Schlagwort-Archive: Sankara

Viveka Chudamani – wichtigstes Vedanta Werk von Sankara

Wir wollen das Viveka Chudamani studieren, um so die Unterscheidungskraft, Viveka, zu stärken, die Unterscheidungskraft zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen, zwischen dem Vergänglichen und dem Ewigen, zwischen dem, was wahres Glück ist und dem, was vorübergehendes Glück ist. Damit wir das tun können, ist von besonderer Wichtigkeit, dass wir in einer bestimmten Grundstimmung sind, einer gewissen Öffnung, eine gewisse innere Verbundenheit, letztlich auch eine Stimmung von Bhakti. D. h. dass wir, um höhere Wahrheiten zu verstehen, dies erlangen durch Gnade. Es ist nicht nur eine Sache der eigenen Anstrengung und des eigenen Bemühens, obgleich gerade der Jnana Yoga sehr viel auf dieses Mumukshutwa Wert legt. In Indien … Wunsch nach Befreiung, Viveka, die Klarheit des Geistes, kann man auch sagen. Aber es ist eben auch Bhakti wichtig. So ist es auch üblich, dass man vor einem Jnana Yogastudium Mantras rezitiert und bevor man eine Schrift von Sankaracharya studiert, sich sein Leben bewusst macht, auch vor dem Hintergrund, dass man sich einstimmt, einschwingt und dass man diese Hingabe hat, dass man auf subtilere Weise diese Weisheit mitbekommt. So will ich euch jetzt in Kurzform die Lebensgeschichte von Sankara erzählen. Sankara Vidshaya, wie sie auch genannt wird. Da sind natürlich Mythen und Legenden dabei. Es gab niemanden, der während seines Lebens ständig dabei war und mitgeschrieben hat oder mit einer Videokamera alles aufgenommen hat und Menschen in seinem Umfeld interviewt hat. Aber es sind Legenden entstanden und diese Legenden haben eine große Kraft, wenn man sie sich erzählt und zuhört und darauf einstimmt, dann entsteht etwas wie ein Kanal, über den dann die Weisheit fließen kann.

7. Teil der Niederschrift von Vorträgen im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Wichtigste Vedanta Werke von Sankara

Das waren einige Aspekte von Sankara. Besonders bekannt ist Sankara für die Kommentare zu den sogenannten drei wichtigsten Schriften des Jnana Yoga. Wie heißen die? Ihr kennt die vier wichtigsten klassischen Schriften, ihr kennt außerdem die vier wichtigsten Yogaschriften. Aber was sind jetzt die drei wichtigsten Schriften des Vedanta, des Jnana Yoga? Erstens, die müsst ihr kennen: Upanishaden. Zweitens Brahmasutra. Drittens, die kennt ihr auch – eins und drei kennt ihr: Bhagavad Gita. Das habt ihr irgendwann mal gehört… Also: Upanishaden, Bhagavad Gita und Brahmasutra. Manche Indologen behaupten sogar, nur diese Kommentare sind ganz sicher von Sankaracharya. Alles andere kann auch von jemand anders sein. Nur weil zum Teil der Stil ein anderer ist und zum Teil auch der Inhalt der Philosophie ein bisschen gemäßigt ist. Das kann man auch sagen. Aber aus meiner eigenen Erfahrung als Lehrender weiß ich: Wenn man unterrichtet, ändert sich im Lauf der Jahre etwas – wie man etwas erklärt und was man dort erzählt und wie man vielleicht mehr auf die Eigenarten von Menschen eingeht. Angenommen ich hätte mein erstes Buch mit 19 geschrieben, da hatte ich das vorgehabt. Ich habe es dann doch nicht vollendet und habe das, was ich geschrieben habe, irgendwann weggeworfen beziehungsweise habe ich es nicht wirklich weggeworfen – es ist in irgendeinem Zentrum verloren gegangen. Damals gab es noch keine Computer, das ging mit Schreibmaschine. Wenn ich heute ein Buch schreibe, ist das nicht mehr identisch mit damals. Der Stil wäre sogar anders, der Inhalt auch. Und so waren diese drei seine Erstwerke, Kommentare zu den drei Schriften. Und danach kommen drei Hauptschriften von ihm. Das ist Viveka Chudamani, das zweite ist Atma Bodha und das dritte ist Tattwa Bodha. Viveka Chudamani gilt dabei als sein letztes großes Werk. Man kann sagen, es ist wie die Essenz seiner Lehren und so geschrieben, dass ein Mensch es einfach verstehen kann und auch den ganzen ganzheitlichen Yoga mit einbeziehen kann. Von der Lebensgeschichte her, die kann ich euch ja vielleicht morgen Abend erzählen. Dann haben wir jetzt genügend Zeit, mehr vom Sankara Vidchaya, vom Bhakti, von den Legenden und Wundertaten, was dort alles gewesen ist. Damit werden wir uns dann beschäftigen.

Bevor wir zum Formalen der Weiterbildung kommen, möchte ich die Guruparampara Stotra, die Nummer 602, rezitieren. Es heißt, dass spirituelles Wissen zum einen die eigene Anstrengung ist, die Verbindung mit Hingabe und Bewusstheit, zum zweiten eine Frage der Gnade Gottes ist und zum dritten die Gnade des Gurus, des spirituellen Lehrers. So wollen wir die Guruparampara Stotra rezitieren, die Namen der großen Meister unserer Tradition, sie reicht zurück zum Anbeginn der Welt von Narayana selbst, Vishnu über Padma Baba, das ist Brahma, der aus dem Lotus des Nabels von Vishnu Gekommene und zum ersten menschlichen Guru, Vasishta und dann werden insbesondere Sankara und seine Schüler besonders angesprochen. Wir bitten so Sankaracharya und die Meister vor ihm und nach ihm, uns zu segnen und zu führen, so dass wir über das Studium von Viveka Chudamani und der spirituellen Praxis wirklich die Unterscheidungskraft stärken, um die höchste Einheit zu erfahren.

Teil 6 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Kastendenken und die Yoga Meister

Leider, muss man sagen, konnte Sankaracharya dieses Kastendenken nicht abschaffen. Das ist Buddha nicht gelungen, das ist Krishna nicht gelungen, das ist Sankaracharya nicht gelungen, das ist Mahavira nicht gelungen. Das ist so vielen Heiligen nicht gelungen. Heute gelingt es so schrittweise. Mahatma Gandhi hat es probiert, Sivananda hat es probiert, VivekAnanda hat es probiert, Ramakrishna hat es probiert. Aber wisst ihr, was es letztlich schafft? Die moderne Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft – mit Chancengleichheit. Und die massive „Reverse Discrimination“ der indischen Regierung. D.h. es wird ein bestimmter Prozentsatz von Studienplätzen und höherer „Government Posts“ reserviert für die Kastenlosen, so dass sie fast keine Leistung bringen müssen, um studieren zu können. Und das hat Erfolg. Es wird von den Brahmanen sehr stark kritisiert, denn selbst wenn sie ein Einser-Abitur haben, bekommen sie nicht notwendigerweise einen Studienplatz, während jemand der ein Vierer-Abitur hat, um es in unser System zu übersetzten, und ein Dalit ist, der kriegt einen Studienplatz. Aber das hilft diese Sache zu überwinden. Gut, das konnte Sankara nicht überwinden. Aber er hat sich bemüht und er hat mindestens diese Kette von Meistern fortgesetzt, die das für himmelschreiendes Unrecht gehalten haben.

5. Teil der Niederschrift von Vorträgen im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Sankaras Werk über Yoga und Vedanta

Sankara hat ein Buch geschrieben, einen Kommentar über das Yoga Sutra und hat so praktisch Sankya (???) Yoga in Verbindung mit Vedanta gebracht, was bis heute ja üblich ist. Es gibt zwar manche Yogalehrer, die versuchen, künstliche Unterschiede aufzubauen mit Sankya und Yoga und Tantra und Vedanta – aber das ist westliche Indologie. Die Westler sind immer bemüht um „entweder – oder“. Der Inder ist mehr bemüht um „sowohl – als auch“. Das fand ich mal so lustig. Vor zwei Jahren hatten wir ja das „Indien in Lippe“-Festival in Bad Meinberg im Kurpark, woran wir natürlich auch beteiligt waren. Dort wurde eine Professorin für Religionswissenschaften eingeladen, um über die indischen Religionen zu sprechen. Sie hat gesagt: Der größte Unterschied zwischen den westlichen und den östlichen Religionen ist, dass wir im Westen immer sagen entweder/oder und im Osten wird immer gesagt sowohl/als auch. Sankara war da sicher ein ganz großer Vertreter. Er hat Kommentare über tantrische Schriften geschrieben. Er hat sogar ein Buch über Pranayama geschrieben. Er hat die Yoga Sutra kommentiert. Er hat wunderbare Bhakti-Praktiken selbst ausgeführt. Er hat Hymnen zur Verehrung komponiert. Er hat gemeinnützige, soziale Werke empfohlen als eine Weise, das Herz zu öffnen.

Seit Sankaracharya ist dann auch hinter all dem die Vedanta-Philosophie, man kann sagen, die Philosophie mit der höchsten Hochachtung geworden. Das hat auch dazu beigetragen, dass ein gewisses Gefühl von Einheit und Verbundenheit da sein konnte. Natürlich, und das macht dann den Unterschied zwischen Sankara aus und den sich weiterentwickelten Formen des Hinduismus, Sankara ging auch gegen die Kastentrennung an. Es gibt auch einige Geschichten, wo er zunächst noch selbst einen Kastendünkel hatte, dass ihm aber Shiva erschienen ist, um ihm das auszutreiben.

