Archiv für den Monat: Februar 2011

Viveka Chudamanani – die ersten Verse

Eines der wichtigsten Werke von SankaraSwami Vishnu-devananda nannte es das wichtigste Werk von Sankara überhaupt – ist das Viveka Chudamani.

Viveka heißt Unterscheidungskraft. Mani heißt Edelstein.
(Ihr kennt ja Manipura Chakra, Mani ist der Edelstein, Pura heißt die Stadt dort und Manipura Chakra ist die Stadt der Edelsteine. Das heißt, Manipura Chakra steht für die Entfaltung der Talente und der Fähigkeiten, den Mut, seine Fähigkeiten auch umzusetzen und in den Dienst anderer zu stellen, auch die Kraft, Einfluss auf andere auszuüben. Das sind alles verschiedene wertvolle Edelsteine – Mani.)

Aber es ist nicht nur Viveka Mani, sondern Chudamani und Chuda ist ein ganz besonderer Edelstein. In dieser Übersetzung hier heißt er Kronjuwel. Chuda ist der wertvollste Edelstein. Die Inder in früheren Zeiten waren sehr schmuckorientiert. Das seht ihr zum Teil, wenn ihr Bilder von Krishna, Ganesha, Lakshmi anseht. Dort haben früher die Menschen ihr ganzes Geld in Gold und Edelsteine gebracht. Aber dort wird ausgedrückt: Der größte Edelstein, den es überhaupt gibt, Chudamani, das ist das Wissen, die Weisheit, die höchste Verwirklichung.

Viveka Chudamani ist im klassischen Vedanta geschätzt als der wichtigste Einleitungstext im Vedanta. Und Swami Vishnu-devananda hat öfter über ihn gesprochen, hat ihn öfter kommentiert, interessanterweise manchmal während der sogenannten Sadhana Intensivseminare, wo Menschen sehr viel Hatha Yoga geübt haben, ist er auch durch das Viveka Chudamani gegangen, damit das viele Prana, das man dort ansammelt, sich auf einer höheren Ebene des Bewusstseins ausbreitet. Damit man nicht einfach nur mehr Prana ansammelt, sondern dass man es auch nutzt, um zur höheren Erkenntnis zu kommen. Ich beginne jetzt mit Vers 1.

Ich verneige mich vor Govinda, dem Lehrer der Wahrheit, der Verkörperung höchster Glückseligkeit, der jenseits der Sinne und Gedanken durch die volle Wahrheit der Vedanta-Philosophie erfahren werden kann.

So beginnt er sehr klassisch. Ähnlich wie ja auch die Hatha Yoga Pradipika beginnt. Er ehrt seinen Meister, Govinda. Govinda ist natürlich auch eine Doppelbedeutung. Govinda ist nämlich auch Krishna. Und indem er Govinda verehrt, verehrt er sowohl Gott selbst als auch seinen persönlichen Meister Govinda. Das ist etwas Wichtiges, das ich euch auch immer wieder empfehlen möchte: Wenn ihr meditiert, wenn ihr Yoga übt, wenn ihr eine Schrift zitiert, ruft immer zu Beginn diese Bhakti-Schwingung in euch hervor. Erinnert euch wenigstens ganz kurz an Gott oder den Meister. Macht euch spirituell bewusst, warum ihr das überhaupt übt. Lasst niemals aus eurer Yogapraxis oder eurer Meditation nur etwas Mechanisches werden. Natürlich sind Asanas mechanisch ausgeführt immer noch besser als keine Asanas. Einfach nur da hocken und mechanisch das Mantra wiederholen und zwischendurch den Tag zu verplanen und über das nachzudenken, was war und was sein könnte und was andere über einen denken und was man machen könnte anstatt zu meditieren, das ist immer noch besser als nicht zu meditieren. Eine Schrift zu lesen und sich nur die Hälfte davon bewusst zu machen und zwischendurch abzuschweifen, ist immer noch besser als keine Schrift zu lesen. Das ist zumindest meine Meinung. Es gibt so viele Menschen, die sagen: Ich habe das nur halbherzig gemacht, da lasse ich es lieber ganz weg. Das ist aber die falsche Richtung! Wenn man feststellt, man macht etwas halbherzig, was sollte man dann machen? Es ganzherzig tun! Deshalb ist meine Empfehlung: Macht es eben nicht halbherzig. Aber wenn ihr es halbherzig macht, dann macht deshalb nicht Nichts, sondern ganz-herzig. Und herzig heißt Herz öffnen. Eine der einfachsten Weisen, das Herz zu öffnen, ist sich an seinen Lehrer zu erinnern, an seinen Meister, sich an Gott zu erinnern und sich auch daran zu erinnern, wie Sadguru, Govinda oder eben Swami Sivananda war: er hatte die höchste Wirklichkeit erfahren und auch wir wollen sie erfahren.

Aber Sankara geht hier auch gleich darauf ein, und das ist im Jnana Yoga auch wichtig: Im Jnana Yoga wird nicht der Meister in seiner physischen Form verehrt oder als physischer Körper oder als Persönlichkeit, sondern er ist der Lehrer der Wahrheit, er ist die Verkörperung höchster Glückseligkeit. Auch der Meister von Sankara wird seine Vorlieben gehabt haben, er wird bestimmte Gemüsesorten mehr gemocht haben als andere, er wird aufs Klo gegangen sein, er wird Krankheiten gehabt haben, er wird ein bestimmtes Temperament gehabt haben, er wird bestimmte Emotionen gehabt haben, er wird eine bestimmte Körpergestalt gehabt haben, eine Haarfarbe. Als Swami in der damaligen Zeit hat er sich vermutlich ein Mal im Monat die Haare abrasiert. Vielleicht hat er sie auch nicht abrasiert, sondern sie länger wachsen lassen. Es gibt ja keine verbindlichen Regeln für das Äußere von Swamis. Alles Mögliche ist also auch da, aber es interessiert nicht. Was ihn aber interessiert: er ist der Lehrer der Wahrheit, er ist die Verkörperung höchster Glückseligkeit. Diese höchste Glückseligkeit kann erfahren werden, indem man jenseits der Sinne geht und jenseits der Gedanken.

