Ist es erstrebenswert, nicht wiedergeboren zu werden?

Frage: „In China wird Kuan Yin verehrt, manchmal als Göttin, manchmal als Meisterin. Von ihr heißt es, dass sie sich immer wieder inkarnieren will, bis alle Wesen die Befreiung erreicht haben. So wie das Bodhisattwa-Gelübde vieler Buddhisten oder auch wie es das bei den sogenannten Siddhas gibt: sie verzichten zur letzten Befreiung zu kommen, solange die letzten Aspiranten mich noch brauchen können. Ist es nicht besser, auf die eigene Befreiung zu verzichten um anderen zu helfen?“

Ich kann euch dazu jetzt auch nicht alles sagen. Aber letztlich sind es alles relative Sachen, denn vom Höchsten her ist diese Welt eine Illusion. Aber man kann auch sagen, dann bleibe ich eben ein bisschen länger in der Illusion. Ein Jivanmukta kann auch ein Doppelbewusstsein haben: Auf der einen Seite weiß er, ich bin das unsterbliche Brahman, das höchste Selbst, auf der anderen Seite nehme ich die Welt so wahr wie die anderen und – vom Vedanta her würde man jetzt sagen – ich halte noch eine Spur von Unwissenheit dort, ich gehe nicht ganz in die volle Verwirklichung. Und da heißt es, das kann man tatsächlich irgendwo entscheiden, auch den letzten Schritt zu gehen oder noch nicht ganz den letzten Schritt zu gehen.

In Patanjalis Yoga Sutra gibt es auch den Videamukta, den Jivanmukta, es gibt die Verschmelzung mit Prakriti. Es gibt die Wiedergeburt als Deva, als Engelswesen oder nohc verschiedene andere Möglichkeiten. Vom strengen, reinen Vedanta bleibt das in einer relativen Welt. Solange man nicht voller Jivanmukta ist, kann man auch immer wieder fallen. Mal angenommen man sagt, ich verzichte auf die höchste Verwirklichung, 99% reicht aus. Ihr wisst von euch selbst: es gibt auch wieder Rückschläge. Swami Vishnu-devananda hat immer gerne gesagt: Angenommen man hat die erste Stufe erklommen und dann ist man gezwungen wieder eine Stufe runterzugehen. Das ist nicht weiter tragisch. Angenommen, man ist jetzt auf dem Eiffelturm ganz oben, aber es fehlen noch fünf Schritte und dann muss man wieder ganz runter, da fällt man ganz schön auf die Nase. Deshalb sollte man sich mit nichts zufrieden geben außer dem Höchsten. Aber andererseits kann man auch sagen, wenn wir mal so weit sind, können wir das noch in Ruhe überlegen.

Teil 46 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert