Archiv für den Monat: November 2012

Die Welt ist unwirklich – Adhyaropa im Vedanta

Das klassische Beispiel, das ich noch mal erwähnen will für die Unwirklichkeit der Welt, ist welches? Schlange und Seil. Also angenommen, wir treten über ein Seil und denken, es ist eine Schlange, dann haben wir Angst. Ist das Seil jemals zur Schlange geworden? Nein. Ist aber für denjenigen, der die Schlange gesehen hat, war die Schlange für ihn wirklich? Ja. Dennoch ist das Seil niemals zur Schlange geworden und die Schlange nicht zum Seil. Da gibt es einen bekannten Ausdruck dafür, das nennt sich Adhyaropa, super imposition, wird es auf Englisch übersetzt. In deutscher Terminologie wird es manchmal als Projektion bezeichnet oder auch als Darüberstülpung, man stülpt eine Bedeutung über etwas, was es nicht hat. Oder die zweite Analogie ist Stein und Hund. Angenommen, ein Mensch geht spät abends… Das Beispiel gibt es in verschiedener Form. Angenommen, es gibt einen Landstreicher. Der geht so an der Mauer von einem großen Anwesen vorbei und er sieht dort wunderschöne Mangobäume. Und da sind reife Mangos und sie duften. Dann denkt er, „Ach, da könnte ich mir doch ein paar nehmen.“ Und gerade als er dabei ist, sich über die Mauer drüber zu schwingen, dort sieht er einen Hund. Einen großen Hund, zähnefletschend, eine Pfoten gehoben und sofort springt er wieder runter. Dann geht er ein bisschen weiter und ein bisschen weiter ist keine Mauer, sondern ein Gitter und da sieht er immer noch diesen Hund. Zähnefletschend, schreckerregend, Pfote oben, bereit zu springen. Dachte er, „Das ist jetzt aber komisch, der sitzt da jetzt schon eine ganze Weile.“ Er schaut noch ein bisschen näher und dann stellt er fest, das ist kein Hund, sondern eine Statue. Und als er das sieht, dass da eine Statue ist, dann verliert er alle Angst, er klettert drüber und genießt diese wunderbare Mango. Ähnliche Analogie in diesem Leben. Wir haben vor allem Möglichen Ängste, weil wir alles Mögliche auf diese Welt drauf projizieren. Wenn wir aber erkennen, dass diese ganze Welt Brahman ist, dann brauchen wir keine Ängste zu haben. Eine nächste Analogie ist eine modernere Analogie, die aber von diversen Jnana-Yogameistern verwendet wird. Es ist die Analogie vom Kinofilm. Angenommen, wir gehen in einen Kinofilm. Und dann setzen wir uns hin und dann sehen wir ein ganzes Drama ablaufen. Was ist in dem ganzen Kinofilm wahr geblieben? Was bleibt da die ganze Zeit? Die Leinwand bleibt. Alles andere ist nicht real. Tut sich irgendwas auf der Leinwand? Gibt es dort irgendeinen großen Helden, der dort kämpft mit den bösen Verbrechern, der den Mörder findet? Nichts davon. Es bleibt immer Leinwand. Aber wenn Menschen in diesen Film reinkommen, dann weinen sie, sie lachen, sie erschrecken, sie freuen sich und – mindestens wenn es ein Hollywood-Film ist – gibt es irgendwie zum Schluss ein Happy End und alle gehen dann freudig beschwingt aus dem Kino. Aber was ist die ganze Zeit auf der Leinwand passiert? Nichts. So ähnlich, die Leinwand ist wie Brahman, auch das Licht ist wie Brahman. Maya ist dann wie dieser Film. Maya scheint dieses Licht teilweise wegzunehmen und dann manifestieren sich all diese Formen. Und letztlich der Filmdirektor, der das Ganze entwickelt hat, ist wie Ishwara und wir, die wir dort gefangen sind in diesem Film und dazu geht man ja in den Film, dass man alles andere vergisst und nach Möglichkeit sich auch identifiziert, wir werden kleine Jiva. Typischerweise identifiziert man sich mit einer Person in dem Film. Mit wem typischerweise? Mit der Hauptperson. Und zwar letztlich egal, ob die Hauptperson wirklich ein Held ist oder ein Verbrecher. Manche von euch haben sich vielleicht beschäftigt mit der Theatertheorie von Berthold Brecht. Er wollte das ja gerade umgekehrt machen. Er wollte vermeiden, dass die Zuschauer sich mit einem Menschen identifizieren und den toll finden. Wenn ihr „Mutter Courage“ z.B. gesehen habt. Er hat alle möglichen Elemente eingebaut, denn eigentlich „Mutter Courage“ ist ja mehr gedacht, so soll man nicht sich verhalten wie Mutter Courage. Das ist genauso, wie ein Mensch sich nicht verhalten soll. Das wollte er sehr genau damit zeigen. Aber was macht man als Zuschauer, wenn man Mutter Courage anschaut? Man fühlt mit dieser Frau, man versteht sie und irgendwo bangt man mit ihr. Letztlich, Mensch hat eine Neigung, sich zu identifizieren. Wenn wir in ein Schauspiel gehen, mit irgendjemand müssen wir uns identifizieren, ansonsten würde es langweilig. Und genauso, wir sind jetzt in diesem Schauspiel der Welt, muss man sich halt mit irgendjemandem identifizieren, am nahe liegendsten ist, mit diesem Körper und diesem Geist. Man könnte sich auch mit einem anderen Körper und einem anderen Geist identifizieren. Machen wir auch, wir machen es nämlich, indem der nebenan ist, aber gleichzeitig mit dem. Die beste Analogie ist meiner Ansicht nach allerdings immer noch Traum. Wir sind in einem Traum. Aus dieser Traumanalogie können wir auch noch mal schließen, was ist die Welt wirklich? In einem Traum, gibt es dort – jetzt vom Wachzustand aus gesehen – Materie? Hat es im Traum Materie gegeben? Nein. Hat es dort Bausteine gegeben? Ziegelsteine oder Beton, aus den die Gebäude bestehen? Nein. Haarfärbemittel? Auch nicht. Woraus besteht all das? Letztlich besteht alles aus der Einbildung des Träumenden. Das einzige, was wirklich ist und aus dem ist alles gemacht, das ist die Einbildung des Träumenden. Und letztlich kann man sagen und wie lange existiert der Traum und die Traumwelt? Solange sich da jemand des Traumes bewusst ist. In dem Moment, wo man sich des Traumes nicht mehr bewusst wird, was passiert mit all der Materie des Traumes, mit all den Millionen von Bäumen und Planeten und Sternen? Mit einem Schlag alle weg. Man kann sich natürlich noch fragen, was passiert dort tatsächlich? Vielleicht leben die weiter. Ist auch so die Frage, angenommen, ihr habt irgendwo ein Computerspiel gespielt und ihr schaltet den Computer ab. Was passiert mit den anderen Figuren? Angenommen, es gibt ja diese virtuelle Realität namens Sekond Life. Angenommen, die Firma, die das betreibt, eines Tages stellt sie alles ab. Was passiert mit diesen Zigmillionen von Avataren, wie sie heißen, also künstlich geschaffenen Individuen. Was passiert mit denen? Mit einem Schlag alle weg. Also, im Traum ist eigentlich nur das Bewusstsein da. Und so können wir als Analogie hier

auch nehmen, diese Welt, die ganze Materie der Welt besteht aus was? Aus Bewusstsein. Man kann auch sagen, sie besteht aus der Vorstellungskraft von Brahman. Und so wird manchmal auch gesagt, aus Brahman entsteht Brahma, der Schöpfer und der Schöpfer träumt dieses Universum und wir sind Traumgestalten des Schöpfers. Und hier würde man eben auch sagen, nicht wir als Individuum träumen die Welt, sondern Brahma, der Schöpfer träumt die Welt. Aber jetzt müssen wir wieder aufpassen. Wer ist Brahma und wer sind wir? Ein und derselbe. Wenn Brahma uns träumt, dann gibt es jetzt nicht mehrere Bewusstseine. Da gibt es nicht zum einen Brahma, der träumt, und wir sind Traumgestalten von Brahma und da gibt es Brahma und da gibt es uns und dann träumt Brahma und wir sind auch da. Nein, unser Bewusstsein ist Teil dann vom Bewusstsein Brahmans. Und da ein Bewusstsein nicht Teil eines anderen Bewusstseins sein kann – man kann ja nicht sagen, wie viel Prozent – ist unser Bewusstsein das Bewusstsein von Brahman und die ganze Welt besteht letztlich aus Bewusstsein.

Teil 107 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Was ist Wahrheit? Was ist das Selbst?

Ich hatte heute Morgen über die Unwirklichkeit der Welt gesprochen, von verschiedenen Gesichtspunkten her. Und es gibt eine Menge von Vergleichen, die uns zeigen, dass diese Welt unwirklich ist. Ich will da noch ein paar klassische Analogien gebrauchen und danach ein paar Worte sagen, „Was ist überhaupt die Welt?“ Und dann gehen wir noch durch einige weitere Verse des Viveka-Chudamani, wo Sankara ganz besonders klar uns macht, „Was ist Wahrheit? Was ist Selbst?“ und auch immer wieder natürlich, was das Selbst nicht ist. Wobei ich jetzt so ein paar Verse herausgeschrieben habe und ich will ein bisschen mehr auf die Verse eingehen, die beschreiben, wer man wirklich ist und was wirklich Wahrheit ist, denn über das, was wir nicht sind und das, was die Welt nicht ist, da habe ich relativ ausführlich gesprochen, vielleicht in etwas modernerer Ausdrucksweise als Sankara. Allerdings, wenn er über das Selbst spricht, da gibt es weder modern noch alt, denn das Selbst ist immer gleich geblieben. Unsere Erfahrung der Welt ist auf der einen Seite gleich, aber auf der anderen Seite auch unterschiedlich. Die Hungersnöte, die zu Sankaras Zeit allgegenwärtig waren, die Schlangenbisse, die allgegenwärtig waren, die Skorpionbisse und die Seuchen und Trockenheiten und Überschwemmungen und auch letztlich Kriege, die zu seiner Zeit in Indien in den Regionen, wo Sankara gelebt hat, immer wieder waren, die es auch heute auf der Erde gibt, aber das ist für uns hier, in unserer Insel der Seligen, nicht so ganz gegenwärtig. Deshalb gebraucht Sankara oft diese Beispiele, die seine Mitmenschen drastisch vor Augen gehabt haben. Auch, wie unsicher diese Welt ist und wie leidvoll die Welt sein kann.

106. Teil der Niederschrift von Vorträgen und Workshops aus einem Yogalehrer Ausbildungs-Seminar mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses besonderen 9-tägigen Vedanta-Seminars aus dem Jahr 2008 war „Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie, insbesondere Jnana Yoga, auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. Für fortgeschrittenere Aspiranten und Kenner der Materie gibt es hier Einsichten und Weisheiten der besonderen Art.

Frage dich: Wer bin ich?

Fragst du dich auch: Wer bin ich? Das ist immer wieder wichtig. Gerade wenn du dich mit Jnana Yoga und Vedanta beschäftigst, ist es wichtig, dass du nicht nur philosophische Terminologie studierst. Es ist wichtig, dass du sehr stark überlegst: Wer bin ich? Diese Frage sollte dich wirklich tief beschäftigen. Wenn du dich wirklich tief fragst: Wer bin ich? dann wirst du innerlich wirklich ein Sucher, ein Aspirant sein. So wie Shankara immer wieder sagt: Es reicht nicht aus, zu meditieren. Es reicht nicht aus, Schriften zu lesen: Du musst wirklich tief ergründen: Wer bin ich? Mit tiefer Sehnsucht, mit tiefem inneren Wunsch.

