Befreiung und Erfolg im Yoga, höchste Erkenntnis, geschieht durch eigene Anstrengung – und Gnade

Sankara sagt: Kein anderer vermag einen von den Fesseln des Geburtenkreislaufs zu befreien. Man kann ein Pferd an die Tränke führen, aber man kann nicht für das Pferd trinken. Und ein Pferd kann man noch zur Tränke hinführen, andere Tiere kann man nirgendwo hinführen. So gibt es Menschen, die kann man irgendwo hinführen und andere weigern sich, irgendwo hingeführt zu werden. Man kann selbst praktizieren, man kann selbst Liebe ausstrahlen, man kann selbst Weisheit ausstrahlen. Von der Qual einer Last auf dem Kopf kann einer von anderen erlöst werden. In Indien wurde ja viel auf dem Kopf getragen und ich kann jemandem die Sachen abnehmen. Aber kein anderer als man selber kann einen von der Qual von Hunger und Durst erlösen. Ein Kranker wird wieder gesund, indem er Diät lebt und Medizin einnimmt und nicht dadurch, dass andere es für ihn tun. Mal angenommen, jemand anderes hat Magen-Darm-Probleme, dann nützt es nichts, wenn ihr Schonkost einnehmt.

Das Wesen der absoluten Wirklichkeit muss man mit dem Auge wahrer Einsicht selbst erfassen. Darum geht es, das wollen wir tun. Das Wesen der absoluten Wirklichkeit wollen wir mit dem Auge wahrer Einsicht selbst erfassen. Man kann es nicht durch die Augen eines Gelehrten erfahren. Das hat zwei verschiedene Konnotationen:

Das Erste heißt, es nutzt nichts, wenn jemand Anderes das erfährt. Es gibt in Indien sogar reiche Menschen – es kann ja alles irgendwie pervertiert werden –, die mieten sich jemanden, der für sie meditiert. Das ist für die Leute nicht schlecht. Ich war mal irgendwo und da war ein Mönch und da gab es einen reichen Inder, der uns mal eingeladen hat und hat uns dort seinen Guru gezeigt. Den hatte er aus Indien mitgebracht und der konnte dann jeden Tag stundenlang meditieren. Und der Reiche – er hat das sogar ernst gemeint, ich hatte erst gedacht, er spielt eine Parodie vor – hat gesagt: Ich habe keine Zeit zum Meditieren, er meditiert vier Stunden am Tag, eine davon für mich und eine für meine Frau. Er hat das wirklich ernst gemeint. Zusätzlich war er noch Babysitter für die Kinder. Er war also Teil der Familie, der Familien-Meditierende. Manche denken, das wäre doch ein schöner Job. Keiner kann aber für uns meditieren und keiner kann für uns die Selbstverwirklichung erreichen. Wir müssen es selbst tun.

Eine andere Bedeutung ist: Auch nicht durch die Augen eines Gelehrten. Das heißt, einfach nur Sanskrit-Ausdrücke zu lernen und einfach nur die Subtilitäten der Vedanta-Philosophie intellektuell zu erfassen, reicht nicht aus. Er sagt dann auch: Die Schönheit des Mondes kann nur mit eigenen Augen geschaut werden. Wie könnte man sie durch die Augen Anderer sehen? Oder auch: Die Schönheit des Mondes reicht auch nicht, dass man sie beschreibt. Es herrschen zwei ANSI-Lumen Licht (ich weiß nicht, ob man das dafür verwendet). Die Helligkeit, der Mond war, wenn ich ihn einen Meter von meinem Auge gemessen habe, zwei Zentimeter groß. Das und das war zu sehen. Wisst ihr dann was Mondschein ist? Man weiß es dann, wenn man den Mond auf sich hat wirken lassen, in der Nacht. Dann hat man die Schönheit des Mondes erfahren. Genauso können wir die Schönheit des Selbst erfahren durch wahre Einsicht. Wer könnte ihn auch in Millionen von Zeitaltern von den Schlingen und Fesseln der Unwissenheit, der Begierden und des Karmas befreien, wenn nicht man selbst?

48. Teil der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

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