Archiv für den Monat: April 2012

Engagement ist gut – und besser noch gepaart ohne Anhaften

Engagiert sein, ist gut. Und ein engagiertes Leben ist gut. Intensive Erfahrungen manchen – oder es muss auch nicht intensiv sein – aber Erfahrungen machen ist gut. Patanjali hat ja auch diesen Ansatz, obgleich auch er dann irgendwann von Viveka Khyati spricht, als eine der Mittel zur Befreiung. Aber es geht eben darum, nicht an den Früchten zu hängen. Also z.B., irgendwo sich zu engagieren und seine Partnerschaft zu entwickeln, ist gut. Wenn sie trotzdem in die Brüche geht, dann ist es halt so. Dann hat man eine Weile Liebeskummer, eine Weile Trennungsschmerz und danach geht es dann auch weiter. Diese Erfahrung von dem Leiden in der Trennungsphase war auch eine wichtige Erfahrung. Man soll auch nicht daran hängen, dass es immer nur schön ist. Oder man hat ein Kind und das Kind geht irgendwann aus dem Haus. Ist auch normal, dass man dann vielleicht ein bisschen trauert oder vorübergehend vielleicht froh ist und dann kommt doch die Trauer wieder rein. Gut, manche hoffen, dass der 30-jährige Sohn endlich irgendwann das Haus verlässt. Muss auch gar nicht sein. Mehrgenerationenhaushalte waren durchaus auch in früheren Zeiten sehr üblich. Aber dann anschließend loslassen. Oder Belohnung. Jetzt hat man in diesem Leben so viel Gutes getan und hat sich um sein Kind so gekümmert und jetzt ist man 70, 80 Jahre und undankbare Menschen. Ist nicht einfach für Mütter und Väter. Und diejenigen von euch, die Kinder haben, die wissen, was ihre Eltern für einen gemacht haben, denn man weiß ja, was man selbst für die Kinder gemacht hat und so viele andere Dinge, die man macht. Und eben noch nicht mal daran hängen, dass wir dann mit gutem Karma belohnt werden. Manchmal fragen Menschen, „Warum ich? Ich war in meinem ganzen Leben so freundlich und dann passiert mir so was Schlimmes.“ Noch schlimmer natürlich z.B., ihr habt ein Yogazentrum aufgebaut, ihr habt einen Schüler gehabt, der war hoffnungslos kaputt bei der ersten Yogastunde. Ihr habt viele Stunden auch Einzelberatungen gemacht, so vieles. Ihr habt, weil er wenig Geld hatte, ihm irgendwo die Kursgebühren reduziert und alles ermöglicht und persönlich assistieren lassen, Yogalehrerausbildung vielleicht sogar machen lassen und dann macht ausgerechnet der, zwei Blöcke weiter, ein eigenes Yogazentrum auf. Und kurz vorher spricht er mit allen euren Schülern und versucht, die noch dazu mitzunehmen. Das passiert gar nicht mal so selten. Erwartet keine Dankbarkeit. Undankbarkeit ist der Welten Lohn. Glücklicherweise nicht nur, Dankbarkeit gibt es auch, aber so häufig erlebt man eben auch Undankbarkeit. Und viele sagen dann, „Nie mehr werde ich mich um jemanden kümmern.“ Oder ein bisschen banaler, irgendwann hatte ich so jemanden in der zweijährigen Yogalehrerausbildung. Sie hat gesagt, sie hat kein Geld und außerdem hat sie aber auch nicht die Möglichkeit, mitzuhelfen. Wir haben ja in den Yoga-Vidya-Zentren oft die Möglichkeit, gegen Mithilfe zu begünstigten Kursgebühren. Ich hab mich breitschlagen lassen und irgendwo hat sie es dann für die Hälfte gekriegt und nach einem Jahr hat sie mir dann stolz irgendwo erzählt, jetzt hätte sie sich einen Pelzmantel gegönnt und das wäre sie sich wert gewesen. Mehrere Tausend Euro. Die gleiche Frau, die mir gesagt hat, sie hätte kein Geld. Daneben, dass ich es für unethisch halte, sich einen Pelzmantel zu kaufen. Ich muss zugeben, das hat mich geärgert. Schon ein paar Tage. Und es hat dazu geführt, dass ich niemandem mehr die Yogalehrerausbildung so stark vergünstigt gegeben habe, ohne dass er mindestens mithilft. Aber trotzdem, nicht hängen an allem. Also, das ist Vairagya. Und Vairagya hilft, man kommt auch darüber wieder weg und weiß, so ist halt die Welt. Und wir wollen keine Löhne erwarten für etwas. Wir helfen noch nicht mal anderen, um ein gutes Karma zu bekommen. Könnte man ja auch machen. Aber Krishna sagt das ja in der Bhagavad Gita, „Wer anderen Gutes tut, um deshalb belohnt zu werden, entweder in diesem Leben, im nächsten Leben oder zwischen zwei Leben, der hat seinen Lohn darin.“, aber spirituell wachsen tun wir nicht. So drückt es ja auch Jesus aus, wo er irgendwo sagt, wer irgendwo Spenden gibt und damit groß rumposaunt. Das ist nichts Schlechtes. Besser, man gibt Spenden und posaunt damit rum, anstatt man gibt keine Spenden. Und irgendwo ein gutes Karma kriegt man auch, nur spirituell wachsen tut man nicht übermäßig.

Teil 75 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Vairagya, Nichtanhaften, im Jnana Yoga

Vairagya ist der innere Abstand gegenüber den Dingen der Sinneserfahrungen, die vergänglich sind und gesehen, gehört oder sonst wie wahrgenommen werden, vom Körper bis zum Schöpfergott.“ (Viveka Chudamani von Sankaracharya)
Sankara hat ein paar Verse vorher noch mal Vairagya anders definiert, nämlich, „Gleichgültigkeit darüber, ob man in diesem Leben oder im Jenseits in den Genuss der Früchte für Mühen und getaner Arbeit kommt.“ Das halte ich noch mal für eine besonders schöne Definition. Also, nicht an den Früchten hängen, ist Vairagya. Also, wir können ein sehr engagiertes Leben führen und gerade Meister des ganzheitlichen Yogas, wie Swami Sivananda und Swami Vishnu-devanandadevAnanda, haben ja diesen engagierten Yoga auch gelehrt. Und hier wiederum kommt Patanjali ins Spiel, der ja sogar sagt, wir kommen deshalb in dieses Leben, zum einen, um Erfahrungen zu machen und zum anderen, um die Kräfte zu erfahren, also zum einen, verschiedenste Erfahrungen zu machen und zum anderen, die Kräfte zu erfahren, die in uns stecken und in der Prakriti. Patanjali hat ja durchaus so einen modernen Ansatz, es geht darum, sich zu entfalten, mehr zu tun und zu schauen, „Was steckt noch in mir drin?“ und das dort umzusetzen. Also, Patanjali ist das Gegenteil von, sich aus allem zurückziehen, „Ich will nicht diesen Stress im Beruf haben und Stress in der Familie, auch keinen Stress, ein Yogazentrum zu leiten. Ich mache drei Stunden am Tag ein bisschen irgendetwas, ansonsten lebe ich von Sozialhilfe, Erbschaft, von dem, was mein Mann nach Hause transportiert oder wie auch immer.“ Ich habe gestern jemanden mit starker Kaphastörung erlebt. Habt ihr das alles mitgekriegt die drei? Ich glaube, alle konnten irgendwo genial mit Vata-, Pitta- und Kaphaübersteuerung… Also, das ist nicht das, was das ganzheitliche Yoga lehrt, sich aus allem zurückzuziehen. Gut, ein reiner Jnana Yogi könnte das vielleicht auch machen.

74. Teil der Niederschrift von Vorträgen und Workshops aus einem Yogalehrer Ausbildungs-Seminar mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses besonderen 9-tägigen Vedanta-Seminars aus dem Jahr 2008 war „Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie, insbesondere Jnana Yoga, auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. Für fortgeschrittenere Aspiranten und Kenner der Materie gibt es hier Einsichten und Weisheiten der besonderen Art.

Die vier Vivekas im Vedanta Jnana Yoga

Also noch mal zusammenfassend die vier wichtigen Vivekas. Unterscheidung zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen. Das ist vielleicht die schwierigste und die betont Sankara hier zunächst mal als erstes. Aber die zweite, vielleicht noch wichtigere, die Unterscheidung zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen, die Unterscheidung zwischen dem Selbst und dem Nicht-Selbst, die Unterscheidung zwischen Vergnügen und wahrer Wonne. Letztlich sind alle Unterscheidungen verschiedene Unterscheidungen des Gleichen. Ewig und vergänglich, Ananda und Sukha, Selbst und Nicht-Selbst, ist ja letztlich alles das Gleiche. Das, was ewig ist, ist das Selbst, ist das, was Ananda ist und das ist die Wahrheit. Also, im Grunde genommen sind es eigentlich vier Weisen, wie man die gleiche Sache unterscheiden kann. Und ihr könnt das selbst überlegen, was euch am meisten liegt. Glücklicherweise muss man nicht alle vier machen. Und es gibt manche Menschen, die irgendwo einen Zugang besser zu einem haben, aber zu dem anderen haben sie keinen Zugang. Da wäre mein Tipp, entwickelt vor allem diese Viveka, zu der ihr am leichtesten Zugang habt, denn es bleibt, wie du eben gesagt hast, das Ewige ist letztlich das Wirkliche, ist Ananda und ist das Selbst. Manchen liegt eine Unterscheidung besonders zu machen und andere nutzen verschiedene Formen der Unterscheidung je nach Lebensumständen.
Wir sind jetzt beim 21. Vers von über 500. Aber ich meine, es ist gut, sich an diesen Teilen etwas aufzuhalten, wir werden dann nachher irgendwann ein bisschen beschleunigen und letztlich gilt es, dass ihr die Viveka-Chudamani auch dann selbst lest und nutzt. Aber wenn ihr diese Grundlagen habt, fällt der Rest leicht. Auf einer gewissen Weise kann man ja auch sagen, ihr habt ja auch schon alle Grundlagen. Vermutlich habe ich euch bis jetzt nichts Neues erzählt. Das ist der Nachteil beim Jnana Yoga. Eigentlich heißt es, „In drei Sätzen sei es verkündet, was man in Tausend Büchern findet, Brahman ist wirklich, die Welt ist Schein, das Selbst ist nichts als Brahman allein.“ Alles andere ist Zugabe. Aber um in der Viveka sich zu vertiefen, dazu ist es notwendig, von allen möglichen anderen Gesichtspunkten, das immer wieder zu hören.

73. Teil der Niederschrift von Vorträgen und Workshops aus einem Yogalehrer Ausbildungs-Seminar mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses besonderen 9-tägigen Vedanta-Seminars aus dem Jahr 2008 war „Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie, insbesondere Jnana Yoga, auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. Für fortgeschrittenere Aspiranten und Kenner der Materie gibt es hier Einsichten und Weisheiten der besonderen Art.

Sukha Ananada Viveka – Unterscheidung zwischen vergänglichem und ewigem Glück

Wir hatten bis jetzt behandelt: Unterscheidung zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen. Unterscheidung zwischem zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen. Unterscheidung zwischen dem Selbst und dem Nicht-Selbst. Jetzt fehlt noch eine Unterscheidung. Zwischen dem, was dauerhaft glücklich macht und dem, was nur vorübergehend glücklich macht. Letztlich die Unterscheidung zwischen Sukha und Ananda, wobei die Ausdrücke nicht immer so konsequent getrennt sind. Also wir finden z.B. in der Pratama Sotra „Sat Chit Sukham“ als Ausdruck des Selbst. Also „Sukha“ kann je nach Kontext auch wie „Ananda“ verwendet werden. Aber zwischen Vergnügen und Wonne. Die Wonne ist letztlich unsere wahre Natur, Vergnügen ist gespiegelte Freude und weil es gespiegelt ist und letztlich das Objekt, das es spiegelt vergänglich ist, ist auch die Freude vergänglich. Freude an sich ist eigentlich ein Ausdruck unseres höchsten Wesens. Und angenommen, man schaut eine Rose an und freut sich, die Freude an sich ist einfach eine Widerspiegelung der Freude, die wir selbst haben oder man kann auch sagen, die Freude, die hinter allem ist, auch die Rose. Aber angenommen, man bräuchte bloß eine Rose, um dauerhaft glücklich zu sein, dann müssten wir einfach ein paar Rosen dort hinstellen und eine Rose gibt ein Glücksgefühl, zwei Rosen doppelt soviel Glück und wenn wir dann hundert Rosen hinstellen, dann hundertfaches Glück. Klappt das so? Ihr wisst alle, nein. Vielleicht erinnern sich manche daran, euer Liebster hat euch zum ersten Mal in euerem Leben eine Rose gebracht. Wie war das? Himmlisch. Und angenommen, er bringt dann jeden Tag eine neue Rose und vielleicht sogar jeden Tag eine mehr. Wie ist das? Irgendwie langweilig, er könnte sich auch mal was anderes einfallen lassen. Also, äußere Objekte können vorübergehend einem Freude geben und die vedantische Interpretation von Freude ist ja, dass sie einem vorübergehend Gedankenstille beschert und deshalb strahlt die Freude des Selbst hervor. Also auch die Rose, die man kriegt von seinem Freund. Oder angenommen, euer Mann hat euch seit zwei Jahren keine Rose mehr geschenkt, ihr kommt nächsten Sonntag nach Hause – oder er holt euch sogar hier ab. Er kommt mit dem Auto hierher gefahren und bringt euch zwanzig rote Rosen, dann seid ihr? Es hängt jetzt von der Art der Beziehung ab. Aber jetzt nehmen wir an, ihr habt nicht dieses gesunde oder ungesunde Misstrauen, dann seid ihr erstmal glücklich. Ist jetzt das Glück von den Rosen oder wegen dem Mann oder wegen was ist es? Yogis würden sagen, in dem Moment sind die Gedanken ruhig. Weil die Gedanken ruhig sind, strahlt Ananda, Wonne dort hervor. Und das ist unsere wahre Natur. Wenn man sich Sorgen macht, dann verhüllen die Gedankenwolken das innere Glück. Sind dann vorübergehend die Sorgen weg, dann kann die Freude des Selbst von sich aus ausstrahlen. Und wenn wir das wissen, dann können wir zum einen die Freuden auch genießen. Dann freut man sich über eine Rose, dann freut man sich, wenn einer einem einen Gefallen tut, ein Kompliment macht, wenn ein Wunsch in Erfüllung geht. Aber wir brauchen nicht daran zu hängen, es ist nicht, dass unser Glück jetzt daran hängt. Angenommen, ihr kommt dann am nächsten Sonntag nach Hause, ihr habt erwartet, dass ihr irgendwo freundlich willkommen geheißen werdet und stattdessen steht so ein Zettel auf dem Küchentisch und da steht, „Ich bin heute Abend zu Freunden gegangen. Vorräte findest du im Kühlfach.“ Dann ist man natürlich typischerweise erstens enttäuscht und zweitens vielleicht misstrauisch. Es lag immerhin ein Zettel da und immerhin ist wenigstens im Gefrierfach irgendwas Essbares. Vielleicht nicht das, was einem schmeckt, nachdem man vielleicht neun Tage oder neun Jahre von Frischkost gelebt hat, aber immerhin hat jemand noch gedacht. Auch hier wird man dann weiter Emotionen haben, aber es ist jetzt nicht so, dass man weiß, „Mein Glücksgefühl hängt jetzt dauerhaft daran.“, sondern, „Meine wahre Natur ist Satchidananda. Bleibt wieder, bleibt so.“ Und letztlich, vom Raja Yoga wissen wir dann, es reicht aus, wenn wir unseren Geist konzentrieren auch auf etwas. Wenn wir unseren Geist konzentrieren auf etwas, in dem Moment sind wir glücklich. Und so ist es durchaus auch o.k., auch ein solches vorübergehendes Glück zu haben, wenn einem irgendetwas Spaß macht. Z.B., ihr seht, ich nehme hier ja alles Mögliche auf und ich muss zugeben, irgendwie amüsiert mich das jetzt alles und angenommen, das funktioniert jetzt, dass mit diesem Mikro die Videoaufnahmen endlich mal einen gescheiten Sound haben und dieses Hintergrundrauschen weg ist. Das ärgert mich irgendwo, dass immer noch keine Möglichkeit gefunden worden ist, dass die Videoaufnahmen wirklich einen guten Sound haben. Angenommen, das wird funktionieren und ich stelle das fest, dann bin ich glücklich. Angenommen, ich stelle nachher fest, dass die ganze Aufnahme verhunzt ist, denn das ist jetzt ein neuer Versuch und ich hatte nicht die Zeit, das vorher auszuprobieren, dann bin ich tatsächlich in dem Moment unglücklich. Aber ich weiß, mein Glück hängt jetzt nicht dauerhaft davon ab und ich werde jetzt nicht explodieren. Oder angenommen, ich stelle nachher fest, die Kabelverbindung, die Steckverbindung hat nicht richtig gesessen. Und wenn ich dann die Kopfhörer aufsetze und die linke Seite ist schön und aus dem rechten kommt dieses Rauschen, dann weiß ich, die Katrin hat den Stecker nicht richtig hineingesteckt, dann werde ich mich erstmal ärgern, denn letztlich, wenn eine Aufnahme nicht funktioniert hat, kann ich ja nicht das Ganze irgendwo hineintun und vermutlich dieses werde ich auch nicht ganz öffentlich zur Verfügung stellen können, aber irgendwo so eine ganz Viveka-Chudamani-Reihe auch als Video, wäre doch ganz schön. Oder zur Verbesserung, dass die Audioaufnahmen besser sind für Mantras, habe ich mir eigentlich vor drei Wochen so ein neues MP3-Gerät angeschafft. Ich bin bis heute nicht dazu gekommen, es auszuprobieren. So ein bisschen was ärgert mich das. Und angenommen, in einer Woche werde ich ja nicht mehr ganz so viel unterrichten, da hoffe ich, dass ich die Zeit habe, das auszuprobieren und mich irgendwie dort hinzusetzen. Und angenommen, ich stelle dann fest, es klappt, dann bin ich auch erstmal glücklich. Angenommen, ich stelle fest, es ist ein Fehlkauf, wie irgendein anderes Mirko für eine Videokamera, dann bin ich erstmal vorübergehend unglücklich. Aber das sind alles harmlose Spielereien. Also, nichts von dem macht mich jetzt dauerhaft glücklich oder unglücklich. Ich muss zugeben, angenommen, ein Teamleiter sagt mir, „Ich will Yoga Vidya verlassen.“, das trifft mich etwas stärker. Oder ein langjähriger Mitarbeiter, muss noch nicht mal Teamleiter sein, einen, den ich noch dazu längere Zeit kenne, der mich schon öfters um Rat gefragt hat, der in den ersten Reihen sitzt, wenn ich Vorträge gebe, da entsteht auch eine bisschen stärkere auch emotionale Nähe, das trifft dann schon stärker. Das ist dann nicht eine Spielerei, sondern da kann ich auch ein, zwei Tage oder eine Woche irgendwo ein emotionales Leiden dort spüren. Bei all dem ist dennoch im Hinterkopf, wo ich weiß, das sind Erfahrungen, die kommen und die Erfahrungen gehen. Hinter allem bleibt eines gleich, nämlich Ananda, Wonne. Die bleibt gleich. Satchidananda bleibt. Die anderen Erfahrungen sind auch da. Sie mögen auch kommen und gehen und wir brauchen nicht zu warten, bis wir all unsere Emotionen und Gedanken unter Kontrolle haben, bis wir die Kundalini vollständig erweckt haben und ins Sahasrara Chakra gebracht haben, wir brauchen nicht so lange warten, wir können jetzt diese Unterscheidung üben und diese Unterscheidung kann einem gleich schon eine gewisse Ruhe geben, einen gewissen Gleichmut und letztlich eine gewisse Bewusstheit, Moksha ist jetzt schon da. Wir brauchen nicht die Verwirklichung auf in hundert Leben zu verschieben. Auch nicht, „Wenn ich noch dreißig Jahre ausreichend die Luft anhalte, dann bin ich glücklich. Letztlich kann diese Viveka und das ist das Schöne am Jnana Yoga, letztlich genauso wie im Bhakti, beim Bhakti kann man auch sagen, „Alles ist Gott. Ich bringe alles Gott dar. Gott ist immer da.“ Gestern hat mir auch noch jemand gesagt, „Muss es denn entweder Jnana oder Bhakti sein?“ Antwort, das kann auch beides zusammen sein. Mensch ist ausreichend vielschichtig. Auf der einen Ebene können wir sagen, „Sarvam Kalvidam Brahman. Alles ist wahrhaftig Brahman.“ Und wir können auch sagen, „Neti Neti. Ich bin nicht dieses und ich bin nicht jenes.“ Auf einer anderen Ebene können wir sagen, „Alles ist wahrhaftig Gott. Alles ist für Gott. Alles tue ich für Gott. Ich lasse alles los. Alles, was kommt, ist Gott. Die schönen, wie auch die weniger schönen Dinge sind Gott.“ Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen platt, wenn ich es jetzt so sage, „Gott liebt mich, egal, was ich mache.“