Vedanta im Alltag

Wir kommen zum letzten Teil dieses Seminars, dieser Weiterbildung, der Beschäftigung mit dem Viveka-Chudamani und da ist es noch mal besonders wichtig, dass ihr euch vergegenwärtigt, dass das Studium dieser Schrift und die Behandlung mit diesen großartigen Weisheiten etwas Wichtiges ist. Es mag zwischendurch etwas theoretisch klingen und man mag überlegen manchmal, „Was hat das mit meinem praktischen Leben zu tun?“, aber es hat sehr viel mit dem praktischen Leben zu tun, es hat sehr viel mit dem Alltag zu tun, es hilft uns nämlich, das zu erkennen, was tatsächlich wichtig ist. Auf gewisse Weise ist Jnana Yoga nicht der Aufregendste alle Wege. Es gibt keine Farben der Chakras, es gibt nicht ständig irgendwas Neues und angenommen, ich hätte euch jetzt während dieser Woche mit Sanskrit-Worten bombardiert und euch alles über Jahad Lakshana, Jahad-Ajahad Lakshana und Bhagatyaga Lakshana und die 22 Nyayas und noch mal alle Wiederholungen aller 5 Koshas, wäre sehr theoretisch gewesen. Obgleich ich das vielleicht auch irgendwann mal mache. Aber nicht umsonst habe ich am Anfang relativ viel interpretiert über dieses Mumukshutwa und das gilt es sich wieder bewusst zu machen. Mumukshutwa, der intensive Wunsch nach Befreiung. Manchmal kommen dann natürlich auch verschiedene Prüfungen auf dem Weg. Am Anfang sagt man, „Ja, ich will die Befreiung erreichen.“, aber wehe, es gab nicht genügend Kartoffeln. „Ich bin eins mit dem Unendlichen. Ich bin nicht dieser Körper, nicht diese Gedanken.“ aber wehe, jemand hat mich schräg angeschaut. Man kann ruhig sich ärgern, man kann ruhig schlechter Laune sein, alles o.k. Vom Jnana-Yoga-Standpunkt aus ist das letztlich unerheblich. Auch – erinnert euch – es gibt die Shatsampat 1. Grades und 2. Grades. 1. Grades wäre diese Gleichmut, man wird gar nicht mehr berührt davon. Shatsampat höheren Grades oder einfacheren Grades, könnte man auch sagen, ist, man hat ruhig auch Emotionen, aber man identifiziert sich nicht damit. Denn letztlich sind auch die Emotionen nicht unsere eigenen Emotionen, die laufen irgendwo ab. Geärgert haben sich schon so viele andere Menschen. Glaubt ihr das? Oder glaubt ihr, dass euer persönlicher Ärger der einzige ist in diesem Universum? Mindestens ist er der schlimmste oder der besonderste, oder? Oder, dass euer Wunsch nach irgend etwas so besonders ist? Letztlich laufen kosmische Geschehen in jedem einzelnen ab. Das ist so ähnlich, angenommen, ihr fahrt mit dem Zug von hier nach Kassel-Wilhelmshöhe und dann schaut man dort raus und man sieht, wie wunderschön die Landschaft ist und aus jedem Fenster guckt jemand anderes raus und sieht die gleiche Landschaft. Ist das jetzt meine persönliche Erfahrung? Wie viel Millionen Fahrgäste haben schon die schöne Landschaft dort gesehen. Letztlich läuft Erfahrung ab, aber wir sind nicht diese Erfahrung. Und wenn ihr jetzt die Intensität von Mumukshutwa und die Intensität des Wunsches, die Wahrheit zu erfahren, weiter steigert, dann kann es noch die nächsten Tage besonders tief werden und kann besonders viel bedeuten.

105. Teil der Niederschrift von Vorträgen und Workshops aus einem Yogalehrer Ausbildungs-Seminar mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses besonderen 9-tägigen Vedanta-Seminars aus dem Jahr 2008 war „Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie, insbesondere Jnana Yoga, auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. Für fortgeschrittenere Aspiranten und Kenner der Materie gibt es hier Einsichten und Weisheiten der besonderen Art.

