Archiv für den Monat: Oktober 2011

Befreiung und Erfolg im Yoga, höchste Erkenntnis, geschieht durch eigene Anstrengung – und Gnade

Sankara sagt: Kein anderer vermag einen von den Fesseln des Geburtenkreislaufs zu befreien. Man kann ein Pferd an die Tränke führen, aber man kann nicht für das Pferd trinken. Und ein Pferd kann man noch zur Tränke hinführen, andere Tiere kann man nirgendwo hinführen. So gibt es Menschen, die kann man irgendwo hinführen und andere weigern sich, irgendwo hingeführt zu werden. Man kann selbst praktizieren, man kann selbst Liebe ausstrahlen, man kann selbst Weisheit ausstrahlen. Von der Qual einer Last auf dem Kopf kann einer von anderen erlöst werden. In Indien wurde ja viel auf dem Kopf getragen und ich kann jemandem die Sachen abnehmen. Aber kein anderer als man selber kann einen von der Qual von Hunger und Durst erlösen. Ein Kranker wird wieder gesund, indem er Diät lebt und Medizin einnimmt und nicht dadurch, dass andere es für ihn tun. Mal angenommen, jemand anderes hat Magen-Darm-Probleme, dann nützt es nichts, wenn ihr Schonkost einnehmt.

Das Wesen der absoluten Wirklichkeit muss man mit dem Auge wahrer Einsicht selbst erfassen. Darum geht es, das wollen wir tun. Das Wesen der absoluten Wirklichkeit wollen wir mit dem Auge wahrer Einsicht selbst erfassen. Man kann es nicht durch die Augen eines Gelehrten erfahren. Das hat zwei verschiedene Konnotationen:

Das Erste heißt, es nutzt nichts, wenn jemand Anderes das erfährt. Es gibt in Indien sogar reiche Menschen – es kann ja alles irgendwie pervertiert werden –, die mieten sich jemanden, der für sie meditiert. Das ist für die Leute nicht schlecht. Ich war mal irgendwo und da war ein Mönch und da gab es einen reichen Inder, der uns mal eingeladen hat und hat uns dort seinen Guru gezeigt. Den hatte er aus Indien mitgebracht und der konnte dann jeden Tag stundenlang meditieren. Und der Reiche – er hat das sogar ernst gemeint, ich hatte erst gedacht, er spielt eine Parodie vor – hat gesagt: Ich habe keine Zeit zum Meditieren, er meditiert vier Stunden am Tag, eine davon für mich und eine für meine Frau. Er hat das wirklich ernst gemeint. Zusätzlich war er noch Babysitter für die Kinder. Er war also Teil der Familie, der Familien-Meditierende. Manche denken, das wäre doch ein schöner Job. Keiner kann aber für uns meditieren und keiner kann für uns die Selbstverwirklichung erreichen. Wir müssen es selbst tun.

Eine andere Bedeutung ist: Auch nicht durch die Augen eines Gelehrten. Das heißt, einfach nur Sanskrit-Ausdrücke zu lernen und einfach nur die Subtilitäten der Vedanta-Philosophie intellektuell zu erfassen, reicht nicht aus. Er sagt dann auch: Die Schönheit des Mondes kann nur mit eigenen Augen geschaut werden. Wie könnte man sie durch die Augen Anderer sehen? Oder auch: Die Schönheit des Mondes reicht auch nicht, dass man sie beschreibt. Es herrschen zwei ANSI-Lumen Licht (ich weiß nicht, ob man das dafür verwendet). Die Helligkeit, der Mond war, wenn ich ihn einen Meter von meinem Auge gemessen habe, zwei Zentimeter groß. Das und das war zu sehen. Wisst ihr dann was Mondschein ist? Man weiß es dann, wenn man den Mond auf sich hat wirken lassen, in der Nacht. Dann hat man die Schönheit des Mondes erfahren. Genauso können wir die Schönheit des Selbst erfahren durch wahre Einsicht. Wer könnte ihn auch in Millionen von Zeitaltern von den Schlingen und Fesseln der Unwissenheit, der Begierden und des Karmas befreien, wenn nicht man selbst?

48. Teil der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Spiritualität, Jnana und Yoga helfen der ganzen Familie

“ Der erhabene Meister spricht: Du bist gesegnet. Du hast deine Pflichten erfüllt. Deine Familie wird durch dich geheiligt, indem du dich von den Fesseln der Unwissenheit befreist und zur absoluten Wirklichkeit werden willst. Dein Vater hat Söhne oder andere, die seine Schulden bezahlen können, aber kein anderer als er selber vermag ihn von den Fesseln des Geburtenkreislaufs zu befreien.“ (Viveka Chudamani 50. Vers)

Hier sagt Sankara, auch schon im Vers vorher: Es ist etwas Wichtiges, wenn man als spiritueller Aspirant spirituelle Praktiken macht. Manche Menschen lassen sich davon abhalten aus einem Gefühl von Verpflichtung, sagen zum Beispiel: solange meine Eltern pflegebedürftig sind, verzichte ich auf eigene Yogapraxis, kümmere mich einfach um sie. Oder: solange ich noch Kinder habe und mein Mann noch am Leben ist und solange noch dieses und jenes, werde ich nicht praktizieren. Oder die Verwandten werden da natürlich auch die richtigen Knöpfe drücken können: Du bist egoistisch. Jeden Tag nimmst du dir eine Stunde oder zwei Stunden und ich muss dafür alle Arbeit tun.

Hier sagt Sankara letztlich, wenn einer in der Familie spiritueller Aspirant ist und sehr ernsthaft ist und vorankommt, ist das ein Segen für alle. Ich habe es schon erlebt von einigen, die sich sehr intensiv auf die Yogapraxis eingelassen haben und deren Eltern dagegen waren – in den 80er Jahren waren Eltern sehr viel mehr dagegen als sie es heute sind – und wenn dann die Eltern auf dem Sterbebett gewesen sind, haben sie dann relativ häufig gesagt: Du hast das Richtige gemacht. Viele Eltern haben dann gerade gemerkt, dass das Kind, das spirituelle Praktiken macht, das gibt mir dann den Trost. So selten ist es auch nicht, so häufig auch nicht, aber so selten ist es eben nicht, dass, wenn einer in der Familie intensiv anfängt zu praktizieren, nach ein paar Jahren der eine oder andere folgt. Vielleicht nicht sofort, vielleicht nicht im ersten halben Jahr, aber im Laufe der Jahre schon. Manche denken etwas intensiver über spirituelle Sachen nach, selbst wenn sie nicht den gleichen spirituellen Weg gehen. Wenn Menschen dann in Krankheiten kommen, dann denken sie nicht an denjenigen in der Familie, der gesagt hat: Alles Leben ist Vergnügen und man soll das Leben genießen, es geht darum, reich, schön und Genussmensch zu sein. Die Zeit ist irgendwann vorbei. Und dann denken sie an die, die höhere Werte haben. Von daher sollte man kein schlechtes Gewissen haben, wenn man praktiziert. Was aber nicht heißt, dass man verantwortungslos sein soll. Gegenüber Kindern hat man selbstverständlich eine Verpflichtung und auch Partnerschaft führt einiges an Dingen und Aufgaben mit sich und sich um Eltern zu kümmern und sie zu pflegen, kann auch das sein, was einen auf dem spirituellen Weg voranschreiten lässt. Nur die spirituelle Praxis an sich und das spirituelle Fortschreiten ist das Wertvollste, was man mitgeben kann, auch das Wertvollste, was man seinen Kindern mitgeben kann und das Wertvollste, was man der ganzen Verwandtschaft mitgibt.

Dann sagt er aber auch und das ist dann das Nächste: Wir können aber nicht den Weg für unsere Verwandten gehen. Manchmal denkt man ja, Selbstverwirklichung ist das höchste Ziel. Mein Mann muss jetzt auch danach streben. Das sieht man dann als die Mission seines Lebens an, seinen Mann zur Verwirklichung zu führen. Ja, eigentlich ist er ja viel spiritueller als ich, so ganz im Tiefen. Wie oft höre ich das Menschen sagen. Und es ist ja auch gut. Aber im tiefen Inneren ist nicht jemand spiritueller als wir, sondern ganz im Tiefen sind wir alle gleich spirituell. Wir haben das gleiche Selbst, das gleiche Selbst ruft einen genau so. Dann suchen Menschen aber alle möglichen Tricks, um Partner zur Spiritualität zu führen. Wenn ihr das ein bisschen spielerisch macht, ist das auch gut. Ein einfacher Trick wäre es übrigens zu sagen, ich bräuchte mal von jemandem ein ehrliches Feedback. Wäre es möglich, dass du das mal machst? Ich gebe dir mal eine Yogastunde und du sagst mir nachher, was ich besser machen soll. Ich kenne ein paar Menschen, die so auf den Yogaweg geführt worden sind. Man tut so, als ob man die Hilfe des Anderen braucht und es ist ja durchaus üblich, wenn jemand eine Prüfung macht oder irgendwas, dass man die Meinung von jemand Anderem einholt.

Teil 47 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Ist es erstrebenswert, nicht wiedergeboren zu werden?

Frage: „In China wird Kuan Yin verehrt, manchmal als Göttin, manchmal als Meisterin. Von ihr heißt es, dass sie sich immer wieder inkarnieren will, bis alle Wesen die Befreiung erreicht haben. So wie das Bodhisattwa-Gelübde vieler Buddhisten oder auch wie es das bei den sogenannten Siddhas gibt: sie verzichten zur letzten Befreiung zu kommen, solange die letzten Aspiranten mich noch brauchen können. Ist es nicht besser, auf die eigene Befreiung zu verzichten um anderen zu helfen?“

Ich kann euch dazu jetzt auch nicht alles sagen. Aber letztlich sind es alles relative Sachen, denn vom Höchsten her ist diese Welt eine Illusion. Aber man kann auch sagen, dann bleibe ich eben ein bisschen länger in der Illusion. Ein Jivanmukta kann auch ein Doppelbewusstsein haben: Auf der einen Seite weiß er, ich bin das unsterbliche Brahman, das höchste Selbst, auf der anderen Seite nehme ich die Welt so wahr wie die anderen und – vom Vedanta her würde man jetzt sagen – ich halte noch eine Spur von Unwissenheit dort, ich gehe nicht ganz in die volle Verwirklichung. Und da heißt es, das kann man tatsächlich irgendwo entscheiden, auch den letzten Schritt zu gehen oder noch nicht ganz den letzten Schritt zu gehen.

In Patanjalis Yoga Sutra gibt es auch den Videamukta, den Jivanmukta, es gibt die Verschmelzung mit Prakriti. Es gibt die Wiedergeburt als Deva, als Engelswesen oder nohc verschiedene andere Möglichkeiten. Vom strengen, reinen Vedanta bleibt das in einer relativen Welt. Solange man nicht voller Jivanmukta ist, kann man auch immer wieder fallen. Mal angenommen man sagt, ich verzichte auf die höchste Verwirklichung, 99% reicht aus. Ihr wisst von euch selbst: es gibt auch wieder Rückschläge. Swami Vishnu-devananda hat immer gerne gesagt: Angenommen man hat die erste Stufe erklommen und dann ist man gezwungen wieder eine Stufe runterzugehen. Das ist nicht weiter tragisch. Angenommen, man ist jetzt auf dem Eiffelturm ganz oben, aber es fehlen noch fünf Schritte und dann muss man wieder ganz runter, da fällt man ganz schön auf die Nase. Deshalb sollte man sich mit nichts zufrieden geben außer dem Höchsten. Aber andererseits kann man auch sagen, wenn wir mal so weit sind, können wir das noch in Ruhe überlegen.

Teil 46 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Karma und Demenz

Frage: Kann ein Demenzkranker neues Karma schaffen?
Grundsätzlich gilt beim Gesetz des Karmas: jetzt neues Karma zu schaffen, tut man dann, wenn man selbstbestimmt handelt. Also mal angenommen, ein dreijähriges Kind kommt in eine kleine Prügelei und dabei stößt es jemand anders vielleicht vom Balkon runter oder es stolpert jemand anderes. Er schafft sich dadurch kein neues Karma. Auch ein Dreijähriger hat schon ein Schuldgefühl. Er muss damit leben, dass er vielleicht seinem Spielkameraden dauerhaften Schaden zugefügt hat. Aber das ist mehr sein Karma, durch das er wachsen muss, aber er schafft sich dadurch kein neues Karma. Genauso angenommen, jemand ist durch eine Krankheit nicht mehr im Besitz seiner geistigen Fähigkeiten. Was er dann in diesem Zustand macht, schafft kein neues Karma, sondern das, was er jetzt erlebt mit einem irgendwo eingeschränkt funktionierenden Geist, ist auch eine wertvolle menschliche Erfahrung, durch die er oder sie wachsen kann.

Es ist ja nicht so, dass nur ein Leben mit einer normalen Intelligenz zwischen 90 und 120 oder 130 und im Vollbesitz der durchschnittlichen geistigen Fähigkeiten ein lebenswertes Leben ist. Wer schon mal mit Behinderten gearbeitet hat oder ich weiß nicht, ob vielleicht jemand ein behindertes Kind hat, die machen sehr wertvolle zwischenmenschliche und menschliche Erfahrungen. Manchmal vielleicht nicht so sehr zwischenmenschlich sondern mehr menschlich, zumindest bei manchen Formen. Das ist ein wertvolles Leben und da können Menschen sehr viele wichtige Erfahrungen machen. Oder ich hatte mal eine Hörsendung gehört über sogenannte „Locked-in Patienten“. Das sind Menschen, die nichts mehr bewegen können und da gibt es noch mal verschiedene Grade. Es gibt dann sogar solche, deren Sinne funktionieren nicht mehr, die kriegen praktisch nichts mehr von der Außenwelt mit und sie können sich nicht mitteilen, sind aber dennoch bei vollem Bewusstsein. Manche Koma-Patienten sind nicht im Koma, sondern sie sind im sogenannten Wachkoma, d.h. sie sind voll wach und es kann sein, dass die Sinne funktionieren. Sie können aber nicht kommunizieren. Es kann auch sein, dass die Sinne nicht funktionieren. Das ist irgendwo ein Bewusstsein, das nicht in Kontakt treten kann mit der äußeren Welt, aber auch nicht befreit ist und auch nicht in der Astralwelt. Irgendjemand hat ein Buch geschrieben, der  in irgendeinem dieser Zustände war, der schon etwas mitgekriegt hat von der Außenwelt, aber auch nur beschränkt. Dem ist es irgendwo gelungen über ein Computer-Interface ein Buch zu schreiben. Irgendjemand hat sich intensiv mit ihm beschäftigt und hat ihm beigebracht, wie er seine Hirnwellen so verändern kann, dass das einen Computer-Bildschirm bedient. Er konnte sehen und deshalb konnte er dann irgendwie schreiben. Es hat lange gedauert, wie es beschrieben wird. Er hat sehr wertvolle menschliche Erfahrungen gemacht, nur mit sich selbst zu sein. Auch das ist eine wichtige karmische Situation. Es wurde dann auch darüber gesprochen, dass heutzutage die meisten Menschen sagen, die eine Krankheit haben, die langsam fortschreitet, zum Beispiel Muskeln kaputtmacht: Wenn ich nicht mehr atmen kann, dann will ich nicht künstlich beatmet werden, dann will ich sterben. Ein paar, die künstlich beatmet werden und die über so ein Computer-Interface mit anderen Menschen kommunizieren können, sagen: Auch einfach dazuliegen, künstlich beatmet zu werden, ist eine wertvolle menschliche Erfahrung. Und wenn sie dann noch ein bisschen menschliche Zuwendung parallel haben, sind sie genauso glücklich wie der durchschnittliche Mensch, der im Vollbesitz seiner Kräfte ist. Ich will damit nur sagen, es gibt viele verschiedene Weisen, auf die wir die Maya-Erfahrungen sammeln können.

Teil 45 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen. <

Selbstverwirklichung, Yoga, Erleuchtung und Demenz

Frage: „Was passiert mit einem selbstverwirklichten Weisen, der dement wird?“
Das ist eine interessante Frage. Dazu muss ich euch sagen, ich habe noch keinen großen Yogi gesehen, der dement geworden ist. Das halte ich übrigens für ein interessantes Phänomen, denn ich kenne sehr wohl Weise, die 80, 90 oder sogar über 90 waren und auch solche, die dauerhaft bettlägerig und weitestgehend zum Pflegefall geworden sind. Ein dementer Yogi ist mir aber nicht bekannt. Aber vom Standpunkt des Vedanta würde selbst das keine Rolle spielen. Bei Swami Vishnu zum Beispiel: er war zwar in keiner Weise dement, aber er hatte einen Schlaganfall gehabt und hatte dann durchaus Phasen, wo er Halluzinationen hatte. Trotzdem hat er weiter dieses Prana gehabt und diese Energie gehabt. Letztlich ist ja die ganze Welt eh eine Halluzination. Ich hoffe, ihr seid euch dessen inzwischen ein bisschen bewusst. Und ob man jetzt diese Halluzination hat oder eine andere Halluzination hat – von so erheblicher Bedeutung ist das jetzt nicht. Ihr braucht jetzt keine Angst zu haben, dass ihr, wenn ihr Yoga macht, halluziniert. Das ist jetzt nicht durch Yogapraxis gekommen, sondern es war in seinem Karma, dass er irgendwann um die sechzig oder etwas über fünfzig einen Autounfall hatte, innere Blutungen, die Bauchspeicheldrüse war kaputt und dann in der Folge hatte er eine unfallbedingte Diabetes entwickelt und die ist dann nur notdürftig mit Insulin unter Kontrolle gebracht worden. Jeder der sich mit Diabetes beschäftigt hat, so genau ist das nicht dosierbar. Dann hat er irgendwann einen diabetesbedingten Schlaganfall gehabt. Das war letztlich sein Karma und das hat verschiedene Auswirkungen gehabt. Eine Weile konnte er kaum sprechen und nach dem Schlaganfall gab es nur noch ein halbes Dutzend Menschen, die ihn wirklich verstanden haben, wenn er gesprochen hat. Und manchmal war ich mir nicht sicher, ob sie ihn wirklich verstehen oder uns nur irgendetwas erzählen. Aber er war voll da, das konnte man wirklich merken und manchmal, wenn jemand etwas gesagt hat, was er nicht gemeint hat, hat er den Kopf gedreht. Aber er was sich des Selbst weiter bewusst und er hatte weiter Hingabe an Gott und er hat weiter gedient, auch damit. Also selbst wenn es einen dementen Selbstverwirklichten gäbe, selbst wenn er sich an nichts mehr erinnern könnte und selbst wenn er viele Fähigkeiten verlieren würde: sein Bewusstsein würde immer noch in Brahman ruhen. Aber wie gesagt, mir ist kein großer Yogi bekannt, der dement geworden ist und Swami Vishnu-devananda hatte nach dem Schlaganfall nach einer Weile auch wieder mehr geistige Fähigkeiten zurück bekommen und er war sehr klar bis zum Ende.

Teil 44 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.