72. Teil der Niederschrift von Vorträgen und Workshops aus einem Yogalehrer Ausbildungs-Seminar mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses besonderen 9-tägigen Vedanta-Seminars aus dem Jahr 2008 war „Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie, insbesondere Jnana Yoga, auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. Für fortgeschrittenere Aspiranten und Kenner der Materie gibt es hier Einsichten und Weisheiten der besonderen Art.

Erlebte, erfahrene Unterscheidungskraft als Vedanta Mittel

Man würde sagen, es ist eine erfahrene und erlebte Unterscheidung. Also einfach nur, intellektuell das zu erkennen, reicht ja nicht aus. Das wäre sehr einfach. Ich kann sehr wohl unterscheiden, aber dennoch im nächsten Moment vergisst man all das. Swami Sivananda würde manchmal sagen, die machen intellektuelle Gymnastik und sich selbst und anderen machen sie etwas vor. Aber es ist tatsächlich, eigentlich der Jnana-Yoga-Weg in Reinstform wäre, man fragt sich, „Bin ich das? Bin ich das nicht?“ Ramana Maharishi hat ja diesen reinen Jnana-Yoga-Weg gelehrt. Wenn da jemand mit Liebeskummer zu ihm hingegangen ist, hat er ihm gesagt, „Frage dich, wer hat Liebeskummer? Bist du der Liebeskummer? Bist du die Emotionen? Frage dich, wer bin ich? Wer ist es, der sich des Liebeskummers bewusst ist? Wer ist derjenige, der sich dieser Emotionen bewusst ist? Wer ist derjenige, der zu mir hinkommt und jetzt Hilfe für den Liebeskummer braucht?“ Oder wenn jemand zu ihm hingegangen ist und gefragt hat, „Meister, ich habe Krebs. Was soll ich tun?“ „Frage dich, wer ist es, der Krebs hat? Überlege, was hat überhaupt Krebs, du oder dein Körper? Und dann frage dich, wer ist es, der denkt, dass er Krebs hätte? Wer ist es, der denkt, dass er der Körper ist, der Krebs hat?“ Das ist der Jnana-Yoga-Weg und indem man sich das immer wieder fragt, wird es irgendwann nicht nur intellektuell. Und dadurch, dass es dann nicht mehr nur intellektuell ist, plötzlich kann man tatsächlich sich davon lösen. Und immer weniger identifiziert man sich dann mit seinen Emotionen, immer mehr kommt man zu dieser Unterscheidung. Vielleicht auch noch eines. Der ganzheitliche Yogi bemüht sich ja, den Körper gesund zu halten. Aber dann gibt es Menschen, die dann, wenn jemand krank ist denken, Yoga funktioniert nicht. Und dann hat man wieder ein Problem. Die Aufgabe des Yogas ist nicht, den Körper ewig leben zu lassen. Die Aufgabe ist, mit Yoga sorgen wir dafür, dass der Körper länger gesund ist und einen weniger von der Meditation abhält und einen irgendwie ein bisschen wohler fühlen lässt. Aber jetzt zu probieren, den Körper ewig leben zu lassen, ist unsinnig. Oder Yoga hilft einen, mehr Prana zu haben. Aber wir werden trotzdem nicht immer soviel Prana haben, wie wir wollen. Yoga hilft uns, dass wir uns irgendwie wohler fühlen. Aber wenn es uns jetzt ständig darum geht, „Wie kann ich mich wohl fühlen lassen?“ kommen wir nie zu dem, worum es eigentlich geht. So ähnlich wie, es ist gut, sich um sein Fahrrad zu kümmern, dann braucht man nicht ständig die Reifen zu wechseln und dann braucht man nicht ein neues Fahrrad auszusuchen. Also, wenn man sich vorbeugend um die Gesundheit des Fahrrads kümmert, hat man längere Zeit, dann kriegt man nicht irgendwann, 70 Kilometer vom Ashram weg, platzt der Reifen und man weiß jetzt nicht, wie kommt man zurück. Also, wenn man vorher immer darauf aufgepasst hat. Aber jetzt zu probieren, das Fahrrad dauerhaft leben zu lassen – vielleicht mit dem Fahrrad geht es sogar noch, man kann ja die Teile leichter austauschen als bei diesem Körper, aber es wäre ein unsinniges Bemühen.

 

71. Teil der Niederschrift von Vorträgen und Workshops aus einem Yogalehrer Ausbildungs-Seminar mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses besonderen 9-tägigen Vedanta-Seminars aus dem Jahr 2008 war „Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung, von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie, insbesondere Jnana Yoga, auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. Für fortgeschrittenere Aspiranten und Kenner der Materie gibt es hier Einsichten und Weisheiten der besonderen Art.