Teil 14 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Sankara geht auf Wanderschaft um Jnana Yoga und Vedanta zu verbreiten

Das tat Sankara. Er verließ Varanasi. Er reiste durch die verschiedenen Gegenden Indiens – ich hatte euch ja gestern schon einiges erzählt über das, was Sankara alles bewirkt hat als großer Reformator. Er machte alles das in acht Jahren. Mit 32 Jahren verließ er auch seinen physischen Körper. Also ein sehr kurzes Leben, ein sehr intensives Leben und eines mit sehr großem Einfluss.

Teil 13 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Sankara trifft seinen Guru Govinda, erreicht Nirvikalpa Samadhi und schreibt Vedanta Werke

So ging Sankara zu Govindacharya und der nahm ihn als seinen Schüler auf und Sankara lernte von ihm. Er lernte von ihm die wahre Bedeutung der Schriften. Er lernte von ihm, seinen Intellekt zu nutzen. Er lernte von ihm auch die Kunst der vedantischen Analyse und Debatte. Er lernte von ihm Meditationstechniken. Er lernte, sich ganz auf seinen Meister einzustimmen und erfuhr so Nirvikalpa Samadhi etwa im Alter von 20 Jahren. Dann sagte Govindashaya, jetzt gehe nach Varanasi, die großartige Stadt des Lernens und dort schreibe die Kommentare zu Brahmasutra, zu Upanishaden und Bhagavad Gita. Wenn du diese vollendet hast, dann schreibe noch ein paar weitere Werke über Vedanta und mache dann Vedanta bekannt. Aber zunächst geh zu dieser Stadt der Gelehrten, diskutiere auch mit anderen Meistern und dann schreibe deine Kommentare. So verbrachte Sankara die nächsten Jahre damit, seine großartigen Kommentare zu schreiben und einige Grundwerke über Vedanta zu verfassen. Eine Woche, bevor er sein 24. Lebensjahr abgeschlossen war, kam ein alter Mann mit einem langen weißen Bart und langen weißen Haaren nach Varanasi und er hatte eine solche Ausstrahlung, es war, als würde er gar nicht die Erde berühren, während er ging, und es war so, als ob um ihn herum Licht ausstrahlte. Eine erhabene Ausstrahlung. Und so wie er die Straßen entlang ging, hörte aller Lärm auf und alle hörten auf zu tun, was sie gerade taten. Davon ging eine solche Erhabenheit aus. Er ging schnurstracks dorthin, wo Sankaracharya lebte und Sankaracharya sah diesen Mann, verneigte sich vor ihm und dieser Mann sagte ohne weitere Einleitung: Ich habe erfahren, du hast einen Kommentar geschrieben über das Brahmasutra. Ich fordere dich heraus zu zeigen, dass dein Kommentar der richtige ist. Man kann sagen, dass es in Indien üblich war, dass jeder Meister, der etwas auf sich hielt, einen Kommentar über die Upanishaden schrieb, über die Bhagavad Gita und über das Brahmasutra. Das ist bis heute eine Tradition, auch Swami Sivananda hat einen Kommentar über die Upanishaden, über die Bhagavad Gita und auch über das Brahmasutra geschrieben. Auch über mehr Schriften, aber diese gelten im Vedanta als die drei Hauptschriften und die müssen auch in jedem Zeitalter wieder neu interpretiert werden. Deshalb soll auch immer wieder ein Kommentar dazu geschrieben werden. Man kann durchaus sagen, dass die Kommentare von Swami Sivananda ähnlich sind wie die von Sankaracharya. Einfacher zu verstehen für Menschen von heute. Aber sehr nah am Sankara-Kommentar.

Dieser alte Mann forderte Sankara jedenfalls heraus und jetzt fingen sie an, jeden einzelnen Vers zu diskutieren und Sankara musste jeden Kommentar zu jedem Vers kommentieren und letztlich rechtfertigen. Das war eine solch großartige Debatte auf einem solch hohen intellektuellen Niveau, gleichzeitig verständlich und mit einer hohen spirituellen Ausstrahlung, dass immer mehr Menschen dort hin strömten und dem zuhörten. Langsam kam das Leben in der Stadt zum Erliegen. Alle wollten zuhören. Eine solche Debatte hatten sie noch nie gehört. Sie ging von morgens bis abends. Das Eigenartige war – es war ja eine Zeit, bevor es solche Mikros gab – auch die Menschen, die weiter entfernt waren, haben das irgendwie verstanden und gehört. Nach einer Woche hatte ein Schüler von Sankara plötzlich eine Vision. Er hieß Padmapada. Er hatte plötzlich die Vision, dass dieser alte Mann Vyasa selbst war, der das Brahmasutra selbst geschrieben hat. Er verneigte sich vor Sankara und Vyasa und sagte: Oh ihr großen Meister, ihr diskutiert hier über das Brahmasutra – der eine ist der Autor und eine Inkarnation von Vishnu und der andere kommentiert darüber und ist eine Inkarnation von Shiva. Wenn ihr weiter so diskutiert, wird das ganze Leben im Land zum Stillstand kommen. Sankara verneigte sich vor Vyasa, Vyasa verneigte sich vor Sankara. Vyasa sagte: Ich bin zufrieden mit deinem Kommentar, du hast recht kommentiert und du weißt auch, deinen Kommentar gut zu begründen. Ich schenke dir noch weitere acht Jahre. In diesen acht Jahren mache Vedanta zur vorherrschenden Philosophie Indiens. Reformiere die Spiritualität im ganzen Land. Reise durch alle Städte und durch alle Landstriche. Du hast jetzt diese hohen intellektuellen Kommentare geschrieben, schreibe auch leichtere Einführungen über Vedanta, damit Menschen das auch noch in der Zukunft verstehen und die höchste Wahrheit erfahren können. Systematisiere auch Puja und Bhakti und gründe einen Mönchsorden, der die höchsten Ideale von Vedanta aufrecht halten kann.

Teil 12 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Sankara trifft den Vedanta Meister Gaudapada

Es gibt ein schönes Gedicht von ihm, in dem er sagt: So oft bist du schon geboren worden, so oft bist du schon gestorben. Jeder, den du triffst, war schon mal deine Mutter, jeder, den du triffst, war schon mal dein Vater, jeder, den du triffst, war schon mal dein Bruder und deine Schwester. Genug, genug, wann hast du endlich genug, die gleichen Menschen in unterschiedlichen Konstellationen immer wieder zu treffen? Triff ihre wahre Natur, ihr wahres Selbst. Erfahre dich als das Selbst von allem.

Gut, das war ein Aspekt war. … Bei einem anderen Aspekt kam Sankara dann tatsächlich später, als seine Mutter auf dem Sterbebett lag und er unterrichtete sie nochmals in Vedanta, er führte sie in tiefe Meditation und auch sie erreichte Nirvikalpa Samadhi, bevor sie starb. Sankara ging jetzt erst Mal auf Wanderschaft, er suchte einen Lehrer. Als erstes kam er zu einem Lehrer namens Gaudapada. Gaudapada fragte ihn: Wer bist du? Woher kommst du? Wohin gehst du? Was willst du? Sankara antwortete mit einer Hymne, die später auch berühmt wurde. Er sagte: Oh großer Meister, du fragst mich, woher komme ich. Oh großer Meister, um das zu erfahren, bin ich zu dir gekommen. Dieser Körper kommt aus dem und dem Dorf an dem und dem See. Aber woher ich wirklich komme, oh großer Meister, das weiß ich nicht. Ich bin zu dir gekommen, um herauszufinden, woher ich eigentlich wirklich komme. Du fragst mich, wer ich bin. Oh Meister, ich will diese Frage erfahren. Ich will herausfinden, wer ich bin. Auf der physischen Ebene hat dieser Körper den Namen Sankara bekommen. Auf der physischen Ebene hatte ich Eltern und die heißen sowieso. Auf einer physischen Ebene stamme ich aus dieser oder jener sozialen Schicht und Familie. Aber ich weiß, ich bin nicht dieser Körper, ich bin nicht diese soziale Schicht. Ich bin weder Mann noch Frau. Ich habe die Schriften studiert und ich weiß, was ich nicht bin. Ich weiß sogar intellektuell, was die Schriften sagen, wer ich bin. Aber um ehrlich zu sein: ich weiß es nicht. Ich bin hierher gekommen, um herauszufinden: Wer bin ich? Du fragst mich, wohin ich gehe. Oh Meister, ich weiß nicht, wohin ich gehe. Sogar auf der physischen Ebene will ich einfach zu meinem Meister. Aber auf einer höheren Ebene? Wohin gehe ich wirklich? Das herauszufinden, dazu bin ich zu dir gekommen. Du fragst mich, was ich will. Oh Meister, ich kann es nicht formulieren, was ich will. Ich weiß nur, was ich nicht will. Ich weiß, dass ich nicht Vergnügen suche. Ich weiß, ich suche keine Anerkennung oder Geld. Ich habe so viel gesehen, obgleich ich so jung bin. Aber ich habe in meinem Dorf, wo ich war, erkannt, dass dort so viele Menschen sind, so viele unterschiedliche Lebensumstände und niemand ist wirklich zufrieden. Die Armen beneiden die Reichen, die Reichen beneiden die noch Reicheren, während die ganz Reichen die Adligen beneiden oder die Kshatriyas. Die wiederum beneiden den König des Landes und ich habe mir sagen lassen, der König ist todunglücklich. Ich habe Menschen gesehen, die kinderlos sind und sie beneiden die, die Kinder haben. Die, die wenige Kinder haben, beneiden die, die mittelviele Kinder haben. Die, die mittelviele Kinder haben, beneiden die, die sehr viele Kinder haben und die, die sehr viele Kinder haben, sind todunglücklich. So erzählte er noch ein bisschen weiter und sagte dann: Daher weiß ich, ich will etwas Höheres. Es heißt, Glück ist zu erfahren, wenn man seine wahre Natur erfährt. Glück ist zu erfahren, wenn man das erfährt, was wirklich ist. Oh Meister, aber ich weiß nicht, was wirklich ist. Ich weiß nicht, wer ich wirklich bin. Bitte lehre mich, das zu erfahren, dessen Erfahrung wirklich dauerhafte Zufriedenheit bringt.

Als Gaudapada das hörte, wusste er, dass das nicht einfach Worte waren. Worte können wir alle formulieren. In früheren Zeiten war ich oft, wenn Gäste angereist sind, vorne an der Rezeption. Im Westerwald habe ich sie auch oft empfangen, ein paar Worte gewechselt. Manchmal habe ich auch gefragt: Woher kommst du? Was willst du hier? Was denkst du, wohin dich das führt? Da war es zwar selten, dass jemand mir solche Antworten gegeben hat. Es gab aber auch mal irgendjemanden, der das mal so gesagt hat. Einfach nur Worte formulieren, ist einfach. Gaudapada erkannte, dass das nicht nur Worte waren. Das war tiefste Sehnsucht. Dann sagte er: Weißt du Sankara, ich bin schon alt. Ich habe einen Schüler, der heißt Govinda, Govindashaya. Geh zu ihm, er wird dich lehren können.

Teil 11 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Sankara nimmt Sannyas und wird ein Entsagter, ein Yoga Mönch

So ähnlich war es auch bei Sankara. Während er dann in diesem See schwamm, kam plötzlich ein Krokodil. Das Krokodil biss ihn und hatte das ganze Bein in seinem Maul. Krokodile sind langsame Tiere, sie können sehr schnell sein, aber wenn sie ihre Beute haben, dann kann es eine Weile dauern, bis es weitergeht. So war also das Bein von Sankara im Maul des Krokodils und Sankara schrie so laut er konnte „Mutter, Mutter!!“ Aber nicht „Hilfe“, wie andere es vielleicht rufen würden. Er rief „Mutter, Mutter! Erlaube mir jetzt zu entsagen!“ Denn es heißt, bevor man den physischen Körper verlässt, sollte man allem entsagt haben. Oder wie Swami Vishnu-devananda es manchmal gesagt hat: Better quit before you are fired. Kündige, bevor dir gekündigt wird. Das ist im Amerikanischen, im Deutschen ist es ja umgekehrt. In Amerika macht es sich im Lebenslauf ausgesprochen schlecht, wenn man gekündigt wird und es macht sich ausgesprochen gut, wenn man selbst gekündigt hat. Egal, was in den Zeugnissen drin steht – wenn dort steht, dass der Arbeitgeber jemandem gekündigt hat, macht sich das nicht gut. Deshalb wird typischerweise ein freundlicher Arbeitgeber sagen: Wir sind nicht zufrieden mit ihrer Arbeitsleistung, wir würden ihnen kündigen – aber sie haben noch die Chance, selbst zu kündigen. Dort gibt es ja auch kein Kündigungsrecht oder so was. Bei uns ist allerdings eher umgekehrt: Wenn man überlegt, dass man gerne den Job wechseln möchte, bittet man den Arbeitgeber um die Kündigung, dann kriegt man wenigstens Arbeitslosengeld. Das ist eine andere Mentalität.

In den Schriften heißt es: Wenn man vermeiden will wiedergeboren zu werden, dann ist es gut, man entsagt selbst. Darum bat Sankara seine Mutter: Bitte erlaube mir jetzt, bevor ich sterbe, allem zu entsagen. Die Mutter, aufgelöst vor Schmerzen und voller Trauer und Verzweiflung bei dem letzten Wunsch ihres Sohnes, sagte natürlich: Ja, natürlich kannst du jetzt entsagen. So gab Sankara sich selbst die Einweihung als Swami, als Mönch. Es steht auch in den Schriften, wie das alles geht und es ist auch ganz legitim. Normalerweise braucht man jemanden, der einen einweiht. Aber in Notsituationen kann man sich auch selbst einweihen. Dazu gehören bestimmte Mantras und bestimmte Gelübde. Das fing so an: Om Bhur Sanyaste Maya. Ich entsage allen Vergnügungen aus der physischen Welt. Om Bhurva Sanyaste Maya. Ich entsage allen Vergnügungen aus der Astralwelt. Om Swar Sanyaste Maya. Ich entsage allen Vergnügungen aus der Kausalwelt. Om Bhur Bhurvaswar Sanyaste Maya. Ich entsage allen Vergnügungen und Verhaftungen in allen drei Welten. Damit das auch ganz konkret klar wird, sagt er noch: Ich entsage dem Wunsch nach Nachkommen. Ich entsage dem Wunsch nach Partnerschaft. Ich entsage dem Wunsch nach Geld und Ruhm. Ich entsage allem. Dann anschließend – das war jetzt der eine Aspekt von Sannyas, man entsagt allem – folgt der zweite Aspekt: er wiederholte die Sannyas Mantras.

Om soham hamsa paramam hamsa parAtma shinmayoham satchidAnanda swarupo ham soham brahma om

Soham, ich bin DAS
Hamsa, vollkommen frei wie ein Vogel
Paramam hamsa, höchste Freiheit
Paramatma, höchstes Selbst
Shinmayoham, ich bin reines Bewusstsein
Satchidananda swarupo ham, meine wahre Natur ist Sein, Wissen und Glückseligkeit
Soham, ich bin DAS
Brahma Om, dieses reine Brahman

Soham hamsa paramam hamsa parmaatma shinmayoham satchidAnanda swarupo ham soham brahma om

Dann das Paramam hamsa Gayatri

Dann folgen die vier Mahavakyas:
Tat twam asi, DAS bist du
Aham Brahmasmi, ich bin dieses Brahman

Normalerweise sagt hier der Lehrer neun Mal Tat twam asi und der Schüler wiederholt Aham Brahmasmi. Tat twam asi, du bist DAS. Du bist nicht der physische Körper, du bist nicht die Emotion, du bist nicht die Persönlichkeit, sondern Tat, DAS Unendliche. Tat twam asi, aham brahmasmi. Und so wiederholte Sankara das für sich selbst, neun Mal. Wir können das auch mal machen. Ich wiederhole Tat twam asi und ihr wiederholt Aham brahmasmi.

Darin ist eigentlich alles enthalten, aber es gibt noch zwei weitere Mahavakyas:

Ayam Atma brahman, dieses Selbst ist Brahman
Pratyanam brahman, Bewusstsein ist Brahman, Brahman ist Bewusstsein

Zwei Sachen habe ich noch vergessen. Zu Anfang geht man in einen Fluss oder See – da  war Sankara schon drin – als Symbol, dass alles weggewaschen wird, dann wird ein Haarbüschel ausgerissen oder abgeschnitten, am besten werden alle Haare abrasiert und da Sankaracharya schon das Leben eines Brahmachari geführt hatte, hatte er nur einen Zopf hinten, den er sich einfach ausriss. Damit war er auch kahlköpfig. Als er dann das letzte Mantra wiederholt hat „Pratyanam brahman“ hatte er alle Mantras abgeschlossen und damit war er Swami. Im nächsten Moment hat sich dieses Krokodil, denn bis dahin war ja sein Bein im Maul des Krokodils, das Krokodil hat sich aufgelöst und man sah einen riesigen Shiva oberhalb des Sees. Shiva saß, wie ihr ihn hier gemalt seht und hob eine Hand und sagte: Du hast entsagt und wenn man entsagt, wird einem ein neues Leben geschenkt. Ich gebe dir acht weitere Jahre.

Sankara schwamm an das Ufer. Seine Mutter war zum einen überglücklich und zum anderen todtraurig – zum einen hatte ja ihr Sohn wieder überlebt, die alte Prophezeiung hatte sie natürlich auch wieder vergessen gehabt. Zum anderen aber wusste sie, dass Sankara sie jetzt verlassen würde. So verabschiedete Sankara sich von seiner Mutter. Er versprach ihr aber etwas, was für einen Swami unüblich ist. Er versprach ihr: Wenn du stirbst, werde ich wieder zu dir kommen und wenn ich bis dahin Nirvikalpa Samadhi erreicht habe, werde ich dir helfen, auch Nirvikalpa Samadhi vor deinem Tod zu erreichen. Es ist deshalb unüblich, weil ein Swami normalerweise seine Eltern vor dem Sterbebett nicht wieder trifft, sondern er will eher alle Verhaftungen loswerden.

Teil 10 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Die Jugend von Sankara, des großen Yoga Meisters

Sankara wurde dann zum Dorflehrer. Er lehrte andere Kinder und auch Jugendliche, sogar die Lehrer selbst lehrte er. Aber er entwickelte auch den Wunsch, nicht nur zu lehren, sondern er entwickelte den Wunsch, auch zu entsagen, das Höchste zu erreichen. Denn er dachte: Was nützt mir alles Wissen der Schriften? Was nützt es mir, wenn ich in der Theorie weiß, was Brahman ist? Was nützt es mir, wenn ich die Upanishaden verstehe, wenn ich sie nicht voll verwirklicht habe?

So wollte er einen Guru finden, einen spirituellen Lehrer. Aber seine Mutter sagte zu ihm: Du, du bist jetzt das Einzige, was ich noch habe. Du kannst jetzt nicht weggehen. Warte und bleibe bitte bei mir, solange ich noch lebe. So blieb Sankara dort und trug letztlich zum Lebensunterhalt der Familie bei über das Lehren und die anderen Gaben, Dakshina, also Gaben für den Lehrenden. So verbrachte er die nächsten Jahre. Als die 16 Jahre um waren – ihr erinnert euch, die Mutter hatte das inzwischen längst wieder vergessen – schwamm Sankara in dem örtlichen See. Er war zwar hochweise, aber er war auch ein Junge und er liebte es zu schwimmen und zu rennen und verschiedene Dinge zu machen.

Ich kann mich  auch noch an meine Yogalehrer-Ausbildung erinnern: Ich war relativ jung, 18 Jahre. Aber ich war nicht der Jüngste, wir hatten ein Mädchen dabei, die war 12 Jahre und hat die Vierwochen-Intensivausbildung gemacht. Wir hatten auch noch jemand anderes, der war 16 und jemand 17-jähriges. Die Mutter der 12-jährigen war kürzlich in Ashrams gewesen und das Mädchen war von Kindheit an mit Yoga aufgewachsen und sie kannte mit ihren 12 Jahren schon fast alles, was wir behandelt haben und war eine derjenigen, die mit die beste Abschlussarbeit gemacht hat. Sie war äußerst diszipliniert, hat alles mitgemacht. Aber in der Mittagspause hat sie Fußball gespielt.

Teil 9 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Kindheit des Vedanta Meisters Sankara

Sankara wurde wahrscheinlich um 788 n. Chr. geboren. Es gibt eine schöne Geschichte, wie das so gekommen ist. Die Eltern von Sankara waren lange Zeit kinderlos geblieben und im früheren Indien galt das als etwas sehr Schlechtes, wenn man keine Kinder hatte, denn die Kinder waren auch die Altersabsicherung. Außerdem gehört zu einem erfüllten Leben nach der Tradition auch, dass Kinder dabei sind. So haben diese beiden sich entschieden: wir gehen auf eine Pilgerreise, üben dabei Tapas, meditieren viel und bitten dann Gott darum, uns doch noch ein Kind zu schenken. Sie zogen also von einem Tempel zum anderen und meditierten viel. Sie fasteten viel. Sie machten verschiedene Formen von Tapas und eines Nachts, als sie in einem besonderen Shiva-Tempel gewesen sind, hatten beide vom Gleichen geträumt, nämlich dass Shiva ihnen erschienen ist und ihnen gesagt hat: Ihr könnt entweder einen Sohn haben, der herausragend sein wird, aber sehr früh im Alter von acht Jahren schon sterben wird. Aber er wird Unglaubliches leisten. Oder ihr könnt einige Kinder haben, die werden alle sehr alt werden, aber alle mittelmäßig. Was hättet ihr gewählt? Ich glaube, ein relativ hoher Anteil von Menschen hätte das Mittelmaß gewählt, das glaube ich nicht nur, in der Mehrheit der Fälle wählen Menschen das Mittelmaß. Jetzt nicht für eure Kinder natürlich, aber das ist ja symbolisch. Aber die Eltern von Sankara hatten sich am nächsten Tag den Traum erzählt und fanden es interessant, dass sie beide den gleichen Traum hatten. Sie entschieden sich: Dann wollen wir es ermöglichen, dass diese ganz besondere Seele in diese Welt hinein geboren wird. Und selbst wenn er nur kurz leben wird, jemand der ganz herausragend und besonders ist, wird vielleicht in diesen acht Jahren mehr Gutes bewirken können, als jemand, der lange lebt und mittelmäßig ist. Sankara wurde dann neun oder zehn Monate später geboren und er entwickelte sich tatsächlich als jemand ganz Besonderes. Sehr früh schon lernte er Lesen und Schreiben, sehr früh schon studierte er die Schriften. Im Alter von sechs Jahren heißt es, meisterte er schon die Veden. Im Alter von sieben Jahren meisterte er schon die Smritis, die Ithihasas und die Puranas. Im Alter von acht Jahren die verschiedenen Darshanas und die Schriften diesbezüglich. Als dann diese ersten acht Jahre vorbei waren, war es schon so, dass es keinen Lehrer mehr im Dorf oder um das Städtchen herum gab, der ihm noch etwas beibringen konnte. Er war ein ganz besonderes Genie. Als diese acht Jahre vorbei waren, gab es am Abend seines Geburtstages drei alte Männer, die zu Besuch kamen. Im alten Indien galt Gastfreundschaft als etwas sehr Wichtiges. Die Männer kamen dort hin und wurden eingeladen. Hier würde wohl niemand auf die Idee kommen – man sieht drei alte Männer, die klingeln und werden dann gleich zum Abendessen eingeladen. Im alten Indien war das recht üblich. Während des Essens stellten sie Sankara alle möglichen Fragen. Über die Veden, über die Bedeutung der Smritis, über die Bhagavad Gita und über anderes. Sankara konnte alles wunderbar beantworten. Kurz vor Mitternacht gingen die Männer dann und beim Abschiedsagen drehten sie sich um und sagten: Wir sind mit eurem Sohn hoch zufrieden. Wir gewähren ihm noch weitere acht Jahre. Erst in diesem Moment wurden sich die Eltern wieder des Traumes bewusst. Den hatten sie längst vergessen. Der Schock ging ihnen durch die Glieder und gleichzeitig die Erleichterung. Bevor sie sich aber fassen konnten und diesen alten Manifestationen von Rishis danken konnten, waren sie schon verschwunden. Jetzt war es so: Sankaras Vater dachte jetzt noch: Ja, ich will ja auch zur höchsten Verwirklichung kommen, jetzt ist uns diese große Gnade geschenkt worden, dass Sankara weiter lebt. Und dann dachte er, aus Dankbarkeit dafür wird er jetzt entsagen und in die Einsamkeit gehen. So verließ er seine Familie, wurde Swami, Sannyas, Mönch und widmete seine verbliebenen Jahre der Suche nach der Wahrheit.