Der Jivanmukta, der Erleuchtete, der Heilige

Und so ist die Erfahrung eines Jivanmuktas, der Jivanmukti erreicht hat. Nirvikalpa Samadhi führt zu Jivanmukti, also lebendige Befreiung. Der lebendig Befreite ist weiter im luziden Traumbewusstsein. Er weiß, dass die Welt, wie er sie wahrnimmt, eine Traumwelt ist, er weiß aber auch, „Ich bin das unsterbliche Selbst. Alle anderen sind auch das unsterbliche Selbst und hinter allen steckt nur Brahman.“ Er kann dort jederzeit rausgehen und in Nirvikalpa Samadhi verharren, er kann aber auch jederzeit wieder in diese Traumwelt hineingehen als Jivanmukta. Dann ist manchmal die Frage, sollte man allen im Traum nicht helfen, aufzuwachen? Könnt ihr mal selbst überlegen. Wenn ihr das nächste Mal träumt und aufgewacht seid, könnt ihr überlegen, „Will ich jetzt aufgewacht bleiben oder noch mal probieren, in meinen Traum heute Nacht hineinzukommen, um dann jedem im Traum zu erzählen, wach doch auf. Und erst, wenn alle in meinem Traum, alle zehn Milliarden Menschen, von denen ich im Traum geträumt hatte, aufgewacht sind, dann komme ich ins normale Leben zurück.“ Dann wärt ihr eine Weile beschäftigt. Glücklicherweise in unserem Traum ist so was gar nicht möglich, das Wachbewusstsein wird uns aus dem Traum irgendwann herausholen. Und so gibt es jenseits der Traumwelt, der Wachtraumwelt, gibt es Brahman, das Unendliche und das Ewige. Und es gilt, dass wir, solange wir im Traum sind, uns dessen bewusst sind, dass wir im Traum sind, dass alles eine Manifestation von Brahman ist, dass jeder, mit dem wir zu tun haben, nichts anderes ist als eine andere Traumgestalt, dass wir aber im Tiefsten eins sind mit dem anderen. So wie ein Traum für den Wachen, für den Menschen aus dem Wachzustand, irgendeine Bedeutung hat, die aber der Traummensch nicht verstehen kann. Die moderne Psychologie gibt ja viele Gründe, weshalb es gut ist, dass man träumt und weshalb es wichtig ist, dass man träumt. Aber die Traumgestalt weiß nicht, warum der, der träumt, träumt, aber er erfüllt seinen Part. So ähnlich, in dieser Wachwelt wissen wir auch nicht Hundertprozent, warum diese Welt so ist und was unsere Aufgaben sind. Wir leben unser Leben in dieser Traumwelt, führen es so gut, wie wir können, aber lassen ganz – letztlich auch irgendwie – los und können das Ganze etwas entspannter angehen. Aber es gilt, unseren Part zu spielen, es gilt, ihn richtig zu spielen, es gilt, uns der Einheit von allen bewusst zu werden, bewusst zu werden, dass wir eins sind mit jedem, mit dem wir es zu tun haben, dem angenehmsten Zeitgenossen und dem unangenehmsten und es gilt auch letztlich, aufzuwachen. Das unterscheidet vielleicht den Wachzustand vom Traumzustand. Aus dem Traumzustand wacht man von selbst auf, aus diesem Wachzustand nicht ganz so. Wir können zwar auch im Traumzustand etwas dafür tun, um aufzuwachen. Wenn man irgendwie eine Ahnung hat, dass man träumt, dann kann es einem im Traum gelingen, aus dem Traum auch herauszukommen. Auch die Erfahrung hatte ich so ab und zu mal gemacht, wo irgendwo ein unangenehmer Traum ist, aber irgendwo weiß ich, „Das kann nicht richtig sein, das ist ein Traum und jetzt wache ich auf.“, dann gelingt es tatsächlich auch, aufzuwachen. Aber meistens wacht man ja einfach so auf. Und so ist es hier. Wenn wir uns bewusst werden, „Ich träume, ich will aufwachen.“ dann können wir uns bemühen, aufzuwachen und wenn die Zeit reif ist, wachen wir auch tatsächlich auf.

104. Teil der Niederschrift von Vorträgen und Workshops aus einem Yogalehrer Ausbildungs-Seminar mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses besonderen 9-tägigen Vedanta-Seminars aus dem Jahr 2008 war „Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie, insbesondere Jnana Yoga, auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. Für fortgeschrittenere Aspiranten und Kenner der Materie gibt es hier Einsichten und Weisheiten der besonderen Art.