen.

Bevor wir zum Formalen der Weiterbildung kommen, möchte ich die Guruparampara Stotra, die Nummer 602, rezitieren. Es heißt, dass spirituelles Wissen zum einen die eigene Anstrengung ist, die Verbindung mit Hingabe und Bewusstheit, zum zweiten eine Frage der Gnade Gottes ist und zum dritten die Gnade des Gurus, des spirituellen Lehrers. So wollen wir die Guruparampara Stotra rezitieren, die Namen der großen Meister unserer Tradition, sie reicht zurück zum Anbeginn der Welt von Narayana selbst, Vishnu über Padma Baba, das ist Brahma, der aus dem Lotus des Nabels von Vishnu Gekommene und zum ersten menschlichen Guru, Vasishta und dann werden insbesondere Sankara und seine Schüler besonders angesprochen. Wir bitten so Sankaracharya und die Meister vor ihm und nach ihm, uns zu segnen und zu führen, so dass wir über das Studium von Viveka Chudamani und der spirituellen Praxis wirklich die Unterscheidungskraft stärken, um die höchste Einheit zu erfahren.

Teil 6 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Kastendenken und die Yoga Meister

Leider, muss man sagen, konnte Sankaracharya dieses Kastendenken nicht abschaffen. Das ist Buddha nicht gelungen, das ist Krishna nicht gelungen, das ist Sankaracharya nicht gelungen, das ist Mahavira nicht gelungen. Das ist so vielen Heiligen nicht gelungen. Heute gelingt es so schrittweise. Mahatma Gandhi hat es probiert, Sivananda hat es probiert, VivekAnanda hat es probiert, Ramakrishna hat es probiert. Aber wisst ihr, was es letztlich schafft? Die moderne Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft – mit Chancengleichheit. Und die massive „Reverse Discrimination“ der indischen Regierung. D.h. es wird ein bestimmter Prozentsatz von Studienplätzen und höherer „Government Posts“ reserviert für die Kastenlosen, so dass sie fast keine Leistung bringen müssen, um studieren zu können. Und das hat Erfolg. Es wird von den Brahmanen sehr stark kritisiert, denn selbst wenn sie ein Einser-Abitur haben, bekommen sie nicht notwendigerweise einen Studienplatz, während jemand der ein Vierer-Abitur hat, um es in unser System zu übersetzten, und ein Dalit ist, der kriegt einen Studienplatz. Aber das hilft diese Sache zu überwinden. Gut, das konnte Sankara nicht überwinden. Aber er hat sich bemüht und er hat mindestens diese Kette von Meistern fortgesetzt, die das für himmelschreiendes Unrecht gehalten haben.

5. Teil der Niederschrift von Vorträgen im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Sankaras Werk über Yoga und Vedanta

Sankara hat ein Buch geschrieben, einen Kommentar über das Yoga Sutra und hat so praktisch Sankya (???) Yoga in Verbindung mit Vedanta gebracht, was bis heute ja üblich ist. Es gibt zwar manche Yogalehrer, die versuchen, künstliche Unterschiede aufzubauen mit Sankya und Yoga und Tantra und Vedanta – aber das ist westliche Indologie. Die Westler sind immer bemüht um „entweder – oder“. Der Inder ist mehr bemüht um „sowohl – als auch“. Das fand ich mal so lustig. Vor zwei Jahren hatten wir ja das „Indien in Lippe“-Festival in Bad Meinberg im Kurpark, woran wir natürlich auch beteiligt waren. Dort wurde eine Professorin für Religionswissenschaften eingeladen, um über die indischen Religionen zu sprechen. Sie hat gesagt: Der größte Unterschied zwischen den westlichen und den östlichen Religionen ist, dass wir im Westen immer sagen entweder/oder und im Osten wird immer gesagt sowohl/als auch. Sankara war da sicher ein ganz großer Vertreter. Er hat Kommentare über tantrische Schriften geschrieben. Er hat sogar ein Buch über Pranayama geschrieben. Er hat die Yoga Sutra kommentiert. Er hat wunderbare Bhakti-Praktiken selbst ausgeführt. Er hat Hymnen zur Verehrung komponiert. Er hat gemeinnützige, soziale Werke empfohlen als eine Weise, das Herz zu öffnen.

Seit Sankaracharya ist dann auch hinter all dem die Vedanta-Philosophie, man kann sagen, die Philosophie mit der höchsten Hochachtung geworden. Das hat auch dazu beigetragen, dass ein gewisses Gefühl von Einheit und Verbundenheit da sein konnte. Natürlich, und das macht dann den Unterschied zwischen Sankara aus und den sich weiterentwickelten Formen des Hinduismus, Sankara ging auch gegen die Kastentrennung an. Es gibt auch einige Geschichten, wo er zunächst noch selbst einen Kastendünkel hatte, dass ihm aber Shiva erschienen ist, um ihm das auszutreiben.

Es gibt da eine Geschichte: Sankara kam gerade von einem Vedanta-Vortrag und hat über die Einheit von allem erzählt. Dann ist er auf der Straße entlang gegangen und da lag quer über die Straße ein Kastenloser. Sankara hat gesagt: Du, geh doch bitte mal zur Seite. Er wollte den nicht berühren und außerdem dass er jetzt um den herumgeht, war für ihn nicht angemessen als Hochkastenmensch, als Brahmane. Der dort gelegen hat, der aus einer niedrigen Kaste oder kastenlos war, hat gar nichts gemacht. Sankara hat gesagt: Hey, geh doch aus dem Weg. Schließlich, ohne dass er sich zu sehr drehte, schaute er Sankara an und sagte: Du, Sankara, was soll ich den jetzt bewegen? Diesen Körper? Wozu? Der ist unwirklich. Und du mit deinem unwirklichen Körper kannst doch entweder über oder neben diesem unwirklichen Körper vorbeigehen. Oder soll ich mein Selbst bewegen? Aber das Selbst ist allumfassend. Wie soll ich das bewegen? Daher, lieber Sankara, wer soll hier was bewegen? Und im nächsten Moment erkannte Sankara, dass dies passierte trotz seiner großen Philosophie, trotz sogar seines Samadhis (in gewisser Weise ist das schon etwas erschütternd, denn es war nicht der junge Sankaracharya, sondern eigentlich galt er da schon als selbstverwirklicht, komisch, denn in Nirvikalpa Samadhi sollte man über all das hinaus sein, trotzdem hatte er das noch) und dann erschien ihm praktisch Shiva in Gestalt dieses Kastenlosen und hat ihn gelehrt.

Teil 4 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Sankara und sein Wirken

Zur Zeit von Sankaracharya gab es alle möglichen Untergruppierungen, die sich zum Teil auch feindlich gesinnt waren – es gab die Shaivas, die wollten von den Vaishnavas nichts wissen und die Vaishnavas wollten nichts wissen von den Shaktas.

Die haben sich dann durchaus auch – nicht so wie im Westen allerdings mit Waffen – bekämpft. Die Waffenbekämpfungsgeschichte ist ja letztlich eine Erfindung des Christentums. Paradoxerweise. Die einzige Religion, zumindest von den großen Religionen, die nach Aussagen des Religionsgründers am gewaltfreiesten ist, ist in der Praxis die gewaltsamste gewesen. Der Religionskrieg ist vom Christentum erfunden worden und dann irgendwie an den Islam weitergegeben worden. Aber diese Gruppen waren sich durchaus feindlich gesinnt.

Es gab auch verschiedenste Philosophiesysteme. Sankara hat mehr oder weniger alle irgendwo zusammengefasst – es gibt verschiedene Namen und es gibt verschiedene Formen. Er hat Hymnen komponiert zur Verehrung von Krishna, die Lalita Sahasranam ist für die Göttin Devi. Er hat wunderbare Verse für Shiva geschrieben. Er hat gesagt: Letztlich sind sie alle Ausprägungen des einen unendlichen Prinzips. Die Mehrheit der Inder ist bis heute dieser Meinung, dass alles Ausdruck der gleichen universellen Wahrheit ist. Er hat auch die ganzen Bhakti-Praktiken irgendwo zusammengeführt. Er hat die Pujas systematisiert. Pujas sind natürlich Jahrtausende alt, zum Teil wurde ein unglaublicher Wust von Aberglauben im Lauf der Jahrhunderte oder Jahrtausende dazu gebastelt. Sankara hat das systematisiert und hat es zurückgeführt auf die Pujas und Homas der vedischen Zeit – mit einer Ausnahme: Sankara hat Tieropfer aus den Pujas und Homas rausgenommen.

Ihr seid euch sehr bewusst, dass Yoga etwas mit Vegetarismus und Gewaltlosigkeit und Ehrerbietung vor Tieren zu tun hat. Aber wer von euch mal die Mahabharata durchgelesen hat: so schöne Teile es dort gibt, wie die Bhagavad Gita, so dreht sich einem bei anderen Teilen der Magen um. Aber es war die damalige Zeit. Aber man kann sagen, Sankara hat letztlich das Werk von Buddha vollendet, der sich auch gegen alle Tieropfer gewendet hat und gesagt hat, man soll mehr an seinem Geist arbeiten und seine tierische Natur transformieren, statt Tiere zu opfern. Sankara hat das dann ganz konkret gesagt in den Schriften. Vorher war das gemeint als etwas Symbolisches und nicht als etwas, das man tatsächlich machen sollte.

Sankara hat das System von Pilgerreisen systematisiert. Er hat verschiedene große Tempel genannt und hat gesagt, diese sollte man besuchen. Das hat Indien irgendwo verbunden, dass die Menschen vom einen zum anderen… Dass die Weite entsteht. Er wollte auch Toleranz haben, dass Menschen von Südindien auch mal nach Nordindien kommen und dass die Menschen sehen, dass letztlich alle Menschen Geschöpfe des Gleichen und überall ähnlich sind.

Hinduismus, Yoga und Vedanta

Wir sprechen wir ja auch oft vom Hinduismus, wenn wir uns auf die Religionen Indiens beziehen. Der Ausdruck Hinduismus ist allerdings ein westlicher Ausdruck, er stammt von den Griechen. Es gibt nämlich einen Fluss, der nennt sich Sindhu, den haben die Griechen in Hindus oder Indus umgewandelt und dann alle Menschen, die um den Fluss Indus und irgendwo dahinter gewohnt haben, die hießen dann die Inder. Das wäre so ähnlich, wenn die Russen alle Deutschen, Franzosen und Spanier als Rheinländer bezeichnen würden, also die, die in der Nähe des Rheins und irgendwo dahinter wohnen. Und dann haben die Griechen auch gesagt, dass die Religion von all denen auch irgendwie eine gemeinsame Religion sein muss und die nennen wir dann eben Hinduismus.

Nur ist der Hinduismus nicht so fassbar wie andere Religionen, zum Beispiel das Christentum. Da gibt es eine Bibel, das ist ganz klar. Daneben gibt es noch ein paar Konfessionen, die ihre Glaubensbekenntnisse, Katechismen und Doktrinen haben. Es gibt bei den Katholiken Hierarchien, bei den Protestanten gibt es die Kirchentage und alles Mögliche, um herauszufinden, was ist die wahre Lehre und was ist sie nicht. Aber eigentlich ist so genau nur das Christentum organisiert. Weder der Islam ist so und das Judentum noch weniger. Im Buddhismus gibt es den Pali-Kanon, der irgendwo bestimmend ist. Im Hinduismus gibt es zwar die Veden, aber es gibt eine solche Menge an Schriften, dass es ausgesprochen schwierig zu erkennen ist, was eigentlich die Grundlage vom Hinduismus ist. Ein deutscher Religionswissenschaftler hat mal gesagt: Hinduismus ist der Sammelname für alle nicht doktrinären Religionen Indiens. Doktrinär meint solche, die nicht eine feste Glaubensdoktrin haben, an die alle glauben müssen – das sind die Sikhs, die Buddhisten, die Jains und die Parsis. Die sind alle klarer gefasst und all das, was irgendwo sehr weit gefasst ist und sehr lose, das wird dann als Hinduismus zusammengefasst.

Teil 2 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Shankara – großer Lehrer des Vedanta

Bevor wir zu Viveka Chudamani kommen, möchte ich etwas erzählen über den Meister, der das geschrieben hat: Shankaracharya oder einfach Shankara. Shankara gilt als einer der größten Yogameister, meiner Meinung nach sogar DER größte Yogameister aller Zeiten, insbesondere der größte Yogameister aller Zeiten, der heute noch bekannt ist. Zunächst mal ein paar historische Sachen und die Lebensgeschichte. Dann habt ihr es erst historisch, dann bhaktimäßig und danach seid ihr vorbereitet, um es in Jnana Yoga hineinzunehmen.

Shankara lebte vermutlich um 800 n. Chr. Über die genauen Lebensdaten streiten sich die Indologen. Oft wird gesagt, er lebte zwischen 788 bis 820 n. Chr. Er war auf jeden Fall eine historische Person. Es gibt Bücher, die heute noch erhalten sind, die er selbst geschrieben hat oder die relativ nah an seinen Lebensdaten kopiert worden sind. Es gibt auch eine Menge an Sekundärliteratur über Shankaracharya.

Shankaracharya hat ganz sicher gelebt und zwar ganz sicher um 800 n. Chr. Wann genau kann man aber nicht sicher sagen: Ich war mal in Indien und da hat man mit irgendeinem langen Buch – 500 Seiten – versucht zu beweisen, dass Shankara vor Buddha gelebt haben muss, weil Buddha so viele Konzepte von Shankara übernommen hätte. Aber die Mehrheit der indischen Meister und aller westlichen Orientalisten sagt, es war um 800 n. Chr. Shankara war einer der ganz großen, man würde vielleicht in westlicher Ausdrucksweise sagen: Reformatoren in Indien. Shankara hat alle Aspekte in indischer Spiritualität irgendwo beeinflusst. Am bekanntesten ist er im Westen für seine Vedanta-Philosophie und damit werden wir uns ja hauptsächlich beschäftigen. Nur hat sich Shankara nicht auf diese Philosophie beschränkt, sondern er war allgemein Reformator. Dazu gehörte zum einen, dass er ein, man kann sagen, konfessionsübergreifender Mensch war.

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Teil 1 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Shankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Viveka Chudamani – das Kleinod der Unterscheidung

Ab morgen wird hier im Jnana Yoga Blog eine Vortragsreihe erscheinen zum Thema Viveka Chudamani.

Dies sind Niederschriften von Vorträgen, die Sukadev gehalten hat bei Yoga Vidya Bad Meinberg im September 2008. Diese Vorträge waren Teil einer Yogalehrer Weiterbildung und auch Baustein der 2-Jahres-Yogalehrer Baustein-Ausbildung von Yoga Vidya.

Viveka Chudamani ist eine der wichtigsten Schriften von Vedanta bzw. Jnana Yoga. Sie wurde geschrieben vom großen Jnana Yoga Guru Shankara, auch Shankaracharya, Sankara, Sankaracharya, Adishankara oder Adisankara genannt.

Wir wünschen dir viel Inspiration!