8. Teil der Niederschrift von Vorträgen im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Viveka Chudamani – wichtigstes Vedanta Werk von Sankara

Wir wollen das Viveka Chudamani studieren, um so die Unterscheidungskraft, Viveka, zu stärken, die Unterscheidungskraft zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen, zwischen dem Vergänglichen und dem Ewigen, zwischen dem, was wahres Glück ist und dem, was vorübergehendes Glück ist. Damit wir das tun können, ist von besonderer Wichtigkeit, dass wir in einer bestimmten Grundstimmung sind, einer gewissen Öffnung, eine gewisse innere Verbundenheit, letztlich auch eine Stimmung von Bhakti. D. h. dass wir, um höhere Wahrheiten zu verstehen, dies erlangen durch Gnade. Es ist nicht nur eine Sache der eigenen Anstrengung und des eigenen Bemühens, obgleich gerade der Jnana Yoga sehr viel auf dieses Mumukshutwa Wert legt. In Indien … Wunsch nach Befreiung, Viveka, die Klarheit des Geistes, kann man auch sagen. Aber es ist eben auch Bhakti wichtig. So ist es auch üblich, dass man vor einem Jnana Yogastudium Mantras rezitiert und bevor man eine Schrift von Sankaracharya studiert, sich sein Leben bewusst macht, auch vor dem Hintergrund, dass man sich einstimmt, einschwingt und dass man diese Hingabe hat, dass man auf subtilere Weise diese Weisheit mitbekommt. So will ich euch jetzt in Kurzform die Lebensgeschichte von Sankara erzählen. Sankara Vidshaya, wie sie auch genannt wird. Da sind natürlich Mythen und Legenden dabei. Es gab niemanden, der während seines Lebens ständig dabei war und mitgeschrieben hat oder mit einer Videokamera alles aufgenommen hat und Menschen in seinem Umfeld interviewt hat. Aber es sind Legenden entstanden und diese Legenden haben eine große Kraft, wenn man sie sich erzählt und zuhört und darauf einstimmt, dann entsteht etwas wie ein Kanal, über den dann die Weisheit fließen kann.

7. Teil der Niederschrift von Vorträgen im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Wichtigste Vedanta Werke von Sankara

Das waren einige Aspekte von Sankara. Besonders bekannt ist Sankara für die Kommentare zu den sogenannten drei wichtigsten Schriften des Jnana Yoga. Wie heißen die? Ihr kennt die vier wichtigsten klassischen Schriften, ihr kennt außerdem die vier wichtigsten Yogaschriften. Aber was sind jetzt die drei wichtigsten Schriften des Vedanta, des Jnana Yoga? Erstens, die müsst ihr kennen: Upanishaden. Zweitens Brahmasutra. Drittens, die kennt ihr auch – eins und drei kennt ihr: Bhagavad Gita. Das habt ihr irgendwann mal gehört… Also: Upanishaden, Bhagavad Gita und Brahmasutra. Manche Indologen behaupten sogar, nur diese Kommentare sind ganz sicher von Sankaracharya. Alles andere kann auch von jemand anders sein. Nur weil zum Teil der Stil ein anderer ist und zum Teil auch der Inhalt der Philosophie ein bisschen gemäßigt ist. Das kann man auch sagen. Aber aus meiner eigenen Erfahrung als Lehrender weiß ich: Wenn man unterrichtet, ändert sich im Lauf der Jahre etwas – wie man etwas erklärt und was man dort erzählt und wie man vielleicht mehr auf die Eigenarten von Menschen eingeht. Angenommen ich hätte mein erstes Buch mit 19 geschrieben, da hatte ich das vorgehabt. Ich habe es dann doch nicht vollendet und habe das, was ich geschrieben habe, irgendwann weggeworfen beziehungsweise habe ich es nicht wirklich weggeworfen – es ist in irgendeinem Zentrum verloren gegangen. Damals gab es noch keine Computer, das ging mit Schreibmaschine. Wenn ich heute ein Buch schreibe, ist das nicht mehr identisch mit damals. Der Stil wäre sogar anders, der Inhalt auch. Und so waren diese drei seine Erstwerke, Kommentare zu den drei Schriften. Und danach kommen drei Hauptschriften von ihm. Das ist Viveka Chudamani, das zweite ist Atma Bodha und das dritte ist Tattwa Bodha. Viveka Chudamani gilt dabei als sein letztes großes Werk. Man kann sagen, es ist wie die Essenz seiner Lehren und so geschrieben, dass ein Mensch es einfach verstehen kann und auch den ganzen ganzheitlichen Yoga mit einbeziehen kann. Von der Lebensgeschichte her, die kann ich euch ja vielleicht morgen Abend erzählen. Dann haben wir jetzt genügend Zeit, mehr vom Sankara Vidchaya, vom Bhakti, von den Legenden und Wundertaten, was dort alles gewesen ist. Damit werden wir uns dann beschäftigen.

Bevor wir zum Formalen der Weiterbildung kommen, möchte ich die Guruparampara Stotra, die Nummer 602, rezitieren. Es heißt, dass spirituelles Wissen zum einen die eigene Anstrengung ist, die Verbindung mit Hingabe und Bewusstheit, zum zweiten eine Frage der Gnade Gottes ist und zum dritten die Gnade des Gurus, des spirituellen Lehrers. So wollen wir die Guruparampara Stotra rezitieren, die Namen der großen Meister unserer Tradition, sie reicht zurück zum Anbeginn der Welt von Narayana selbst, Vishnu über Padma Baba, das ist Brahma, der aus dem Lotus des Nabels von Vishnu Gekommene und zum ersten menschlichen Guru, Vasishta und dann werden insbesondere Sankara und seine Schüler besonders angesprochen. Wir bitten so Sankaracharya und die Meister vor ihm und nach ihm, uns zu segnen und zu führen, so dass wir über das Studium von Viveka Chudamani und der spirituellen Praxis wirklich die Unterscheidungskraft stärken, um die höchste Einheit zu erfahren.

Teil 6 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Kastendenken und die Yoga Meister

Leider, muss man sagen, konnte Sankaracharya dieses Kastendenken nicht abschaffen. Das ist Buddha nicht gelungen, das ist Krishna nicht gelungen, das ist Sankaracharya nicht gelungen, das ist Mahavira nicht gelungen. Das ist so vielen Heiligen nicht gelungen. Heute gelingt es so schrittweise. Mahatma Gandhi hat es probiert, Sivananda hat es probiert, VivekAnanda hat es probiert, Ramakrishna hat es probiert. Aber wisst ihr, was es letztlich schafft? Die moderne Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft – mit Chancengleichheit. Und die massive „Reverse Discrimination“ der indischen Regierung. D.h. es wird ein bestimmter Prozentsatz von Studienplätzen und höherer „Government Posts“ reserviert für die Kastenlosen, so dass sie fast keine Leistung bringen müssen, um studieren zu können. Und das hat Erfolg. Es wird von den Brahmanen sehr stark kritisiert, denn selbst wenn sie ein Einser-Abitur haben, bekommen sie nicht notwendigerweise einen Studienplatz, während jemand der ein Vierer-Abitur hat, um es in unser System zu übersetzten, und ein Dalit ist, der kriegt einen Studienplatz. Aber das hilft diese Sache zu überwinden. Gut, das konnte Sankara nicht überwinden. Aber er hat sich bemüht und er hat mindestens diese Kette von Meistern fortgesetzt, die das für himmelschreiendes Unrecht gehalten haben.

5. Teil der Niederschrift von Vorträgen im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Sankaras Werk über Yoga und Vedanta

Sankara hat ein Buch geschrieben, einen Kommentar über das Yoga Sutra und hat so praktisch Sankya (???) Yoga in Verbindung mit Vedanta gebracht, was bis heute ja üblich ist. Es gibt zwar manche Yogalehrer, die versuchen, künstliche Unterschiede aufzubauen mit Sankya und Yoga und Tantra und Vedanta – aber das ist westliche Indologie. Die Westler sind immer bemüht um „entweder – oder“. Der Inder ist mehr bemüht um „sowohl – als auch“. Das fand ich mal so lustig. Vor zwei Jahren hatten wir ja das „Indien in Lippe“-Festival in Bad Meinberg im Kurpark, woran wir natürlich auch beteiligt waren. Dort wurde eine Professorin für Religionswissenschaften eingeladen, um über die indischen Religionen zu sprechen. Sie hat gesagt: Der größte Unterschied zwischen den westlichen und den östlichen Religionen ist, dass wir im Westen immer sagen entweder/oder und im Osten wird immer gesagt sowohl/als auch. Sankara war da sicher ein ganz großer Vertreter. Er hat Kommentare über tantrische Schriften geschrieben. Er hat sogar ein Buch über Pranayama geschrieben. Er hat die Yoga Sutra kommentiert. Er hat wunderbare Bhakti-Praktiken selbst ausgeführt. Er hat Hymnen zur Verehrung komponiert. Er hat gemeinnützige, soziale Werke empfohlen als eine Weise, das Herz zu öffnen.

Seit Sankaracharya ist dann auch hinter all dem die Vedanta-Philosophie, man kann sagen, die Philosophie mit der höchsten Hochachtung geworden. Das hat auch dazu beigetragen, dass ein gewisses Gefühl von Einheit und Verbundenheit da sein konnte. Natürlich, und das macht dann den Unterschied zwischen Sankara aus und den sich weiterentwickelten Formen des Hinduismus, Sankara ging auch gegen die Kastentrennung an. Es gibt auch einige Geschichten, wo er zunächst noch selbst einen Kastendünkel hatte, dass ihm aber Shiva erschienen ist, um ihm das auszutreiben.

Es gibt da eine Geschichte: Sankara kam gerade von einem Vedanta-Vortrag und hat über die Einheit von allem erzählt. Dann ist er auf der Straße entlang gegangen und da lag quer über die Straße ein Kastenloser. Sankara hat gesagt: Du, geh doch bitte mal zur Seite. Er wollte den nicht berühren und außerdem dass er jetzt um den herumgeht, war für ihn nicht angemessen als Hochkastenmensch, als Brahmane. Der dort gelegen hat, der aus einer niedrigen Kaste oder kastenlos war, hat gar nichts gemacht. Sankara hat gesagt: Hey, geh doch aus dem Weg. Schließlich, ohne dass er sich zu sehr drehte, schaute er Sankara an und sagte: Du, Sankara, was soll ich den jetzt bewegen? Diesen Körper? Wozu? Der ist unwirklich. Und du mit deinem unwirklichen Körper kannst doch entweder über oder neben diesem unwirklichen Körper vorbeigehen. Oder soll ich mein Selbst bewegen? Aber das Selbst ist allumfassend. Wie soll ich das bewegen? Daher, lieber Sankara, wer soll hier was bewegen? Und im nächsten Moment erkannte Sankara, dass dies passierte trotz seiner großen Philosophie, trotz sogar seines Samadhis (in gewisser Weise ist das schon etwas erschütternd, denn es war nicht der junge Sankaracharya, sondern eigentlich galt er da schon als selbstverwirklicht, komisch, denn in Nirvikalpa Samadhi sollte man über all das hinaus sein, trotzdem hatte er das noch) und dann erschien ihm praktisch Shiva in Gestalt dieses Kastenlosen und hat ihn gelehrt.

Teil 4 der Niederschrift eines Vortrags im Rahmen eines Yogalehrer Ausbildungs-Seminars mit Sukadev Bretz bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Thema dieses 9-tägigen Vedanta-Seminars war „Viveka Chudamani von Sankaracharya“. Erklärungen für die Sanskrit Ausdrücke findest du im Yoga Sanskrit Glossar. Dieser Blog ist nicht geeignet für Yoga Anfänger. Er ist vielmehr gedacht für Menschen, die sich in Yoga Philosophie auskennen und regelmäßig Meditation praktizieren, sich als spirituelle Aspiranten verstehen. Yoga Anfängern wird das Yoga Anfänger-Portal empfohlen.

Sankara und sein Wirken

Zur Zeit von Sankaracharya gab es alle möglichen Untergruppierungen, die sich zum Teil auch feindlich gesinnt waren – es gab die Shaivas, die wollten von den Vaishnavas nichts wissen und die Vaishnavas wollten nichts wissen von den Shaktas.

Die haben sich dann durchaus auch – nicht so wie im Westen allerdings mit Waffen – bekämpft. Die Waffenbekämpfungsgeschichte ist ja letztlich eine Erfindung des Christentums. Paradoxerweise. Die einzige Religion, zumindest von den großen Religionen, die nach Aussagen des Religionsgründers am gewaltfreiesten ist, ist in der Praxis die gewaltsamste gewesen. Der Religionskrieg ist vom Christentum erfunden worden und dann irgendwie an den Islam weitergegeben worden. Aber diese Gruppen waren sich durchaus feindlich gesinnt.

Es gab auch verschiedenste Philosophiesysteme. Sankara hat mehr oder weniger alle irgendwo zusammengefasst – es gibt verschiedene Namen und es gibt verschiedene Formen. Er hat Hymnen komponiert zur Verehrung von Krishna, die Lalita Sahasranam ist für die Göttin Devi. Er hat wunderbare Verse für Shiva geschrieben. Er hat gesagt: Letztlich sind sie alle Ausprägungen des einen unendlichen Prinzips. Die Mehrheit der Inder ist bis heute dieser Meinung, dass alles Ausdruck der gleichen universellen Wahrheit ist. Er hat auch die ganzen Bhakti-Praktiken irgendwo zusammengeführt. Er hat die Pujas systematisiert. Pujas sind natürlich Jahrtausende alt, zum Teil wurde ein unglaublicher Wust von Aberglauben im Lauf der Jahrhunderte oder Jahrtausende dazu gebastelt. Sankara hat das systematisiert und hat es zurückgeführt auf die Pujas und Homas der vedischen Zeit – mit einer Ausnahme: Sankara hat Tieropfer aus den Pujas und Homas rausgenommen.

Ihr seid euch sehr bewusst, dass Yoga etwas mit Vegetarismus und Gewaltlosigkeit und Ehrerbietung vor Tieren zu tun hat. Aber wer von euch mal die Mahabharata durchgelesen hat: so schöne Teile es dort gibt, wie die Bhagavad Gita, so dreht sich einem bei anderen Teilen der Magen um. Aber es war die damalige Zeit. Aber man kann sagen, Sankara hat letztlich das Werk von Buddha vollendet, der sich auch gegen alle Tieropfer gewendet hat und gesagt hat, man soll mehr an seinem Geist arbeiten und seine tierische Natur transformieren, statt Tiere zu opfern. Sankara hat das dann ganz konkret gesagt in den Schriften. Vorher war das gemeint als etwas Symbolisches und nicht als etwas, das man tatsächlich machen sollte.

Sankara hat das System von Pilgerreisen systematisiert. Er hat verschiedene große Tempel genannt und hat gesagt, diese sollte man besuchen. Das hat Indien irgendwo verbunden, dass die Menschen vom einen zum anderen… Dass die Weite entsteht. Er wollte auch Toleranz haben, dass Menschen von Südindien auch mal nach Nordindien kommen und dass die Menschen sehen, dass letztlich alle Menschen Geschöpfe des Gleichen und überall ähnlich sind.