Es gibt da eine Geschichte: Sankara kam gerade von einem Vedanta-Vortrag und hat über die Einheit von allem erzählt. Dann ist er auf der Straße entlang gegangen und da lag quer über die Straße ein Kastenloser. Sankara hat gesagt: Du, geh doch bitte mal zur Seite. Er wollte den nicht berühren und außerdem dass er jetzt um den herumgeht, war für ihn nicht angemessen als Hochkastenmensch, als Brahmane. Der dort gelegen hat, der aus einer niedrigen Kaste oder kastenlos war, hat gar nichts gemacht. Sankara hat gesagt: Hey, geh doch aus dem Weg. Schließlich, ohne dass er sich zu sehr drehte, schaute er Sankara an und sagte: Du, Sankara, was soll ich den jetzt bewegen? Diesen Körper? Wozu? Der ist unwirklich. Und du mit deinem unwirklichen Körper kannst doch entweder über oder neben diesem unwirklichen Körper vorbeigehen. Oder soll ich mein Selbst bewegen? Aber das Selbst ist allumfassend. Wie soll ich das bewegen? Daher, lieber Sankara, wer soll hier was bewegen? Und im nächsten Moment erkannte Sankara, dass dies passierte trotz seiner großen Philosophie, trotz sogar seines Samadhis (in gewisser Weise ist das schon etwas erschütternd, denn es war nicht der junge Sankaracharya, sondern eigentlich galt er da schon als selbstverwirklicht, komisch, denn in Nirvikalpa Samadhi sollte man über all das hinaus sein, trotzdem hatte er das noch) und dann erschien ihm praktisch Shiva in Gestalt dieses Kastenlosen und hat ihn gelehrt.

Teil 4 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Sankara und sein Wirken

Zur Zeit von Sankaracharya gab es alle möglichen Untergruppierungen, die sich zum Teil auch feindlich gesinnt waren – es gab die Shaivas, die wollten von den Vaishnavas nichts wissen und die Vaishnavas wollten nichts wissen von den Shaktas.

Die haben sich dann durchaus auch – nicht so wie im Westen allerdings mit Waffen – bekämpft. Die Waffenbekämpfungsgeschichte ist ja letztlich eine Erfindung des Christentums. Paradoxerweise. Die einzige Religion, zumindest von den großen Religionen, die nach Aussagen des Religionsgründers am gewaltfreiesten ist, ist in der Praxis die gewaltsamste gewesen. Der Religionskrieg ist vom Christentum erfunden worden und dann irgendwie an den Islam weitergegeben worden. Aber diese Gruppen waren sich durchaus feindlich gesinnt.

Es gab auch verschiedenste Philosophiesysteme. Sankara hat mehr oder weniger alle irgendwo zusammengefasst – es gibt verschiedene Namen und es gibt verschiedene Formen. Er hat Hymnen komponiert zur Verehrung von Krishna, die Lalita Sahasranam ist für die Göttin Devi. Er hat wunderbare Verse für Shiva geschrieben. Er hat gesagt: Letztlich sind sie alle Ausprägungen des einen unendlichen Prinzips. Die Mehrheit der Inder ist bis heute dieser Meinung, dass alles Ausdruck der gleichen universellen Wahrheit ist. Er hat auch die ganzen Bhakti-Praktiken irgendwo zusammengeführt. Er hat die Pujas systematisiert. Pujas sind natürlich Jahrtausende alt, zum Teil wurde ein unglaublicher Wust von Aberglauben im Lauf der Jahrhunderte oder Jahrtausende dazu gebastelt. Sankara hat das systematisiert und hat es zurückgeführt auf die Pujas und Homas der vedischen Zeit – mit einer Ausnahme: Sankara hat Tieropfer aus den Pujas und Homas rausgenommen.

Ihr seid euch sehr bewusst, dass Yoga etwas mit Vegetarismus und Gewaltlosigkeit und Ehrerbietung vor Tieren zu tun hat. Aber wer von euch mal die Mahabharata durchgelesen hat: so schöne Teile es dort gibt, wie die Bhagavad Gita, so dreht sich einem bei anderen Teilen der Magen um. Aber es war die damalige Zeit. Aber man kann sagen, Sankara hat letztlich das Werk von Buddha vollendet, der sich auch gegen alle Tieropfer gewendet hat und gesagt hat, man soll mehr an seinem Geist arbeiten und seine tierische Natur transformieren, statt Tiere zu opfern. Sankara hat das dann ganz konkret gesagt in den Schriften. Vorher war das gemeint als etwas Symbolisches und nicht als etwas, das man tatsächlich machen sollte.

Sankara hat das System von Pilgerreisen systematisiert. Er hat verschiedene große Tempel genannt und hat gesagt, diese sollte man besuchen. Das hat Indien irgendwo verbunden, dass die Menschen vom einen zum anderen… Dass die Weite entsteht. Er wollte auch Toleranz haben, dass Menschen von Südindien auch mal nach Nordindien kommen und dass die Menschen sehen, dass letztlich alle Menschen Geschöpfe des Gleichen und überall ähnlich sind.