Wir gehen aber jetzt weiter. Ich habe jetzt sehr lange Zeit mit äußeren Dingen, mit denen man sich identifiziert, verbracht und diese Prinzipien können wir dann relativ einfach auch verwenden für anderes. Nämlich die Frage, „Bin ich meine Hand?“ Antwort, „Nein, ich bin nicht meine Hand. Ich kann meine Hand sehen. Ich kann sie riechen. Ich kann sie schmecken. Ich kann sie hören.“ Es gibt den Zen-Koan, das wäre das Klatschen einer Hand. Also, ich kann darüber nachdenken, aber ich bin nicht die Hand. Angenommen, ich würde die Hand bei einem Unfall verlieren, wer bin ich? Immer noch ich. Angenommen, ich würde sagen, „Ich mag meine Hand nicht. Narendras Hand mag ich lieber.“ Dann sagt Narendra, „Das trifft sich gut, ich hätte auch mal gerne eine andere Hand.“ Und angenommen, irgendjemand würde uns dann viel Geld geben, müssten wir in irgendein anderes Land fahren, die würden die Hände ändern. Wer bin ich jetzt? Niemand anderes. Ich bin immer noch ich. Angenommen, ich hätte ein Herzproblem und bekäme dann ein Affenherz, wer wäre ich? Immer noch ich. Es gibt bestimmte Studien, die zeigen, dass durchaus, nachdem man eine Herztransplantation hatte, dass man irgendwie emotional und die Persönlichkeit anders ist als vorher. Manche sagen sogar, der Charakter ändert sich in die Richtung, wie der, dessen Herz man hat. Wird manchmal bezweifelt. Manchmal wird gesagt, so eine leicht signifikante Sache könnte dort sein, man überlegt, warum, aber das Ich ist weiter gleich. Mit Narendras Hand, mit einem Affenherz, mit einer Schweineleber, einer Ziegenniere, mit Bluttransfusionen von drei anderen Menschen, wer bin ich? Immer noch ich. Ich werde vielleicht sagen, „Früher war ich anders, aber jetzt bin ich so.“ Angenommen ich denke, ich war jetzt schon die Hälfte meines Lebens Mann, wäre doch mal schön, das Leben als Frau zu erfahren. Ein paar Hormone, ein paar Operationen, dann bin ich nicht mehr Sukadev, sondern Sukadevi, werde dann vielleicht ein paar Locken dort gedreht haben, etwas andere Kleidung, wer bin ich? Immer noch ich. Ich werde mich vielleicht anders fühlen und anders reagieren, aber ich werde immer noch ich sein. All das kann sich verändern. Und Narayani hat auch ein paar Fotos mitgebracht, wie man das halt so macht, wenn man sich einmal im Jahr sieht. Dann hat sie auch Bilder von vor 25 Jahren gezeigt und da sage ich dann, „Ah, da bin ich.“ Sie hat sogar Fotos gezeigt von vor 30 Jahren, sie und Swami Vishnu. Da habe ich erst geguckt, „Und das bist du?“ Was heißt das, dass ich sage, „Das bist du.“ Das ist ein Stück Papier, „Das bist du.“ Inzwischen hat sie mehr weiße als graue Haare, damals hatte sie nur dunkelbraune Haare, damals hat sie noch ein paar Kilo weniger gehabt, obgleich sie ja weiter schlank ist. Was ist gleich geblieben? Letztlich, „ich“ bleibt weiter gleich. Das Bewusstsein bleibt gleich. Gehen wir noch weiter. Bin ich mein Prana? Viele Menschen definieren sich über ihr Prana. Oder vielleicht noch mal beim Körper. Angenommen, man definiert sich sehr stark über seinen Körper, z.B. die wunderbar glatte Haut. Was passiert im Alter? Irgendwann ist sie nicht mehr so wunderbar glatt. Man kann dann zwar noch ein bisschen Botox spritzen und die ein oder andere Creme, aber irgendwann klappt das auch nicht mehr. Oder angenommen, man definiert sich über seine wunderschönen blonden Haare, irgendwann sind die weiß. Man kann sie zwar blond färben, aber irgendwo ist es nicht das Gleiche. Oder man definiert sich über seine Sportlichkeit, dass man Marathon laufen kann. Irgendwann ist das auch vorbei. Oder es gibt einen kleinen Unfall. Oder man hat nicht mehr genügend Zeit, kann ja auch mal passieren. Man kann nicht mehr jeden Tag zwei Stunden laufen. Also, wenn man sich darüber definiert, dann wird man immer irgendwann unglücklich. Alles, was mit dem Körper zusammenhängt, ist in Veränderung begriffen oder könnte sich verändern. Manche Eigenschaften bleiben vielleicht bis zum Ende und manchmal stirbt man vielleicht, ohne vorher krank zu sein. Man kann auch einen Unfalltod oder plötzlichen Herztod sterben, aber die Möglichkeit ist immer da. Nicht identifizieren, als Instrument sehen und nutzen als Gabe Gottes, temporäre Leihgabe Gottes und wissen, „Was auch immer wir dort haben, das bin ich nicht wirklich.“
Teil 83 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <